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OGH vom 29.11.2007, 1Ob209/07b

OGH vom 29.11.2007, 1Ob209/07b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Haas und Mag. Andreas Friedl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 7.200 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 6.000 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 104/07p-12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Scheibbs vom , GZ 2 C 1400/06d-8, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in der Abweisung von 1.200 EUR samt Zinsen durch das Berufungsgericht als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen einschließlich der Kostenentscheidungen aufgehoben.

Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand des Revisionsverfahrens lediglich der von der Klägerin als Konventionalstrafe begehrte Nettobetrag von 6.000 EUR samt Zinsen ist.

Auf Grund eines schriftlichen Vertrags, in dem die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vereinbart war, stellte diese der Beklagten zwei Maurer im Wege der Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung. Punkt 17 dieser Geschäftsbedingungen hat folgenden Wortlaut:

„Der Auftraggeber verpflichtet sich, die überlassenen Arbeitskräfte weder selbst noch durch ein verbundenes Unternehmen entweder abzuwerben oder die verliehenen Arbeitskräfte vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Vertrages mit [der Klägerin] im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen zu beschäftigen. Im Falle von Zuwiderhandlungen wird pro Arbeitnehmer eine Konventionalstrafe in der Höhe von 3.000 EUR vereinbart."

Nachdem die beiden Arbeitskräfte dem Geschäftsführer der Beklagten mitgeteilt hatten, dass ihre Dienstverhältnisse von der Klägerin aufgekündigt worden seien, stellte er sie bei der Beklagten - beginnend mit - ein. Tatsächlich dauerte deren Dienstverhältnis bei der Klägerin unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist bis zum , worüber sich der Geschäftsführer der Beklagten jedoch nicht informiert hatte. Die Klägerin stellte der Beklagten für die überlassenen Arbeitnehmer auch für den Zeitraum von 19. 6. bis Überlassungsentgelt in Rechnung, das von der Beklagten letztlich bezahlt wurde, nachdem durch entsprechende Änderung eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse mit bewerkstelligt werden konnte. Die weiters unter Hinweis auf Punkt 17 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Rechnung gestellte Konventionalstrafe von zweimal 3.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer bezahlte die Beklagte nicht.

Zur Begründung ihres im Revisionsverfahren noch aktuellen Begehrens brachte die Klägerin vor, das Dienstverhältnis zu den beiden Arbeitskräften sei mit Wirksamkeit vom aufgekündigt worden. Auf Seite der Beklagten habe in keiner Weise eine Veranlassung bzw ein Hinweis für die Annahme bestanden, dass das Dienstverhältnis vor diesem Zeitpunkt beendet gewesen sein könnte. Die Beklagte hätte die Verpflichtung getroffen, eine derartige Annahme zu hinterfragen. Infolge der von den Streitparteien rechtsgültig der Vertragsbeziehung zu Grunde gelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei der Klagsanspruch infolge Zuwiderhandelns der Beklagten in Form der Konventionalstrafe definitiv berechtigt. Der Beklagten sei anzulasten, dass sie auch nicht ansatzweise die notwendige Sorgfalt bei Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses eingehalten und trotz eindeutig vorgelegener schriftlicher Unterlagen, die das aufrechte Vertragsverhältnis beider Dienstnehmer zur Klägerin bestätigt hätten, eine anderweitige Annahme getroffen habe, die in keiner Weise nachvollziehbar sei.

Die Beklagte wandte dagegen ein, sie schulde der Klägerin keine wie immer gearteten Beträge; alle offenen Rechnungen seien bezahlt worden. Die beiden Dienstnehmer der Klägerin hätten bekannt gegeben, sie seien gekündigt worden, und hätten ihre Beschäftigung bei der Beklagten weiterführen wollen. Da die beiden Dienstnehmer davon ausgegangen seien, dass die Kündigung bereits rechtswirksam sei, habe die Beklagte sie zum als eigene Dienstnehmer angemeldet. Die Beklagte habe nicht gewusst, dass das Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin noch bis zum angedauert habe. Nachdem sich dies herausgestellt habe, habe der Geschäftsführer der Beklagten versucht, die Anmeldung zum rückgängig zu machen und eine Anmeldung zum bei der Gebietskrankenkasse vorzunehmen. Die Beklagte habe dann auch die bis zum erbrachten Leistungen der beiden Dienstnehmer an die Klägerin bezahlt. Der Irrtum sei auf die mangelhafte Information durch die beiden Dienstnehmer gegenüber der Beklagten zurückzuführen. Tatsache sei, dass durch die Dienstnehmer einige Verwirrung geschaffen worden sei. Es sei allerdings niemals Absicht der Beklagten gewesen, Dienstnehmer der Klägerin abzuwerben. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin seien niemals Grundlage des Vertragsverhältnisses geworden (Dieser Einwand wird im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufrecht erhalten).

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin EUR

7.200 samt Zinsen zu zahlen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien Vertragsinhalt geworden, weil auf diese im Vertragsformular verwiesen sei und die Beklagte auch die Möglichkeit gehabt hätte, diese im Internet einzusehen. Damit sei auch die Vereinbarung über die Konventionalstrafe Vertragsinhalt geworden. Die Beklagte habe die beiden Dienstnehmer zu einem Zeitpunkt selbst beschäftigt - und auch bei der Gebietskrankenkasse angemeldet -, zu dem das Dienstverhältnis zur Klägerin noch nicht beendet gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Zuspruch von 6.000 EUR samt Zinsen und wies das Mehrbegehren von 1.200 EUR samt Zinsen - unangefochten - ab; es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufung darauf stütze, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen postulierte Konventionalstrafe nichtig sei, da sie einerseits den Arbeitnehmer in der Erwerbsausübungsfreiheit massiv beschränke und somit dem § 8 Abs 2 AÜG widerspreche und andererseits eine gröbliche Benachteiligung des Beschäftigerbetriebs darstelle, da es ihr dadurch verwehrt sei, die auf dem freien Arbeitsmarkt verfügbaren Arbeitskräfte einzustellen, liege ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor. Derartige Einwendungen habe die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht erhoben. Auf Grund der im Zivilprozess herrschenden Parteimaxime sei es selbst im Falle einer amtswegig wahrzunehmenden Nichtigkeit Sache der Parteien, das Gericht auf die näheren Umstände der Gesetzwidrigkeit einer Vereinbarung durch entsprechendes Tatsachenvorbringen aufmerksam zu machen. Die Beklagte habe ihre Bestreitung nur darauf gestützt, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart worden seien und dass es nicht die Absicht der Beklagten gewesen sei, Dienstnehmer der Klägerin abzuwerben. In diesem Vorbringen könne auch bei großzügiger Interpretation kein Anhaltspunkt für eine Bestreitung der Konventionalstrafe als gesetz- oder sittenwidrig erkannt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Den Vorinstanzen ist offenbar entgangen, dass die Klausel über die Konventionalstrafe in Punkt 17 der Geschäftsbedingungen der Klägerin mehrere Tatbestände enthält (Abwerben der überlassenen Arbeitskräfte, Beschäftigung der Arbeitskräfte vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Vertrags zur Klägerin, Veranlassung eines „verbundenen Unternehmens" zu einem derartigen Verhalten), die Klägerin jedoch während des gesamten Verfahrens erster Instanz weder ausreichendes Tatsachenvorbringen erstattet noch sonst klargestellt hat, welche dieser Verhaltensweisen sie der Beklagten vorwerfen will. Die Beklagte hat das diesbezüglich äußerst kursorische Klagevorbringen offenbar dahin verstanden, dass ihr eine unzulässige Abwerbung vorgeworfen werden soll, was sie unter Schilderung des Geschehnisablaufs aus ihrer Sicht, insbesondere den Hinweis auf die unzureichende Information durch die beiden Arbeitnehmer, bestritten hat. Auch aus den Ausführungen der Vorinstanzen wird nicht klar, ob sie der Beklagten nun eine unzulässige Abwerbung der beiden Dienstnehmer oder (nur) die (vertragswidrige) Beschäftigung vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Dienstverhältnisses zur Klägerin vorwerfen wollen. Da die Klägerin somit nicht ausreichend klargestellt hat, welchen Tatbestand des Punktes 17 ihrer Geschäftsbedingungen sie als erfüllt ansehen will, hatte die Beklagte keine Veranlassung, sich darauf zu berufen, dass die Klausel über die Konventionalstrafe im Hinblick auf den betreffenden Tatbestand gesetz- bzw sittenwidrig und damit nichtig sei.

Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren eine entsprechende Erörterung mit den Parteien vorzunehmen und insbesondere die Klägerin zu veranlassen haben, nachvollziehbar darzulegen, auf welchen konkreten Sachverhalt sie welchen Tatbestand der Vertragsbestimmungen über die Konventionalstrafe angewendet haben will.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 54 ZPO.