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OGH vom 18.02.1986, 4Ob305/86

OGH vom 18.02.1986, 4Ob305/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** DER F*** TÄTIGEN

D*** A*** (A***) FÜR P*** MEDIZIN,

Salzburg, Alpenstraße 108 a, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Johannes Stieldorf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Margit L***, Heilmasseurin, 5020 Salzburg, Joseph Messner-Straße 32, vertreten durch Dr. Hans Eckhard Ruby, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert S 200.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom , GZ 1 R 267/85-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 14 Cg 272/85-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit 7.360,65 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (davon S 669,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte unterzog sich der Ausbildung gemäß der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sanitätshilfsdienste, BGBl.1961/216 idF der VO BGBl.1969/309, legte die vorgeschriebene Kursabschlußprüfung mit Erfolg ab und erwarb hiedurch die Befähigung zur Ausübung des Berufes als Heilbademeister und Heilmasseur. Sie ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Heilbademeister und Heimasseur" zu führen und Tätigkeiten, welche sich auf die Anwendung der Thermo-, Hydro- und Balneotherapie sowie Heilmassage (letztere jedoch im beschränkten Umfange) erstrecken, auszuüben (Zeugnis des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für Salzburg vom ). Die Beklagte besitz seit 1976 einen Gewerbeschein für die Ausübung des Masseurgewerbes (§ 103 Abs 1 litb Z 34 GewO 1973) im Standort Salzburg, Aignerstraße Nr. 9 a (jetzt offenbar: Joseph-Messner-Straße 32/2). Sie betreibt in Ausübung dieses Gewerbes ein "Massagefachinstitut" und verwendet bei ihrer geschäftlichen Tätigkeit eine Stampiglie, in der sie sich als "staatl.gepr. Heilmasseur" bezeichnet. Sie führt in diesem Institut Heilmassagen und Heilgymnastik aus. Die Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure für Salzburg und die Salzburger Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte schlossen am einen Gesamtvertrag über die ambulante physikalische Behandlung von Versicherten der Salzburger Gebietskrankenkasse und deren anspruchsberechtigten Angehörigen) ab. § 7 dieses Vertrages bestimmt,daß das Vertragsverhältnis zwischen der Kassa und dem Masseur durch den Abschluß eines Einzelvertrages begründet wird. Die Invertragnahme eines Masseurs ist vom Vorliegen der Gewerbeberechtigung als Masseur abhängig.

Der klagende Verein, der unter anderem den "Schutz (der Mitglieder) gegen jede Art unqualifizierter Anwendung physikalischer Therapie durch nicht der Berufsgruppe 'diplomierte Assistenten-(innen) für physikalische Medizin' angehörige Personen" (§ 2 Z 3 der Statuten) bezweckt, stellt das inhaltsgleiche Klage- und Sicherungsbegehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr

1. die Bezeichnung, "staatlich geprüfter Heilmasseur" für selbständig ausgeübte Tätigkeiten zu unterlassen;

2. jedwede Werbemaßnahme unter der Bezeichnung "Heilmasseur" zu unterlassen,

3. Tätigkeiten, die den diplomierten Assistenten für physikalische Medizin (physikotherapeutischer Dienst) vorbehalten sind, insbesondere Heilgymnastik und Massagen zu Heilzwecken, nicht zu erbringen, soweit dies nicht lediglich unselbständig im Umfang der ihr gemäß § 44 lit h Krankenpflegegesetz als Heilbademeister und Heilmasseur eingeräumten Befugnis erfolgt.

Die klagende Partei behauptet, der in das Gebiet der Sanitätshilfsdienste fallende Beruf des Heilbademeisters und Heilmasseurs (§§ 44 lit h, 51 lit h Krankenpflegegesetz = KrPflG) dürfe gemäß § 52 Abs 1 KrPflG nur in abhängiger Position ausgeübt werden, was sich auch aus § 52 Abs 4 KrPflG ergebe, wonach nur die dort aufgezählten medizinisch-technischen Dienste (nicht aber Sanitätshilfsdienste) freiberuflich ausgeübt werden dürften. Der Beruf des Heilbademeisters und Heilmasseurs umfasse zudem die Heilmassage nur in einem beschränkten Umfang (§ 44 lit h KrPflG). Gemäß § 52 Abs 5 KrPflG sei im Zusammenhang mit der freiberuflichen Ausübung der in § 52 Abs 4 KrPflG genannten Dienste jede Art der Werbung und Anpreisung verboten.

Die Beklagte verletze durch die freiberufliche Ausübung der Tätigkeit als Heilmasseur, die für diese Tätigkeit betriebene Werbung und durch die Ausführung von Leistungen, die Physikotherapeuten vorbehalten seien, die zitierten Bestimmungen, sowie § 26 Abs 1 KrPflG. Diese Normen besäßen wettbewerbsregelnden Charakter. Die Beklagte verstoße damit gegen §§ 1, 2 und 31 UWG. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages, verwies auf die erlangte Gewerbeberechtigung und die erteilte Berufsausübungsbefugnis als Heilmasseur, sowie das bei der 35. Bundesinnungsausschußsitzung der Masseure am 23. und beschlossene Berufsbild der Masseure, das alle Massagen am ganzen Körper umfasse. Die Beklagte sei berechtigt, auch Massagen zu Heilzwecken und Heilgymnastik vorzunehmen, da die der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit der Masseure durch das Krankenpflegegesetz nicht berührt worden sei. Eine subjektiv vorwerfbare Mißachtung von Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes falle ihr nicht zur Last. Das Erstgericht bewilligte den Sicherungsantrag.

Es war Der Ansicht, daß die Gewerbeordnung auf die berufsmäßige Ausübung der in den §§ 26 und 44 KrPflG angeführten Tätigkeiten keine Anwendung finde. Gemäß § 26 Abs 1 KrPflG sei die selbständige Massagebehandlung nach ärztlicher Anordnung zu Heilzwecken dem gehobenen medizinisch-technischen Dienst vorbehalten. Da die Beklagte nur zur Vornahme von Tätigkeiten des Sanitätshilfsdienstes nach § 44 lit h KrPflG berechtigt sei, habe sie durch selbständige Massagebehandlung die Grenzen ihrer Berufsausübungsbefugnisse eindeutig überschritten und damit auch gegen § 1 UWG verstoßen. Die Bezeichnung "Heilmasseur" dürfe die Beklagte weder außerhalb einer Anstalt nach § 52 Abs 1 KrPflG noch im Zusammenhang mit einer ihr verbotenen Tätigkeit führen.

Das Rekursgericht gab dem Rekursgericht der Beklagten Folge, wies den Sicherungsantrag in allen Punkten ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes (Beschwerdegegenstandes), über den es entschieden hat, bezüglich Punkt 1. und 2. des Begehrens jeweils 15.000 S, nicht aber 300.000 S, bezüglich Punkt 3. des Begehrens S 300.000 übersteigt und der Rekurs im Umfange der Punkte 1. und 2. des Sicherungsantrages zulässig sei.

Das Rekursgericht war der Ansicht, daß die Beklagte auf Grund der nach den einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften für den Sanitätshilfsdienst erworbenen Befähigung die Bezeichnung "Heilbademeister und Heilmasseur" führen dürfe. Der von ihr geführte Beisatz "staatlich geprüfter ..." gehe zwar über den Wortlaut des ausgestellten Zeugnisses hinaus, doch sei die unter dem Vorsitz des leitenden Sanitätsbeamten vorgenommene Prüfung als staatliche Prüfung anzusehen. Ein Werbeverbot bestehe nur nach § 52 Abs 5 KrPflG, aber nicht nach der Gewerbeordnung. Nach dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Prüfungsordnung blieben für die Tätigkeit der Masseure nur noch Bereiche, die mit medizinisch-therapeutischer Behandlung nichts mehr zu tun hätten. Die Abgrenzungsvorschriften des § 2 GewO und § 3 KrPflG sähen aber eine solche negative Abgrenzung zwar dem Sinne nach, aber nicht ausdrücklich vor, so daß die Beklagte - auch im Hinblick auf das von der Bundesinnung entwickelte Berufsbild der Masseure und die Praxis der Sozialversicherungsträger beim Abschluß von Gesamtverträgen mit Masseuren - der Meinung sein konnte, auch als Heilmasseurin und Heilbademeisterin zu einer selbständigen Berufsausübung berechtigt zu sein. Auch dürften mit einer einstweiligen Verfügung nach § 24 UWG nicht alle Eingriffe vorgenommen werden, welche das Fortbestehen eines Unternehmens in Frage stellen könnten. Dies wäre aber der Fall, wenn der Beklagten bis zur Erledigung des Rechtsstreites Heilbehandlungen untersagt würden.

Die klagende Partei erhebt wegen Nichtigkeit Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Revisionsrekurs.

Das Rechtsmittel der klagenden Partei ist schon wegen des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges zwischen den einzelnen Unterlassungsbegehren ohne die sich aus § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (iVm § 528 Abs 2 ZPO) ergebenden Beschränkungen gemäß Z 2 dieser Gesetzesstelle zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Berücksichtigung der Frage der Existenzgefährdung der Beklagten durch das Rekursgericht begründet keine Nichtigkeit; diese Frage ist für die Entscheidung nicht erheblich.

Die Beklagte stützt ihre Befugnis, Heilmassagen und Heilgymnastik anzubieten und in ihrem Massageinstitut auszuführen, auf die ihr erteilte Gewerbeberechtigung und das auf Grund erfolgreicher Kursabschlußprüfung erlangte Zeugnis über die Befähigung zur Ausübung des Berufes "Heilbademeister und Heilmasseur". Die Revisionsrekurswerberin hingegen meint, die Beklagte verstoße durch die Bezeichnung als "staatlich geprüfter Heilmasseur" und durch die Vornahme von Heilmassagen und Heilgymnastik in ihrem Massageinstitut und die Werbung hiefür gegen eindeutige Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes, wodurch sie auch im Sinne des § 1 UWG wettbewerbswidrig handle.

Diesem Standpunkt kann jedoch nicht gefolgt werden, weil die Abgrenzung zwischen der als gebundenes Gewerbe auszuübenden Tätigkeit eines Masseurs (§ 103 Abs 1 lit b Z 34 GewO 1973) und der berufsmäßigen Ausübung der Tätigkeit des Sanitätshilfsdienstes nach § 44 lit h des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 102 betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und der Sanitätshilfsdienste (im folgenden: Krankenpflegegesetz = KrPflG 1961) aus den gesetzlichen Bestimmungen keineswegs klar hervorgeht.

Art.V des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung 1859 bestimmte, daß "auf folgende Beschäftigungen und Unternehmungen das gegenwärtige Gesetz keine Anwendung findet" und "dieselben fortan nach den dafür bestehenden Vorschriften behandelt werden" und zählt in lit g dieser Gesetzesstelle auf:

"Die Ausübung der Heilkunde (Ärzte, Wundärzte, Zahn-, Augenärzte, Geburtshelfer und Hebammen usw.), die Unternehmungen von Heilanstalten jeder Art mit Inbegriff der Gebär- und der Irrenbewahr-, Bade- und Trinkkuranstalten; das Apothekerwesen, das Veterinärwesen, mit Einschluß des Viehschnittes;

Das Bundesgesetz vom BGBl. Nr. 323 (Untersagungsgesetz) übe außerordentliche gewerberechtliche Maßnahmen anstelle der Gewerbesperre erstreckte seinen Geltungsbereich (§ 1 lit b leg. cit.) auch auf das - damals freie - Gewerbe der Masseure und fügte hinzu ("soweit diese Tätigkeit nicht Heilzwecken dient"). Der Vorläufer des nunmehrigen Krankenpflegegesetzes, das Bundesgesetz vom betreffend die Regelung des Krankenpflegewesens, BGBl. Nr. 93, bestimmte in § 4, daß auf die in den §§ 1 und 2 angeführten Berufe "(- § 1 zählt auf: 1. Krankenpflege,

2. Säuglings- und Kinderpflege, 3. gymnastisch-physikalische Heilpflege, 4. Heildiätpflege, 5. medizinisch-technischer Hilfsdienst -) die Gewerbeordnung keine Anwendung finde und daß die Vorschriften der Gewerbeordnung hinsichtlich der Hand-, Fuß- und Schönheitspflege, sowie der Massage, soweit sie nicht als gymnastisch-physikalische Heilpflege (§ 2 Abs 3 KrPflG 1949) betrieben wird, durch dieses Bundesgesetz nicht berührt werden. Mit der Gewerberechtsnovelle 1952 (Bundesgesetz vom über die Aufhebung des Gesetzes über außerordentliche gewerberechtliche Maßnahmen etc.) BGBl. Nr. 179 wurden in § 1 a Abs 1 lit b GewO 1859 (Aufzählung der gebundenen Gewerbe) die Berufe der "Schönheitspfleger (Kosmetiker), Masseure" unter Z 20 aufgenommen, die bis dahin freie Gewerbe (§ 1 c Abs 4 GewO 1859) waren. Das Krankenpflegegesetz 1961, mit dem das Krankenpflegegesetz 1949 aufgehoben wurde (§ 61 KrPflG 1961), übernahm die Regelung des § 4 KrPflG 1949 nicht. § 3 KrPflG 1961 bestimmt vielmehr, daß auf die berufsmäßige Ausübung der in den §§ 5, 26, 37 und 44 angeführten Tätigkeiten die Gewerbeordnung keine Anwendung findet und daß die der Gewerbeordnung unterliegenden Tätigkeiten der Hand-, Fuß- und Schönheitspfleger, der Hühneraugenschneider, der Masseure..." durch dieses Bundesgesetz nicht berührt werden.

Mit der - gemäß § 375 Abs 1 Z 60 GewO 1973 vorläufig weitergeltenden (Mache-Kinscher, GewO 5 400 FN 153) - Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom , BGBl.246, wurde (unter anderem) für das Gewerbe der Masseure ein strengerer Befähigungsnachweis eingeführt. § 3 der zitierten Verordnung bestimmt, daß für den Antritt des gebundenen Gewerbes der Masseure der Nachweis der Befähigung wie folgt zu erbringen ist:

"a) Durch das Zeugnis über die ordnungsmäßige Beendigung des Lehrverhältnisses (§ 4) in diesem Gewerbe; für Bewerber, die durch ein Zeugnis den erfolgreichen Besuch eines vom Wirtschaftsförderungsinstitut einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft abgehaltenen Lehrganges für Massage in der Dauer von mindestens 150 Unterrichtsstunden nachweisen, verringert sich die Dauer der Lehrzeit um ein Jahr; oder

b) durch das Zeugnis über eine mindestens dreijährige Verwendungszeit (Lehr- oder Dienstzeit) in diesem Gewerbe, sowie durch das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines vom Wirtschaftsförderungsinstitut einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft abgehaltenen Lehrganges für Massage in der Dauer von mindestens 150 Unterrichtsstunden; oder

c) durch den Nachweis der erfolgreichen Ablegung des ersten Rigorosums an einer medizinischen Fakultät einer inländischen Universität sowie durch das Zeugnis über eine mindstens einjährige Verwendungszeit (Lehr- oder Dienstzeit) in diesem Gewerbe."

Demgegenüber sah die auf Grund des Krankenpflegegesetzes 1961 bereits am erlassene Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung, BGBl. Nr. 216, betreffend die Ausbildung und Prüfung in den Sanitätshilfsdiensten für die theoretisch-praktische Ausbildung zum Bademeister und Heilmasseur acht Unterrichtsfächer mit zusammen 130 Mindeststunden (Anlage 7 der zitierten Verordnung) vor; seit der Novellierung dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung durch die Verordnung vom , BGBl. Nr. 309, sind sechs Unterrichtsfächer mit mindestens 160 Stunden vorgesehen (Anlage 8 dieser Verordnung).

Korrespondierend zu § 3 Satz 1 KrPflG 1961 bestimmte nunmehr § 2 Abs 1 Z 11 GewO 1973, daß dieses Bundesgesetz auf die Ausübung der Heilkunde, die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten der Dentisten, Hebammen und Ammen ...die Krankenpflegefachdienste, die medizinisch-technischen Dienste sowie die Sanitätshilfsdienste, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten, die in Anstalten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen öffentlicher Körperschaften zu leistenden gewerblichen Arbeiten nicht anzuwenden ist. In das Gebiet des Sanitätshilfsdienstes fallen gemäß § 44 lit h KrPflG 1961 (idF BGBl.1969/95) Tätigkeiten, welche sich auf die Anwendung der Thermo-, Hydro- und Balneotherapie sowie der Heilmassage im beschränkten Umfang erstrecken. Hingegen umfaßt der physikalisch-therapeutische Dienst die Ausführung physikalischer Heilbehandlungen nach ärztlicher Anordnung zu Heilzwecken. Hiezu gehören insbesondere alle elektrotherapeutischen Behandlungen, ferner die Thermo-, Photo-, Hydro- und Balneotherapie sowie die Mechanotherapie (Heilgymnastik, Massage und Ultraschallbehandlung) (§ 26 Abs 1 KrPflG 1961 idF BGBl.1969/95).

Die in den Sanitätshilfsdiensten (§ 44 KrPflG 1961) in Kursen auszubildenden Personen (§§ 45 ff. KrPflG 1961) erhalten nach erfolgreich abgelegter Kursabschlußprüfung ein Zeugnis und sind berechtigt, die in § 51 KrPflG genannten Berufsbezeichnungen (für die unter § 44 lit h KrPflG 1961 fallenden Tätigkeiten die Bezeichnung "Heilbademeister und Heilmasseur") zu führen. Ein nach den Bestimmungen des § 49 KrPflG ausgestelltes Zeugnis berechtigt nur zur Ausübung des darin bezeichneten Berufes im Dienste einer Krankenanstalt oder im Dienste sonstiger unter ärztlicher Leitung bzw. unter ärztlicher Aufsicht stehender Einrichtungen, die der Vorbeugung, Feststellung oder Heilung von Krankheiten oder der Betreuung pflegebedürftiger Personen dienen, sowie zur unmittelbaren Unterstützung von freiberuflich tätigen Ärzten (§ 52 Abs 1 KrPflG 1961 idF BGBl.1967/257). Freiberuflich dürfen nur der Krankenpflegefachdienst (§ 5), der physikotherapeutische Dienst (§ 26 Abs 1), der Diätdienst (§ 26 Abs 4) und der logopädisch-phoniatrisch-audiometrische Dienst (§ 26 Abs 6) ausgeübt werden. Hiezu bedarf es einer Bewilligung durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (§ 52 Abs 4 KrPflG 1961 idF BGBl.1975/426). Im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes ist jede Art der Werbung und Anpreisung verboten (§ 52 Abs 5 KrPflG 1961 idF BGBl.1973/197).

Mit der Bestimmung des § 3 S 2 KrPflG 1961 wurde klargestellt, daß durch dieses Gesetz in den bestehenden gesetzlichen Umfang der Masseurgewerberechtigung nicht eingegriffen werden sollte. Dafür spricht auch, daß die Vollziehung dieses Gesetzes allein dem Bundesminister für soziale Verwaltung (jetzt: Gesundheit und Umweltschutz) - zum Teil im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht - obliegt (§ 67 Abs 1 KrPflG 1961). Ob der Umfang der Gerwerbeberechtigung eines Masseurs im Jahr 1961 auch Heilmassagen und Heilgymnastik umfaßte, ist zweifelhaft. Für einen solchen Umfang spricht, daß die in § 4 KrPflG 1949 enthaltene Einschränkung des Vorbehaltes der Vorschriften der Gewerbeordnung ("Massage, soweit sie nicht als gymnastisch-physikalische Heilpflege betrieben wird") in § 3 KrPflG 1961 nicht übernommen wurde und sich in der Gewerberechtsnovelle 1952 die im Untersagungsgesetz enthaltene einschränkende Wendung ("soweit die Tätigkeit nicht Heilzwecken dient") nicht mehr findet. Gegen die Einbeziehung von Heilmassagen und Heilgymnastik in den Tätigkeitsbereich der Masseure spricht, daß schon Art.V KdmP z GewO 1859 ganz allgemein "die Ausübung der Heilkunde" aus dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausnahm; die demonstrative Aufzählung der heilkundlichen Berufe in dieser Gesetzesstelle deutet darauf hin, daß darunter nicht nur der Beruf des Arztes gemeint war. In diesem Zusammenhang ist auf die EB zur RV zum KrPflG 1961 (345 BlgNR 9.GP) hinzuweisen, wo es ausdrücklich heißt: "§ 3 stellt das Gegenstück zu Art.V lit g KdmP z GewO dar, wonach jegliche Heiltätigkeit von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen ist. Die hier genannten Gewerbe...können daher nur Tätigkeiten umfassen, die sich auf Körperpflege beziehen" (zitiert nach Beran-Fritz-Haslinger, Krankenpflegerecht 15 FN 3, die aaO die Ansicht vertreten, daß Heiltätigkeiten von den Bestimmungen der Gewerbeordnung auszunehmen seien; dies entspricht auch dem Standpunkt des Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz Schreiben vom Zl IV-51.254/5-2/79 abgedruckt bei Beran-Fritz-Haslinger aaO 40 ff FN 1). Nur ein enger gewerberechtlicher Masseurbegriff, der Massage zu Heilzwecken nicht umfaßt, vermeidet Widersprüche zwischen dem Satz 1 und 2 des § 3 KrPflG 1961, die ansonsten darin bestehen, daß einerseits das Krankenpflegegesetz 1961 die Tätigkeit der Masseure nicht berühren wollte, andererseits aber auf die berufgsmäßige Ausübung der in den §§ 26 und 44 KrPflG 1961 angeführten Tätigkeiten (die ausdrücklich "Heilgymnastik" und "Massage", sowie "Heilmassage in beschränktem Umfang" umfassen), die Gewerbeordnung keine Anwendung findet. Zur Klärung der Frage, welche Befugnisse die Masseure auf Grund ihrer Gewerbeberechtigung besitzen, sind, soweit diese Frage Hauptfrage eines Verfahrens ist, die zuständigen Verwaltungsbehörden (Gewerbebehörden, allenfalls Sanitätsbehörden) berufen. Einer (abschließenden) Beurteilung dieser Frage als Vorfrage der von der klagenden Partei erhobenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche bedarf es nicht. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, verlangt das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil - im Sinne der Behauptung einer den anständigen Gebräuchen in Handel und Gewerbe zuwiderlaufenden, also gegen das Anstandsgefühl des durchschnittlichen Mitbewerbers oder die sittliche Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise verstoßenden Wettbewerbshandlung (ÖBl1976, 67 uva.; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 15 ; vgl. auch Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 183) - jedenfalls dort eine besondere subjektive Komponente auf der Seite des Beklagten, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet wird. Was dem Betroffenen hier als "unlauteres Verhalten" angelastet wird, ist der Umstand, daß er sich über eine gesetzliche Norm hinweggesetzt hat, um auf diese Weise einen Wettbewerbsvorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Nur eine dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung einer solchen Vorschrift rechtfertigt es aber, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung im Sinne des § 1 UWG anzunehmen (in diesem Sinne bereits Schönherr in ÖBl1977, 33; ÖBl1977, 159; ÖBl1981, 19; zu allem SZ 56/2). Dieser Grundsatz muß vor allem dort gelten, wo es um eine unterschiedliche Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift (hier: der in Betracht kommenden gewerberechtlichen und sanitätsrechtlichen Vorschriften) geht. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Verletzung dieser Vorschriften gegen § 1 UWG verstößt, kommt es vor allem darauf an, ob die Auffassung der Beklagten über den Umfang ihrer Befugnisse durch das Gesetz soweit gedeckt ist, daß die mit gutem Grund vertreten werden kann; trifft dies zu, dann kann diese Auslegung der gesetzlichen Vorschrift und die darauf beruhende Tätigkeit der Beklagten nicht mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden.

Die Ansicht, das Masseurgewerbe umfasse nur Tätigkeiten, die sich auf die Körperpflege (und nicht auf die Heilung von Krankheiten) beziehen, hat zwar überwiegende Gründe für sich, kommt aber in der Regelung des § 3 S 2 KrPflG und des § 2 Abs 1 Z 11 GewO 1973 keineswegs klar zum Ausdruck; beachtliche Argumente sprechen auch für die gegenteilige Auffassung. Bei dieser unklaren Gesetzeslage, ist der Standpunkt der Beklagten, sie sei auf Grund der ihr erteilten Gewerbeberechtigung und der außerdem erworbenen Befähigung zur Ausübung des Berufes als Heilmasseur zur selbständigen Durchführung von Heilmassagen und Heilgymnastik berechtigt, durch das Gesetz soweit gedeckt, daß er jedenfalls mit gutem Grund vertreten werden kann. Die Ansicht der Beklagten stimmt insoweit mit der Meinung der zuständigen Innung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft überein, wonach der gewerbliche Masseur alle Arten von Massagen, insbesondere auch solche, die ärztlich verordnet sind, auszuführen berechtigt ist. Für die Frage einer subjektiv vorwerfbaren Mißachtung von Vorschriften ist aber auch von Bedeutung, daß sogar die Sozialversicherungsträger im Rahmen von Gesamt- und Einzelverträgen die gewerberechtlich befugten Masseure zu Krankenbehandlungen heranziehen. Bei dieser Sachlage kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe den anständigen Gebräuchen in Handel und Gewerbe zuwider gewerberechtliche oder sanitätsrechtliche Vorschriften verletzt und damit (da die Übertretung von Vorschriften, die dem Schutze der Volksgesundheit dienen, ohne Rücksicht darauf, ob sie planmäßig erfolgt, sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist ÖBl1978, 116; ÖBl1979, 68) gegen § 1 UWG verstoßen. Solange die zuständigen Behörden über die Frage des Umfanges der Masseurberechtigung nicht abweichend vom Standpunkt der Beklagten rechtskräftig entschieden haben oder eine Regelung der strittigen Fragen durch generelle Normen erfolgt (worüber nach dem Vorbringen der Revisionsrekurswerberin seit Jahren Verhandlungen zwischen den betroffenen Interessentengruppen geführt werden), ist die Tätigkeit der Beklagten als Heilmasseur wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf die Frage, ob die Beklagte Heilmassagen nur in beschränktem Umfang des § 44 lit h KrPflG 1961 (vgl. dazu Beran-Fritz-Haslinger aaO 63 FN 5) vornehmen darf, ist nicht einzugehen, da die klagende Partei insoweit ein bestimmtes exekutionsfähiges Begehren nicht gestellt hat. Die Beklagte darf aber auch, da sie die Sanitätshilfsdienstprüfung vor einer staatlichen Kommission im Sinne des § 48 Abs 2 KrPflG 1961 abgelegt hat, die Berufsbezeichnung "staatlich geprüfter" Heilmasseur führen. Dieser Bezeichnung ist nichts Irreführendes zu entnehmen, da die Beklagte tatsächlich staatlich geprüft ist, auch wenn die amtliche Berufsbezeichnung für die im Sanitätshilfsdienst tätigen Personen "Heilbademeister und Heilmasseur" (§ 51 lit h KrPflG 1961) lautet. Die Beklagte unterliegt als Masseur nach der Gewerbeordnung auch nicht unmittelbar dem Wettbewerbsverbot des § 52 Abs 5 KrPflG 1961. Im übrigen hat aber das Provisorialverfahren auch nicht ergeben, daß sie über die mit der Führung eines Massagebetriebes notwendig verbundene Berufs- und Geschäftsbezeichnung hinaus Kundenwerbung - insbesondere für Heilmassagen und Heilgymnastik - betrieben hat. Wegen der unklaren Berufsabgrenzungen verstößt die Beklagte derzeit auch nicht gegen § 1 UWG, soweit sie - auf Grund ärztlicher Vorschreibung - im Rahmen ihres Gewerbebetriebes Massagen zu Heilzwecken und Heilgymnastik ausführt. Der Beschluß des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 402 EO, 41, 50 ZPO.