OGH 24.08.2010, 2Ob133/10p
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin R***** J*****, vertreten durch Mag. Karin Spiegl-Rafler, Rechtsanwältin in Graz, gegen den Antragsgegner S***** J*****, vertreten durch Mag. Helmut Hawranek, Rechtsanwalt in Graz, wegen §§ 382b, 382e EO, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 143/10d-17, womit der Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 248 C 11/10b-9, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erließ am eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 382b und 382e EO. Dagegen erhob der Antragsgegner Widerspruch, welcher vom Erstgericht abgewiesen wurde.
Das Rekursgericht wies den dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs wegen Verspätung zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für unzulässig. Der Beschluss des Erstgerichts sei dem Vertreter des Antragsgegners am zugestellt worden. Die 14-tägige Rekursfrist des § 402 Abs 3 EO habe daher mit Ablauf des geendet. Der am überreichte Rekurs sei verspätet. Der ordentliche Revisionsrekurs sei im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage nicht zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung erhob der Antragsgegner außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag, dem Rekursgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner macht - unter Vorlage des Sendeberichts - geltend, dass sein Rechtsvertreter den Rekurs per Fax am um 23:40 Uhr übermittelt habe und der Sendevorgang um 23:44 Uhr beendet gewesen sei. Der Rekurs sei daher noch rechtzeitig eingebracht worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof ist verfrüht:
Analog § 89 Abs 3 GOG ist für Eingaben die Verwendung eines Telefax auch nach Dienstschluss fristwahrend, sofern die Telefaxeingabe vor 24:00 Uhr des letzten Tages bei Gericht einlangt, wobei es gleichgültig ist, ob das Telefax vor oder erst nach dem Ende der Amtsstunden empfangen wird, weil das Schriftstück automatisch mit einem dem Eingangsvermerk gemäß § 102 GeO entsprechenden Vermerk versehen wird. Einen Einschreiter, der ein Telefax vor oder erst nach Dienstschluss absendet, trifft aber immer das Risiko, dass es nicht bei Gericht einlangt; er hat bei Nichteinlangen stets das Risiko eines technischen Gebrechens, eines Eingabefehlers etc oder ua auch das Risiko, dass das Empfangsgerät gerade belegt ist, zu tragen (RIS-Justiz RS0119013).
Dem Akt ist jedoch das Einlangen der bescheinigten Fax-Sendung nicht zu entnehmen. Auch findet sich kein Vermerk des Erstrichters dahingehend, dass trotz der Bescheinigung der Absendung kein Empfang der Sendung erfolgte.
Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Rekurses bedarf es der Kenntnis des Umstands, ob die Telefaxeingabe vor 24:00 Uhr des bei Gericht einlangte. Das Erstgericht wird daher vor neuerlicher Vorlage des Akts zweckdienliche Erhebungen - unter Zuziehung der Parteien (§ 509 Abs 3 letzter Satz ZPO) - über das Schicksal der genannten Telefaxeingabe zu pflegen haben (vgl 1 Ob 188/03h).
Zu diesem Zweck war der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin R***** J*****, vertreten durch Mag. Karin Spiegl-Rafler, Rechtsanwältin in Graz, gegen den Antragsgegner S***** J*****, vertreten durch Mag. Helmut Hawranek, Rechtsanwalt in Graz, wegen §§ 382b, 382e EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 143/10d-17, womit der Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 248 C 11/10b-9, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Verspätung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erließ am eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 382b und 382e EO. Dagegen erhob der Antragsgegner Widerspruch, welcher vom Erstgericht mit Beschluss vom abgewiesen wurde.
Das Rekursgericht wies den dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs wegen Verspätung zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für unzulässig. Der Beschluss des Erstgerichts sei dem Vertreter des Antragsgegners am zugestellt worden. Die 14-tägige Rekursfrist des § 402 Abs 3 EO habe daher mit Ablauf des geendet. Der am überreichte Rekurs sei verspätet. Der ordentliche Revisionsrekurs sei im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage nicht zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung erhob der Antragsgegner außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag, dem Rekursgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner macht - unter Vorlage des Sendeberichts - geltend, dass sein Rechtsvertreter den Rekurs per Fax am um 23:40 Uhr übermittelt habe und der Sendevorgang um 23:44 Uhr beendet gewesen sei. Der Rekurs sei daher noch rechtzeitig eingebracht worden.
Da dem Akt das Einlangen dieser Fax-Sendung nicht zu entnehmen war und sich auch kein Vermerk des Erstrichters dahingehend fand, dass trotz der Bescheinigung der Absendung kein Empfang der Sendung erfolgt sei, somit ungewiss war, ob die Telefaxeingabe vor 24:00 Uhr des bei Gericht einlangte, trug der erkennende Senat dem Erstgericht am auf, zweckdienliche Erhebungen über das Schicksal der Telefaxeingabe zu pflegen.
Das Erstgericht wies nach Erörterung mit den Parteien den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss vom neuerlich als verspätet zurück. In seinem - in der Folge vom Rekursgericht als nichtig behobenen - Beschluss hielt das Erstgericht fest, dass das Telefax „laut Aktenlage“ nicht bei Gericht eingelangt sei.
Nach neuerlicher Rückleitung des Akts an das Erstgericht zur Durchführung des Erhebungsauftrags ersuchte der Erstrichter die Einlaufstelle des Erstgerichts, das Journal der Faxgeräte mit der Auflistung aller Faxeingänge am 26. und auszudrucken und über das damalige Funktionieren der Faxgeräte zu berichten. Die zuständige Mitarbeiterin der Einlaufstelle teilte hierauf mit, dass die verlangte Auflistung nicht erstellt werden könne, weil zufolge Gerichtsumbaus die seinerzeitigen Faxgeräte - welche damals funktioniert hätten - ausgeschieden und neue Faxgeräte installiert worden seien. Der Akt wurde sodann vom Erstrichter - nach Anfertigung eines unleserlichen Aktenvermerks - neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt:
1. Ein Rechtsmittel hat in dem Sinn die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich, als es jedenfalls entgegenzunehmen und sachlich zu erledigen ist, solange nicht seine Verspätung durch die Aktenlage eindeutig ausgewiesen ist. Die Ergebnislosigkeit von Erhebungen über die Rechtzeitigkeit wirkt zum Vorteil des Rechtsmittelwerbers (RIS-Justiz RS0006965).
2. Analog § 89 Abs 3 GOG ist für Eingaben die Verwendung eines Telefax auch nach Dienstschluss fristwahrend, sofern die Telefaxeingabe vor 24:00 Uhr des letzten Tages bei Gericht einlangt, wobei es gleichgültig ist, ob das Telefax vor oder erst nach dem Ende der Amtsstunden empfangen wird, weil das Schriftstück automatisch mit einem dem Eingangsvermerk gemäß § 102 GeO entsprechenden Vermerk versehen wird. Einen Einschreiter, der ein Telefax vor oder erst nach Dienstschluss absendet, trifft aber immer das Risiko, dass es nicht bei Gericht einlangt; er hat bei Nichteinlangen stets das Risiko eines technischen Gebrechens, eines Eingabefehlers etc oder ua auch das Risiko, dass das Empfangsgerät gerade belegt ist, zu tragen (RIS-Justiz RS0119013).
3. Im vorliegenden Fall haben die durchgeführten Erhebungen kein technisches Gebrechen bzw keinen ähnlichen Hinderungsgrund für das (rechtzeitige) Einlangen des Rekurses des Antragsgegners bei Gericht ergeben. Das für die Klärung des Eingangszeitpunkts tauglichste Beweismittel - das Faxjournal - kann aus einem dem Antragsgegner nicht zurechenbaren Grund (Ausscheiden der Faxgeräte) nicht hergestellt werden. Es bleiben daher Zweifel an der Verspätung des Rechtsmittels. Diese gehen zu Lasten der Behörde und nicht des Rechtsmittelwerbers (2 Ob 174/09s). Der Rekurs des Antragsgegners hat daher die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich.
Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners ist somit Folge zu geben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Verspätung aufzutragen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00133.10P.0824.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAD-47432