TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 16.07.2002, 4Ob164/02z

OGH vom 16.07.2002, 4Ob164/02z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter K*****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Georg R*****, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung (Streitwert im Provisorialverfahren 14.534,57 EUR), über den Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 181/01d-12, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 37 Cg 38/01v-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird dem Beklagten dem Kläger gegenüber ab sofort verboten, die vom Kläger stammende Musik zu der Filmdokumentation mit dem Titel 'Glockner - der schwarze Berg' aus der ORF-Reihe 'Universum' (in der vorliegenden Schnittfassung in der Dauer von vier Minuten acht Sekunden) im Rahmen dieser Produktion zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder durch Rundfunk zu senden bzw vervielfältigen, verbreiten und/oder durch Rundfunk senden zu lassen, wenn dies unter Anführung des Klägers als Musikurheber (insbes im Nachspann der genannten Filmdokumentation) und/oder auf eine Weise erfolgt, dass die vom Kläger bzw von anderen Komponisten stammende Musik nicht eindeutig zugeordnet werden kann bzw dem Kläger Musik unterstellt wird, die nicht von ihm stammt.

Der Kläger hat die Kosten der Gegenäußerung vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten der Äußerung endgültig selbst zu tragen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Komponist; der Beklagte ist Regisseur und Geschäftsführer der F***** GmbH. Die F***** GmbH schloss am mit der Republik Österreich und dem ORF einen Vertrag, in dem sie sich verpflichtete, für die Fernsehserie „Universum" einen Film mit dem Titel „Glockner - der schwarze Berg" in einer Länge von 90 Minuten herzustellen. Als Abliefertermin wurde der vereinbart. Weiters wurde vereinbart, dass die F***** GmbH dem ORF alle in den - zum Vertragsinhalt erklärten - allgemeinen Bedingungen zum Auftragsproduktionsvertrag genannten Werknutzungs- bzw Verwertungsrechte einräumen sollte, insbesondere das ausschließliche sowie sachlich, zeitlich und territorial uneingeschränkte Recht, die vertragsgegenständliche Produktion für wie auch immer geartete Fernsehsendungen beliebig oft zu nutzen sowie in jeder Hinsicht uneingeschränkt öffentlich oft zu nutzen sowie in jeder Hinsicht uneingeschränkt öffentlich aufzuführen bzw wiederzugeben und zu diesen Zwecken zu vervielfältigen und zu verbreiten. Nach § 3 der allgemeinen Bedingungen zum Auftragsproduktionsvertrag hält der Vertragspartner den ORF und dessen Rechtenehmer von allen Ansprüchen Dritter schad- und klaglos und leistet (ua) Gewähr, dass durch die Produktion keine Persönlichkeitsrechte oder urheberrechtlichen Befugnisse verletzt werden. Diese Haftung besteht nach § 9 der allgemeinen Bedingungen auch nach der Abnahme der Produktion fort.

Kläger und Beklagter waren ursprünglich befreundet und hatten bei früheren Produktionen zusammengearbeitet. Dass der Beklagte den Kläger beauftragt hätte, in leitender Funktion die Filmmusik für die Glockner-Dokumentation zu erstellen, konnte nicht festgestellt werden. Der Beklagte hatte aber nichts dagegen, dass der Kläger zusammen mit zwei weiteren Komponisten die Filmmusik erstelle. Von der vom Kläger komponierten Musik wurde schließlich nur ein Ausschnitt von 4 Minuten und 8 Sekunden verwendet.

Am wurde in Gegenwart des Klägers der Film einschließlich Nachspann vorgeführt. Im Nachspann wurden alle Mitwirkenden, darunter unter „Musik" der Kläger und die anderen Komponisten, genannt. Die Nennung lässt nicht erkennen, welcher Teil der Musik vom Kläger stammt; es fehlt auch jeder Hinweis darauf, dass die vom Kläger komponierte Musik nur für insgesamt 4 Minuten und 8 Sekunden zu hören ist.

Am hat der ORF den Film technisch abgenommen. Dass der Kläger vor diesem Zeitpunkt Einwendungen gegen seine Nennung als Komponist der Filmmusik gemeinsam mit den anderen Komponisten im Nachspann des Films erhoben hätte, konnte nicht festgestellt werden. Am sendete der ORF den Film; am wurde der Film im Programm 3sat gebracht.

Im allgemeinen werden bei ORF-Dokumentationen die Mitwirkenden im Nachspann meist in der Reihenfolge "Gestaltung/Bearbeitung/Regie", dann eventuell "Mitarbeit", "Kamera", "Ton", "Schnitt", "Musik", "Tonmischung", "Sprecher", "Produktion", "Redaktion" angegeben. Der Komponist ("Musik") wird in der Regel nur genannt, wenn die Musik eigens für den Film geschaffen wurde. Mehrere Komponisten werden entweder in alphabetischer Reihenfolge oder nach dem Ausmaß ihres Musikanteils gereiht genannt. Genauere Angaben sind nicht üblich; es ist jedenfalls völlig unüblich, den Urheber jedes einzelnen Werks zu nennen, wenn die Werke mehrerer Komponisten für einen Film verwendet werden.

Bei der gegenständlichen Universum-Dokumentation werden die Komponisten bereits nach "Regie" und "Konzept" genannt. Ihre Nennung entspricht den ORF-Usancen, die jedenfalls mit den Usancen des europäischen Fernsehmarkts übereinstimmen.

Nach Übergabe des Films an den ORF äußerte der Kläger gegenüber dem Beklagten, er wolle nicht als einer der Komponisten der Filmmusik genannt werden. Ob es dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch möglich gewesen wäre, eine Änderung des Nachspanns in diesem Sinn zu erreichen, konnte nicht festgestellt werden.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten zu untersagen, die vom Kläger stammende Musik zu der Filmdokumentation mit dem Titel "Glockner - der schwarze Berg" aus der ORF-Reihe "Universum" (in der vorliegenden Schnittfassung in der Dauer von vier Minuten acht Sekunden) im Rahmen dieser Produktion zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder durch Rundfunk zu senden bzw vervielfältigen, verbreiten und/oder durch Rundfunk senden zu lassen, wenn dies unter Anführung des Klägers als Musikurheber (insbes im Nachspann der genannten Filmdokumentation) und/oder auf eine Weise erfolgt, dass die vom Kläger bzw von anderen Komponisten stammende Musik nicht eindeutig zugeordnet werden kann bzw dem Kläger Musik unterstellt wird, die nicht von ihm stammt. Der Beklagte habe den Kläger im Mai 2000 beauftragt, die Musik für die Filmdokumentation zu komponieren und zu arrangieren, die Tonaufnahmen herzustellen und die Abmischung vorzunehmen. Am habe der Beklagte den Auftrag bekräftigt und die weiteren Einzelheiten besprochen. Beim Vorprojekt "St. Stephan - Der lebende Dom" sei ein Honorar von 100.000 S für die Komposition und von 150.000 S für die Tonaufnahmen, Musikerhonorare usw zur Verfügung gestanden; bei der Glockner-Dokumentation sollte das Musikbudget angesichts der doppelten Länge etwa doppelt so hoch sein. Der Beklagte habe den vereinbarten Terminplan nicht eingehalten. Insgesamt habe der Kläger dem Beklagten 74 Minuten Musikmischung auf CD übergeben. Bei der Vorführung des Films am habe der Kläger festgestellt, dass seine Musik nur zu einem geringen Teil verwendet wurde. Im Hinblick auf die getroffene Vereinbarung und wegen schwerwiegender künstlerischer Bedenken gegen die verwendete Musik habe der Kläger dem Beklagten in einem Vier-Augen-Gespräch angeboten, den Film vereinbarungsgemäß zu vertonen. Der Beklagte habe dies abgelehnt, weshalb der Kläger darauf bestanden habe, nicht als Komponist der Filmmusik genannt zu werden. In der Folge habe der Kläger dem Beklagten nur ein Pauschalhonorar von 120.000 S netto verrechnet; der Beklagte habe sein Angebot nicht angenommen, sondern nur 8.325 S als aliquoten Anteil des Musikbudgets von 150.000 S zuzüglich eines Auslagenersatzes von 23.325 S angeboten. Der Kläger trete von seinem Regelungsangebot zurück und begehre 250.000 S zuzüglich Umsatzsteuer. Vereinbart und angemessen wäre ein Honorar von 500.000 S netto. Der Beklagte habe nicht nur das Honorar nicht gezahlt, er habe auch die Entscheidung des Klägers, nicht als (Mit-)Komponist genannt werden zu wollen, nicht berücksichtigt. Die Urheberbezeichnung sei auch davon abgesehen nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil nicht nachvollziehbar sei, welche Teile der Filmmusik von welchem Komponisten stammen. Soweit dem Kläger dadurch nicht von ihm komponierte Musik zugeschrieben werde, werde sein Namensrecht nach § 43 ABGB verletzt. Die aus der schwerwiegenden Schädigung seiner finanziellen und künstlerischen Interessen - in der Endfassung stamme nur ein geringer Teil der Musik vom Kläger; die Vertonung sei insgesamt künstlerisch geradezu unvertretbar - folgenden Schadenersatzansprüche behalte sich der Kläger ausdrücklich vor.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte seit Ablieferung des Masterbands am keine Verwertungsmöglichkeiten mehr besitze. Der Beklagte habe den Kläger nicht beauftragt, die Filmmusik zu komponieren. Die Zusammenarbeit mit ihm sei bei früheren Produktionen wegen dessen chaotischer Arbeitsweise und Unzuverlässigkeit zermürbend gewesen. Außerdem habe der Kläger das Budget überschritten und zusätzliche Honorarforderungen gestellt. Der Beklagte habe sich 1997 geschworen, nie wieder mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Im Mai 2000 sei der Kläger an den Beklagten herangetreten und habe am Glockner-Projekt mitarbeiten wollen. Es sei klar gewesen, dass der Kläger nur einzelne Beiträge liefern und einen aliquoten Anteil am Honorar erhalten werde. Den Auftrag, die Filmmusik zu komponieren, zu arrangieren, die Tonaufnahmen herzustellen und abzumischen, sei bereits den Komponisten Gernot U***** und Wolfgang K***** erteilt gewesen. Nach der Vorführung des Films am habe es kein Vier-Augen-Gespräch gegeben. Bei der Vorführung habe der Kläger keine Vorbehalte hinsichtlich Urheberpersönlichkeitsrechte geäußert, so dass der Beklagte davon ausgegangen sei, dass diese zu wahren seien. Aufgrund der ausdrücklichen Zustimmung zur Vervielfältigung und Verwertung habe auch von einer konkludenten Zustimmung zur Namensnennung ausgegangen werden können. Der Kläger habe erstmals am telefonisch den Wunsch geäußert, nicht als Teilurheber der Filmmusik genannt zu werden. Der Beklagte habe um eine ausdrückliche schriftliche Weisung ersucht und zugesagt, dies mit dem ORF zu erörtern. Der Kläger habe erklärt, seinen Wunsch nicht weiter aufrecht zu erhalten und auch keine schriftliche Weisung erteilt.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Beklagte sei zwar nicht für die Zahlungsansprüche, wohl aber für Unterlassungsansprüche passiv legitimiert; es bestehe aber keine Wiederholungsgefahr. Da der Beklagte alle Rechte an den ORF abgetreten habe, sei sicher, dass er den Film in Zukunft nicht vorführen, senden oder sonstwie verbreiten oder vervielfältigen werde. Die §§ 3 und 9 der allgemeinen Bedingungen zum Auftragsproduktionsvertrag regelten nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten bzw der F***** GmbH und dem ORF; der Kläger könne daraus keine Rechte ableiten.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und - aufgrund eines Antrags nach § 508 ZPO - dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Als Mitgestalter der Filmmusik in einem Ausmaß von 4 Minuten 8 Sekunden bei 90 Minuten Filmlänge sei der Kläger nicht auch Urheber des Films. Er habe daher kein Recht, als Urheber genannt oder nicht genannt zu werden. Dazu komme, dass sämtliche Werknutzungs- und Verwertungsrechte dem ORF übertragen worden seien und die F***** GmbH sich verpflichtet habe, den ORF bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder urheberrechtlichen Befugnissen schad- und klaglos zu halten. Der ORF werde eine Forderung des Beklagten, den Nachspann zu ändern, sicherlich nicht ohne weiteres erfüllen. Der Kläger habe trotz Kenntnis seiner Nennung im Nachspann keine Einwendungen erhoben; sein Verlangen erscheine im Hinblick darauf geradezu schikanös.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil Rechtsprechung zum Recht des (Mit-)Komponisten der Filmmusik auf Urheberbezeichnung fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Kläger macht zu Recht geltend, dass das Urheberrecht am Film vom Urheberrecht an vorbestehenden Werken, die bei der Herstellung des Films benutzt werden, zu unterscheiden ist. Urheber eines gewerbsmäßig hergestellten Filmwerks ist, wer an dessen Schaffung derart mitgewirkt hat, dass der Gesamtgestaltung des Werks die Eigenschaft einer eigentümlichen geistigen Schöpfung zukommt (§ 39 Abs 1 UrhG); die Verwertungsrechte stehen mit der in § 39 Abs 4 UrhG enthaltenen Beschränkung dem Filmhersteller zu (§ 38 Abs 1 Satz 1 UrhG). Davon unberührt bleiben Urheberrechte, die an den bei der Schaffung eines Filmwerks benutzten Werken bestehen (§ 38 Abs 1 letzter Satz UrhG).

Diese Werke können schon vor der Schaffung des Films bestehen (wie der verfilmte Roman), sie können aber auch eigens für den Film geschaffen werden (wie das Drehbuch). Werden sie eigens für den Film geschaffen, so kann es, insbesondere bei Filmarchitektur, Filmkostümen und Lichtdesign, zweifelhaft sein, ob sie urheberrechtlich selbstständig oder nur als Teil des Gesamtkunstwerks Film geschützt sind; die Filmmusik ist regelmäßig, auch wenn sie eigens für den Film komponiert wird, urheberrechtlich selbstständig geschützt (zu der dem § 38 Abs 1 letzter Satz UrhG inhaltsgleichen Bestimmung des § 89 Abs 3 dUrhG s von Gamm, Urheberrechtsgesetz § 89 Rz 3; Lütje in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz² § 88 Rz 8 ff; Hertin in Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht9 § 88 Rz 6, § 89 Rz 8; Rehbinder, Urheberrecht11 Rz 177; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht² Rz 298).

Der Kläger ist Komponist (eines Teils) der Filmmusik; sein Urheberrecht als Komponist blieb auch nach Verwendung der Musik für den Film unabhängig davon bestehen, ob und in welchem Ausmaß seine Musik die Gesamtgestaltung des Films beeinflusst hat.

Das Urheberrecht umfasst das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Verwertungsrechte; das Urheberpersönlichkeitsrecht ist in erster Linie in den §§ 19 bis 21 UrhG geregelt (s Ciresa, Österreichisches Urheberrecht Vorbem §§ 19-21 Rz 4 ff). Es ist dies das - unverzichtbare - Recht, die Urheberschaft in Anspruch zu nehmen (§ 19 UrhG), das Recht, zu bestimmen, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist (§ 20 UrhG) und der durch ein Änderungsverbot bewirkte Werkschutz (§ 21 UrhG). Im vorliegenden Fall ist § 20 UrhG von Bedeutung; die Sondervorschrift des § 39 Abs 1 UrhG für den Filmurheber - er kann vom Filmhersteller verlangen, auf dem Film und in Ankündigungen als dessen Urheber genannt zu werden - ist hier nicht anwendbar, weil nicht die Rechte eines allfälligen (Mit-)Urhebers des Films, sondern die des Klägers als Komponist zu beurteilen sind.

Nach § 20 UrhG bestimmt der Urheber, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist, ob auf den Werkstücken und bei der öffentlichen Wiedergabe zum Ausdruck gebracht werden soll, wer es geschaffen hat, und ob das durch Angabe des wahren Namens oder eines Decknamens oder - bei Werken der bildenden Künste - bloß durch ein Künstlerzeichen geschehen soll (4 Ob 101/93 = SZ 66/122 - WIN mwN). Der Urheber hat damit auch das Recht, anonym zu bleiben; § 20 Abs 1 UrhG enthält insoweit die Befugnis, ein Namensnennungsverbot auszusprechen, das vom Nutzungsberechtigten beachtet werden muss und auch nachträglich ausgesprochen werden kann (zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 13 Satz 2 dUrhG Schack aaO Rz 335; Hertin aaO § 13 Rz 14).

Ob und wie der Urheber bezeichnet werden soll, kann Gegenstand einer - ausdrücklichen oder schlüssigen - Vereinbarung zwischen Urheber und Verwerter des Werks sein. Durch Vereinbarung kann auch - insbesondere durch die Unterwerfung unter branchenübliche Gepflogenheiten - auf eine Nennung verzichtet werden (4 Ob 353/86 = MR 1986 H 5, 14 [Walter] - Weihnachtslieder; 4 Ob 179/01d = MR 2001, 389 [Walter] - Eurobike; 4 Ob 239/01v; von Gamm aaO § 13 Rz 11, 13; Hertin aaO § 13 Rz 9; Schack aaO Rz 388; Dietz in Schricker, Urheberrecht² § 13 Rz 22 ff). Lehre und Rechtsprechung sind gegenüber der Annahme eines Verzichts sehr zurückhaltend. Sie verweisen darauf, dass die Annahme eines Verzichts nicht dazu führen darf, eingerissene Unsitten der Verschweigung des Urhebers zur branchenüblichen und damit als stillschweigend vereinbart geltenden Verkehrssitte werden zu lassen (Dillenz, Praxiskommentar zum österreichischen Urheberrecht und Verwertungsgesellschaftenrecht 72; 4 Ob 293/01v). Andernfalls besteht die Gefahr, dass als Branchenüblichkeit nur das soziale Ungleichgewicht zulasten der Urheber perpetuiert wird (Dietz aaO § 13 Rz 25; Schack aaO Rz 338). In diesem Sinn spricht sich Hertin (aaO) dafür aus, von einem schlüssig vereinbarten Nennungswegfall nur in den Fällen auszugehen, in denen sich die vertragliche Nutzungsbefugnis auf Formen erstreckt, bei denen eine Urheberbezeichnung technisch nicht möglich oder zweifelsfrei sozial inadäquat wäre.

Die Regelung der Urheberbezeichnung durch Vereinbarung steht in einem Spannungsverhältnis zur Unverzichtbarkeit des Rechts, die Urheberschaft in Anspruch zu nehmen. Einerseits hat der Verwerter ein berechtigtes Interesse, die Urheberbezeichnung auch für den Urheber bindend festzulegen, andererseits ist die Bestimmung der Urheberbezeichnung die nach außen sichtbare Umsetzung des - kraft Gesetzes unverzichtbaren (§ 19 Abs 2 UrhG) - Rechts, die Urheberschaft in Anspruch zu nehmen. Die Meinungen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der Urheber die einmal erfolgte Bestimmung der Urheberbezeichnung ändern kann, gehen daher auseinander. Nach von Gamm (aaO § 13 Rz 11) ist die getroffene negative oder positive Bestimmung über die Urheberbezeichnung für den Urheber und Nutzungsberechtigten verbindlich und kann nur durch entsprechende Vereinbarung geändert werden. Dietz (aaO § 13 Rz 23) verweist darauf, dass nicht jeder „Verzicht" des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Bindung erfolgt. Sei aber wirklich eine rechtsgeschäftliche Bindung des Urhebers gewollt, so sei die Grenze ihrer Zulässigkeit im Rahmen einer Interessenabwägung und im Hinblick auf den Grundsatz zu bemessen, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht in seinem Kerngehalt unübertragbar und unverzichtbar sei. Ganz generell müsse jedenfalls bei umfangreichen Werken, die andauernde geistige Wirkung entfalten sollen, eine Pseudonymabrede oder die Vereinbarung anonymer Veröffentlichung widerrufen werden können. Ebenfalls mit der Unverzichtbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts begründet Kroitzsch (in Möhring/Nicolini, Urheberrecht² § 13 Rz 26) seine Auffassung, dass die getroffene negative oder positive Bestimmung über die Urheberbezeichnung für den Urheber nicht verbindlich sei. Die Grenze der Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts bilde das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Ebenso wie der Urheber bei vereinbarter oder branchenüblicher Nichtnennung nachträglich auf der Anbringung der Urheberbezeichnung bestehen könne, könne er auch nachträglich die Urheberbenennung widerrufen, wenn er aus bestimmten Gründen die entstellende Wiedergabe seines Werks dulden müsse. Nach Walter (Anm zu 4 Ob 353/86 = MR 1986 H 5, 14 - Weihnachtslieder) soll der Urheber bis zum Ablauf der Schutzfrist entscheiden können, ob und mit welcher Urheberbezeichnung ein Werk zu versehen ist; dieses Recht schließe auch Änderungen ein. Fraglich könne nur die Wirksamkeit einer vertraglichen Bindung des Urhebers sein.

Im vorliegenden Fall wurde nicht behauptet, dass die Streitteile bei Vereinbarung ihrer Zusammenarbeit festgelegt hätten, ob und wie der Kläger als Komponist der Filmmusik genannt werden soll. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Beklagte den Kläger als einen der Komponisten im Nachspann des Films genannt, ohne dass der Kläger nach der Vorführung des Films und vor Übergabe des Masterbands an den ORF dagegen Einwendungen erhoben hätte. Die Nennung der (des) Filmurheber(s) und auch die der Urheber von bei der Herstellung des Films benutzten Werken im Vor- oder Nachspann eines Films ist branchenüblich; werden - wie hier - für die Hintergrundmusik eines Films abwechselnd die Werke mehrerer Komponisten verwendet, so ist es technisch unmöglich, die Urheberbezeichnung so zu gestalten, dass - wie an sich erforderlich (4 Ob 341/86 = MR 1986 H 5, 18 [Walter] - Rennbahn-Express) - jedem Urheber die von ihm stammenden Werke zugeordnet werden können. Die Zuordnung setzt nämlich voraus, dass entweder der jeweilige Filmabschnitt oder das jeweilige Musikstück nachvollziehbar bezeichnet werden können; beides ist bei einem mit Hintergrundmusik unterlegten Dokumentarfilm regelmäßig ausgeschlossen.

Wäre der Kläger mit der - branchenüblichen und allein technisch möglichen - Bezeichnung als Urheber nicht einverstanden gewesen, so hätte er sofort widersprechen müssen, weil er wissen musste, dass der Beklagte das Masterband dem ORF übergeben werde. Sein Stillschweigen durfte der Beklagte als Zustimmung verstehen, nachdem - wie oben ausgeführt - eine andere Art der Urheberbezeichnung unüblich und auch technisch undurchführbar gewesen wäre und der Beklagte nicht annehmen musste, dass der Kläger überhaupt nicht genannt werden wolle. Zwischen den Streitteilen ist damit eine Vereinbarung zustandegekommen, wonach der Kläger im Nachspann des Films als einer von mehreren Komponisten der Filmmusik genannt werde.

Zu prüfen bleibt, ob der Kläger die Vereinbarung nachträglich einseitig ändern konnte. Für eine Änderungsbefugnis spricht - wie oben dargelegt - die Unverzichtbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts, dagegen das Vertrauen seines Vertragspartners in die mit dem Kläger zustandegekommene Vereinbarung. Die Unverzichtbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts wird zwar regelmäßig für das Recht des Urhebers ins Treffen geführt, noch nachträglich die Bezeichnung als Urheber verlangen zu können; sie ist aber auch für das nachträgliche Verbot der Urheberbenennung von Bedeutung, weil auch der Verzicht auf die Bezeichnung als Urheber Ausfluss des Urheberpersönlichkeitsrechts ist.

Dem Kläger muss ein Interesse dann zugebilligt werden, die Einwilligung in seine Benennung als Urheber zu widerrufen, wenn er nicht (mehr) mit der Musik seiner Mitkomponisten in Verbindung gebracht werden will, weil sie - wie er behauptet - "von äußerst bescheidenem Niveau" sei. Dabei kommt es nicht darauf an, ob seine Einschätzung der Musik auch tatsächlich zutrifft, sondern es muss genügen, dass er eine Verbindung der Musik mit seinem Namen als seinem Ruf abträglich empfindet.

Seinem Widerrufsrecht steht das Interesse des Beklagten gegenüber, an der einmal getroffenen Vereinbarung festzuhalten. Der Beklagte hat im Vertrauen auf das Einverständnis des Klägers mit der gewählten Urheberbezeichnung das Masterband des Films dem ORF in einer Fassung übergeben, die im Nachspann den Kläger als einen der Komponisten nennt. Eine Änderung des Masterbands ist zwar nur im Zusammenwirken mit dem ORF möglich; dass der ORF dazu nicht bereit wäre, hat der Beklagte aber nicht behauptet. Der Beklagte hat auch nicht vorgebracht, dass eine Änderung mit hohen Kosten verbunden oder aus anderen Gründen unzumutbar wäre.

Dem Interesse des Klägers, noch nachträglich seine Benennung als Urheber untersagen zu können, wenn er sich wegen der Verbindung seines Werks mit den Werken anderer Komponisten nicht mehr damit identifizieren kann, steht demnach nur das Interesse des Beklagten gegenüber, im Zusammenhang mit der vom Kläger verlangten Änderung des Nachspanns nicht das Einvernehmen mit dem ORF suchen zu müssen. Dieses Interesse wiegt nicht schwer genug, um eine Einschränkung des Urheberpersönlichkeitsrechts zu rechtfertigen, wie sie aus der Bindung des Urhebers an eine Vereinbarung über die Urheberbezeichnung folgt, wenn sich seine Einstellung zum Werk geändert hat und er sich nunmehr - im vorliegenden Fall: wegen der Verbindung mit den Werken anderer Komponisten und der daraus folgenden Gefahr, auch damit in Zusammenhang gebracht zu werden - nicht mehr damit identifizieren kann. Deshalb ist das Recht des Klägers zu bejahen, sein Einverständnis mit der gewählten Urheberbezeichnung zu widerrufen und auch noch nachträglich zu bestimmen, nicht als Urheber genannt zu werden.

War der Kläger berechtigt, eine Änderung der Urheberbezeichnung zu verlangen, so hat der Beklagte damit, dass er untätig blieb und es zuließ, dass der ORF als Werknutzungsberechtigter den Film mit dem Nachspann in der ursprünglichen Fassung sendete und allenfalls auch in Zukunft sendet, das Urheberpersönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Kläger seine Ansprüche auch gegen den ORF durchsetzen könne. Als Regisseur und damit als Gestalter des Films hat der Beklagte unabhängig davon, ob der Kläger auch gegen den Verwerter vorgehen kann, dafür einzustehen, dass durch die Verwertung des Films in das Urheberpersönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen wird.

Der Anspruch des Klägers ist demnach schon nach dem Urheberrechtsgesetz berechtigt. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob ihm auch ein Anspruch nach § 43 ABGB zustünde. Dass im Spruch als Verbotsfall neben der Anführung des Klägers als Musikurheber auch zwei weitere Fälle genannt sind (Musik kann nicht eindeutig zugeordnet werden; dem Kläger wird Musik unterstellt, die nicht von ihm stammt) bedeutet nicht, dass der Beklagte auch dann die Urheberrechte des Klägers verletzte, wenn nur diese Fälle gegeben wären. Dem Begehren war auch insoweit stattzugeben, weil der Beklagte das Änderungsverlangen des Klägers nicht beachtet hat und daher jede Nennung des Klägers und damit auch eine Nennung, die einen unzutreffenden Eindruck erweckt, unzulässig ist.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.