OGH vom 16.12.2019, 1Ob205/19g

OGH vom 16.12.2019, 1Ob205/19g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Parzmayr und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch die Krist Bubits Rechtsanwälte OG, Mödling, gegen die beklagte Partei E*****genossenschaft-regGenmbH, *****, vertreten durch die Bartlmä Madl Rechtsanwälte OG, Wien, wegen 296.181,60 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 89/18w-67, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 2 Cg 22/17w-50, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die

außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt als Servituts- und Wasserrechtsberechtigte hinsichtlich eines sogenannten Triebwasserkanals („Kanal“), der teilweise über die Liegenschaft der Beklagten verläuft, den Ersatz von 4/5 der zur Sanierung des Kanals aufgewendeten Kosten. Sie stützt ihren Anspruch auf eine 1930 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Eigentum abgeschlossene Vereinbarung, mit der sich diese gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin zur anteiligen Instandhaltung des Kanals bzw zur diesbezüglichen Kostentragung verpflichtet habe. Diese Verpflichtung sei auf die Beklagte als nunmehrige Eigentümerin des von der Kanalführung betroffenen Grundstücks übergegangen.

Das Berufungsgericht änderte das klagestattgebende Ersturteil dahin ab, dass es die Klage abwies, weil die Instandhaltungspflicht aus der 1930 abgeschlossenen Vereinbarung weder dinglich (mit dem Erwerb des von der Kanalführung betroffenen Grundstücks) noch durch eine vertragliche Überbindung auf die Beklagte übergegangen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Vorauszuschicken ist, dass die Revisionswerberin weiter den Standpunkt vertritt, die Vereinbarung aus 1930 binde die Beklagte, wobei sie dies sowohl aus der dinglichen Wirkung ihrer Grunddienstbarkeit (Wasserleitungsrecht) als auch (soweit erkennbar) aus der „dinglichen Gebundenheit“ (iSd § 22 WRG) eines der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zusammenhang mit dem Kanal eingeräumten Wasserbenutzungsrechts ableitet. Sie vermengt jedoch beide Begründungen (und diese wiederum mit der Argumentation, der Beklagten sei die Instandhaltungspflicht rechtsgeschäftlich überbunden worden), wobei die daraus resultierenden Unklarheiten durch die Bezeichnung der Servitut als „Wasserrecht“ noch verstärkt werden.

2.1. Soweit die Instandhaltungspflicht gemeinsam mit einem dem vormaligen Eigentümer des vom Kanal betroffenen Grundstücks (zum Betrieb eines Kleinwasserkraftwerks) eingeräumten Wasserbenutzungsrecht auf die Beklagte übergegangen sein soll, ist (wie bereits in dem in der vorliegenden Rechtssache ergangenen Beschluss zu 1 Ob 212/18k) darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin zuletzt nur mehr auf die weiterbestehende zivilrechtliche Wirkung der 1930 geschlossenen Vereinbarung und gerade nicht auf ein Übereinkommen über spezifisch wasserrechtliche Entschädigungs-, Ersatz- oder Beitragsleistungen iSd § 117 Abs 1 WRG gestützt hat. Der Senat wies in der genannten Entscheidung auch darauf hin, dass die Wasserkraftanlage unstrittig bereits vor Erwerb des Grundstücks durch die Beklagte aufgelassen und dazu bescheidmäßig festgestellt worden war, dass das zu ihrem Betrieb eingeräumte Wasserbenutzungsrecht erloschen ist, weshalb die Pflichten aus dem damit im Zusammenhang stehenden wasserrechtlichen Übereinkommen mangels auf die Beklagte übergegangenen Wasserbenutzungsrechts nicht gemäß § 22 Abs 1 WRG auf diese übergehen konnten. Dies ist der Klägerin auch im Revisionsverfahren entgegenzuhalten.

2.2. Dass das Wasserbenutzungsrecht nur teilweise erloschen wäre, hat die Klägerin in erster Instanz– trotz Einwands der Beklagten, es sei „jedwedes Wasserrecht“ hinsichtlich des Werkskanals erloschen – nicht vorgebracht, sodass die nunmehrige Behauptung eines bloßen „Teilerlöschen“ gegen das Neuerungsverbot verstößt. Davon abgesehen setzt die Revision der Begründung des Berufungsgerichts, wonach das Wasserbenutzungsrecht der Rechtsvorgängerin der Beklagten nur mit ihrer (bei Abschluss des Kaufvertrags zweifellos stillgelegten) Wasserkraftanlage verbunden war, keine substantiierten Argumente entgegen.

2.3. Der Behauptung, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe sich weder durch einen Verzicht auf ihr Wasserbenutzungsrecht noch durch eine Nichtbenutzung der Wasserbenutzungsanlage ihrer öffentlich-rechtlichen Instandhaltungspflicht entziehen können, ist wieder entgegenzuhalten, dass hier nur allenfalls weiterbestehende zivilrechtliche Wirkungen der 1930 geschlossenen Vereinbarung zu prüfen sind und nicht, ob die Beklagte bzw ihre Rechtsvorgänger aufgrund eines spezifisch wasserrechtlichen Übereinkommens eine öffentlich-rechtliche Instandhaltungspflicht nach § 50 WRG (oder entsprechender– in der Revision ins Treffen geführter – Vorgängerbestimmungen) trifft bzw trafen.

2.4. Einen Widerspruch des angefochtenen Urteils zur Entscheidung 1 Ob 113 (115)/75 zeigt die Revision bereits deshalb nicht auf, weil dieser der hier nicht zu beurteilende Fall zugrunde lag, dass eine „gütliche Übereinkunft“ iSd § 50 Abs 3 WRG über die Aufteilung von Instandhaltungskosten einer Wasserbenutzungsanlage von einer Partei dieser Vereinbarung gekündigt worden war.

3. Soweit die behauptete Bindung der Beklagten an die 1930 getroffene Vereinbarung nicht aus der „dinglichen Gebundenheit“ eines ihrer Rechtsvorgängerin eingeräumten Wasserbenutzungsrechts, sondern aus der zulasten ihres Grundstücks bestehenden (Wasserleitungs)Servitut abgeleitet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die genannte Vereinbarung im Rahmen eines wasserrechtlichen Verfahrens und nicht im Zusammenhang mit der (ersessenen) Servitut abgeschlossen wurde. Ob die Beklagte die Vereinbarung durch Einsichtnahme in das Wasserbuch (dass sie dort und nicht etwa im Grundbuch ersichtlich ist, zeigt ebenfalls, dass sie nicht im Zusammenhang mit der Dienstbarkeit abgeschlossen wurde) erkennen hätte können, ist daher ohne Belang.

4.1. Ob der Beklagten die Verpflichtung zur anteiligen Instandhaltung des Kanals im Kaufvertrag über das betroffene Grundstück rechtsgeschäftlich überbunden wurde (was voraussetzt, dass auch die Verkäuferin noch eine solche Pflicht traf), betrifft eine Frage der Vertragsauslegung und ist damit von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl RISJustiz RS0042936).

4.2. Dass dies hier der Fall wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Soweit sie eine rechtsgeschäftliche Überbindung der Instandhaltungspflicht aus der Vertragsbestimmung ableiten möchte, wonach „Gefahr und Zufall, Rechte und Pflichten“ mit dem Tag der Übergabe der Liegenschaft auf die Käuferin übergehen, handelt es sich dabei um eine typische (allgemeine) Formulierung in einem Kaufvertrag. Weshalb die vom Berufungsgericht vorgenommene Interpretation, dass sich aus dieser Bestimmung kein erkennbarer Wille der Parteien zur Überbindung einer der Verkäuferin allenfalls obliegenden (im Kaufvertrag jedoch nirgends erwähnten) Instandhaltungspflicht ableiten lasse, einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, vermag die Revision ebensowenig aufzuzeigen, wie eine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht, dass sich auch aus dem im Kaufvertrag enthaltenen Hinweises auf die (ersessene) Servitut der Klägerin keine Überbindung einer – von der dispositiven Bestimmung des § 483 ABGB abweichenden – Instandhaltungspflicht des Eigentümers des belasteten Grundstücks auf die Beklagte als Erwerberin dieses Grundstücks ergibt.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00205.19G.1216.000

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