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OGH vom 21.01.2003, 4Ob292/02y

OGH vom 21.01.2003, 4Ob292/02y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Lisa B*****, geboren am ***** über den Revisionsrekurs des öffentlichen Notars Dr. Hellmut E*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 2 R 352/02b-82, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 13 P 225/96b-78, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Minderjährige ist die Enkelin des am verstorbenen Harald B*****. Sie ist zu 2/22 Anteilen erbberechtigt. Die Erben nach Harald B***** schlossen am ein Erbübereinkommen, in dem der als Gerichtskommissär mit der Abwicklung der Verlassenschaft befasste Rechtsmittelwerber zum Treuhänder bestellt wurde. Ihm wurde der Auftrag erteilt, die im Erbübereinkommen vereinbarten Zahlungen abzuwickeln und nach Abschluss seiner Tätigkeit Rechnung zu legen. Das Erbübereinkommen wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Am beantragte der Treuhänder, „die Richtigkeit und Vollständigkeit der Verrechnung" für die minderjährige Lisa B***** und zwei weitere minderjährige Miterben pflegschaftsbehördlich zu genehmigen. Der Treuhänder verwies auf das Erbübereinkommen, ohne dessen genaue Kenntnis eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Verrechnung nicht möglich sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Forderung P***** nicht erbquotenmäßig zu tragen sei, dass die Miterbin Christine W***** 48.878 S in die Erbmasse zu zahlen gehabt habe, dass die Erbschaftssteuer für jeden der Erben nicht gleich hoch sei, dass die mit Beschluss vom angeordneten Auszahlungen an die Erben auf Abschlag ihrer Erbteilsforderungen nicht erbquotenmäßig erfolgt seien, so dass zwischen den Erben Ausgleichszahlungen erforderlich gewesen seien, und dass einzelne Erben Liegenschaften in ihr Eigentum aus der Verlassmasse übernommen hätten, wofür Ausgleichszahlungen an die übrigen Erben zu leisten gewesen seien. Der Treuhänder schloss seinem Antrag Kontoblätter der Notartreuhandbank an, in denen die einzelnen Überweisungen verzeichnet waren. Eines dieser Kontoblätter betraf die minderjährige Lisa B*****.

Das Erstgericht ersuchte den Vertreter der Minderjährigen, binnen 10 Tagen zu den Verrechnungsblättern Stellung zu nehmen und zu erklären, ob das Erbübereinkommen erfüllt wurde. Der Vertreter der Minderjährigen erklärte, den Kontoblättern keine Abrechnung entnehmen zu können. Der Treuhänder habe eine nachvollziehbare Abrechnung vorzulegen.

In der Folge forderte das Erstgericht den Treuhänder auf, die Kontoblätter binnen 3 Wochen durch „eine detaillierte und für das Gericht nachvollziehbare Schlussrechnung" zu ergänzen. Da der Treuhänder zwar die einzelnen Posten mit einem Rechtspraktikanten erörterte, die Abrechnung aber nicht ergänzte, forderte das Erstgericht den Treuhänder neuerlich auf, eine genaue Aufstellung der Überweisungen vorzulegen. Es solle für jedes Kind eine eigene Aufstellung angefertigt und genau angegeben werden, „welche Buchung zu welchem Punkt des Erbübereinkommens vorgenommen wurde". Dem Gericht sei es nicht möglich, nur aufgrund der Verrechnungsblätter die Verrechnung zu kontrollieren; dies auch nicht nach Rücksprache mit dem Rechtspraktikanten.

Da der Treuhänder seine Abrechnung auch in der Folge nicht ergänzte, trug ihm das Erstgericht mit Beschluss vom auf, binnen 14 Tagen „eine genaue Aufstellung aller vorgenommenen Überweisungen vorzulegen, aus welchen sich ergibt, dass das Erbübereinkommen im Hinblick auf die Minderjährigen erfüllt worden ist". Für den Fall, dass der Treuhänder diesem Auftrag nicht binnen 14 Tagen nachkomme, werde auf Kosten „des Gerichtskommissärs" der - im Beschluss namentlich genannte - Sachverständige bestellt, um die vom Gerichtskommissär und Treuhänder in Erfüllung seines Treuhandauftrags getätigten Überweisungen darzustellen und nachzuweisen, dass mit diesen Überweisungen das vorliegende Erbübereinkommen erfüllt worden sei. Aufgabe des Treuhänders sei es, dem Gericht eine nachvollziehbare Abschlussrechnung vorzulegen. Das Gericht behalte sich vor, die Abrechnung durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Zunächst müsse aber eine nachvollziehbare Abrechnung vorgelegt werden, die, sollte der Treuhänder dem Gerichtsauftrag nicht binnen 14 Tagen entsprechen, von dem auf seine Kosten bestellten Sachverständigen zu erstellen sei. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der eventualiter bestellte Sachverständige in der Funktion eines Saumsalkurators bestellt werde und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Treuhänder habe seiner Rechnungslegungspflicht nicht entsprochen. Er werde eine den Bestimmungen der §§ 204 ff AußStrG entsprechende Abrechnung vorzulegen haben. Aufgrund der Abrechnung müsse nachvollziehbar sein, in welcher Höhe und in Entsprechung welches Punktes des Erbübereinkommens der Treuhänder Zahlungen zugunsten der Minderjährigen abgewickelt habe. Erst danach werde das Erstgericht prüfen können, ob der Treuhänder das Erbübereinkommen erfüllt habe. Da der Treuhänder bereits mehrmals vergeblich aufgefordert worden sei, eine überprüfbare Rechnung vorzulegen, lägen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Saumsalkurators vor.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des Treuhänders ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt. Mit dem Treuhandauftrag hat es der Treuhänder (auch) übernommen, Vermögen der Minderjährigen zu verwalten. Er ist daher gleich einem Vormund zu behandeln, der gemäß den §§ 204 ff AußStrG Rechnung zu legen hat. Die §§ 204 ff AußStrG sind in der vor dem , dem Tag des Inkrafttretens des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001, BGBl I 2000/135, geltenden Fassung anzuwenden, weil die Rechnungslegungsperiode bereits vor diesem Zeitpunkt begonnen hat (Art XVIII § 6 KindRÄG 2001).

Nach § 204 AußStrG hat der Vormund über das von ihm übernommene Vermögen, über Einkünfte und Ausgaben und über das verbleibende Vermögen vollständig Rechnung zu legen. Seine Rechnung muss anhand der Belege genau geprüft werden (§ 208 AußStrG; s Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht 218 ff). Die dem Gericht aufgetragene genaue Prüfung ist nur möglich, wenn aus der Rechnung nachvollzogen werden kann, aus welchem Grund Zahlungen empfangen und geleistet wurden. Liegt dem Gericht keine nachvollziehbare Rechnung vor, so muss es den Vormund durch angemessene Zwangsmittel dazu verhalten, ordnungsgemäß Rechnung zu legen (§ 213 AußStrG). Als Zwangsmittel können Verweise und Geldstrafen verhängt werden; das Gericht kann aber auch, wenn Verweise und Geldstrafen ergebnislos bleiben, einen Kurator bestellen, der auf Kosten des Säumigen die Voraussetzungen für die Rechnungsprüfung durch das Gericht zu schaffen hat (§ 19 Abs 1 AußStrG).

Im vorliegenden Fall hat der - gleich einem Vormund zu behandelnde - Treuhänder die Kontoblätter der Notarstreuhandbank vorgelegt, ohne ersichtlich zu machen, welche Bestimmung des Erbübereinkommens durch die einzelnen Überweisungen vollzogen wurde. Der Aufforderung des Erstgerichts, die Abrechnung in diesem Sinn zu vervollständigen, ist er nicht nachgekommen, weil er meinte, ohnehin ordnungsgemäß Rechnung gelegt zu haben. Auch im Revisionsrekursverfahren hält er daran fest, dass seine Abrechnung überprüfbar gewesen sei. Das Erstgericht kenne das Erbübereinkommen und könne daher nachvollziehen, dass die in den Verrechnungsblättern der Notartreuhandbank verbuchten Überweisungen dem Übereinkommen entsprechen. Mit seinem Revisionsrekurs hat der Treuhänder eine Aufstellung der Überweisungen vorgelegt, in der bei den einzelnen Überweisungen vermerkt ist, auf welche Bestimmung des Erbübereinkommens sie sich bezieht.

Die Aufstellung kann zwar wegen des Neuerungsverbots der Entscheidung im Revisionsrekursverfahren nicht zugrundegelegt werden, weil Neuerungen nur soweit zulässig sind, als ein Tatsachenvorbringen in erster Instanz nicht möglich war (Fucik, AußStrG², 23 mwN), sie zeigt aber, dass der Treuhänder in der Lage ist, die vom Erstgericht aufgetragene Verknüpfung zwischen den in den Abrechnungsblättern aufscheinenden Überweisungen und dem Erbübereinkommen herzustellen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, die Abrechnung durch die für ihre Nachvollziehbarkeit notwendigen Angaben zu ergänzen. Die Abrechnung muss für sich allein genommen nachvollziehbar sein. Das Erstgericht hat dem Treuhänder daher zu Recht eine Frist für die Vorlage einer genauen und überprüfbaren Aufstellung gesetzt und ihm auch zu Recht angedroht, auf Kosten des Treuhänders eine nachvollziehbare Abrechnung durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen. Gleichfalls zu Recht hat es davon abgesehen, vor der Bestellung eines Saumsalkurators andere Zwangsmittel einzusetzen, weil dies das Verfahren nur verzögert hätte, nachdem es der Treuhänder trotz wiederholter Aufforderung abgelehnt hat, die Rechnung zu vervollständigen.

Der Treuhänder rügt, dass erst das Rekursgericht den Saumsalkurator bestellt habe, und ihn damit hindere, den Instanzenzug voll auszuschöpfen. Der Rechtsmittelwerber verkennt damit, dass das Rekursgericht nur die Funktion des Sachverständigen klargestellt hat, den das Erstgericht für den Fall des ergebnislosen Verstreichens der dem Treuhänder gesetzten Frist bestellt hatte. Tätig zu werden hätte der Sachverständige im Übrigen nur dann, wenn der Treuhänder auch innerhalb der ihm gesetzten (letzten) Frist keine nachvollziehbare Abrechnung vorgelegt hätte.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.