OGH vom 16.01.2001, 4Ob291/00y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. L***** GmbH, *****, 2. V*****, beide vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Krammer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 861.308,35 S sA, infolge Rekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 275/99m-30, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 19 Cg 22/99b-26, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerinnen sind Verwertungsgesellschaften; die Erstklägerin nimmt die Urheberrechte der ihr angehörenden Urheber von Sprachwerken wahr, die Zweitklägerin die Urheberrechte der ihr angehörenden Urheber von Werken der bildenden Künste. Die Beklagte betreibt 182 Kopiergeräte an 131 Standorten in Wien und Salzburg. Gegenstand ihres nicht auf Gewinn gerichteten Unternehmens ist die Führung von Wirtschaftsbetrieben zur Förderung der Studierenden der Universität Wien.
Das Fessel+Gfk Institut für Marktforschung hat 1991 im Auftrag der Erstklägerin eine Studie über das Kopiervolumen in Österreich erstellt. Danach wurden 1989/90 in den 250 Copy-Shops rund 60,000.000 Kopien im Monat angefertigt, wovon 15,000.000 Kopien auf urheberrechtlich geschütztes Material entfielen. Für rund 80 % dieser Kopien wäre die Betreibervergütung zu entrichten gewesen.
Für den gleichen Zeitraum wurde für Universitäten/Bibliotheken ein durchschnittliches Kopiervolumen von 7,750.000 Kopien pro Monat errechnet. Davon entfielen 5,700.000 Kopien auf urheberrechtlich geschütztes Material (einschließlich Noten), wovon rund 64 % vergütungspflichtig gewesen wären.
Die Studie kam zum Ergebnis, dass in Österreich jährlich insgesamt 7,100.000.000 Kopien hergestellt werden, wovon rund 1,500.000.000 Kopien auf geschütztes Material entfallen. Die jährliche Steigerung wurde mit 4 % geschätzt.
Am verlautbarten die Klägerinnen gemäß § 25 VerwGesG einen autonomen Tarif, der sich auf die Vergütung für die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch mit Hilfe reprographischer oder ähnlicher Verfahren bezog. Danach sollte die Betreibervergütung für jede Vervielfältigung im Format DIN A 4 von geschützten Werken der Literatur und der bildenden Künste 0,38 S zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Für mehrfarbige Vervielfältigungen und für Vervielfältigungen in einem größeren Format als DIN A 4 sollte der Vergütungsbetrag doppelt so hoch sein.
In der Folge kam es zu Verhandlungen den Klägerinnen mit der Interessenvertretung der reprographischen Betriebe in der Wirtschaftskammer Österreich (idF: WKÖ). Die Beklagte war daran nicht beteiligt. Bei der ersten Verhandlungsrunde am lehnten die Bundesinnungen der Fotografen und Druck die Ergebnisse der Fessel+Gfk Studie ab, weigerten sich aber, Kopiermengen bekannt zu geben. Das Tarifangebot der WKÖ orientierte sich an den in Deutschland seit der Einführung der Reprographievergütung angewendeten Pauschaltarifen. Angeboten wurde ein Siebentel der deutschen Tarife. Als Alternative wurden pro Gerät 10 bis 15 S pauschal ohne jede Differenzierung angeboten. In der Folge führten die Landesinnungen unter ihren Mitgliedern eine Umfrage zur Feststellung der Kopiermengen durch, weigerten sich aber, das Ergebnis bekanntzugeben. Die Klägerinnen lehnten die beiden Angebote ab.
Bei der Verhandlungsrunde am bot die WKÖ 50 S pro Monat, in Hochschulen und Bildungseinrichtungen 100 S pro Monat und für nicht professionelle Betriebe 25 S pro Monat an. Die Klägerinnen legten einen Gesamtvertragsentwurf mit zehn differenzierten Tarifansätzen vor, die nach deutschem Muster nach Leistungsfähigkeit und Standort des Geräts abgestuft waren.
Im Juni 1996 bot die WKÖ einen differenzierten Tarif mit 11 Tarifklassen an, der von einem jährlichen Pauschalbetrag von 5.000 S (Standort Hochschulen) bis zu einem Betrag von 400 S jährlich reichte. Noch vor dem Sommer 1996 wurde Einigkeit über den Vertragstext erzielt.
Am verlautbarten die Klägerinnen einen weiteren autonomen Tarif, der Pauschalierungen bis zu 7.000 S jährlich vorsah. Am drohte die WKÖ, die Verhandlungen abzubrechen. Die Klägerinnen boten als Ausweg und Kompromiss die mehr oder weniger unveränderte Übernahme des deutschen Tarifs, bei einer Umrechnung von 1 : 7, an. Sie verzichteten damit auf den Zuschlag von 58 %, den sie zuvor aus Gründen der Valorisierung, der liberaleren Regelung des österreichischen Urheberrechts und der in der Zwischenzeit erfolgten Verlängerung der Schutzfristen gefordert hatten. Die Vertragspartner einigten sich, das deutsche Modell zu übernehmen. Dabei gingen sie davon aus, dass die Verhältnisse vergleichbar seien.
Am schlossen die Klägerinnen mit der WKÖ rückwirkend zum einen Gesamtvertrag ab. Die Höhe der Vergütung ist in Punkt 4 geregelt:
"4.1 Zur Vereinfachung der Abwicklung und zur Verminderung des administrativen Aufwands wird ein pauschaler Betrag vereinbart, der für jedes vertragsgegenständliche Kopiergerät jährlich zu entrichten ist und einen Gesamtvertragsnachlass enthält. Mit Bezahlung dieses Betrags durch die reprographischen Betriebe ist die Betreibervergütung für die betroffenen Geräte - unbeschadet der Gerätevergütung nach § 42b Abs 2 Z 1 UrhG - zur Gänze abgegolten. Der vereinbarten Pauschalierung liegt die anzunehmende urheberrechtlich relevante Nutzung im Sinn des § 42b Abs 4 Z 3 UrhG zu Grunde.
4.2 Die Betreibervergütung beträgt:
TARIFBLATT 1
a) Kopierläden und ähnliche Einrichtungen:
Für Betreiber, die drei oder mehr Geräte pro Betriebseinheit (Laden) betreiben oder Betreiber, die nur 1 oder 2 Geräte pro Betriebseinheit (Laden) betreiben, deren Tätigkeitsschwerpunkt aber auf dem Fotokopieren liegt (zB ein Copy-Shop, der nur zwei Geräte betreibt) gilt folgender Tarif pro Gerät und Jahr:
Geräteklasse Hochschulnähe Nicht-Hochschulnähe Orte ohne Hochschule
I
1-12 Fotokopien/Min 403,-- 302,-- 202,--
II
13-70 Fotokopien/Min 1.932,-- 1.450,-- 969,--
III
über 70 Fotokopien/Min 1.613,-- 1.210,-- 806,--
Als Hochschulen sind insbesondere anzusehen: Universitäten, Technische Universitäten, Technische Hochschulen, Pädagogische Hochschulen, Theologische Hochschulen, Musikhochschulen, Kunsthochschulen, Akademien und Fachhochschulen.
Ein Betrieb liegt in Hochschulnähe, wenn eine Hochschule oder Außenstelle derselben (zB ein Institut) mit mindestens 500 Studenten nicht weiter als 500 Meter zu Fuß vom Betrieb entfernt ist.
Ein Betrieb liegt in einer Stadt ohne Hochschule, wenn sich in dieser Stadt weder eine Hochschule noch eine Außenstelle einer Hochschule (zB ein Institut) mit mindestens 1000 Studenten befindet.
b) Einzelhandel oder ähnliche Einrichtungen:
Für Betriebe mit 1 oder 2 Fotokopiergeräten, deren Tätigkeitsschwerpunkt nicht auf dem Fotokopieren liegt, gilt folgender Tarif pro Gerät und Jahr:
Geräteklasse Vergütungsbeitrag
I
1-12 Fotokopien/Min 202,--
II
13-70 Fotokopien/Min 336,--
III
über 70 Fotokopien/Min 806,--
Wird ein Kopiergerät in Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung, Forschungseinrichtungen oder öffentlichen Bibliotheken bereit gehalten, gilt
TARIFBLATT 2
Standort Vergütungsbetrag
Geräte in Hochschulen (einschließlich Instituten
und Bibliotheken) und Forschungseinrichtungen,
Einrichtungen der Berufsbildung oder der
sonstigen Aus- und Weiterbildung 3.948,--
Geräte in allgemeinen öffentlichen Bibliotheken
(Stadtbüchereien etc), dezentralen Standorten
(Studentenwohnheimen, Mensen) 1.764,--
Geräte an sonstigen Stellplätzen (zB in
Kaufhäusern, Bahnhöfen, Schulen etc) 336,--
Für Farbkopiergeräte ist eine einheitliche Vergütung von 672 S pro Gerät und Jahr zu entrichten.
...
4.4 Die Vergütungsbeträge sind zuzüglich Umsatzsteuer in ihrer jeweiligen gesetzlichen Höhe zu verstehen.
4.5 Die Vergütungssätze sind nach dem Index der Verbraucherpreise 1986 wertgesichert (Vergleichsmonat ist Jänner 1996). Die Index-Neuberechnung erfolgt jeweils am 15. Dezember jedes Jahres nach dem für den Monat Oktober durch das Statistische Zentralamt verlautbarten Index und ist ab dem 1. 1. des Folgejahres maßgebend. Zu berücksichtigen ist jede Indexschwankung ab 5 % und ist bei Eintreten dieses Schwellwerts voll zu berechnen. Wird die Verlautbarung des vereinbarten Index eingestellt, gilt ein entsprechender Index als vereinbart.
4.6 Für den unerwarteten Fall, dass die Verwertungsgesellschaften künftig niedrigere Vergütungssätze (Tarife) verlautbaren sollten, kommen diese den reprographischen Betrieben insoweit zu Gute, als die Vergütung nach diesem Gesamtvertrag nicht höher als der um 20 % verminderte jeweilige Tarifansatz ist."
Punkt 5 des Gesamtvertrags regelt die Informations- und Auskunftspflicht der reprographischen Betriebe; Punkt 6 das Entstehen der Vergütungspflicht, Fälligkeit, Verzugszinsen und Aufkleber:
"6.1 Die Vergütungspflicht entsteht mit Bereithalten eines Kopiergeräts durch den reprographischen Betrieb.
6.2 Nach Erhalt der in Punkt 5.2 genannten Auskünfte (Angaben des Betreibers über den Standort des Geräts, der Geräteklasse, den Gerätetyp und Hersteller, den Tag der Inbetriebnahme oder Außerbetriebstellung und die Anzahl der bereitgehaltenen Kopiergeräte je Standort) berechnen die Verwertungsgesellschaften die Vergütung für das laufende Kalenderjahr und stellen entsprechende Rechnungen aus. Die Rechnungen sind je zu einem Viertel am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember sofort zur Zahlung fällig.
6.3 Mangels einer übereinstimmenden anderen Mitteilung durch die Verwertungsgesellschaften erfolgt die Rechnungsstellung durch die L***** für beide Verwertungsgesellschaften gemeinsam.
...
6.5 Für den Fall der Säumigkeit werden 3 % Verzugs- und Zinseszinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Österreichischen Nationalbank vereinbart. Der Einfachheit halber erfolgt die Berechnung des Zinssatzes nach dem zum 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember jedes Jahres verlautbarten Diskontsatz und gilt jeweils für das unmittelbar darauffolgende Quartal (zB Stichzeitpunkt 15. 12. maßgebend für die Zinsperiode 1. 1. bis 31. 3.).
6.6 Die Verwertungsgesellschaften stellen den reprographischen Betrieben auf der Grundlage der von ihnen erteilten Auskünfte für jedes Kalenderjahr kostenlos einen Aufkleber aus, aus welchem sich die Gerätenummer, die Gültigkeitsdauer und die Kategorisierung ergeben. Dieser Aufkleber ist nur für das Gerät gültig, für das er ausgestellt worden ist. Die reprographischen Betriebe sind verpflichtet, diesen Aufkleber deutlich sichtbar an dem betreffenden Gerät anzubringen. Eine Verwendung für ein anderes Gerät als das gemeldete ist unzulässig.
6.7 Der Gesamtvertragsnachlass nach Punkt 4.1 (Differenz zwischen dem von den Verwertungsgesellschaften im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom verlautbarten Tarif in seiner jeweils gültigen Fassung und der Vergütungsregelung nach diesem Gesamtvertrag) gilt nicht für Vergütungspflichtige, die nicht Mitglied der Bundesinnungen sind; der Gesamtvertragsnachlass gilt auch nicht für reprographische Betriebe, die ihren Verpflichtungen nach diesem Gesamtvertrag und/oder den aufgrund dieses Gesamtvertrags abgeschlossenen Einzelverträgen trotz Mahnung mit eingeschriebenem Brief und Setzung einer Nachfrist von 14 Tagen nicht gehörig nachkommen. Der bloße Verzug in der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen führt jedoch nicht zum Verlust des Gesamtvertragsnachlasses.
..."
Der Diskontsatz der Österreichischen Nationalbank betrug zum Stichzeitpunkt 3 % (vom bis ) und seit dem und damit zu allen folgenden Stichzeitpunkten 2,5 % . 1996 wurden den Klägerinnen 1.470 betreiberabgabepflichtige Kopierer gemeldet. Davon waren 652 in Kopierläden und ähnlichen Einrichtungen aufgestellt, 76 im Einzelhandel, 203 im Hochschulbereich, 84 in öffentlichen Bibliotheken, 109 an übrigen Standorten. 336 Kopierer waren Farbkopierer. 1997 wurden 1.814 Geräte gemeldet, davon 720 in Kopierläden, 101 im Einzelhandel, 203 an Hochschulen, 85 in Bibliotheken, 233 an anderen Standorten und 422 Farbkopierer.
Nicht enthalten in den Zahlen für 1996 sind 620 Kopiergeräte im Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur). Die Klägerinnen haben mit dem Ministerium für 1996 eine Reprographievergütung von 1,200.000 S und für 1997 eine Vergütung von 1,600.000 S vereinbart. Das Ministerium hat als Grundlage für die Verhandlungen 620 Geräte und 18,600.000 Kopien geschützten Materials pro Jahr bekanntgegeben. Manche der Geräte werden sehr wenig genutzt. Für die Schulen und für den Musikbereich besteht noch keine Vereinbarung.
Die Klägerinnen haben aufgrund des Gesamtvertrags und der ihnen bekanntgegebenen Geräte 1996 eine Betreibervergütung von insgesamt 1,554.144,63 S und für 1997 von 2,316.884,32 S vorgeschrieben. Ob sämtliche vergütungspflichtigen Geräte bekanntgegeben wurden, konnte nicht festgestellt werden.
Die Beklagte betreibt 182 Kopiergeräte an 131 Standorten in Wien und Salzburg. Im Zeitraum bis wurden 20,261.015 Kopiervorgänge gezählt; mit jedem Gerät wurden demnach durchschnittlich 113.433 Kopien hergestellt. Bei einem Anteil von 70 % urheberrechtlich geschützter Vorlagen ergeben sich 14,182.710 Kopien, die vergütungspflichtig sind, wenn sie für den eigenen Gebrauch hergestellt wurden. Sämtliche Geräte fallen, mit Ausnahme der Farbkopierer und eines Geräts mit einer Kapazität von 85 Kopien in der Minute, in die Geschwindigkeitsklasse II (13 bis 70 Kopien in der Minute). Die Betreibervergütung beträgt gemäß dem Gesamtvertrag jährlich 574.896 S zuzüglich Umsatzsteuer. Dieser Berechnung liegt die Annahme zugrunde, dass für 56 Geräte je 3.948 S, für 39 Geräte je
1.764 S, für 12 Geräte je 336 S, für 4 Geräte je 672 S und für 1 Gerät 1.932 S zu zahlen sind. Da diese Beträge unabhängig von der tatsächlichen Kopiermenge verrechnet werden, sind für ein in der AKH Zentral-Bibliothek Wien aufgestelltes Gerät 1.764 S zu zahlen, obwohl mit diesem Gerät im Zeitraum bis 224.937 Kopien hergestellt wurden, während für ein im Gesellschaftswissenschaftlichen Institut Salzburg aufgestelltes Gerät bei einem Volumen von 11.545 Kopien im selben Zeitraum 3.948 S zu zahlen sind.
Die Servicebetriebe der Hochschülerschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien GmbH hat im Zeitraum bis 29 Schwarzweißkopiergeräte und 1 Farbkopiergerät an 5 verschiedenen Standorten in der Hochschule, in Hochschulnähe und dezentral betrieben. Insgesamt wurden 7,446.026 Kopien hergestellt; darunter waren etwa 36.000 Farbkopien. Der Durchschnitt von Schwarzweißkopien pro Gerät betrug 255.518; die Betreibervergütung belief sich im Kalenderjahr 1997 auf etwas mehr als 90.000 S.
In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1996 nach Einführung der Reprographievergütung zwei Gesamtverträge zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und den Organisationen der Zahlungspflichtigen abgeschlossen. Am kam der Gesamtvertrag "Copy-Shops" für Kopierläden und für den Einzelhandel zustande, dessen Tarif als Vorbild für den österreichischen Tarif für die Standorte Hochschulen, öffentliche Bibliotheken und übrige Standorte (zB Kaufhäuser, Bahnhöfe) diente. Am wurde ein Gesamtvertrag für den Bereich "Münz- und Wertkopierer" abgeschlossen.
Den deutschen Vereinbarungen lagen Infratest-Studien über die Frequenz der Geräte und über den Anteil von Kopien urheberrechtlich geschützter Vorlagen zugrunde, die sich zwischen den Eckwerten 55,8 % und 72,4 % bewegten. Für das Kopiervolumen und den Anteil urheberrechtlich geschützter Vorlagen waren vor allem drei Merkmale von Bedeutung: der Standort des Geräts, die Lage der Universität (des Instituts) und der Beobachtungszeitraum (Semester/Semesterferien). Die Tarife wurden aufgrund geschätzter Mindestkopiermengen, die für einen rentablen Betrieb verschiedener Geräteklassen an verschiedenen Standorten notwendig sind, festgelegt. Die Betreiber hatten sich - ebenso wie in Österreich - auch in Deutschland geweigert, die tatsächlichen Kopiermengen bekanntzugeben.
Die deutschen Vertragspartner einigten sich auf einen Pauschalbetrag von 510 DM jährlich je Gerät, während der gesetzliche Tarif 0,02 DM je vergütungspflichtiger Kopie beträgt (§ 54 Abs 4 dUrhG). Aufgrund der praktischen Erfahrungen wurde der Tarif in der Folge abgestuft, und zwar in einen Tarifansatz für Standorte an Hochschulen (einschließlich Institute und Bibliotheken) und in einen Tarifansatz für allgemein zugängliche öffentliche Bibliotheken (Studentenheime und Mensen). Die VG Wort veröffentlichte im Bundesanzeiger vom den neuen abgestimmten Tarif. Danach betrugen - unter Berücksichtigung eines Gesamtvertragsrabatts von 20 % - die Tarifsätze 564 DM (3.948 S) und 252 DM (1.764 S).
Die Beklagte kalkuliert den Preis je Kopie wie folgt: 21 Groschen werden, auf Basis einer Mindestabnahmemenge von 10.000 Kopien pro Monat und Gerät, als Fixpreis von den Geräteherstellern verrechnet, die damit Gerätebeistellung und Wartung abgegolten erhalten. 5 bis 7 Groschen betragen die Kosten für das Copy-Check-Service, das es ermöglicht, sämtliche Geräte mit einer einheitlichen Karte zu bedienen; 3 Groschen entfallen auf die Karte. Für das Papier sind 7 bis 8 Groschen zu kalkulieren, für das Personal zum Papiernachfüllen und für die Betreuung der Geräte rund 10 Groschen. Dazu kommen eine anteilige Allgemeinumlage von 10 bis 14 Groschen je Kopie, 20 % Verkaufsprovision für die Copy-Card und die Umsatzsteuer. Bei rund 100.000 Kopien im Jahr kann ein Kopiergerät ausgeglichen betrieben werden.
Die Klägerinnen begehren 861.308,35 sA. Der Gesamtvertrag bemesse die Betreibervergütung nach den vom Gesetz vorgegebenen Kriterien. Sie hänge weder von der Entgeltlichkeit noch von einer Gewinn- oder Erwerbsabsicht des Betreibers ab, sondern es komme allein darauf an, ob ein Betrieb zu einem der im Gesetz taxativ aufgezählten Bereiche von "Großbetreibern" gehöre. Die den Verwertungsgesellschaften vom Gesetz auferlegte Verpflichtung, Tarife aufzustellen, und der Auftrag, das Verhältnis zu den Nutzern tunlichst durch Gesamtverträge zu regeln, schlössen eine Sonderbehandlung der Beklagten aus. Sinn der Pauschalregelung sei es auch, einen Ausgleich zwischen der Vergütung für Geräte mit geringer Kopienanzahl mit der Vergütung für überdurchschnittlich stark frequentierte Geräte desselben Betreibers zu schaffen. Die einzige Grenze für die inhaltliche Gestaltung von Kollektiv- und Gesamtverträgen bilde Sittenwidrigkeit im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB. Von einer groben Verletzung schützenswerter Interessen könne im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Der Gesamtvertrag regle alle Vergütungsansprüche für sämtliche Werke; soweit Werke nicht zum Repertoire der Klägerinnen gehörten, würden die Betreiber schad- und klaglos gehalten.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Die Tarifgestaltung des Gesamtvertrags sei gesetzwidrig, weil sie nicht auf die tatsächliche Kopiermenge abstelle. Die Betreiber verfügten über genaue Aufzeichnungen der jährlich hergestellten Kopien; sie seien auch zur Rechnungslegung verpflichtet. Es sei daher unverständlich, warum der Gesamtvertrag Pauschaltarife vorsehe. Mit den von der Beklagten betriebenen Kopiergeräten werde jährlich etwa 1 % der vergütungspflichtigen Kopien hergestellt; die von ihr geforderte Betreibervergütung erreiche aber einen viel höheren Anteil der gesamten Betreibervergütung. Der Gesamtvertrag stelle auf typische Copy-Shops ab. Mit seiner Anwendung auch auf die Beklagte missbrauchten die Klägerinnen ihr Monopol. Die Monopolstellung widerspreche dem Gemeinschaftsrecht. Der Gleichheitsgrundsatz verpflichte die Klägerinnen, ungleiche Sachverhalte ungleich zu behandeln. Der Gesamtvertrag sei untauglich, zu einer umfassenden und sachgerechten Einhebung der Betreibervergütung zu führen, weil die Musikrechte nicht erfasst seien. Nur ein Teil der Urheber, Leistungsschutzberechtigten und Verlage habe die Klägerinnen beauftragt, ihre Rechte wahrzunehmen. Auch unter diesem Gesichtspunkt seien die Tarife wesentlich überhöht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 42 Abs 4 Z 3 UrhG schließe zwar eine Pauschalierung nicht aus; für eine angemessene Vergütung sei aber maßgebend, wie wahrscheinlich Art und Umfang der Nutzung jedes einzelnen Geräts seien. Die Anwendung des Gesamtvertrags dürfe zu keinem offenbar unbilligen Ergebnis führen. Durch die Festlegung eines einheitlichen Tarifs für Hochschulen würden jene Betreiber benachteiligt, die Kopiergeräte an weniger stark frequentierten Standorten (zB in Instituten mit wenig Studenten) aufstellen. Der Gesamtvertrag widerspreche damit dem Gesetz. Es sei auch fraglich, ob der Gesetzgeber den Tarif nicht an die tatsächliche Kopienzahl habe binden wollen. Deren Feststellung sei leicht möglich, weil die Geräte mit Zählvorrichtungen ausgestattet seien. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht einmal auf statistische Berechnungen über die Anzahl der gewöhnlich angefertigten Kopien je Gerät in den verschiedenen Bereichen Rücksicht genommen. Die Gleichbehandlung von Copy-Shops und Kopierstellen im Universitätsbereich sei daher nicht nachvollziehbar. Auch die einfache Übertragung der deutschen Regelung habe für den Universitätsbereich schon deshalb nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprochen, weil der deutschen Regelung eine wesentlich größere Auslastung der Geräte zugrunde liege.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Aus den Materialien zur Urheberrechtsgesetz-Novelle 1996 gehe hervor, dass eine pauschale Betreibervergütung jedenfalls vereinbart werden könne. Selbst nach Auffassung der Klägerinnen unterlägen Gesamtverträge der Prüfung durch Gerichte im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB. Von einer Sittenwidrigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle könne nur bei einer völlig willkürlichen und sachfremden Regelung gesprochen werden. Im vorliegenden Fall liege keine gröbliche Verletzung schützenswerter Interessen vor. Es liege im Wesen jeder Pauschalierung, dass die Auswirkungen eines Pauschaltarifs nicht für jeden einzelnen Sonderfall geprüft werden können. Auszugehen sei vielmehr von Durchschnittswerten und von einer typisierten Betrachtungsweise. Dabei müsse in Kauf genommen werden, dass in Sonderfällen eine geringere oder eine höhere Belastung entstehen könne. Der Gesamtvertrag orientiere sich an den in § 42b Abs 4 Z 3 UrhG aufgestellten Kriterien. Die Vergütungssätze seien nicht willkürlich. Der Gesamtvertrag sei nicht sittenwidrig und daher eine taugliche Grundlage zur Geltendmachung der Betreibervergütung. Das Erstgericht habe keine Feststellungen getroffen, die den auf 861.308,35 S eingeschränkten Klagebetrag nachvollziehbar erscheinen ließen. Insoweit sei das Verfahren zu ergänzen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Rekurs ist aber nicht berechtigt.
Das Rechtsmittelvorbringen der Beklagten lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Klägerinnen wegen der ihnen eingeräumten Monopolstellung nicht legitimiert seien, die Reprographievergütung zu fordern, und dass sie sich nicht auf den Gesamtvertrag stützen könnten, weil dieser gesetz- und gleichheitswidrig sei.
1. Zur Monopolstellung der Klägerinnen
Die Klägerinnen sind Verwertungsgesellschaften.
Verwertungsgesellschaften kommt nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz BGBl 1936/112 für ihren Tätigkeitsbereich Monopolstellung zu (VwGH MR 1996, 150 - Barfoot Beachers; s auch VwGH MR 1996, 152 - VDFS).
Diese Monopolstellung ist, wie die Klägerinnen zu Recht ausführen, mit derjenigen kommerzieller Unternehmer nicht vergleichbar. Das Tätigwerden nur jeweils einer Verwertungsgesellschaft für einen bestimmten Bereich liegt nicht nur im Interesse der Urheber, sondern auch in dem der Nutzer. Ihnen bleibt es dadurch erspart, sich an mehrere Gesellschaften wegen der notwendigen Bewilligungen und Zahlungen wenden zu müssen.
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH ist die den Verwertungsgesellschaften eingeräumte Monopolstellung nicht rechtswidrig; der EuGH hat ausgesprochen, dass die Verwertungsgesellschaften ein rechtmäßiges Ziel verfolgen, wenn sie sich bemühen, die Rechte und Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den Benutzern urheberrechtlich geschützter Werke zu wahren (Slg 1989, 2521, Randnr 31). Ihre Tätigkeit unterliegt jedoch den Missbrauchsschranken des Art 82 EG (Slg 1973, 313, Randnr 15; Slg 1987, 1747, Randnr 19; Slg 1989, 2521, Randnr 20, 31). Nach Art 82 EG ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
Diese Tatbestandsmerkmale sind im vorliegenden Fall schon deshalb nicht verwirklicht, weil den Klägerinnen bei Abschluss des Gesamtvertrags mit der WKÖ ein Verhandlungs- und Vertragspartner gegenüberstand, dessen "Marktmacht" jedenfalls nicht geringer als die der Klägerinnen einzuschätzen ist. Das zeigt der Ablauf der Verhandlungen, die letztlich dazu geführt haben, dass die Klägerinnen den Vorschlag der Interessenvertretungen der reprographischen Betriebe angenommen und damit in eine weit unter ihren ursprünglichen Forderungen liegende Vergütung eingewilligt haben. Es kann auch keine Rede davon sein, dass - wie die Beklagte behauptet - die Klägerinnen eine unangemessene Vergütung erzwängen und damit ihre beherrschende Stellung missbrauchten. Nach dem festgestellten Sachverhalt machen die Klägerinnen nicht etwa die Erteilung einer - für die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch gar nicht notwendigen (§§ 42, 42a UrhG) - Werknutzungsbewilligung von der Zahlung einer von ihnen bestimmten Vergütung abhängig, sondern sie stützen ihren Vergütungsanspruch auf einen Gesamtvertrag, den sie mit den Interessenvertretungen der reprographischen Betriebe ausgehandelt haben. Dass die Beklagte am Zustandekommen des Vertrags nur durch ihre Interessenvertretung und nicht auch unmittelbar beteiligt war, liegt im Wesen eines Gesamtvertrags, dessen grundsätzliche Zulässigkeit schon aus dem Gesetz folgt (§ 6 VerwGesG).
2. Zur Wirksamkeit des Gesamtvertrags
Gemäß § 42b Abs 2 UrhG hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Reprographievergütung), wenn von einem Werk seiner Art nach zu erwarten ist, dass es mit Hilfe reprographischer oder ähnlicher Verfahren zum eigenen Gebrauch vervielfältigt wird. Die Reprographievergütung setzt sich aus der Gerätevergütung und der Betreibervergütung zusammen. Die Gerätevergütung ist zu entrichten, wenn ein Vervielfältigungsgerät im Inland gewerbsmäßig entgeltlich in den Verkehr kommt (§ 42b Abs 2 Z 1 UrhG); die Betreibervergütung, wenn ein Vervielfältigungsgerät in Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung, Forschungseinrichtungen, öffentlichen Bibliotheken oder in Einrichtungen betrieben wird, die Vervielfältigungsgeräte entgeltlich bereithalten (§ 42b Abs 2 Z 2 UrhG). Die Vergütungsansprüche können nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden (§ 42b Abs 5 UrhG).
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Betreibervergütung. Die Betreibervergütung hat der Betreiber des Vervielfältigungsgeräts zu entrichten (§ 42b Abs 3 Z 2 UrhG). Bei ihrer Festsetzung ist nach § 42b Abs 4 Z 3 UrhG auf die Art und den Umfang der Nutzung des Vervielfältigungsgeräts, die nach den Umständen, insbesondere nach der Art des Betriebs, dem Standort des Geräts und der üblichen Verwendung wahrscheinlich ist, Bedacht zu nehmen.
Nach den Materialien zur UrhGNov 1996 (3 BlgNR 20. GP 23 f) folgt die Regelung der Reprographievergütung
"dem Vorbild des deutschen Urheberrechtsgesetzes und knüpft einerseits an den Verkauf von Vervielfältigungsgeräten (Gerätevergütung) und andererseits an den Betrieb von Vervielfältigungsgeräten (Betreibervergütung) an. Die Betreibervergütung kann unmittelbar auf den Umfang der Vervielfältigungstätigkeit, also auf die Anzahl der hergestellten Vervielfältigungen, Rücksicht nehmen und ist daher die gerechtere Art der Bemessung. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand ist jedoch sowohl dem Zahlungspflichtigen als auch der Verwertungsgesellschaft, die den Vergütungsanspruch geltend macht, nur im Fall von Betreibern mit besonders umfangreicher Vervielfältigungstätigkeit zumutbar. Gegenüber den anderen Betreibern von Vervielfältigungsgeräten wird die Vergütungspflicht durch die einmalige Zahlung der Gerätevergütung pauschal abgegolten.
Die obigen Überlegungen führen dazu, dass der Anwendungsbereich der Betreibervergütung auf einen Kreis von ausgesprochenen 'Großbetreibern' eingeschränkt wird; auch hiebei folgt der Entwurf dem Vorbild des deutschen Urheberrechtsgesetzes.
...
Während die Gerätevergütung eine je Vervielfältigungsgerät einmalig zu zahlende Pauschalvergütung ist, geht der Gesetzentwurf davon aus, dass die Betreibervergütung nach dem Umfang der Vervielfältigungstätigkeit zu zahlen ist und periodisch abgerechnet wird. Dabei wird der Vergütungssatz nach Abs 4 Z 3 für verschiedene Kategorien von Betreibern, aber auch nach Art des verwendeten Geräts unterschiedlich hoch sein können.
..."
Zur Höhe der Reprographievergütung wird auf den Allgemeinen Teil der Erläuterungen (3 BlgNR 20. GP 16 f) verwiesen. Darin wird die deutsche Reprographieregelung wiedergegeben und zur Betreibervergütung ausgeführt:
"Die Anlage zum § 54 dUrhG sieht zwar ... einen Tarif pro Ablichtung vor (womit nur Ablichtungen von urheberrechtlich geschützten Vorlagen gemeint sind); § 54 Abs 4 dUrhG geht hingegen davon aus, dass den tatsächlichen Tarifen der Verwertungsgesellschaft durch empirische Schwerpunkterhebung ermittelte Schätzungen zugrunde gelegt werden und diese Tarife dann schematisch nach Standort und typischer Verwendung differenzieren, wodurch eine hinreichend konkrete Kalkulation der entstehenden Kosten ermöglicht würde; dem entspricht auch die im Entwurf vorgesehene Regelung, die einen gesetzlichen Vergütungssatz erst gar nicht vorsieht.
Solche statistischen Erhebungen hat die VG Wort auch tatsächlich durchführen lassen und kam auf der Basis von deren Ergebnissen zu Wahrscheinlichkeitsberechnungen, wieviel urheberrechtlich relevante Kopien jährlich auf einem Gerät - gestaffelt nach Leistungsklasse und Standort - wahrscheinlich gemacht werden. Auf der Grundlage dieser Erhebungen sind auch Gesamtverträge für nahezu alle Bereiche der Betreibervergütung geschlossen worden. Da es sich, wie gesagt, um Pauschalvereinbarungen handelt, muss der Zahlungspflichtige weder die tatsächlich hergestellten Kopien zählen, geschweige denn nach der Art der Vervielfältigungsvorlage unterscheiden.
..."
Die Materialien machen deutlich, dass der Abschluss von Pauschalvereinbarungen auch dem Willen des österreichischen Gesetzgebers entspricht. Das zeigt auch der Wortlaut von § 42b Abs 4 Z 3 UrhG, der auf die Art und den Umfang der Nutzung des Vervielfältigungsgeräts abstellt, die nach den Umständen wahrscheinlich ist.
Die Klägerinnen haben mit dem vorliegenden Gesamtvertrag eine Pauschalvereinbarung abgeschlossen, die dem deutschen Vorbild folgt. Sie sind mit dem Abschluss eines Gesamtvertrags ihrer Verpflichtung nachgekommen, ihre Beziehungen zu den Nutzern tunlichst durch Gesamtverträge zu regeln (§ 6 VerwGesG; s Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 6 VerwGesG Rz 1).
Die Beklagte bekämpft die Regelung als gesetzwidrig und als mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar, weil ihre Anwendung wegen der besonderen Umstände im Bereich der Beklagten dazu führt, dass die Beklagte einen größeren Anteil der Betreibervergütung aufzubringen hat, als dem Anteil der von ihr betriebenen Kopiergeräte an sämtlichen gemeldeten Geräten entspricht. Die besonderen Umstände der Beklagten bestehen darin, dass sie Kopiergeräte auch an Standorten betreibt, die mangels ausreichender Frequenz einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulassen. Die Beklagte macht geltend, als nicht auf Gewinn, sondern auf Förderung des allgemeinen studentischen Wohls gerichtete Gesellschaft zur Versorgung der Studenten mit Kopiermöglichkeiten verpflichtet zu sein.
Die Beklagte beruft sich damit auf Umstände, die für den entgeltlichen Betrieb von Vervielfältigungsgeräten nicht typisch sind. Üblicherweise wird das Bereithalten von Kopiergeräten davon abhängig gemacht, dass durch eine ausreichende Frequenz ein zumindest ausgeglichener Betrieb sichergestellt ist. Das zeigt auch die Berechnung der Kosten für Gerätebeistellung und Wartung, die auf Basis einer Mindestabnahmemenge von 10.000 Kopien pro Monat und Gerät kalkuliert und auch dann in dieser Höhe zu zahlen sind, wenn die Mindestauslastung nicht erreicht wird.
Ein Gesamtvertrag kann schon seinem Wesen nach nur auf typische Umstände Bedacht nehmen. Typisch für den Betrieb von Vervielfältigungsgeräten sind die vom Erstgericht festgestellten Umstände: Der Anteil an Kopien von geschützten Vorlagen ist um so höher, je größer die Nähe zu einer Hochschule oder einer ihr gleichzuhaltenden Bildungseinrichtung ist; er ist um so geringer, je weniger Verbindung zu einer Hochschule/zu Studenten besteht. Typisch ist auch, dass für den entgeltlichen Betrieb von Geräten Standorte ausgewählt werden, deren Frequenz einen ausgeglichen Betrieb ermöglicht. Auf diese Umstände nimmt der vorliegende Gesamtvertrag Bedacht.
Es ist daher nicht richtig, dass der Gesamtvertrag zu keiner vom Kopiervolumen abhängigen Betreibervergütung, sondern zu einer zweiten Gerätevergütung führe und damit unsachlich sei. Die Beklagte kann dies - keineswegs für alle, aber doch für einige wenige der von ihr betriebenen Geräte - auch nur behaupten, weil sie untypischer Weise Vervielfältigungsgeräte auch an wirtschaftlich unrentablen Standorten betreibt.
Es hilft der Beklagten daher nicht, dass der Gesamtvertrag entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht jeder Überprüfung durch die Gerichte entzogen ist. Für einen von Verwertungsgesellschaften abgeschlossenen Gesamtvertrag kann insoweit nichts Anderes gelten als für Kollektivverträge im Bereich des Arbeitsrechts und für Gesamtverträge zwischen Ärztekammer und Krankenkassen:
Ein im Sinne des § 879 ABGB sittenwidriger Kollektivvertrag bindet nach herrschender Auffassung die Parteien nicht (EvBl 1955/177; ArbSlg 10.447 ua; Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 176); in der Entscheidung wbl 1999/18 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Parteien eines Kollektivvertrags als Normsetzer auch an die Grundrechte, jedenfalls an den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz gebunden sind. Die Rechtsprechung folgt damit der Lehre, wonach Verbände, die, wie die Kollektivvertragsparteien, in die Entgeltbestimmung eingeschaltet sind, an die Grundrechte, insbesondere die Erwerbsfreiheit und den Gleichheitssatz, gebunden sind (Tomandl, Schadenersatz wegen "inkorrekter" ärztlicher Honorarordnung?, ecolex 1993, 328; Schwimann/Binder, ABGB**2 § 1056 Rz 13; s auch Aicher in Rummel, ABGB3 § 1056 Rz 2a). Nach der Entscheidung ecolex 1993, 337 = RdW 1993, 330 schafft ein zwischen Ärztekammer und Krankenkasse abgeschlossener Gesamtvertrag zwischen den Parteien verbindliches Recht, sofern der Gestaltungsberechtigte nicht die im Vertrag gesetzten Grenzen überschreitet oder das Ergebnis nicht offenbar unbillig ist; dies ist der Fall, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröblichster Weise verletzt werden.
Ebenso wie ein arbeitsrechtlicher Kollektivvertrag oder ein Gesamtvertrag zwischen Ärztekammer und Sozialversicherungsträger ist auch ein von Verwertungsgesellschaften abgeschlossener Gesamtvertrag ein privatrechtlicher Normenvertrag, der auf die Einzelverträge unmittelbar einwirkt (s Aicher aaO § 1056 Rz 2a; s auch Öhlinger, Neue Aspekte des kollektiven Urhebervertragsrechts aus verfassungsrechtlicher Sicht, RfR 1998, 25). Auch seine Überprüfung durch die Gerichte muss daher in gleichem Maße zulässig sein: Die Gerichte sind zwar nicht befugt, die Angemessenheit einer (Entgelt-)Regelung zu prüfen, weil der Vertrag verbindliches Recht schafft, sie haben aber eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen im Sinne des § 879 ABGB oder einen Verstoß gegen Grundrechte wahrzunehmen.
Von einer im Sinne des § 879 ABGB sittenwidrigen oder gegen den Gleichheitssatz verstoßenden unsachlichen und damit grundrechtswidrigen Regelung kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Gesamtvertrag stellt auf Umstände ab, die typischerweise darauf schließen lassen, wie hoch der Anteil an vergütungspflichtigen Kopien ist. Dass die darin festgesetzten Pauschalbeträge bei einzelnen der von der Beklagten betriebenen Vervielfältigungsgeräte zu einer höheren Belastung führen als dem Durchschnitt entspricht, liegt allein daran, dass sich die Beklagte bei der Wahl der Standorte nicht von wirtschaftlichen Erwägungen leiten lässt und insoweit - wie ein Vergleich mit Zahl und Kopienanzahl der an der Wirtschaftsuniversität betriebenen Geräte und der dort anfallenden Betreibervergütung zeigt, auch für den Hochschulbereich - untypisch handelt.
Für die Berechnung der von der Beklagten zu entrichtenden Betreibervergütung ist demnach der Gesamtvertrag maßgebend, auch wenn eine Einzelverrechnung (theoretisch) möglich wäre. Die von der Beklagten erwähnten Zählvorrichtungen der Vervielfältigungsgeräte reichten dafür im Übrigen nicht aus, weil nicht jede Kopie vergütungspflichtig ist. Die Zahl der vergütungspflichtigen Kopien müsste in jedem Fall geschätzt werden, weil der für die Feststellung der Vergütungspflicht (geschützte Vorlage; Kopie für den eigenen Gebrauch) notwendige Aufwand in keinem Verhältnis zu den Einnahmen stünde. Die Beklagte lässt auch außer Acht, dass bisher - sowohl in Österreich als auch in Deutschland - die Bemühungen der Verwertungsgesellschaften gescheitert sind, von den Betreibern genaue Zahlen zu erhalten.
Die Beklagte macht schließlich noch geltend, dass kein Gesamtvertrag im Sinne des Verwertungsgesellschaftengesetzes vorliege, weil die Klägerinnen nicht auch Musikrechte wahrnehmen. Zweck eines Gesamtvertrags könne es nur sein, einen bestimmten Vergütungsanspruch abschließend zu regeln.
Auch dieses Argument überzeugt nicht: Jeder Gesamtvertrag regelt die darin festgesetzten Rechte und Ansprüche für die davon Betroffenen insoweit abschließend, als er bis zu einer allfälligen Änderung oder Aufhebung die Grundlage für die gegenseitigen Rechtsbeziehungen bildet. Betroffen sind die Vertragspartner und jene Personen, deren Rechte sie wahrnehmen und vertreten. Vertragspartner sind die jeweilige Verwertungsgesellschaft und die nach ihrem fachlichen Wirkungsbereich dazu berufenen öffentlich-rechtlichen Berufsorganisationen, deren räumlicher Wirkungsbereich sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt (§ 6 Abs 1 VerwGesG). Das Gesetz schreibt aber nicht vor, dass mehrere Verwertungsgesellschaften, welche nebeneinander bestehende Rechte auf eine Vergütung wahrnehmen, nur einen gemeinsamen Gesamtvertrag abschließen könnten.
Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen der Beklagten zur Zuständigkeit der Schiedsstelle. Die Beklagte macht geltend, dass die Anordnung des Gesetzgebers, für die Leerkassettenvergütung die Unterbrechung eines Gerichtsverfahrens zwecks Antragstellung bei der Schiedsstelle zur Überprüfung der Tarifgestaltung vorzusehen, bei sämtlichen anderen Vergütungen eine solche Möglichkeit aber nicht einzuräumen, gleichheits- und somit verfassungswidrig sei. Sie regt an, an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag zu stellen, Art III § 1 Abs 2 und § 1a UrhGNov 1980 aufzuheben.
Nach Art III § 1 Abs 2 leg cit stellt die Schiedsstelle die Vergütungssätze fest, nach denen die Höhe der Leerkassettenvergütung zu berechnen ist; Art III § 1a leg cit bestimmt, dass das Verfahren auf Antrag einer Partei zu unterbrechen ist, wenn in einem Rechtsstreit über die Leerkassettenvergütung die Vergütungssätze strittig sind. Die Anwendung beider Bestimmungen kommt nur in Frage, wenn kein Gesamtvertrag und keine Satzung über die Höhe der angemessenen Vergütung besteht (Mat zu Art III UrhGNov 1980, zit nach Dittrich, Österreichisches und internationales Urheberrecht3, 425 f).
Im vorliegenden Fall besteht ein Gesamtvertrag; die Schiedsstelle wäre daher auch dann nicht berufen, die Vergütungssätze festzusetzen, wenn Gegenstand des Verfahrens die Leerkassettenvergütung wäre. Die von der Beklagten angestrebte Aufhebung der als verfassungswidrig bekämpften Bestimmungen ist demnach für das vorliegende Verfahren ohne jede Bedeutung.
Der Rekurs musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.