OGH vom 28.04.1994, 6Ob12/94

OGH vom 28.04.1994, 6Ob12/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache über das Begehren der 1. M*****Aktiengesellschaft Holding mit dem Firmensitz L-1145, Luxemburg, ***** 2. J***** Aktiengesellschaft, Vaduz, *****

3. Dr.Friedrich B*****, D-*****, 4. Marga B*****, D-*****, 5. Reinhard U*****, D-*****, 6. Jürgen K*****, D-*****, und 7. Monika P*****, D-*****, vertreten durch Dr.Rainer Spanhel, Notar, 86529 Schrobenhausen, Hörzhausenerstraße 4, auf Eintragung der von den Einschreitern gegründeten Aktiengesellschaft unter der Firma E***** Aktiengesellschaft mit dem Sitz in R*****, infolge Revisionsrekurses der Anmeldenden gegen den rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , AZ 3 R 293/93(ON 11), mit dem der Rekurs der Rechtsmittelwerber gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ FN 58286s-5, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Eine luxemburgische und eine liechtensteinsche Aktiengesellschaft sowie fünf in Bayern wohnhafte Personen vereinbarten als Gründer die Satzung einer Aktiengesellschaft, die ihren Sitz in einer Vorarlberger Gemeinde haben soll.

Die Feststellung der Satzung beurkundete ein oberbayrischer Notar.

Durch diesen bayrischen Notar erfolgte auch die Anmeldung der Aktiengesellschaft zur Eintragung in das vom Landesgericht Feldkirch geführte Firmenbuch.

Das Firmenbuchgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Es erblickte vor allem darin einen die Unwirksamkeit der Satzung bewirkenden Formmangel, daß die nach § 16 Abs 1 AktG vorgesehene "notarielle Beurkundung" nicht durch einen österreichischen Notar (im Notariatsaktform) vorgenommen wurde.

Bedenken gegen die Einschreiterbefugnis des deutschen Notars äußerte das Firmenbuchgericht nicht. Es stellte auch eine Ausfertigung seines das Eintragungsbegehren abweisenden Beschlusses dem einschreitenden deutschen Notar unter Verwendung eines internationalen Rückscheines auf dem Postweg zu. Nach postamtlicher Beurkundung auf diesem internationalen Rückschein erfolgte die Zustellung am . Am brachte der Notar einen Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß zur Postaufgabe an das Oberlandesgericht Innsbruck, welches die Rechtsmittelschrift am zur Postaufgabe an das Firmenbuchgericht brachte, bei dem sie dann am , also am 15.Tag nach der am erfolgten Zustellung, einlangte.

Das Firmenbuchgericht legte das Rechtsmittel unter Aktenanschluß dem Rekursgericht vor und führte dabei in seinem Vorlagebericht eine (offenbar als fristwahrend angesehene) Postaufgabe vom an.

Das Rekursgericht trug dem Gericht erster Instanz zunächst die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens durch urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung des deutschen Notars durch die gemäß § 28 Abs 1 AktG anmeldungspflichtigen Personen auf, in deren Namen - ungeachtet anderslautender Formulierung im Rekursschriftsatz - das Rechtsmittel als erhoben angesehen wurde. Bei diesem Auftrag ging das Rekursgericht von der erklärten Rechtsansicht aus, daß die Regelung des § 23 FBG nur für inländische Notare gelte.

Dem entsprechenden erstinstanzlichen Verbesserungsauftrag kam der deutsche Notar innerhalb der ihm hiezu gesetzten 14-tägigen Frist nicht nach.

Hierauf wies das Rekursgericht den vom deutschen Notar gegen den das Eintragungsbegehren abweisenden erstinstanzlichen Beschluß erhobenen Rekurs mangels unrkundlichen Nachweises seiner Bevollmächtigung durch die Gründer als Rechtsmittelwerber zurück. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß eine Rechtsmittelvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vorliege.

Das Rekursgericht begründete seine Rechtsmittelzurückweisung mit der schon in seinem Auftrag zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens geäußerten Ansicht, daß die Regelung des § 23 FBG, derzufolge der Notar, der die zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt hat, als ermächtigt gilt, namens des zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen (diese Regelung wurde im übrigen wörtlich aus § 129 Satz 1 FGG übernommen), nur für einen inländischen Notar gelte, ausländische Notare aber als Bevollmächtigte die ihnen durch den Anmeldenden erteilte Vollmacht urkundlich nachzuweisen hätten.

Eine Ausfertigung dieser rekursgerichtlichen Entscheidung wurde dem deutschen Notar am auf dem Postweg zugestellt. Er brachte namens der Rechtsmittelwerber einen an das Rekursgericht adressierten Revisionsrekursschriftsatz zur Postaufgabe (nach dem nicht deutlich lesbaren postamtlichen Orts-Tagesstempel vermutlich am ). Das Rekursgericht verfügte am die Weiterleitung der Sendung an das Firmenbuchgericht. Wann die Rechtsmittelschrift dort einlangte, wurde nicht aktenkundig gemacht; das geschah aber mit Sicherheit erst nach Ablauf von 14 Tagen ab Zustellung vom .

Dem Revisionsrekurs sind nunmehr Vollmachtsurkunden der sieben Anmeldenden angeschlossen.

Dieser mit dem Revisionsrekurs erfolgte urkundliche Nachweis der Bevollmächtigung bewirkt zunächst lediglich, daß die Zustellung der Rekursentscheidung an den einschreitenden Notar als Zustellung an die Rechtsmittelwerber und der Rechtsmittelschriftsatz selbst als in deren Namen erhoben anzusehen sind.

Ungeachtet der Überschreitung der 14-tägigen Rekursfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG, § 89 Abs 1 GOG, § 1 RGBl 1860/205) wäre gemäß § 11 Abs 2 AußStrG einem berechtigten Rechtsmittelantrag stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Auslegung des § 23 FGG (aber auch zu dessen Vorgängerregelung des § 129 FGG) eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt und der Beschwerdegegenstand, nämlich die rechtsbegründende Eintragung der Aktiengesellschaft in das Firmenbuch, nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 14 Abs 3 AußStrG).

Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der nach Fällung der Rekursentscheidung erfolgte Sanierungsversuch ist für die Überprüfung des angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses unerheblich, weil dieser nach der zur Zeit seiner Erlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen ist. Selbst wenn die erst nach Fällung des angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses schriftlich erteilten Bevollmächtigungen auch ohne ausdrücklich sich darauf beziehende Erklärung in sinngemäßer Anwendung der Regelung des § 477 Abs 2 ZPO als nachträgliche Genehmigung der bisher im Anmeldungsverfahren durch den Notar namens der Gründer gesetzten Verfahrensschritte aufgefaßt werden sollten und ein erstmaliges Aufgreifen des Vollmachtsmangels damit ausgeschlossen wäre, vermöchte dies an der Beurteilungsgrundlage einer hierüber bereits getroffenen Entscheidung rückwirkend nichts zu ändern.

Die rekursgerichtliche Rechtsmittelzurückweisung ist also nach der zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Beschlusses gegebenen Aktenlage zu überprüfen.

Dazu ist zu erwägen:

§ 23 FGG gilt als reine Verfahrensvorschrift - etwa ebenso wie die durch die Notariatsordnungs-Novelle 1993 eingeführte Regelung des § 5 Abs 4a NO - nur zugunsten inländischer Notare. Daß in Fällen einer an den Zwecken der Formvorschrift gemessenen Gleichwertigkeit ein ausländischer Beurkundungsvorgang einen zur materiellrechtlichen Formwirksamkeit erforderlichen inländischen Beurkundungsakt zu ersetzen vermöchte, ändert nichts daran, daß im Verfahrensrecht, dessen Ordnungsvorschriften, um ihren Zweck zu erreichen, tunlichst an klare und eindeutig bestimmbare Umstände anknüpfen sollten, Gleichwertigkeitsprüfungen der hier in Rede stehenden Art als funktionswidrig, weil der Sinn des erleichterten Bevollmächtigungsnachweises durch teils diffizile materiellrechtliche Untersuchungen nicht in sein Gegenteil verkehrt werden dürfte, nicht zuzulassen sind.

Diese Ansicht stimmt im Ergebnis auch mit der im deutschen Schrifttum - ohne nähere Begründung - vertretenen Ansicht zu § 129 FGG überein (Jansen FGG2 § 129 Rz 3; Winkler in Kreidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit13, 129 Rz 1; Bassenge, Komm z FGG § 13 Abs 2 Buchstabe d).

Eine gegenteilige Auslegung würde im übrigen auch der unverkennbaren Tendenz des § 10 ZustG, mit einem ausländischen Verfahrensbeteiligten tunlichst über einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten zu verkehren, entgegenlaufen, weil der gemäß § 23 FGG zum Einschreiten namens des zur Anmeldung Verpflichteten als ermächtigt geltende Notar auch berechtigt ist, die für den Vertretenen bestimmten Zustellstücke in Empfang zu nehmen.

Dem rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß, gegen dessen Begründung im Revisionsrekurs auch nichts ausgeführt, sondern der Sache nach lediglich, allerdings zu Unrecht, eine rückwirkende Sanierung des fehlenden Vollmachtsnachweises geltend gemacht wird, mußte ein Erfolg versagt bleiben.