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OGH vom 16.12.2009, 7Ob198/09g

OGH vom 16.12.2009, 7Ob198/09g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W***** K*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei A*****-Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 193/07t-20, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 26 Cg 105/06y-14, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Das Verfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 892,75 EUR (darin enthalten 149,39 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung - ARB 2000" (in der Folge: ARB 2000) zu Grunde liegen. Diese lauten, soweit hier wesentlich:

„Artikel 6. ...

...

7. Die Leistungspflicht des Versicherers ist begrenzt wie folgt:

...

7.3. Genießen mehrere Versicherungsnehmer zur Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen Versicherungsschutz aus einem oder mehreren Versicherungsverträgen und sind ihre Interessen aufgrund der gleichen oder einer gleichartigen Ursache gegen den/dieselben Gegner gerichtet, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung vorerst auf die außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Versicherungsnehmer und die Führung notwendiger Musterprozesse durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter zu beschränken.

Wenn oder sobald die Versicherungsnehmer durch die Maßnahmen nicht ausreichend gegen einen Verlust ihrer Ansprüche, insbesondere durch drohende Verjährung, geschützt sind, übernimmt der Versicherer darüber hinaus die Kosten für Gemeinschaftsklagen oder sonstige gemeinschaftliche Formen außergerichtlicher und gerichtlicher Interessenwahrnehmungen durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter.

Sofern der Versicherungsschutz die Vertretung in allgemeinen Verwaltungsverfahren bzw vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof umfasst, können diese Bestimmungen sinngemäß angewandt werden.

...

Artikel 8. ...

1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet, ...

1.5. bei der Geltendmachung oder Abwehr von zivilrechtlichen Ansprüchen außerdem

...

1.5.3. soweit seine Interessennicht unbillig, insbesondere durchdrohende Verjährung beeinträchtigt werden, vor der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen die Rechtskraft eines Strafverfahrens oder eines anderen Verfahrens abzuwarten, das tatsächliche oder rechtliche Bedeutung für den beabsichtigten Rechtsstreit haben kann, oder vorerst nur einen Teil der Ansprüche geltend zu machen und die Geltendmachung der verbleibenden Ansprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Teilanspruch zurückzustellen. ...

Artikel 10 ...

1. Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person (Rechtsanwalt, Notar etc) frei zu wählen.

...

4. Der Versicherer ist berechtigt, einen Rechtsvertreter auszuwählen:

...

4.4. in Fällen des Art 6.7.3. ..."

Der Kläger schloss am mit der A***** AG (in der Folge: A*****), deren Wertpapier-Dienstleistungsbetrieb später durch Spaltung auf die A***** C***** AG übertragen wurde, einen Vermögensverwaltungsvertrag ab. Aufgrund dieses Vertrags überwies der Kläger am 1 Mio ATS auf ein Konto der A***** bei einer l***** Bank. Über das Vermögen beider A***** Gesellschaften wurde im November 2005 der Konkurs beim Handelsgericht Wien eröffnet. Nachdem eine Prüfung der Finanzmarktaufsicht ergeben hat, dass bereits seit Beginn der Aktivitäten der A***** Gelder nicht ordnungsgemäß investiert wurden, wurde gegen Organe der A***** beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Strafverfahren eingeleitet.

Der Kläger kündigte im Jahr 2005 den Vermögensverwaltungsvertrag. Das bis dahin zu Gunsten des Klägers per bestehende Anlageguthaben in der Höhe von 47.478,17 EUR wurde nicht ausbezahlt. Der Kläger wandte sich an die Beklagte mit dem Ersuchen um Rechtsschutzdeckung. Diese berief sich aber auf die Massenschadenklausel nach Art 6.7.3. ARB 2000. Sie lehnte insbesondere die vom Kläger begehrte Deckung für den Privatbeteiligtenanschluss im Strafverfahren gegen die Organe der A***** und für eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich unter Hinweis auf die Massenschadenklausel des Art 6.7.3. ARB 2000 ab. Der Kläger könne sich nur von einem der drei von der Beklagten ausgewählten Rechtsanwälten vertreten lassen. Vertretungsschritte anderer Kanzleien ab diesem Zeitpunkt stünden nicht unter Versicherungsschutz. Dem Kläger wurde weder durch einen der drei genannten Anwälte noch durch die Beklagte eine Mitteilung über bereits anhängige Musterprozesse und deren Erfolgsaussichten gemacht.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Bundeswertpapieraufsicht (nunmehr Finanzmarktaufsicht) 1999/2000 die ordnungsgemäße Prüfung von A***** unterließ. Bei ordentlicher Prüfung hätten die Missstände bei der Verwaltung der Kundengelder festgestellt und A***** der Geschäftsbetrieb so rechtzeitig untersagt werden können, dass der Kläger sein Anlageguthaben ausbezahlt erhalten hätte.

Der Kläger erhob zu 30 Cg 10/07x beim Landesgericht für Zivilrechtssachen eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich. Er wird in diesem Verfahren vom Klagevertreter vertreten.

Der Kläger begehrt, die Beklagte sei schuldig, ihm Rechtsschutzdeckung im Bereich der Kostenübernahme für die Rechtsvertretung betreffend die Schadenersatzanspruchdurchsetzung aus dem Vermögensverwaltungsvertrag bei A***** zu gewähren und zwar a) in Bezug auf die Vertretung als Privatbeteiligter im Strafverfahren gegen die Organe der A*****, b) zur „außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung betreffend die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen bei der Finanzprokuratur", c) für die anschließende Erhebung von Klagen, die sich gegen die Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung betreffend mangelhafte Aufsicht des Staates richteten. Weiters begehrt er die Feststellung, dass die Vereinbarung der Beschränkung der freien Anwaltswahl in Art 6.7.3. ARB 2000 gegenüber dem Kläger rechtsunwirksam sei. Die Beklagte habe lediglich die Deckung der Kosten für die Anmeldung der Forderung im Konkurs gewährt, ansonsten diese aber unter Hinweis auf die Massenschadenklausel abgelehnt. Art 6.7.3. ARB 2000 schränke das in Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG (Rechtsschutz- versicherungs-Richtlinie) postulierte und durch § 158k VersVG in Österreich umgesetzte Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl unzulässig ein und sei daher unbeachtlich. Die Beklagte habe keinerlei Schritte gesetzt, die Forderung des Klägers nach dem AHG bei der Finanzprokuratur anzumelden oder eine Klage in einem Musterprozess zu erheben. Dies sei auch nicht geplant. Die Beklagte habe weder dargelegt, warum die Prozessführung aussichtslos sein solle, noch sei eine darauf gestützte Ablehnung der Deckung erfolgt. Die Beklagte könne sich nicht auf die rechtsunwirksame Massenschadenklausel berufen.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Die Massenschadenklausel stehe weder mit der Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie noch mit dem Gesetz im Widerspruch, sondern sei lediglich eine Ergänzung zu § 158k VersVG. Den Kläger treffe die Warteverpflichtung nach Art 8.1.5.3. ARB 2000, zumal der Klagevertreter selbst ein Musterverfahren aus Schadensfällen gegen die Republik Österreich führe. Der Anspruch sei daher nicht fällig.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger Rechtsschutz für die Vertretung als Privatbeteiligter im Strafverfahren und für die Erhebung von Klagen gegen die Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung zu gewähren habe. Das Begehren auf Feststellung der Kostenübernahme für die außergerichtliche Vertretung wies es ebenso ab wie das Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beschränkung der freien Anwaltswahl in Art 6.7.3. ARB 2000. Die Beklagte könne sich nicht auf Art 8.1.5.3. ARB 2000 berufen, weil sie die Führung eines vergleichbaren Amtshaftungsverfahrens mit ähnlicher Sach- und Rechtslage gegen die Republik Österreich nicht behauptet habe. Das Verfahren des Klägers könne für ihn selbst kein Musterverfahren darstellen. Art 6.7.3. ARB 2000 widerspreche § 158k Abs 1 VersVG. Er sei daher nichtig. Der Kläger sei zur freien Rechtsanwaltswahl in Gerichts- und Verwaltungsverfahren berechtigt. Da Gegenstand einer Feststellungsklage nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein könne, müsse aber das Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit des Art 6.7.3. ARB 2000 abgewiesen werden, weil die objektive Rechtslage als solche und abstrakte Rechtsfragen nicht feststellungsfähig seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, änderte aber über Berufung des Klägers die Entscheidung teilweise dahingehend ab, dass es feststellte, dass aufgrund des zwischen den Streitteilen geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags der Kläger zur Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person zu seiner Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des § 158k VersVG und der sonstigen Bedingungen des Rechtsschutzversicherungsvertrags ohne Einschränkung der freien Anwaltswahl gemäß Art 6.7.3. ARB 2000 berechtigt sei. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, der Kläger sei aufgrund des Versicherungsvertrags zur Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person ohne Einschränkung durch die Klausel auch zur sonstigen außergerichtlichen Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen berechtigt, wies es ab. Die Berufung auf die Massenschadenklausel gemäß Art 6.7.3. ARB 2000 sei im Hinblick darauf, dass sie die freie Rechtsanwaltswahl im Gerichts- und Verwaltungsverfahren einschränke, unzulässig. Das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der diesbezüglichen Feststellung sei zu bejahen. Es könne gerade aufgrund der komplexen Verflechtung des Schadensfalls A***** aus der Sicht des Klägers nicht ausgeschlossen werden, dass er noch andere Prozesse aufgrund der Veranlagung anstrengen werde. Außerdem sei ein neuer Massenschaden denkbar. Aufgrund der beharrlichen Bestreitung der Beklagten bestehe das Bedürfnis des Klägers, das Recht auf freie Anwaltswahl für den als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Vertrag ein für allemal zu klären. Das Berufungsgericht habe dem Begehren des Klägers eine klarere Fassung gegeben. Für die außergerichtliche Vertretung dürfe zulässigerweise eine Beschränkung vereinbart werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob mit der Beschränkung der freien Anwaltswahl im Zusammenhang mit Massenverfahren in unzulässiger Weise von der Bestimmung des § 158k Abs 1 VersVG abgewichen werde.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren auch in diesem Umfang zur Gänze abzuweisen, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Soweit sich die Beklagte dagegen wendet, das Berufungsgericht habe sie zur Deckung von Klagen gegen die Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung verpflichtet, wobei die Notwendigkeit der Erhebung mehrerer Klagen nicht erkennbar sei, ist ihr zu erwidern, dass in dem (über eineinhalb Seiten reichenden) Deckungsbegehren hinreichend präzisiert ist, worauf sich diese Amtshaftungsansprüche stützen, sodass die Verwendung der Mehrzahl („Klagen") im Spruch über den begehrten Rechtsschutz nicht hinausgeht und nicht schadet. Der Kläger ist ohnehin nur berechtigt, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nötigen Rechtsschritte zu setzen.

Der Hauptstreitpunkt im vorliegenden Verfahren ist, ob Art 6.7.3. ARB 2000 in unzulässiger Weise das in Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG (Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie) postulierte und durch § 158k VersVG umgesetzte Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl einschränkt.

Der Oberste Gerichtshof hat sich im gleichgelagerten Fall 7 Ob 26/08m veranlasst gesehen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Artikel 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

„Ist Art 4 Abs 1 der Richtlinie 87/344/EWG dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die dem Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte „Massenschadenklausel"), widerspricht?" Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom , RS C-199/08, wie folgt beantwortet: „Art 4 Abs 1 Buchst a der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung ist dahin auszulegen, dass der Rechtsschutzversicherer sich in dem Fall, dass eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis geschädigt ist, nicht das Recht vorbehalten kann, selbst den Rechtsvertreter aller betroffenen Versicherungsnehmer auszuwählen."

Damit steht für den Obersten Gerichtshof bindend fest, dass Art 6.7.3. ARB 2000 das in Art 4 der Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie postulierte und durch § 158k VersVG in Österreich umgesetzte Recht des Rechtsschutzversicherten auf freie Anwaltswahl unzulässig einschränkt und daher unbeachtlich ist. Auf die umfangreichen Ausführungen zu dieser Rechtsfrage ist daher nicht mehr einzugehen. Daraus folgt einerseits, dass sich die Beklagte zur Begründung ihrer Leistungsfreiheit nicht auf Art 6.7.3. ARB 2000 stützen kann, andererseits, dass die Bestimmung im Versicherungsvertrag zwischen den Parteien rechtsunwirksam ist.

Zur Frage, ob der Kläger auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel hat, ist Folgendes auszuführen:

Es trifft zu, dass abstrakte Rechtsfragen, denen kein gegenwärtig in der Wirklichkeit existierender Sachverhalt zugrunde liegt oder solche, die sich in der Feststellung einer dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Rechtslage erschöpfen, nicht urteilsmäßig feststellungsfähig sind (Fasching in Fasching/Konecny² III § 228 ZPO Rz 62). Nur die konkrete Möglichkeit des Eintritts von Leistungsverpflichtungen (hier aus dem Versicherungsvertrag) stellt eine ausreichende Interessengrundlage für ein Feststellungsbegehren dar, während die bloße theoretische Möglichkeit der Entstehung von Ansprüchen zur Begründung des Feststellungsinteresses nach § 228 ZPO nicht ausreicht (vgl 7 Ob 4/05x mwN; RIS-Justiz RS0038949). Bei der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit des Art 6.7.3. ARB 2000 geht es nicht um eine abstrakte rechtliche Qualifikation, sondern darum, dass die Bestimmung dem zwischen den Parteien bestandenen Versicherungsverhältnis zugrunde gelegt wurde und daher in jedem einschlägigen Versicherungsfall wieder einen Streitpunkt darstellen könnte. Zudem ist es im Hinblick auf die notorischen Turbulenzen in der Causa A***** durchaus naheliegend, dass noch für andere notwendig werdende Rechtshandlungen Rechtsschutz begehrt werden könnte. Die begehrte Feststellung ist daher konkret geeignet, eine streitverhindernde Rechtswirkung zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zu entfalten (vgl RIS-Justiz RS0039080). Auch im gleichgelagerten Fall 7 Ob 68/09i hat der Oberste Gerichtshof das rechtliche Interesse bejaht.

Zur eingewendeten Warteverpflichtung nach Art 8.1.5.3. ARB 2000 steht fest, dass der Kläger keinerlei Mitteilungen über bestimmte Verfahren erhielt. Die Beklagte stützte sich weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rechtsmittelverfahren auf konkrete Musterverfahren. Sie vertritt vielmehr die Rechtsansicht, die Kenntnis des Klägers vom näheren Inhalt von Musterklagen sei entbehrlich.

Diesem Einwand ist - wie schon in der Entscheidung 7 Ob 68/09i - grundsätzlich entgegenzuhalten, dass dem Kläger, für den ja ein Verjährungsverzicht eines Schädigers nicht erzwingbar ist, jedenfalls zugestanden werden muss, verjährungshindernde Handlungen vorzunehmen, um dieser Gefahr zu begegnen. Es trifft zwar zu, dass es zur Vermeidung einer „Mehrgleisigkeit", die vor allem eine unnötige Kostenbelastung bedeutet, angezeigt sein kann, ein Verfahren bis zur Beendigung eines „Musterprozesses" zu unterbrechen. Inwiefern Musterverfahren im Sinn des Art 8.1.5.3. ARB 2000 tatsächliche oder rechtliche Bedeutung für die vom Kläger unternommene oder beabsichtigte Rechtsverfolgung haben können, hat die für das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung beweispflichtige Beklagte (RIS-Justiz RS0043728) nicht dargetan. Sie hat keine Umstände behauptet, geschweige denn bewiesen, die dafür sprechen könnten, dass durch andere (konkret zu bezeichnende) Verfahren eine Klärung der Ansprüche des Klägers zu erwarten sei und die Rechtsposition des Klägers durch ein entsprechendes Zuwarten nicht verschlechtert werde. Der Einwand, das Begehren des Klägers auf Rechtsschutzdeckung sei wegen einer Warteverpflichtung im Sinn des Art 8.1.5.3. ARB 2000 nicht fällig, geht daher ins Leere.

Der Revision muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.