OGH vom 25.11.1999, 6Ob246/99s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Helga S*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Josef S*****, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, und des am Verfahren beteiligten Z*****, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über die Revisionsrekurse des Antragsgegners und des Beteiligten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 429/99t-110, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 7 F 449/94z-93, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner und der beteiligte Z***** haben der Antragstellerin die mit jeweils 3.655,68 S (darin 609,28 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde zunächst mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom nach § 55a EheG geschieden. Im Scheidungsvergleich vereinbarten die Ehegatten, dass die Stadtwohnung samt Inventar dem Antragsgegner und das Gartenhaus mit dem wesentlichen Inventar der Antragstellerin - die sich zu einer Ausgleichszahlung von 50.000 S verpflichtet hatte - verbleiben sollte. Der Antragsgegner zog den Scheidungsantrag während der Rechtsmittelfrist jedoch zurück, so dass der Scheidungsbeschluss wirkungslos wurde. Die Ehe wurde schließlich aus beiderseitigem gleichteiligen Verschulden geschieden.
Nach rechtskräftiger Scheidung ihrer Ehe begehren beide Ehegatten die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Sie hatten während der Ehe zwei Wohnungen unterhalten, und zwar eine Mietwohnung in Wien 1, deren alleiniger Hauptmieter der Antragsgegner ist und die die Ehegatten von September/Oktober bis März des jeweiligen Folgejahres bewohnten, und ein Gartenhaus auf einer Parzelle des Kleingartenvereins S*****, wo sie jeweils von März bis September oder Oktober wohnten. Liegenschaftseigentümerin der Kleingartenparzelle ist die Stadt Wien, Generalpächter der am Verfahren beteiligte Z*****, der die Parzelle mit Unterpachtvertrag an den Antragsgegner unterverpachtet hatte. Nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft blieb der Antragsgegner in der Stadtwohnung, während die Antragstellerin das Gartenhaus allein bewohnt.
In die Aufteilungsmasse fallen unter anderem die beiden Ehewohnungen samt ungefähr gleichwertigem Inventar. Beide Ehegatten streben zuletzt die Zuweisung des auf der Kleingartenparzelle befindlichen Gartenhauses samt Inventar an, wobei sich der Antragsgegner für diesen Fall zu einer Ausgleichszahlung von 305.000 S bereit erklärte. Die Antragstellerin begehrt neben den Pachtrechten eine Ausgleichszahlung von 50.000 S.
Das Erstgericht verfügte den Eintritt der Antragstellerin in die Unterpachtrechte über die Kleingartenparzelle anstelle des Antragsgegners und übertrug das auf dieser Parzelle befindliche eheliche Gebrauchsvermögen in das Alleineigentum der Antragstellerin. Es wies die Stadtwohnung dem Antragsgegner zu und übertrug das dort befindliche eheliche Gebrauchsvermögen in sein Alleineigentum. Unter Berücksichtigung der festgestellten Werte der zugewiesenen Vermögensteile trug das Erstgericht der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 175.000 S auf. Angesichts ihrer Nutzung während aufrechter Ehe seien sowohl Innenstadtwohnung als auch Gartenhaus als Ehewohnung zu werten. Nach dem hier anzuwendenden § 87 Abs 2 EheG könne das Gericht ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, dass ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benutzung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintrete. Das Gericht sei hiebei nicht an Beschränkungen der Übertragbarkeit gebunden. § 14 Abs 1 Kleingartengesetz (KlGG), wonach die Zustimmung des Generalpächters Wirksamkeitsvoraussetzung für die Übertragung der Unterpachtrechte an einer Kleingartenparzelle sei, beziehe sich auf die Übertragung der Unterpachtrechte durch den Unterpächter selbst und komme hier nicht zum Tragen. Für den Eintritt der Antragstellerin in das Unterpachtverhältnis bedürfe es daher keiner Zustimmung des Generalpächters. Die getroffene Regelung entspreche dem Willen der Parteien anlässlich der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft und sei auch noch im Zeitpunkt des Scheidungsvergleiches so vereinbart worden. Der Antragsgegner sei damit mehr als zwei Jahre lang einverstanden gewesen. Es entspreche daher dem billigen Ermessen, die zunächst im Einvernehmen getroffene Regelung beizubehalten. Die dem Antragsgegner zugesprochene Ausgleichszahlung berücksichtige die den Ehegatten jeweils zugekommenen Vermögenswerte und die Wertdifferenz der Ehewohnungen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Übertragung der Unterpachtrechte an einer Kleingartenparzelle, die Ehewohnung sei, fehle. Die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung entspreche den Grundsätzen der Billigkeit. Sowohl Innenstadtwohnung als auch Gartenhaus seien als Ehewohnung im Sinn des § 81 Abs 2 Z 2 EheG anzusehen, seien doch beide Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zum Ort des gemeinsamen Wohnens gewidmet worden und habe sich der Schwerpunkt der gemeinsamen Lebensführung der Ehegatten auch an beiden Orten befunden. In Anbetracht der durch § 14 KlGG und § 87 Abs 2 EheG geregelten verschiedenen Sachverhalte könne nicht davon ausgegangen werden, dass § 14 KlGG als lex specialis gegenüber der Aufteilungsvorschrift des § 87 Abs 2 EheG Vorrang habe. Während § 14 Abs 1 KlGG die Übertragung der Unterpachtrechte an einen Dritten durch den Unterpächter und dessen Abs 2 die einvernehmliche Weitergabe des Kleingartens unter aufrechten Ehegatten oder anderen dort genannten Verwandten regle, räume § 87 Abs 2 EheG dem Gericht die Möglichkeit ein, im Aufteilungsverfahren ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anzuordnen, dass ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrundeliegende Rechtsverhältnis eintritt (oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis fortsetzt). Für das Aufteilungsverfahren komme allein § 87 Abs 2 EheG zum Tragen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse des Antragsgegners und des am Verfahren beteiligten Generalpächters sind zulässig, aber nicht berechtigt.
Soweit der Antragsgegner geltend macht, die Vorinstanzen hätten das Kleingartenhaus zu Unrecht als Ehewohnung qualifiziert, es handle sich dabei nur um ein Ferienhaus, wird auf die zutreffende - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stehende - Begründung des Rekursgerichtes verwiesen. Danach ist unter Ehewohnung jene Wohnung zu verstehen, in der sich der Schwerpunkt der gemeinsamen Lebensführung bei Wirksamwerden der Scheidung befindet oder befunden hat. Maßgeblich ist dabei die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zum Ort gemeinsamen Wohnens. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welchem Rechtsverhältnis das gemeinsame Wohnen beruht. Es können auch mehrere Wohnungen Ehewohnungen eines Paares sein (Hopf/Kathrein § 87 EheG Rz 7 und 9; EvBl 1982/184 = SZ 54/126; EFSlg 51.715; RIS-Justiz RS0057678). Angesichts der hier gegebenen Wohnverhältnisse (die Ehegatten lebten etwa die Hälfte des Jahres in der Stadtwohnung und die andere Hälfte im Kleingarten) ist die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach sowohl Stadtwohnung als auch Gartenhaus Ehewohnungen im Sinn der § 81 Abs 2 und 87 Abs 2 EheG waren, nicht zu beanstanden.
Der Antragsgegner macht in seinem Revisionsrekurs weiters geltend, § 14 Abs 1 KlGG sei auch auf Kleingärten betreffende Anordnungen im Sinn des § 87 Abs 2 EheG anzuwenden und verdränge als lex specialis die allgemeine Aufteilungsnorm des Ehegesetzes.
Dazu führt der am Verfahren beteiligte Generalpächter aus, § 87 Abs 2 EheG ermögliche zwar die Zuteilung des der Benutzung der Ehewohnung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses ohne Rücksicht auf Regelungen durch Vertrag oder Satzung, gestatte es dem Richter jedoch nicht, sich über gesetzliche Übertragungsbeschränkungen hinwegzusetzen.
§ 14 Abs 1 KlGG in der ursprünglichen Fassung BGBl 1959/6 macht die Wirksamkeit der Übertragung der Rechte aus einem Unterpachtvertrag an einem Kleingarten auf eine andere Person von der schriftlichen Zustimmung des Generalpächters abhängig. Abs 2 dieser Bestimmung regelt die Ersetzung der Zustimmung des Generalpächters zur Übertragung eines Kleingartens an bestimmte nahe Angehörige durch das Gericht. Daraus wird deutlich, dass § 14 (1) leg cit (nur) die Übertragung der Unterpachtrechte durch den Unterpächter selbst im Auge hatte, nicht jedoch deren Übertragung durch Gerichtsbeschluss im Rahmen eines nachehelichen Aufteilungsverfahrens. Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu den damals geltenden Bestimmungen über die nacheheliche Vermögensauseinandersetzung.
Das nacheheliche Aufteilungsverfahren war damals in der 6. DVEheG geregelt (siehe dazu Jensik, Die Ehewohnung NZ 1976 [74 ff]), die im § 5 Abs 1 gleichfalls (wenngleich weniger weitgehende) Eingriffsmöglichkeiten des Richters in die Rechte des Vermieters der Ehewohnung vorsah. Nach § 15 der 6. DVEheG bedurfte die vom Richter angeordnete Änderung oder Begründung von Mietverhältnissen nicht der nach anderen Vorschriften etwa notwendigen Genehmigung (Jensik aaO 76), so dass das im § 14 Abs 1 KlGG begründete Zustimmungserfordernis auch nach der damaligen Rechtslage weggefallen wäre.
Anlässlich der Neuregelung des Aufteilungsverfahrens durch die §§ 81 ff EheG wollte der Gesetzgeber die davor in § 5 der 6. DVEheG festgelegten Regelungen über die Zuweisung der Ehewohnung weiter ausgestalten (916 BlgNR 14. GP 17). Nach der damals getroffenen Regelung (§ 87 Abs 2 EheG) kann das Gericht im Aufteilungsverfahren ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, dass ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benutzung der Ehewohnung zugrundeliegende Rechtsverhältnis eintritt (oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis allein fortsetzt). Diese Bestimmung gilt für die Fälle der Zuweisung einer auf Grund eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses benutzten Ehewohnung, wobei der Gesetzgeber an die beispielhaft angeführten Miet- und Genossenschaftswohnungen dachte. Der Richter sollte bei seiner Anordnung "nicht an Beschränkungen der Übertragbarkeit gebunden sein, die etwa im Mietvertrag oder der Satzung der Genossenschaft bestimmt sind" (916 BlgNR 14. GP 17).
Das im § 14 Abs 1 KlGG enthaltene Zustimmungserfordernis (die Übertragung der Rechte aus einem Unterpachtvertrag an einem Kleingarten wird von der schriftlichen Zustimmung des Generalpächters abhängig gemacht), hat der Gesetzgeber offenbar schon damals nicht berücksichtigt, weil es nur für vom Unterpächter selbst beabsichtigte Übertragungen gelten sollte. Die Übertragung der Unterpachtrechte durch Verfügungen im Rahmen eines nachehelichen Aufteilungsverfahrens nach § 87 Abs 2 EheG bedarf daher nicht der Zustimmung des Generalpächters.
Für auf Kleingartenparzellen begründete Ehewohnungen kann das Gericht im nachehelichen Aufteilungsverfahren anordnen, dass ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benutzung der Wohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt, ohne dass es einer Zustimmung des Generalpächters nach § 14 Abs 1 KlGG bedürfte.
Die Vorinstanzen haben daher die Möglichkeit des Eintrittes der Antragstellerin in das mit dem Antragsgegner begründete Unterpachtverhältnis auch ohne Zustimmung des am Verfahren beteiligten Generalpächters zu Recht bejaht. Den unberechtigten Revisionsrekursen des Antragsgegners und des Generalpächters ist daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG iVm § 41 ZPO. Kostenbemessungsgrundlage sind 24.000 S, § 10 Z 2 lit a RATG ist sinngemäß anzuwenden.