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OGH vom 07.06.2001, 2Ob127/01t

OGH vom 07.06.2001, 2Ob127/01t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinrich M*****, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und andere Rechtsanwälte in Lienz, wider die beklagten Parteien 1. Aloisia M*****, Private, 2. Peter M*****, und 3. Christa M*****, vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, infolge der Rekurse der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 68/00w-81, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 20 Cg 153/96v-70, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rekurse werden zurückgewiesen .

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 32.145,04 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 5.357,51, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen; sie haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gemäß §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung eines ordentlichen Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Streitteile sind Miteigentümer einer Liegenschaft auf der sich eine Pension befindet. Sie erwarben ihre Anteile aufgrund eines Notariatsaktes von ihrem Vater bzw dem damaligen Ehegatten der Erstbeklagten durch eine Schenkung. Auf dem Liegenschaftsanteil des Klägers sowie jenem des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten ist zugunsten der Erstbeklagten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt.

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung.

Die Beklagten wendeten das Vorliegen von Teilungshindernissen ein, insbesondere sei der Erstbeklagten das lebenslängliche Recht eingeräumt worden, die auf der Liegenschaft betriebene Pension weiterzuführen.

Das Erstgericht wies im ersten und zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab.

Mit der hier angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht dem Rechtsmittel des Klägers Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit S 260.000 übersteigend und sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig.

Die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete es damit, dass zwar die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung primär auf dem Erfordernis der ergänzenden Erörterung des Bestandes und Umfanges des Betriebsführungsrechtes beruhe; die dem Erstgericht weiters überbundene Rechtsansicht, den Parteien sei gegebenenfalls nach Erörterung die Erstattung weiteren Prozessvorbringens anheimzustellen, rechtfertige es, den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen, weil den davon betroffenen Fragen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Durch diese Ausführungen wird aber eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der zitierten Bestimmung nicht dargetan. Dass nach einer Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO neues Vorbringen unbeschränkt zulässig ist - lediglich abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder aufgerollt werden - entspricht der ständigen Rechtsprechung (s Kodek in Rechbergerý, Rz 5 zu § 496 mwN). Welchen "davon" betroffenen Fragen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommen soll, ist dem Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes nicht zu entnehmen.

Aber auch in den Rechtsmitteln der Streitteile werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan. Der Kläger verweist in seinem Rechtsmittel darauf, dass die Beklagten im ersten Rechtsgang den Eventualeinwand, die Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum durchzuführen (§ 2 Abs 2 Z 2 WEG) zurückgezogen haben. Daraus stelle sich die rechtserhebliche Frage nach der Wiederholbarkeit und rechtlichen Natur dieses Antrags sowie, welche Folgen mit der Zurückziehung verbunden seien. Sei der Antrag einmal zurückgezogen worden, dann könne er nicht noch einmal gestellt werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes könnten sich daher die Beklagten im fortgesetzten Verfahren nicht mehr darüber entscheiden, ob sie die Begründung von Wohnungseigentum begehrten. Die Manuduktionspflicht des Gerichtes dürfe nicht so weit überspannt werden, dass sie über einen zurückgezogenen Antrag noch einmal belehrt werden müssten.

Weiters reiche eine Beschränkung des Auseinandersetzungsanspruches von Miteigentümern immer nur so weit, wie der Zweck der diesbezüglichen Vereinbarung. Im vorliegenden Fall sei die Erträgnislosigkeit der Pension nur dadurch zu beseitigen, dass man vier bis fünf Millionen Schilling investiere. Die Beklagten hätten gar nicht behauptet, dass sie danach trachteten, durch Zufuhr von Eigenkapital die Erträgnislosigkeit zu beseitigen. Damit falle aber auch das von ihnen behaupteten Teilungshindernis, nämlich das angebliche Betriebsführungsrecht der Erstbeklagten, weg.

Schließlich sei der Zwischenantrag der Beklagten auf Feststellung, dass die Erstbeklagte nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt sei, den Betrieb der Pension zu führen, abgewiesen worden. Damit stehe fest, dass ihr das Recht auf Betriebsführung nicht zustehe. Die Rechtskraftwirkung der Entscheidung über diesen Zwischenfeststellungsantrag sei endgültig.

Letztlich sei das Berufungsverfahren unvollständig und mangelhaft geblieben, weil auf eine ganze Reihe konkreter Beweisrügen nicht eingegangen worden sei.

Zur Frage des Begehrens auf Schaffung von Wohnungseigentum im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 WEG hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagten kein ausdrückliches Begehren in diese Richtung stellten. Werde aber der Zweck einer Teilungsbeschränkung durch eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Teilung nicht in Frage gestellt, dann spreche der jedem Teilhaber prinzipiell zugesicherte unbedingte Teilungsanspruch dafür, diese Art der Teilung zu gewähren; ein Teilhaber, der sich gegen diese Teilung stelle, ohne seine Weigerung rechtfertigen zu können, verwirke seinen Anspruch auf Geltendmachung des darüber hinausgehenden Teilungshindernisses (EvBl 1996/77). Hier könne dem Betriebsführungsrecht der Erstbeklagten - sollte es überhaupt noch ein Teilungshindernis darstellen und würde es sich nur auf wohnungseigentumsfähige Bereiche erstrecken - durch die Begründung von Wohnungseigentum Genüge getan werden. Sollte die vom Erstgericht zunächst vorzunehmende Prüfung des Umfanges des Betriebsführungsrechtes der Erstbeklagten und der für seine weitere Ausübung maßgeblichen Gründe ergeben, dass dieses Recht ein Teilungshindernis darstelle, dann müssten sich die Beklagten im fortgesetzten Verfahren nach entsprechender Anleitung durch das Gericht entscheiden, ob sie die Begründung von Wohnungseigentum begehrten. Geschehe dies nicht, obwohl - was erst festzustellen wäre - der Begründung von Wohnungseigentum an sich nichts im Wege stünde, dann könnten sie dem Zivilteilungsbegehren des Klägers auch nicht mehr den Einwand entgegensetzen, das Betriebsführungsrecht der Erstbeklagten schließe die Zivilteilung aus. Dem Zivilteilungsbegehren könne daher noch stattzugeben sein. Wenn jedoch der Kläger die Begründung von Wohnungseigentum gar nicht anstrebe, könne den Beklagten die Unterlassung eines Begehrens in diesem Sinne nicht schaden. Da die Parteien mit einer Rechtsansicht jedoch nicht überrascht werden dürften, müssten die aufgezeigten Fragen mit ihnen erörtert werden.

Insoweit das Berufungsgericht eine Verfahrensergänzung zur Frage des Betriebsführungsrechtes nötig erachtet, kann dem nicht entgegengetreten werden (Kodek in Rechbergerý, Rz 5 zu § 519 mwN).

Ein Begehren der Beklagten im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 WEG lag noch nicht vor, weil dieses im ersten Rechtsgang lediglich "eventualiter" gestellt wurde, d.h. für den Fall, dass die anderen Teilungshindernisse nicht gegeben sind (vgl 5 Ob 110/95 = EvBl 1996/77 = ecolex 1996, 595 = NZ 1996, 270 = WoBl 1996, 259). Die Frage einer "neuerlichen" Antragstellung im Sinne der zitierten Bestimmung stellt sich nicht, vielmehr kann im fortgesetzten Verfahren jedenfalls ein solcher Antrag gestellt werden. Der zitierten Entscheidung entspricht auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass dann, wenn der Zweck der Teilungsbeschränkung durch eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Teilung nicht in Frage gestellt wird, der jeden Teilhaber prinzipiell zugesicherte unbedingte Teilungsanspruch dafür spricht, diese Art der Teilung zu gewähren; ein Teilhaber, der sich gegen diese Teilung stellt, ohne seine Weigerung rechtfertigen zu können, verwirkt seinen Anspruch auf Geltendmachung des darüber hinausgehenden Teilungshindernisses.

Die Frage, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn die Beklagten keinen Antrag nach § 2 Abs 2 Z 2 WEG stellen, der Kläger aber die Begründung von Wohnungseigentum ablehnt, ist derzeit völlig hypothetisch, weil nicht feststeht,

a) ob das Betriebsführungsrecht ein Hindernis darstellt,

b) ob ein solches auch auf einen de, Miteigentumsanteil der Erstbeklagten entsprechenden Teil der Liegenschaft sichergestellt werden könnte,

c) ob der Schaffung von Wohnungseigentum tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehe,

d) ob die Beklagten einen Antrag nach § 2 Abs 2 Z 2 WEG stellen und

e) ob der Kläger die Begründung eines solchen jedenfalls ablehnt.

Die Frage der Auslegung des Schenkungsvertrages hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb auch insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind (Kodek, aaO, Rz 5 zu § 502 mwN).

Der von den Beklagten gestellte Zwischenantrag auf Feststellung wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die Rechtskraftwirkung eines darauf zielenden Urteiles über den vorliegenden Rechtsstreit nicht hinausgehe. Dieser Mangel hätte allerdings durch Zurückweisung des Zwischenfeststellungsantrages wahrgenommen werden müssen (Rechberger/Frauenberger in Rechbergerý, ZPO, Rz 5 zu § 236 mwN; zuletzt 2 Ob 51/01s). Es wurde aber nicht ausgesprochen, dass der Erstbeklagten das Betriebsführungsrecht nicht zustehe, weshalb die Entscheidung auch keine diesbezügliche Bindungswirkung entfalten kann.

Soweit eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens im Rechtsmittel des Klägers geltend gemacht wird, wurde diese geprüft, sie ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO), weshalb auch insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen.

Die beklagten Parteien machen in ihrem Rechtsmittel geltend, dass dann, wenn bei einer Liegenschaft neben einer Zivilteilung auch eine Realteilung oder eine Begründung von Wohnungseigentum möglich sei, es Sache der klagenden Partei sei, ein entsprechendes Klagebegehren zu beantragen.

Weiters übersehe der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes das Vorliegen eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes; dieses stehe der Teilungsklage jedenfalls entgegen. Es könne auch der Ansicht des Berufungsgerichtes, eine rechtsgeschäftlich eingegangene Beschränkung des Teilungsanspruches binde die Teilhaber grundsätzlich nur so lange, wie es die aufrechte Wirkung oder der sonstige Zweck der vereinbarten Beschränkung erfordere, nicht geteilt werden.

Entgegen dieser Ansicht der Beklagten wurden in der schon oben zitierten Entscheidung 5 Ob 110/95 dargelegt, dass gemäß § 2 Abs 2 Z 2 WEG die Umgestaltung der Eigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum nur angeordnet werden kann, wenn der im Teilungsprozess Beklagte ein solches Begehren stellt; er hat die nachteiligen Folgen auf sich zu nehmen, wenn er seine Mitwirkung an einer solchen Lösung verweigert, obwohl die Begründung von Wohnungseigentum die allein sachgerechte Lösung des Teilungsproblems wäre. Insoweit entspricht daher die Entscheidung des Berufungsgerichtes der Rechtsprechung. Dass ein Belastungs- und Veräußerungsverbot auf dem Liegenschaftsanteil eines Miteigentümers dem Begehren der anderen Miteigentümer auf Aufhebung der Gemeinschaft nicht entgegensteht, entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0010783; SZ 67/38).

Der Judikatur (SZ 63/161; SZ 69/169) entspricht auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass eine Beschränkung des Teilungsanspruches kraft Parteiwillens die Teilhaber nur so lange bindet, wie es die aufrechte Widmung oder der sonstige Zweck der vereinbarten Beschränkung erfordern.

Es waren daher sowohl der Rekurs des Klägers als auch jener der Beklagten zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers nicht hingewiesen haben.

Fundstelle(n):
QAAAD-46359