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OGH vom 26.09.2012, 7Ob194/11x

OGH vom 26.09.2012, 7Ob194/11x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei Ö***** Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 33.788 EUR sA (Klage 21 Cg 136/10a) und 19.803,85 EUR sA (Widerklage 21 Cg 162/10z), über die Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 87/11k 12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 21 Cg 136/10a (21 Cg 162/10z) 8, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Revision betreffend die Entscheidung über die Klage 21 Cg 136/10a wird nicht Folge gegeben.

Die klagende (und widerbeklagte) Partei ist schuldig, der beklagten (und widerklagenden) Partei die mit 1.891,44 EUR (darin enthalten 315,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Die Revision betreffend die Entscheidung über die Widerklage 21 Cg 162/10z wird zurückgewiesen.

Die klagende (und widerbeklagte) Partei ist schuldig, der beklagten (und widerklagenden) Partei die mit 1.187,28 EUR (darin enthalten 197,88 EUR USt) bestimmten Kosten dieser Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende und widerbeklagte GmbH (im Folgenden: Klägerin) betreibt eine Landwirtschaft und baut verschiedene Getreidearten an. Zur Absicherung der Kulturen gegen Hagel und andere elementare Risken wie Dürre schloss sie mit der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden: Beklagte) einen Versicherungsvertrag ab, dem die „Allgemeinen Bedingungen für die Hagelversicherung (gültig ab )“ und die „Ergänzenden Bedingungen für die Versicherung von Hagel und anderen Elementarschäden 'Agrar Universal' (gültig ab )“ (EB Agrar Universal) zugrunde liegen.

Art 1.2. EB Agrar Universal („Umfang des Versicherungsschutzes“) lautet:

„ Dürre: Ersetzt werden Ertragsverluste, die durch mangelnden Niederschlag in der entsprechenden Vegetationszeit der Fruchtarten

Getreide (Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Triticale, Dinkel, Menggetreide) [...] im Erstanbau entstehen.

Die Vegetationszeit beginnt je nach Kultur zu folgenden Zeitpunkten:

Wintergetreide: 1. März

Sommergetreide: 15. März

[...]

Bei Getreide, Mais, Sonnenblume und Sojabohne endet die Vegetationszeit mit der Gelb bzw Kornreife [...]. Der durchschnittliche Zeitpunkt der Gelb bzw Kornreife der jeweiligen Kultur wird vom Versicherer regional festgelegt.

Mangelnder Niederschlag liegt vor, wenn in der Vegetationszeit der tatsächliche Niederschlag um mindestens 10 % unter dem Regenbedarf liegt. Der Regenbedarf wird mit Hilfe langjähriger Niederschlagsdaten aus dem Hydrologischen Atlas Österreichs pro Quadratkilometer vom Versicherer festgelegt und bekanntgegeben. Basis für den tatsächlichen Niederschlag sind die Niederschlagsdaten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

[...] “

In Art 7 EB Agrar Universal („Entschädigung“) heißt es:

„ [...]

Bei Dürre, Sturm und Auswuchs werden die Ertragsverluste gemäß Entschädigungstabelle entschädigt.

Den Zeitpunkt und die Methode der Schadensfeststellung bestimmt der Versicherer.

[...]

2. Dürre: Es erfolgt eine Entschädigung, wenn der tatsächliche Niederschlag in der Vegetationszeit um mindestens 10 % unter dem Regenbedarf liegt und definierte Ertragsgrenzen, geltend für die jeweilige Fruchtart und bezogen auf das gesamte Grundstück, unterschritten werden. [...] Die Ertragsgrenzen werden vom Versicherer festgesetzt und jährlich mit der 'Entschädigungstabelle' bekanntgegeben.

[...] “

Art 16.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Hagelversicherung („Die Schadenserhebung“) lautet:

„ Die Feststellung des Schadens erfolgt durch einen oder mehrere Beauftragte des Versicherers, soweit nicht in Ziffer 3 und 12 etwas anderes vorgesehen ist, auf Kosten des Versicherers, und zwar unter Vorbehalt der Überprüfung und Genehmigung durch den Versicherer. Der (Versicherungsnehmer) kann sich an der Schadenserhebung persönlich beteiligen oder sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. [...] “

Die Beklagte legte im Rahmen des Versicherungsvertrags den Eintritt der Gelbreife ermittelt nach dem wissenschaftlich anerkannten PTU Modell (Photo Thermal Unit) für die Gemeinde Gols bei Winterweizen mit und bei Winterroggen mit und den Regenbedarf für Winterweizen und Winterroggen in der Periode vom bis zur Gelbreife mit 220 mm fest.

Der tatsächliche Niederschlag in der Gemeinde Gols betrug in der Periode vom bis mindestens 245 mm.

Die vertraglich vereinbarten Versicherungsprämien für das Jahr 2009 haften in Höhe von 19.763,46 EUR unberichtigt aus.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von 33.788 EUR sA und brachte soweit im Revisionsverfahren wesentlich vor, dass eine ausgeprägte Dürre im zweiten Quartal 2009 zu massiven Schäden und Ernteausfällen bei Roggen auf einer Fläche von 45,80 ha und bei Weizen auf einer Fläche von 123,14 ha geführt habe. Laut Entschädigungstabelle der Beklagten gebühre bei Unterschreiten der Ertragsgrenzen ein Entschädigungsbetrag von 200 EUR/ha, somit von gerundet 9.160 EUR für die Kultur „Roggen“ und von gerundet 24.628 EUR für die Kultur „Weizen“. In der Region Gols seien in der Zeit vom bis zum tatsächlichen Eintritt der Gelbreife Mitte Juni 2009 ca 168 mm Niederschlag gefallen. Gegenüber dem festgelegten Regenbedarf von 220 mm habe das Niederschlagsdefizit somit über 10 % betragen. Erst Ende Juni 2009 seien überdurchschnittlich große Regenmengen gefallen, die die bereits eingetretenen Schäden nicht mehr ausgleichen hätten können. Ein Abstellen auf den durchschnittlichen Niederschlag innerhalb der üblichen Vegetationszeit in Art 1.2. EB Agrar Universal könne zum absurden Ergebnis führen, dass zwar rechnerisch, nicht aber tatsächlich ausreichend Niederschlag gefallen sei, um den Regenbedarf der jeweiligen Getreidekultur in den erforderlichen Abständen zu decken. Der Versicherungsfall sei nach sachlichen und den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Kriterien zu bestimmen, zumal das wirtschaftliche Risiko der Beklagten durch die Höhe der zu leistenden Prämien ausgeglichen werde. Im Sinn der Unklarheitenregel des § 915 ABGB sei nicht auf den durchschnittlichen Niederschlag innerhalb der Vegetationsperiode abzustellen, sondern darauf, ob der tatsächliche Regenbedarf innerhalb der Vegetationszeit gedeckt gewesen sei oder nicht. Art 1.2. EB Agrar Universal, wonach der durchschnittliche Zeitpunkt der Gelb bzw Kornreife der jeweiligen Kultur vom Versicherer regional festgelegt werde, sei im Sinn des § 864a ABGB unwirksam, außerdem sittenwidrig nach § 879 Abs 1 ABGB und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Freiheit des Versicherers bei der Risikogestaltung dürfe nicht zur Vereitelung des Vertragszwecks führen und werde vor allem durch die sachliche Rechtfertigung eines Risikoausschlusses begrenzt. Die Beklagte „wälze“ das Risiko von Dürreschäden, das durch den Versicherungsvertrag abgesichert werden solle, mit dem Abstellen auf den Niederschlag innerhalb einer von ihr willkürlich festgelegten und von den tatsächlichen Abläufen in der Natur losgelösten Vegetationszeit auf den Versicherungsnehmer „zurück“.

Die Beklagte erwiderte im Wesentlichen, dass der tatsächliche Niederschlag in der Gemeinde Gols anhand der täglich von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf Quadratkilometer genau durchgeführten Niederschlagsmessungen bereits in der Periode vom bis zum bedingungsgemäß festgelegten Zeitpunkt der Gelbreife am 249 mm betragen habe und daher über dem festgelegten Regenbedarf von 220 mm gelegen sei. Bei der Auslegung des Versicherungsfalls der Dürre darauf abzustellen, ob der tatsächliche Regenbedarf innerhalb der tatsächlichen Vegetationszeit gedeckt sei, widerspreche dem klaren Wortlaut und Sinn des Art 1.2. EB Agrar Universal. Diese Bestimmung definiere den Begriff des Regenbedarfs als eine vom Versicherer auf der Grundlage langjähriger Niederschlagsdaten festgelegte und bekannt gegebene objektive Größe, die eine Beschreibung und Kalkulation des versicherungstechnischen Risikos erst ermögliche. Der Risikoanteil der Prämie, die der Versicherer erhalte, werde anhand des versicherten Risikos und damit des beschriebenen Versicherungsfalls der Dürre berechnet. Jede andere Auslegung des Versicherungsvertrags verlasse dieses Synallagma und sei mit dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip (Summe der Prämien müsse die Summe der Schadensfälle zuzüglich Kosten abdecken) nicht vereinbar. Art 1.2. EB Agrar Universal sei keine überraschende Klausel im Sinn des § 864a ABGB, sondern finde sich unter der Überschrift „Umfang des Versicherungsschutzes“ und daher an „prominenter“, systematisch richtiger Stelle. Sie regle die Voraussetzungen des Versicherungsfalls und betreffe daher die Hauptleistung des Versicherungsvertrags. Damit entziehe sie sich einer Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB. Sie halte einer solchen auch stand, weil ihr keine gröbliche Benachteiligung innewohne. Die Beklagte bediene sich zur Ermittlung der Gelbreife des wissenschaftlich anerkannten Verfahrens nach dem PTU Modell und wende daher eine seriöse und weltweit verwendete Methodik an. Auf Basis dessen habe sie die Gelbreife bei Winterweizen in Gols mit und bei Winterroggen mit berechnet. Ein ständig im Gebiet anwesender und die Agrarflächen kontrollierender Sachverständiger habe außerdem durch eine Vorortbegutachtung die Gelbreife für die Region mit bei Winterweizen und mit bei Winterroggen festgestellt. Diese festgestellten und auf wissenschaftlicher Basis ermittelten Gelbreifezeitpunkte würden somit +/ 1 Tag übereinstimmen. Das Ergebnis dieser Feststellung sei weder willkürlich noch unbillig. Der Versicherungsvertrag versichere die Klägerin nicht gegen jeden Ernteausfall, sondern nur gegen einen Minderniederschlag gegenüber der standardisierten Menge.

Mit Widerklage begehrte die Beklagte die Zahlung der aushaftenden Versicherungsprämien für das Jahr 2009 von 19.763,46 EUR sowie Mahnkosten von 36,39 EUR.

Die Klägerin wendete lediglich ein, sie habe gegenüber der Beklagten bereits außergerichtlich die Aufrechnung mit der Widerklagsforderung erklärt, erhebe aber unabhängig davon nochmals die Aufrechnungseinrede.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und gab dem Widerklagebegehren statt. Die Beklagte habe den Regenbedarf für Winterweizen und Winterroggen in der Periode vom bis zur Gelbreife mit 220 mm festgelegt. Die Vegetationszeit im Sinn von Art 1.2. EB Agrar Universal habe vom bis für Winterroggen und bis für Winterweizen gedauert. Der tatsächliche Niederschlag in der Vegetationszeit von (mindestens) 245 mm habe den festgelegten Regenbedarf von 220 mm überschritten. Damit sei der Versicherungsfall „Dürre“ nicht eingetreten. Die Festlegung des durchschnittlichen Zeitpunkts der Gelbreife durch den Versicherer begegne im Hinblick auf die §§ 864a, 879 Abs 1 und 3 ABGB keinen Bedenken: Das Versicherungsunternehmen sei bei der Umschreibung des versicherten Risikos frei. Im Sinn der Privatautonomie liege es am Versicherten zu entscheiden, ob er zu den von der Versicherung vorgegebenen Konditionen einen Vertrag abschließen wolle oder nicht. Einem Unternehmer sei es jedenfalls zumutbar, andere Konditionen auszuverhandeln, einen anderen Anbieter zu wählen oder keine Versicherung abzuschließen. Ein dem Vertragspartner eingeräumtes Gestaltungsrecht schaffe zwischen den Parteien grundsätzlich verbindliches Recht, sofern der Gestaltungsberechtigte nicht die ihm schon durch den Vertrag selbst gesetzten Grenzen überschreite oder das Ergebnis offenbar unbillig sei. Die Beklagte habe zur Bestimmung des Gelbreifezeitpunkts ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren herangezogen und damit nicht willkürlich gehandelt. Das Ergebnis ihrer Festsetzung sei nicht unbillig, sondern sachlich gerechtfertigt. Eine individuelle Festlegung der Gelbreife für jeden einzelnen Versicherungsnehmer würde einen enormen Aufwand bedeuten und hätte unweigerlich eine höhere Prämie zur Folge.

Der Klägerin stehe daher keine Versicherungsleistung zu, sodass ihre Aufrechnungseinrede hinsichtlich der (unstrittigen) offenen Versicherungsprämien unberechtigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Art 1.2. EB Agrar Universal, der es dem Versicherer übertrage, den Zeitpunkt der für das Ende der Vegetationszeit maßgeblichen Gelbreife als Durchschnittswert für die jeweilige Kultur und Region festzulegen, sei nicht objektiv ungewöhnlich im Sinn des § 864a ABGB. Diese Bestimmung sei nicht im Text „versteckt“. Ein durchschnittlich sorgfältiger Leser könne schon im Hinblick auf die Überschrift des Art 1. („Umfang des Versicherungsschutzes“) die zur Beschreibung des Versicherungsfalls der Dürre heranzuziehenden Kriterien wie hier den Gelbreifezeitpunkt als Ende der Vegetationszeit dort finden, wo sie zu vermuten seien. Da mit „Dürre“ auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht jeder, sondern nur ein Zustand extremer witterungsbedingter Austrocknung des Bodens umschrieben werde, könne es auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht überraschend sein, dass es einer näheren Begriffsbestimmung des Risikos der Dürre und in diesem Zusammenhang bestimmter Messgrößen und einer Regelung bedürfe, auf welche Weise und von wem die in den Bedingungen bloß verbal umschriebenen Kriterien im konkreten Fall zahlenmäßig ermittelt und festgelegt würden. Dabei müsse auch damit gerechnet werden, dass nicht jede witterungsbedingte Trockenheit oder wie hier ungleichmäßige Verteilung des Niederschlags, die einen schädigenden Einfluss auf den Reifeprozess der Pflanzen nehmen und zu Mindererträgen führen könne, erfasst werde. Art 1.2. EB Agrar Universal bestimme den Beginn der Vegetationszeit unabhängig von den konkreten Verhältnissen beim Versicherungsnehmer für Wintergetreide mit 1. März und für Sommergetreide mit 15. März und lege den Regenbedarf als Durchschnittswert auf Grund langjähriger Niederschlagsdaten fest. Damit müsse der Versicherungsnehmer damit rechnen, dass auch das Ende der Vegetationszeit nach Durchschnittswerten ermittelt werde. Dabei liege es nahe, die Festlegung des durchschnittlichen Zeitpunkts der Gelbreife dem Versicherer zu übertragen. Solange nicht Zustände extrem lang anhaltender Trockenheit, die zum Absterben der Pflanzen führen müssten, vom Versicherungsschutz ausgenommen seien, fehle der Klausel Art 1.2. EB Agrar Universal der Überrumpelungseffekt im Sinn des § 864a ABGB. Sie sei daher Vertragsbestandteil geworden.

Art 1.2. EB Agrar Universal sei weder sittenwidrig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB noch nichtig im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Diese Versicherungsbedingung, die das Risiko der Dürre umschreibe, zur Abgrenzung bestimmte Messgrößen einführe und bestimme, wer sie festzulegen habe, unterliege der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Das VersVG lasse die Versicherung gegen das Elementarrisiko der Dürre unerwähnt. Damit bestehe kein gesetzlich normierter Mindestinhalt einer derartigen Elementarschadensversicherung und keine dispositive Norm, an der sich die bekämpfte Klausel als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren hätte. Insofern sei der Versicherer bei der Umschreibung des versicherten Risikos der Dürre frei, während es dem Versicherungsnehmer freistehe, die angebotene, entsprechend den Bedingungen ausgestaltete Versicherung abzuschließen oder nicht. Dass Art 1.2. EB Agrar Universal die Ermittlung des Niederschlagsmangels und des Gelbreifezeitpunkts von den tatsächlichen Verhältnissen der Versicherungsnehmer loslöse und an regionale und damit durchschnittliche Verhältnisse knüpfe, sei unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung nicht zu beanstanden. Damit das versicherungstechnische Risiko beschreibbar und kalkulierbar bleibe, sei es abgesehen von dem mit einer individuellen Festlegung der Gelbreife verbundenen enormen Aufwand notwendig, einen mit dem Abstellen auf den tatsächlichen Eintritt der Gelbreife möglichen Einfluss des Versicherungsnehmers (zum Beispiel durch die Wahl des Zeitpunkts der Aussaat) auf das Ende der Vegetationszeit und damit auf den Versicherungsfall hintanzuhalten. Ein regional einheitlicher, auf Durchschnittswerten basierender Beobachtungszeitraum sei sachgerecht. Er diene der Gleichbehandlung der Versicherungsnehmer und ziele nicht auf deren Schädigung ab. Ob die Klausel im Fall, dass es nach monatelanger Trockenheit erst in der letzten Woche der Vegetationszeit zu so starken Niederschlägen komme, dass der festgelegte Regenbedarf allein dadurch gedeckt werde, als gröblich benachteiligend beurteilt werden müsste, könne dahinstehen. Dieser Fall habe sich nicht verwirklicht. Von solchen extremen Ausnahmefällen abgesehen begegne die nur auf die gesamte Vegetationszeit bezogene Gegenüberstellung eines auf Grund von Erfahrungswerten ermittelten und damit standardisierten Regenbedarfs mit den tatsächlichen Niederschlagsmengen in dieser Periode keinen Bedenken. Dass die Beklagte eine weitere Aufgliederung des (Mindest )Regenbedarfs und der Vegetationszeit auf einzelne Abschnitte des Reifeprozesses der Pflanzen unterlasse und damit einer einfachen und klar überschaubaren sowie auf die durchschnittlichen Verhältnisse in der Region abstellende Regelung gegenüber einen kasuistischen und kompliziert zu ermittelnden den Vorzug gebe, sei sachlich gerechtfertigt. Damit werde die Bestimmung des Versicherungsfalls und zugleich die Kalkulation des Risikos vereinfacht und beherrschbar. Zwar ermögliche Art 1.2. EB Agrar Universal nach seinem Wortlaut der Beklagten auch eine willkürliche Festlegung des Gelbreifezeitpunkts, jedoch wende die Beklagte die Klausel in diesem Punkt ohnehin einschränkend dahin an, dass sie zur Bestimmung des Gelbreifezeitpunkts ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren heranziehe. Diese Auslegung sei im Sinn einer geltungserhaltenden Reduktion nicht zu beanstanden. Von der Beklagten sei nicht zu verlangen, alle zur Verfügung stehenden wissenschaftlich anerkannten Verfahren und damit auch die Vorortbegutachtung zur Bestimmung des regionalen Gelbreifezeitpunkts anzuwenden. Die Klausel halte daher mit der von der Beklagten praktizierten Einschränkung im Individualprozess einer Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB stand.

Das Berufungsgericht erklärte sowohl im Klagsverfahren, das den für die Rechtsmittelzulässigkeit maßgebenden Wert von 30.000 EUR übersteigt, als auch zunächst im Widerklagsverfahren die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf Antrag der Klägerin nach § 508 ZPO änderte es mit Beschluss vom in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom den Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision hinsichtlich des Widerklagsverfahrens dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Klauseln der EB Agrar Universal, die einer Vielzahl von Versicherungsverträgen zu Grunde lägen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richten sich die Revision der Klägerin ( außerordentliche Revision im Klagsverfahren und ordentliche Revision im Widerklagsverfahren) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, „der Berufung der klagenden bzw widerbeklagten Partei Folge“ zu geben. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte beantragt sowohl in der freigestellten Revisionsbeantwortung im Klagsverfahren als auch in der Revisionsbeantwortung im Widerklagsverfahren, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die (außerordentliche) Revision im Klagsverfahren ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt. Die Revision im Widerklagsverfahren ist unzulässig.

1. Zur (außerordentlichen) Revision der Klägerin im Klagsverfahren:

Die Revisionsausführungen können nicht überzeugen, während die damit bekämpften, hier (zusammengefasst) wiedergegebenen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in allen von der Revisionswerberin gerügten Punkten zutreffend sind. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO kann daher auf die Richtigkeit der Entscheidungsbegründung der zweiten Instanz verwiesen werden. Zur Rechtsrüge der Klägerin ist im Besonderen wie folgt Stellung zu nehmen:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, Art 1.2. EB Agrar Universal sei im Sinn des § 864a ABGB nicht ungewöhnlich. Das Gegenteil sei der Fall, weil der Versicherungsnehmer nicht damit rechne, dass der Versicherungsschutz von Durchschnittswerten des Regenbedarfs und der Gelb oder Kornreife abhänge. Schäden einer Naturkatastrophe könnten nicht auf Grund von Durchschnittswerten berechnet werden. Durch die einseitige Festlegung der Vegetationszeit, unabhängig von den tatsächlich unterschiedlichen Reifeprozessen und Vegetationsperioden, werde der Vertragszweck „auf Seiten der Klägerin“ vereitelt. Dass der durchschnittliche Zeitpunkt der Gelb oder Kornreife der jeweiligen Kultur vom Versicherer regional festgelegt werde, sei für die Klägerin nachteilig, weil die Beklagte unabhängig von den tatsächlichen Reifeprozessen der Getreidekulturen ein Ende der Vegetationsperiode bestimme und somit die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls einschränke.

Entgegen diesen Ausführungen hält Art 1.2. EB Agrar Universal der Geltungskontrolle des § 864a ABGB stand. Nach der der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB vorangehenden Geltungskontrolle nach § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hätte den anderen besonders drauf hingewiesen. Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen diese Vorschrift, so gilt der Vertrag ohne sie. Als objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel dann zu beurteilen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, sodass er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Einer solchen Vertragsbestimmung muss somit ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen (RIS Justiz RS0014646). Die Ungewöhnlichkeit ist objektiv zu verstehen. Die Subsumtion hat sich an der Verkehrsüblichkeit beim betreffenden Geschäftstyp zu orientieren. Ein Abstellen auf die subjektive Erkennbarkeit gerade für den anderen Teil ist daher ausgeschlossen (RIS Justiz RS0014627; 7 Ob 216/11g mwN).

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, ist ein solcher Überrumpelungs oder Übertölpelungseffekt hier zu verneinen. Art 1.2. EB Agrar Universal findet sich unter der Überschrift „Umfang des Versicherungsschutzes“ an systematisch richtiger Stelle bei der Beschreibung des versicherten Risikos. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich nicht um eine „versteckte“ Klausel. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Dürre ein extremer, über einen längeren Zeitraum vorherrschender Zustand, in dem weniger Wasser oder Niederschlag verfügbar ist als erforderlich. Zum Zweck der Versicherung gegen dieses Elementarrisiko ist wie das Berufungsgericht weiters zutreffend ausführte eine nähere Begriffsbestimmung des Risikos Dürre (Dauer und Intensität des dafür erforderlichen Niederschlagsmangels) erforderlich und es bedarf bestimmter Messgrößen und einer Regelung, auf welche Weise und von wem die in den Versicherungsbedingungen bloß verbal umschriebenen Kriterien im konkreten Fall zahlenmäßig ermittelt und festgelegt werden.

Nach Art 1.2. EB Agrar Universal werden Ertragsverluste ersetzt, die durch mangelnden Niederschlag in der entsprechenden Vegetationszeit der jeweiligen Fruchtarten entstehen. Die Vegetationszeit beginnt unabhängig von den konkreten Verhältnissen beim Versicherungsnehmer für Wintergetreide mit 1. März und für Sommergetreide mit 15. März. Der Regenbedarf wird als regionaler Durchschnittswert auf Grund langjähriger Niederschlagsdaten aus dem Hydrologischen Atlas Österreichs pro Quadratkilometer von der Beklagten festgelegt und bekanntgegeben. Die Vegetationszeit endet mit der Gelb oder Kornreife, worunter unstrittig die beginnende Verfärbung der ersten Körner in mehreren Ähren von Grün zu Gelb zu verstehen und ein Fingernageleindruck irreversibel ist. Der durchschnittliche Zeitpunkt dieser Gelb oder Kornreife der jeweiligen Kultur wird von der Beklagten regional festgelegt. Dass sowohl der Regenbedarf als auch die Gelbreife der jeweiligen Fruchtart regional nach Durchschnittswerten festgelegt wird, entspricht sowohl dem allgemeinen Verständnis der Dürre als längerem Zeitraum vorherrschenden Wasser oder Niederschlagsmangels und kann auch für die Klägerin als durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmerin nicht ungewöhnlich sein. Die Festlegung des Versicherungsfalls der Dürre ausgehend vom konkret bestimmten Beginn der Vegetationszeit anhand von Durchschnittswerten weicht von ihren berechtigten Erwartungen nicht ab. Art 1.2. EB Agrar Universal kann daher nicht als ungewöhnlich oder überraschend im Sinn des § 864a ABGB angesehen werden.

Das Berufungsgericht führte der überwiegenden Ansicht der Lehre folgend zu § 879 Abs 3 ABGB aus, dass Klauseln in Versicherungsverträgen, die das versicherte Risiko in allgemeiner Form näher ausgestalten, der Inhaltskontrolle nach dieser Bestimmung unterlägen. Dies gelte auch für Art 1.2. EB Agrar Universal: Durch die Festlegung des für den Niederschlagsmangel maßgeblichen Beobachtungszeitraums werde der Umfang des Versicherungsschutzes entscheidend beeinflusst. Erwarte sich der Versicherungsnehmer eine Deckung aller durch mangelnden Niederschlag bedingten Ertragsverluste und daher auch solcher, die trotz Erreichens oder Überschreitens des für die Vegetationszeit festgelegten Gesamtregenbedarfs einträten etwa durch eine ungleichmäßige Verteilung der Niederschlagsmengen ,so könne durch die in den Bedingungen vorgeschriebene Ermittlung von Durchschnittswerten und die Loslösung von den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall seine Deckungserwartung auch beeinträchtigt werden. Dies entspricht der Rechtsansicht der Klägerin, wonach alle Klauseln der Risikoumschreibung in Allgemeinen Vertragsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB zu unterziehen seien. Bei der einheitlichen Festlegung der Vegetationszeit und dem Eintritt der Gelbreife handle es sich nicht um die allgemeinste primäre Risikobeschreibung, „sondern um eine begrenzte Gestaltung des Risikos“.

Zur Frage, ob die in Art 1.2. EB Agrar Universal festgelegte Risikoumschreibung (primäre Risikoabgrenzung) für Ertragsverluste bei Dürre der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegt, hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Diese Bestimmung will vor allem den Missbrauch der Privatautonomie durch Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen seitens eines typischerweise überlegenen Vertragspartners, vor allem bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bekämpfen ( Krejci in Rummel , ABGB³ § 879 Rz 231).

Der Begriff der Hauptleistung ist in diesem Zusammenhang nach herrschender Meinung eng zu verstehen. Damit sind etwa die in § 885 ABGB genannten „Hauptpunkte“ gemeint, also jene Bestandteile eines Vertrags, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag (§ 869 ABGB) zustande kommt. Es sind damit aber nicht alle Vertragsbestimmungen aus dem Geltungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB ausgenommen, die die Leistung und das Entgelt betreffen. Durch die Formulierung des Relativsatzes „die nicht die beiderseitigen Hauptleistungen festlegen“ soll vielmehr ausgedrückt werden, dass mit der Ausnahme nur die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen gemeint ist, nicht aber etwa Bestimmungen, welche die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypischen Leistungen generell näher umschreiben. Die Ansicht, der Ausdruck „Hauptleistung“ sei möglichst eng zu verstehen, entspricht auch der Absicht des historischen Gesetzgebers. Nur Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, sollen der Inhaltskontrolle entzogen sein, nicht jedoch Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen (6 Ob 253/07k mwN).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einer Reihe von Entscheidungen (Nachweise bei Faber , Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen und Transparenzgebot, ÖJZ 2003/49, 789 [790 FN 14]) risikobeschreibende Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer inhaltlichen Überprüfung nach § 879 Abs 3 ABGB unterzogen.

Fenyves (KSchG und Vertragsversicherungsrecht in Krejci , Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz [1981], 537 [583 ff, insbesondere 597]; derselbe , Das Verhältnis von Auslegung, Geltungskontrolle und Inhaltskontrolle von AVB als methodisches und praktisches Problem in FS Bydlinski [2002], 121 [130 ff]) leitet aus dem Klauselkatalog des § 6 Abs 1 und 2 KSchG und aus Grundgedanken des Gewährleistungsrechts ab, dass der durch die Verkehrsanschauung objektivierte Erwartungshorizont des Verbrauchers gesetzlich geschützt sei. Klauseln, die den berechtigten Deckungserwartungen widersprächen seien sie als primäre Risikobeschreibung oder als sekundärer Risikoausschluss formuliert fielen der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB zum Opfer. Im Ergebnis umfasse der kontrollfreie Bereich nach der Auffassung von Fenyves die schlagwortartige Bezeichnung der Versicherungsart, die Prämienhöhe und die allgemeinste Beschreibung des versicherten Objekts und der versicherten Gefahr. Außerhalb des kontrollentzogenen Bereichs dienten die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers als Kontrollmaßstab für die Leistungsbeschreibung. Jabornegg (Das Risiko des Versicherers [1979], 17 ff; derselbe in VR 1987, 56 f [Glosse zu 7 Ob 25/85]), Heiss (Treu und Glauben im Versicherungsvertragsrecht [1989], 107, 113 f), Schauer (Das österreichische Versicherungsvertragsrecht³ [1995], 88) und Kiendl (Unfaire Klauseln in Verbraucherverträgen [1997], 126, 163) folgen grundsätzlich dieser Auffassung. Ähnlich vertritt Faber (Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen [2003], 59 f; dieselbe in ÖJZ 2003, 790 f) die Ansicht, dass nur die Festlegung der Versicherungsart und die Prämie der richterlichen Überprüfung entzogen seien. Klauseln, die das versicherte Risiko in allgemeiner Form näher ausgestalteten, dazu gehörten Risikoausschlüsse, seien hingegen der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB zu unterwerfen. Faber leitet diese Rechtsansicht aus der historischen Interpretation des § 879 Abs 3 ABGB, der aus den Materialien zur VersVG Novelle 1994 und weiters aus der Überlegung ab, dass bei Vertragsabschluss unter Allgemeinen Versicherungsbedingungen die typischen AGB Gefahren auch im Bereich der Leistungsbeschreibung bestünden und das freie Spiel von Angebot und Nachfrage, das der Gesetzgeber für Hauptleistungen voraussetze, in diesem Bereich strukturell nicht funktioniere. Krejci (Kundenschutz im Versicherungsrecht [1989], 105 ff) steht der Kontrollfähigkeit der Risikoumschreibung nach § 879 Abs 3 ABGB ablehnend gegenüber. Diese Bestimmung lasse die Freiheit des Versicherers bei der Umschreibung des übernommenen Risikos grundsätzlich unangetastet und diene nicht dem Streben nach möglichst sinnvoller und einsichtiger Risikogestaltung. Die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers seien nicht im Rahmen des § 879 Abs 3 ABGB, sondern nur nach § 864a ABGB zu berücksichtigen. Enttäuschtes Vertrauen auf einen billigerweise erwarteten Vertragsinhalt führe nicht dazu, dass die nicht erwarteten Vertragsklauseln den Vertrauenden gröblich benachteiligten; diese Klauseln seien vielmehr nur als ungewöhnlich im Sinn des § 864a ABGB anzusehen. Mit § 879 Abs 3 ABGB könne nur ein auffallendes Missverhältnis zwischen Risikoübernahme und Prämie bekämpft werden. Uneingeschränkt kontrollfähig seien nur die Nebenbestimmungen des Versicherungsvertrags. Fenyves (in FS Bydlinski, 149 f) relativiert den Gegensatz zwischen seiner Ansicht und der Meinung Krejcis . Eine erhebliche Unterschreitung der berechtigten Deckungserwartungen hätte wohl immer auch ein auffallendes Missverhältnis zwischen Risikoübernahme und Prämie zur Folge. Die Bedenken Krejcis seien durch die Klarstellung ausgeräumt, dass den „berechtigten Deckungserwartungen“ im Rahmen des § 864a ABGB und des § 879 Abs 3 ABGB unterschiedliche Funktionen zukämen. Für die Geltungskontrolle dienten die Erwartungen des Versicherungsnehmers als Maßstab für die Überrumpelungsgefahr, während sie im Bereich der Inhaltskontrolle die Abweichung vom intendierten Vertragszweck aufzeigen könnten.

Dazu ist Folgendes festzuhalten:

§ 879 Abs 3 ABGB geht nur von einem sehr engen Begriff der „Hauptleistung“ aus. Für Versicherungsverträge muss es zweifelsfrei einen Kernbereich der Leistungsbeschreibung geben, der kontrollfrei ist. Kontrollfrei in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist jedenfalls die Festlegung der Versicherungsart und die Prämienhöhe ( Faber , Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen, 60; dieselbe in ÖJZ 2003, 791; vgl Heiss aaO 113 f; Fenyves in FS Bydlinski 131). Im Übrigen ist die Leistungsbeschreibung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen aber der Inhaltskontrolle zugänglich, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich um die Stufe der primären Umschreibung der versicherten Gefahr oder um Risikoausschlüsse handelt. Kontrollmaßstab für die Leistungsbeschreibung außerhalb des Kernbereichs sind die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers. „Gröbliche Benachteiligung“ im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Vertragszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt wird, sondern bereits dann, wenn die zu prüfende Klausel eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard bringt, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann ( Fenyves in Krejci , 597 f; derselbe in FS Bydlinski, 132). Der Zweck des KSchG und des damit ins ABGB eingefügten § 879 Abs 3, der typischen Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit des Kunden durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen besonders hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung von Verträgen entgegenzuwirken (vgl ErläutRV zum KSchG 744 BlgNR 14. GP 12), kommt bei Versicherungsverträgen auch bei der Umschreibung des versicherten Risikos voll zum Tragen ( Faber , Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen, 59 f; dieselbe in ÖJZ 2003, 791). Dass auch der Gesetzgeber von diesem Verständnis ausgeht, ergibt sich aus den Materialien zur VersVG Novelle 1994. Die ErläutRV (1553 BlgNR 18. GP 30) gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass der Deckungsumfang einer Versicherung an § 879 Abs 3 ABGB zu messen ist. So wird zum damals neu eingeführten § 178b VersVG ausgeführt, die Definition von Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes in dieser Bestimmung sei zwar dispositiv, stelle aber das gesetzliche Leitbild der beschriebenen Zweige der Krankenversicherung dar und könne daher Maßstab für die gerichtliche Prüfung Allgemeiner Krankenversicherungs bedingungen nach den §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB sein (so schon Faber aaO; Schauer in Fenyves/Kronsteiner/Schauer , Kommentar zu den Novellen zum VersVG [1998], § 178b Rz 21).

Aus den dargelegten Grundsätzen ergibt sich wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausging , dass die konkrete Umschreibung des Risikos der Dürre in Art 1.2. EB Agrar Universal und die darin zur Abgrenzung festgelegten Messgrößen der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. Durch die Festlegung des für den Niederschlagsmangel maßgeblichen Beobachtungszeitraums wird der konkrete Umfang des versicherten Risikos „Dürre“ beschrieben, der an der berechtigten Deckungserwartung des Versicherungsnehmers zu messen ist.

Die Klägerin räumt ein, dass das VersVG die Versicherung gegen das Risiko der Dürre nicht regelt und damit kein gesetzlich normierter Mindestinhalt einer derartigen Elementarschadensversicherung und keine dispositive Norm besteht, an der sich die Klausel als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs orientieren kann. Sie bezweifelt aber, dass die Anknüpfung der Ermittlung des Niederschlagsmangels und des Gelbreifezeitpunkts an regionale und damit durchschnittliche Verhältnisse sachlich gerechtfertigt sei. Dadurch werde der Vertragszweck das Risiko von Ertragsausfällen auf Grund tatsächlicher, unterschiedlicher Abläufe wie ungleichmäßig verteilter Niederschlagsmengen innerhalb der tatsächlichen Vegetationszeit abzudecken vereitelt. Dieser Zweck werde durch die starre und einseitige Festlegung von Vegetationszeiten, unabhängig von tatsächlich unterschiedlichen Reifeprozessen und Vegetationsperioden verhindert.

Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, ist die Ermittlung des Niederschlagsmangels und des Gelbreifezeitpunkts losgelöst von den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherungsnehmers, anknüpfend an regionale und damit durchschnittliche Verhältnisse und die auf die gesamte Vegetationszeit bezogene Gegenüberstellung eines auf Grund von Erfahrungswerten ermittelten standardisierten Regenbedarfs mit den tatsächlichen Niederschlagsmengen in dieser Periode sachlich gerechtfertigt. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird von einer Dürre nicht bei kurzfristig ungleich verteiltem Niederschlag gesprochen, sondern es ist ein längerer Zeitraum eines Wassermangels oder fehlenden Niederschlags erforderlich. Der Vertragszweck von Art 1.2. EB Agrar Universal, Ertragsverluste, die durch mangelnden Niederschlag in der entsprechenden Vegetationszeit entstehen, abzudecken, wird durch die von der Beklagten angewandten Verfahren zur Feststellung, ob der Versicherungsfall der Dürre eingetreten ist (PTU Modell zur Feststellung der Gelbreife, Zugrundelegung der Daten aus dem Hydrologischen Atlas Österreichs zur Festlegung des Regenbedarfs und Verwendung der Daten der ZAMG zur Ermittlung des gefallenen Niederschlags), nicht vereitelt, sondern entspricht sachlichen Kriterien. Die Ermittlung des Gelbreifezeitpunkts erfolgt entgegen der Behauptung der Klägerin auch nicht „starr“, sondern unter Heranziehung eines wissenschaftlich anerkannten Verfahrens. Um das versicherte Risiko „Dürre“ beschreibbar und kalkulierbar zu machen, ist es sachgerecht, auf einen regional einheitlichen, auf Durchschnittswerten basierenden Beobachtungszeitraum abzustellen. Die individuelle Festlegung der Vegetationszeit je Versicherungsnehmer wie sie die Klägerin anstrebt wäre nicht nur mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden, der sich auf die Prämienhöhe auswirkt. Es könnte das Abstellen auf den tatsächlichen Eintritt der Gelbreife wie das Berufungsgericht weiters zutreffend aufzeigte auch durch die Einflussnahme des Versicherungsnehmers (zum Beispiel durch die Wahl des Zeitpunkts der Aussaat) beeinflusst werden. Eine gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt aus den genannten Gründen daher nicht vor.

Dass Art 1.2. EB Agrar Universal, wonach die Gelbreife und das Ende der Vegetationszeit einseitig vom Versicherer festgelegt wird, gemäß § 879 Abs 1 ABGB gegen die guten Sitten, also gegen den Inbegriff jener Rechtsnormen, die im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, die sich aber aus der richtigen Betrachtung der rechtlichen Interessen ergeben (7 Ob 12/94 mwN), verstoßen soll, ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ersichtlich.

Der außerordentlichen Revision der Klägerin im Klagsverfahren ist daher ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision der Klägerin im Widerklagsverfahren:

Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts im Widerklagsverfahren nicht zulässig.

Gegenstand des Widerklagsverfahrens sind insbesondere die ausständigen Versicherungsprämien. Nach den Feststellungen hat die Klägerin der Beklagten die vertraglich vereinbarten Versicherungsprämien für das Jahr 2009 noch nicht bezahlt. Da die fälligen Versicherungsprämien von der Klägerin zu zahlen sind, gaben die Vorinstanzen dem Widerklagebegehren statt.

Zur Höhe des Widerklagsbegehrens bringt die Klägerin nichts vor. Da ihr keine Versicherungsleistung aus dem behaupteten Schadensfall „Dürre“ zusteht, fehlt für die von der Klägerin einzig geltend gemachte Aufrechnung die Rechtsgrundlage.

Im Widerklagsverfahren ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten, sodass die Revision als unzulässig zurückzuweisen ist.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat im Widerklagsverfahren auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Klägerin hingewiesen.