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OGH vom 21.02.2018, 3Ob176/17d

OGH vom 21.02.2018, 3Ob176/17d

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch die Stapf Neuhauser Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei Mag. M*****, vertreten durch Dr. Georg Haunschmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen 114.010,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 76/17b-163, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin zeigt in ihrer außerordentlichenRevision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb diese als unzulässig zurückzuweisen ist. Das ist wie folgt zu begründen (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Zum Stromkabel:

1.1. Ein konstitutives Anerkenntnis setzt die Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (RISJustiz RS0032496 [T1], RS0032779 [T4], RS0032541 [T2]). Wenn die Vorinstanzen angesichts des Vorbringens der Klägerin, die Forderung „auch auf Anerkenntnis des Beklagten“ zu stützen (ON 47 S 6), übereinstimmend das Vorliegen eines – somit ohnehin nicht ausreichend behaupteten – konstitutiven Anerkenntnisses verneinten, liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung. Auf den Inhalt der Beilage ./F kommt es daher nicht an. Ein deklaratives Anerkenntnis ist aber nur die Bestätigung oder Bekräftigung eines vom Schuldner angenommenen Rechtsverhältnisses, das keinen neuen Verpflichtungsgrund schafft (RISJustiz RS0111900), und eine andere Beurteilung des Gerichts nicht ausschließt.

1.2. Der Beklagte brachte vor, auf die Trafostation, zu der die hier strittige Stromleitung führt, weise von außen nichts hin; diese habe sich in einem versperrten, nicht frei zugänglichen Bereich der dem Beklagten verbliebenen Liegenschaft befunden und sei von der Klägerin im Zuge der Verkaufsgespräche nicht besichtigt worden (ON 33 S 6). Dieses Vorbringen blieb ohne konkrete Bestreitung der Klägerin, die ihre Replik sogar darauf aufbaute (ON 38 S 6). Die vom Beklagten schon in erster Instanz dazu behaupteten Tatsachen sind daher als unstrittig anzusehen (RISJustiz RS0039927 [T3]).

Unter diesen Umständen ist aber die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Liegenschaft gemäß § 1500 ABGB gutgläubig frei von der Last einer im Zusammenhang mit der Stromleitung stehenden, nicht verbücherten Servitut erworben (weshalb der Beklagte seine Verpflichtung, lastenfreies Eigentum zu verschaffen, nicht verletzt habe), schon wegen Fehlens jedes Umstands, der bei gehöriger Aufmerksamkeit den wahren, vom Grundbuch abweichenden Sachverhalt erkennen ließe (RISJustiz RS0011676), keineswegs unvertretbar.

Der Verweis der Revision auf eine angeblich notorische Kennzeichnung der Trafostation weicht vom in erster Instanz unstrittigen Sachverhalt ab und stellt deshalb eine unzulässige und unbeachtliche Neuerung dar.

1.3. Die Klägerin hat ihren Rechtsstandpunkt, sie habe kein lastenfreies Eigentum erworben, ungeachtet der Bestreitung durch den Beklagten vor dem Erstgericht strikt aufrecht erhalten und sich in erster Instanz auch nicht eventualiter darauf berufen, sie habe lastenfrei erworben und diesen Standpunkt gegenüber dem Stromversorger vertreten, dieser habe ihn jedoch abgelehnt. Derartiges ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen und ist der in der Revision – ohnehin unzulässig – verwerteten Zeugenaussage ebensowenig zu entnehmen. Es kann daher – entgegen der Ansicht der Revision – nicht zugrunde gelegt werden, die Klägerin wäre ohne Verlegung des Stromkabels auf ihre Kosten zur Klageführung gegen den Stromversorger gezwungen gewesen. Da sie auch nicht behauptete, die Zusicherung der Lastenfreiheit in der Absicht ausbedungen zu haben, Rechtsunsicherheiten, Verzögerungen und Mehrkosten wegen der Behauptung Servitutsrechte zu vermeiden, verstößt auch die Revision zu dieser Thematik gegen das Neuerungsverbot.

1.4. Dem (erstmals in der Revision vorgetragenen) Hinweis auf die Möglichkeit einer Enteignung in Form der Begründung einer Zwangsservitut fehlen die Tatsachenbehauptungen zu den in § 10 Abs 1 Wiener Starkstromwegegesetz 1969 normierten tatsächlichen Voraussetzungen, weshalb sich eine weitere Auseinandersetzung damit erübrigt. Abgesehen davon übersieht die Klägerin den Grund für die notwendige Verlegung der Stromleitung auf öffentliches Gut, der darin lag, dass „kein Grundstück über ein anderes vom öffentlichen Gut mit Strom versorgt werden darf“ (Ersturteil S 17). Davon ausgehend erscheint die Bestellung einer Dienstbarkeit am von der Klägerin erworbenen Grundstück aber von vornherein ausgeschlossen. Der Umstand, dass die vom Stromkabel versorgte Trafostation hier (anders als nach dem der Entscheidung 1 Ob 129/16a zugrunde liegenden Sachverhalt) auf der von der Klägerin erworbenen Liegenschaft situiert war, ist daher relevant.

2. Zum Telekom-Kabel:

2.1. Das Erstgericht wies im Rahmen seiner Erörterung des Prozessvorbringens nur darauf hin, dass es angesichts der Zusage der Lastenfreiheit auf die einer Servitut gar nicht ankomme (RISJustiz RS0018508 [T1 und T 3]). Gegenteiliges ist den beanstandeten Ausführungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen.

2.2. Das Berufungsgericht machte der Klägerin nicht den isolierten Vorwurf, sie habe (bloß) die Existenz einer offenkundigen Servitut nicht behauptet, sondern bemängelte (auch) das Fehlen schlüssiger Behauptungen zur Ersatzpflicht des Beklagten. Das stellt mit Rücksicht auf das sehr knappe Vorbringen der Klägerin zu dieser Klageforderung (ON 9 S 4 und ON 38 S 6) keine unvertretbare Auslegung des Prozessvorbringens im Einzelfall dar. Ebensowenig aktenwidrig ist das Argument der zweiten Instanz, der Beklagte habe darauf schon vor dem Erstgericht ausdrücklich hingewiesen (ON 10 S 7). Der erhobene Vorwurf einer überraschenden Rechtsansicht der zweiten Instanz trifft daher nicht zu (RISJustiz RS0122365).

3. Zum Fundamentriegel:

Der Vortrag in der Revision, die Klägerin habe in ihrem Schriftsatz ON 103 (S 7) behauptet, der Beklagte habe jeden Zutritt zu seiner Liegenschaft verweigert, entspricht nicht dem Inhalt dieses Schriftsatzes. Die auf diesem unzutreffenden Vorwurf aufbauende Argumentation der Revision ist daher nicht weiter zu behandeln.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00176.17D.0221.000

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Fundstelle(n):
XAAAD-45953