OGH vom 30.09.2013, 6Ob116/13x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers M***** W*****, vertreten durch Ehrlich Rogner Schlögl Rechtsanwalts Partnerschaft in Wien, gegen den Antragsgegner R***** W*****, vertreten durch Putz Haas Riehs Hilbert Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 511/12y 24, mit dem der Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , GZ 13 FAM 123/11v 20, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird im Umfang der Zurückweisung des Rekurses gegen die Höhe des zu zahlenden Unterhaltsrückstandsbetrags sowie im Kostenpunkt aufgehoben und dem Rekursgericht insoweit die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist der eheliche Sohn des Antragsgegners. Mit gerichtlichem Unterhaltsvergleich vom verpflichtete sich der Vater, seinem Sohn monatlich 250 EUR an Unterhalt zu zahlen.
Am beantragte der volljährige Antragsteller, seinen Vater zu folgenden Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten:
für Dezember 2008 702 EUR;
im Jahr 2009 monatlich 594 EUR;
im Jahr 2010 monatlich 572 EUR;
für Jänner, Februar und März 2011 monatlich
392 EUR.
Der Vater sprach sich gegen die begehrte Unterhaltserhöhung aus. Er zahle monatlich 350 EUR Unterhalt und 90 EUR auf ein Sparbuch für seinen Sohn. Die Sparbucheinlagen seien zur späteren Verwendung gedacht. Dies sei auch mit der Mutter abgesprochen worden. Er beantragte, seine monatliche Unterhaltsverpflichtung auf 207 EUR seit und auf 239 EUR ab herabzusetzen.
Der Antragsteller stimmte dem Herabsetzungsantrag zu.
In Abänderung des Unterhaltsvergleichs erhöhte das Erstgericht die monatliche Unterhaltspflicht des Vaters für Dezember 2008 auf 702 EUR, im Jahr 2009 auf 594 EUR, im Jahr 2010 auf 572 EUR, für Jänner, Februar und März 2011 auf 392 EUR, und setzte sie für die Monate April 2011 bis Dezember 2011 auf 207 EUR und ab bis auf weiteres auf 239 EUR herab. Dazu sprach es aus, dass der Unterhaltsrückstand für den Zeitraum von Dezember 2008 bis einschließlich September 2012 in Höhe von 8.870 EUR abzüglich der bisher geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 7.980 EUR in vier monatlichen Raten zu je 222,50 EUR jeweils am Ersten eines jeden Monats zu entrichten ist, wobei die erste Rate am fällig sei und künftig fällig werdende Beträge jeweils am Ersten eines jeden Monats zu entrichten seien. Es stellte unter anderem fest, dass der Vater bis einschließlich Mai 2012 monatlich 350 EUR Unterhalt gezahlt und zusätzlich nach Rücksprache mit der Kindesmutter monatlich 90 EUR auf ein Sparbuch für den Antragsteller eingelegt hat.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Antragstellers zurück. Soweit der Rekurswerber die Höhe der monatlichen Alimentationsbeträge bekämpfe, fehle ihm die Beschwer, weil die für den Zeitraum von Dezember 2008 bis März 2011 festgesetzten Beträge dem erstinstanzlichen Antrag des Antragstellers entsprächen. Für den Zeitraum ab April 2011 beruhten die festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeträge auf dem Einverständnis der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren. Soweit der Rekurs den im Leistungsbefehl ausgewiesenen, vom gesamten Rückstandsbetrag zu subtrahierenden Betrag von 7.980 EUR bekämpfe, fehle ebenso die Beschwer, weil der Rekurs seit Dezember 2008 vom Antragsgegner geleistete Zahlungen in einem höheren Betrag als im Spruch ausgewiesen zugestehe (14.650 EUR), was für den Antragsteller nicht günstiger wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der nachträglich zugelassene (§ 63 Abs 3 AußStrG) Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch teilweise berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht das Rechtsmittel in Ansehung der festgesetzten Unterhaltsbeträge mangels Beschwer zurückgewiesen. Einerseits wurde der Unterhalt entsprechend dem Antrag des Rechtsmittelwerbers festgesetzt, andererseits stimmte er der vom Vater begehrten Unterhaltsherabsetzung zu. Das Erstgericht war an den Antrag des Antragstellers gebunden (§ 36 Abs 4 AußStrG). Die vom Revisionsrekurswerber dem Erstgericht vorgeworfene unrichtige Anleitung und (Rechts )Belehrung bewirkt keinen Verfahrensmangel; einen derartigen Mangel könnte nur eine unterlassene oder unvollständige Belehrung oder Anleitung begründen (RIS Justiz RS0007245).
Da die Neuerungserlaubnis des § 49 AußStrG nur Tatsachen und Beweismittel erfasst, dürfen im Rechtsmittel keine neuen Sachanträge gestellt werden (6 Ob 1/11g; RIS Justiz RS0006891 [T4]). Das erstmals im Rekurs erhobene Verzugszinsenbegehren wurde deshalb zu Recht zurückgewiesen.
Berechtigt rügt aber der Revisonsrekurswerber die Zurückweisung des Rekurses, soweit er den zu zahlenden rückständigen Unterhaltsbetrag bekämpfte.
Das Rekursgericht hat offenbar nicht erfasst, dass der vom Erstgericht errechnete Betrag von 7.980 EUR die Differenz der vom Vater vom Dezember 2008 bis einschließlich Mai 2012 geleisteten Zahlungen (440 EUR x 42 = 18.480 EUR) minus der in diesem Betrag enthaltenen Zahlungen gemäß dem Unterhaltsvergleich aus 2005 in Höhe von insgesamt 10.500 EUR (250 EUR x 42) ist. Nach den Ausführungen im Rekurs wurden aber nicht 18.480 EUR, sondern nur 14.650 EUR (für Dezember 2008 behauptete der Antragsteller erstmals im Rekurs eine Unterhaltszahlung des Vaters von nur 300 EUR) an Unterhalt gezahlt, steht er doch auf dem Standpunkt, dass die Einzahlungen auf das Sparbuch keine Zahlungen auf den geschuldeten Unterhalt seien. Der im Beschluss des Erstgerichts genannte Betrag des Unterhaltsrückstands entspricht der Summe der zuerkannten Erhöhungsbeträge für den Zeitraum Dezember 2008 bis März 2011.
Hat das Rekursgericht zu Unrecht einen Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann kann der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf § 3 JN nicht in der Sache selbst entscheiden, es sei denn, dass die formelle Zurückweisung und die sachliche Abweisung inhaltlich übereinstimmen oder wenn das Rekursgericht trotz formeller Ablehnung einer Entscheidung in den Gründen die Sache meritorisch behandelt hat (2 Ob 189/11z mwN; RIS Justiz RS0007037 [T10]). Da diese Ausnahmen hier nicht vorliegen, war wie aus dem Spruch ersichtlich vorzugehen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG.