OGH vom 18.10.2012, 4Ob158/12g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Apothekerkammer, *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. K***** S*****, Apothekerin, *****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 40.000 EUR), über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 287/11z 9, mit welchem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 30 Cg 91/11a 5, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert , dass der Antrag der klagenden Partei, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr als öffentliche Apotheke mit Betriebsstätte in ***** Wien entgegen den einschlägigen arznei- und/oder apothekenrechtlichen Vorschriften Alten- und Pflegeheime in Linz und/oder Bewohner solcher Alten- und Pflegeheime in Linz regelmäßig mit Arzneimitteln, einschließlich neu verblisterter Arzneimittel, zu versorgen, insbesondere die Seniorenzentren der S***** GmbH und deren Heimbewohner entgegen §§ 10a, 11 Abs 2 ABO 2005 und/oder in Verbindung mit einer Übertretung der Berufsordnung der Apotheker regelmäßig mit (auch neuverblisterten) Arzneimitteln von Wien aus zu versorgen, zur Gänze abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 7.930,72 EUR bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen (darin 2.593 EUR Barauslagen, 889,62 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist aufgrund des Apotherkammergesetzes zur Vertretung der Apothekerschaft, zur Wahrung und Förderung der Interessen und Belange der Mitglieder einschließlich der Regelung der Berufsausübung und Überwachung der Standespflichten und zur Mitwirkung am Schutz der Gesundheit der Bevölkerung berufen.
Die Beklagte betreibt eine öffentliche Apotheke in Wien. Seit Oktober 2010 versorgt sie den Großteil der Bewohner von neun Seniorenheimen in Linz mit Verbandstoffen und Arzneimitteln, die sie teilweise individuell neu „verblistert“. Darunter wird das maschinelle Zusammenstellen und Neuverpacken der vom jeweiligen Patienten zu bestimmten Tageszeiten einzunehmenden Arzneimitteln verstanden. Die Mitarbeiter der Heime ersparen sich dadurch das individuelle Befüllen von Dispensern für die einzelnen Bewohner. Die Bewohner erklärten sich teilweise vertreten durch ihre Sachwalter mit dieser Vorgangsweise einverstanden. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, ob die Beklagte die Arzneimittel zustellt oder ob diese wie von der Beklagten behauptet von einem vom Heimbetreiber beauftragten Unternehmen in Wien abgeholt werden.
Einmal in der Woche steht eine bei der Beklagten beschäftigte Apothekerin in den Heimen für eine pharmazeutische Beratung zur Verfügung; für telefonische Anfragen hat die Beklagte einen Telefondienst eingerichtet. Die Lieferung erfolgt mehrmals in der Woche. In dringenden Fällen besorgen Pflegeheime Arzneimittel in Linzer Apotheken, weil eine kurzfristige, nämlich in weniger als 48 Stunden erfolgende Versorgung durch die Beklagte nicht möglich ist.
Zur Sicherung ihres mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin , der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr als öffentliche Apotheke mit Betriebsstätte in ***** Wien entgegen den einschlägigen arznei- und/oder apothekenrechtlichen Vorschriften Alten- und Pflegeheime in Linz und/oder Bewohner solcher Alten- und Pflegeheime in Linz regelmäßig mit Arzneimitteln, einschließlich neu verblisterter Arzneimittel, zu versorgen, insbesondere die Seniorenzentren der S***** GmbH und deren Heimbewohner entgegen §§ 10a, 11 Abs 2 ABO 2005 und/oder in Verbindung mit einer Übertretung der Berufsordnung der Apotheker regelmäßig mit (auch neuverblisterten) Arzneimitteln von Wien aus zu versorgen.
Die Belieferung von Heimen in Linz durch eine Wiener Apotheke verstoße gegen das in zahlreichen apothekenrechtlichen Vorschriften festgelegte Prinzip der Versorgung durch räumlich nahe gelegene Apotheken. Insbesondere widerspreche die Distanzversorgung dem § 11 Abs 2 ABO 2005 (Verpflichtung zur unverzüglichen Stellung dringend benötigter Arzneimittel aufgrund von Verschreibungen für immobile Bewohner eines Alten oder Pflegeheimes) und dem § 10a ABO 2005 (Verpflichtung zur Sicherstellung der kontinuierlichen persönlichen pharmazeutischen Information und Beratung der immobilen Bewohner eines Alten- oder Pflegeheimes). Die Heime würden von der Beklagten nur zweimal pro Woche beliefert. Aufgrund der Entfernung entstünden zwangsläufig lange Lieferzeiten, was zu einer Verschlechterung der Versorgung führe. Dies habe bereits zu Beschwerden und Versorgungsengpässen geführt, deren Vermeidung die apotheken- und arzneimittelrechtlichen Bestimmungen dienten. Die Heimbewohner und ihre Angehörigen seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die Bewohner (bzw ihre Sachwalter) hätten zugestimmt, weil ihnen vermittelt worden sei, dass sie sich ansonsten selbst um die Medikamentenversorgung kümmern müssten. Neben den Verstößen gegen § 10a und § 11 Abs 2 ABO 2005 widerspreche die systematische Distanzbelieferung auch § 4 Abs 2 der Berufsordnung (Möglichkeit der individuellen Beratung bei jeder Arzneimittelabgabe) und § 11 Abs 1 ABO, wonach Arzneimittel von Apothekern abgesehen von apothekeneigenen Zustelleinrichtungen nach § 8a Apothekengesetz und begründeten Einzelfällen nur in der Offizin (dh in der Apotheke) abgegeben werden dürften. Die von der Beklagten behauptete „formale“ Bereitstellung der Arzneimittel in der Offizin zur Abholung durch Beauftragte des Heimbetreibers ändere nichts am lauterkeitsrechtlichen Verstoß, weil ein solcher auch bei Praktiken vorliege, die zwar formal keinen Sondertatbestand erfüllten, aber dieselbe verpönte Wirkung hätten. Die rechtliche Konstruktion einer „Holschuld“ immobiler Heimbewohner widerspreche den Patienteninteressen, den tragenden Grundsätzen der Nahversorgung und der Zielrichtung der ABO 2005. Durch das vom Heimbetreiber und der Beklagten gewählte Exklusivmodell werde auch das Recht der Heimbewohner auf freie Wahl ihrer Apotheke, das nach § 21 der Berufsordnung auch vom Apotheker zu beachten sei, unterlaufen. Schließlich führe die Beklagte die Neuverblisterungen ohne eine Arzneimittelherstellerbewilligung nach § 63 AMG durch und verstoße gegen das Versandhandelsverbot nach § 59 Abs 9 AMG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Aus der Verpflichtung der Apotheken zur Nahversorgung könne kein Verbot der Distanzversorgung abgeleitet werden. Ein solches Verbot stünde mit dem Recht des Patienten auf freie Apothekenwahl im Widerspruch. Eine unzulässige Zustellung liege nicht vor, weil die Arzneimittel durch ein vom Heimbetreiber beauftragtes Unternehmen in der Apotheke abgeholt würden. Den Informations- und Beratungspflichten nach § 10a ABO komme die Beklagte nach, indem sie zumindest einmal wöchentlich in den Heimen zu vorher bekanntgegebenen Terminen zur Verfügung stehe und eine telefonische Hotline eingerichtet habe, über die während der Öffnungs- und Bereitschaftszeiten ständig zwei Apotheker aus ihrem Personalstand erreichbar seien. Aufgrund der Verpflichtung nach § 11 Abs 2 ABO würden die Arzneimittel in der Offizin sofort „gestellt“. Sollte es auf den Transportweg ankommen, genüge eine Versorgung binnen 48 Stunden, die jedenfalls gewährleistet sei. In Notfällen würden Heimbewohner ohnehin in ein Krankenhaus gebracht, wo die weitere medizinisch-pharmazeutische Versorgung erfolge. Den Heimen sei es auch nicht untersagt, in dringenden Fällen Apotheken im Nahebereich aufzusuchen. Selbst wenn aber die von der Klägerin behaupteten Rechtsverstöße objektiv vorlägen, wäre damit kein sittenwidriges Verhalten begründet. Die Beklagte habe ihr innovatives System mit ihren Rechtsvertretern entwickelt. Ihre Auslegung der von der Klägerin angezogenen Bestimmungen sei zumindest mit gutem Grund vertretbar.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe nicht bescheinigt, dass sie die Medikamente nur in der Offizin bereitstelle, sodass ein Verstoß gegen § 11 Abs 1 ABO 2005 vorliege. Außerdem sei die Beklagte entgegen § 11 Abs 2 ABO 2005 nicht in der Lage, dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung kurzfristig zu stellen. Ein Zeitraum von 48 Stunden reiche nicht aus.
Das Rekursgericht untersagte der Beklagten,
als öffentliche Apotheke mit Betriebsstätte in ***** Wien entgegen der Vorschrift des § 11 Abs 2 ABO immobile Bewohner von Alten- und Pflegeheimen in Linz, insbesondere die immobilen Bewohner der Seniorenzentren der S***** GmbH, regelmäßig mit (auch neuverblisterten) Arzneimitteln von Wien aus zu versorgen, ohne sicherzustellen, dass diese immobilen Heimbewohner auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeit ihrer Apotheke in dringenden Fällen auch mit kurzfristig benötigten Arzneimitteln versorgt werden.
Das Mehrbegehren wies es ab. Es sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision wegen des Fehlens von Rechtsprechung und Lehre zu § 10a und § 11 ABO 2005 zulässig sei.
Die Klägerin habe in ihrem Begehren nur Verstöße gegen § 10a und § 11 Abs 2 ABO 2005 und/oder in Verbindung mit einer Übertretung der Berufsordnung der Apotheker genannt, weiters erfasse das Begehren auch Verstöße gegen das Versandhandelsverbot nach § 59 Abs 9 AMG und das Auslieferungsverbot nach § 11 Abs 1 ABO 2005. Die im Klagevorbringen darüber hinaus genannten Verstöße gegen Bewilligungs- und Anzeigepflichten hätten demgegenüber mit dem beantragten Verbot der Distanzbelieferung nichts zu tun. Sie seien daher nicht weiter zu prüfen. Weiters habe die Klägerin im Begehren nicht zwischen mobilen und immobilen Heimbewohnern unterschieden, obwohl sie sich auf die nur auf immobile Bewohner anwendbaren § 10a und § 11 Abs 2 ABO 2005 gestützt habe. Zudem habe sie kein Bescheinigungsmittel dafür angeboten, dass die Lieferung auch mobile Heimbewohner erfasst hätte. Eine Belieferung mobiler Bewohner könne daher nicht verboten werden.
Für die Beurteilung nach § 1 UWG sei zu prüfen, ob die Beklagte subjektiv vorwerfbar gehandelt habe. Das sei beim behaupteten Verstoß gegen das Versandhandelsverbot (§ 59 Abs 9 AMG) nicht der Fall, weil kein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis vorliege. Nach § 11 Abs 1 ABO dürften Arzneimittel nur in der Offizin abgegeben werden; eine Zustellung sei nur nach § 8a Apothekengesetz dh bei dringend benötigten Arzneimittel in einem räumlich eng begrenzten Gebiet oder in „begründeten Einzelfällen“ zulässig. Eine regelmäßige Zustellung durch Apotheken sei daher ausgeschlossen. Vielmehr müssten die Arzneimittel in einer Apotheke abgeholt werden, wobei unerheblich sei, ob diese im räumlichen Nahebereich liege oder nicht. Diese Abholung werde im Regelfall vom Heimbetreiber organisiert werden müssen. Das Geschäftsmodell der Beklagten sei daher keine Umgehung des Zustellverbots. Die Negativfeststellung zur Frage, wer die Lieferung organisiere, gehe zu Lasten der insofern beweispflichtigen Klägerin. Auch die Beratungspflicht nach § 10a ABO habe die Beklagte erfüllt. Verstoßen habe sie aber gegen § 11 Abs 2 ABO, wonach eine Pflegeheime versorgende Apotheke sicherzustellen habe, dass dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeit der Apotheke kurzfristig gestellt werden könnten. Dabei reiche es nicht aus, Arzneimittel kurzfristig in der Offizin bereitzustellen, wozu ein Apotheker ohnehin schon nach § 4 ABO 2005 verpflichtet sei. Vielmehr habe der Verordnungsgeber offenkundig für dringende Fälle eine kurzfristige Versorgung der Heimbewohner sicherstellen wollen. Dafür sei es notwendig, dass die vom Apotheker gestellten Arzneimittel die Heimbewohner kurzfristig erreichen könnten. Der von der Beklagten angegebene Zeitraum von 48 Stunden reiche dafür nicht aus. Die Annahme einer Zustellpflicht sei dabei nicht erforderlich, weil auch die Möglichkeit einer kurzfristigen Abholung ausreiche, die bei einer 160 bis 180 km entfernten Apotheke jedenfalls ausgeschlossen sei. Das Recht auf freie Apothekenwahl werde dadurch nicht unzulässig beschränkt, weil im Raum Linz zahlreiche Apotheken zur Verfügung stünden, die eine kurzfristige Versorgung immobiler Heimbewohner gewährleisteten. Zudem könne auch eine weiter entfernte Apotheke die Anforderungen des § 11 Abs 2 ABO erfüllen, indem sie mit einer lokalen Apotheke zusammenarbeite. Da § 11 Abs 2 ABO 2005 nicht nur dem individuellen Patientenschutz, sondern auch öffentlichen Interessen diene, könne sich die Beklagte nicht auf Einverständniserklärungen der Heimbewohner berufen. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten sei unvertretbar.
Gegen diese Entscheidung richten sich Revisionsrekurse beider Parteien . Die Klägerin strebt die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung des Sicherungsantrags an. In den Rechtsmittelbeantwortungen beantragen sie, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind zulässig , nur jener der Beklagten ist aber berechtigt . Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs sind die Rechtsmittel gemeinsam zu behandeln.
1. Ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm ist als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen (4 Ob 225/07d = ÖBl 2008, 237 [ Mildner ] Wiener Stadtrundfahrten; RIS Justiz RS0123239). Maßgebend für die Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung sind der eindeutige Wortlaut und Zweck der angeblich übertretenen Norm sowie gegebenenfalls die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und eine beständige Praxis von Verwaltungsbehörden (4 Ob 225/07b Wiener Stadtrundfahrten; zuletzt etwa 4 Ob 40/09z = ÖBl-LS 2009/239 [ Mildner ] = ecolex 2009, 881 [ Tonninger ] Lademulden; 4 Ob 67/11y = wbl 2012, 169 [ Schuhmacher ] Einzige Anbieterin für Konsumentenschutz II mwN).
2. Auf dieser Grundlage ist der abweisende Teil der Entscheidung unbedenklich.
2.1. Das Berufungsgericht zeigt zutreffend auf, dass die laufende Versorgung immobiler Bewohner von Alten- und Pflegeheimen nur durch ein Abholsystem gewährleistet werden kann.
(a) Arzneimittel dürfen nach § 11 Abs 1 Apothekenbetriebsordnung 2005 (ABO 2005) nur in der Offizin abgegeben werden; eine Zustellung ist nur im Rahmen apothekeneigener Zustelleinrichtungen iSv § 8a Apothekengesetz (ApG) oder in „begründeten Einzelfällen“ zulässig. Nach § 8a ApG dürfen dringend benötigte Arzneimittel „innerhalb des in § 10 Abs 3 und 4 genannten Umkreises“ an Patienten durch apothekeneigene Zustelleinrichtungen zugestellt werden. Der Verweis auf den Umkreis iSv § 10 Abs 3 ApG geht seit der Aufhebung dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof (G 13/05, G 37/05, G 46/05) und deren Neufassung durch das BG BGBl I 41/2006 ins Leere. § 10 Abs 4 ApG nennt einen für die Erteilung weiterer Konzessionen maßgebenden Bereich einen „Umkreis von vier Straßenkilometern von der Apotheke“.
(b) Zustellungen durch die Apotheke sind daher nur bei „dringend benötigten“ Arzneimitteln im Umkreis von vier Straßenkilometern um die Apotheke (§ 11 Abs 1, 1. Alternative, ABO 2005 iVm § 8a ApG) und in „begründeten Einzelfällen“ (§ 11 Abs 1, 2. Alternative, ABO 2005) zulässig (vgl zu § 8a ApG zuletzt VwGH 2009/10/0120). Eine generelle Belieferung von Pflegeheimen ist damit nicht vereinbar. Denn der im Allgemeinen vorhersehbare Arzneimittelbedarf von Heimbewohnern ermöglicht eine vorausschauende Beschaffung, sodass insofern im Regelfall kein „dringender“ Bedarf bestehen wird; bloße „Einzelfälle“ lägen bei einer systematischen Belieferung nicht vor. Daraus folgt, dass Pflegeheimbewohner ebenso wie alle anderen Apothekenkunden die von ihnen regelmäßig benötigten Arzneimittel in einer von ihnen frei wählbaren (§ 350 Abs 4 ASVG) Apotheke abholen müssen. Wollen oder können sie das nicht, müssen sie eine Abholung durch Dritte organisieren. Die Auffassung, dass das auch durch einen Pflegeheimbetreiber oder ein von diesem beauftragtes Unternehmen erfolgen kann, ist jedenfalls vertretbar.
(c) Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut von § 11 Abs 2 ABO 2005:
„Die Apotheke, in der auf Grund von Verschreibungen für immobile Bewohner eines Alten- oder Pflegeheimes oder einer sonstigen Betreuungseinrichtung Arzneimittel, insbesondere auch neuverblisterte Arzneimittel, abgegeben werden, hat sicherzustellen, dass dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeit der Apotheke kurzfristig gestellt werden können.“
Diese Regelung geht nicht von einer regelmäßigen Zustellung, sondern von einer Abgabe der Arzneimittel „in der“ Apotheke aus. Das setzt eine Abholung voraus, die bei „immobilen“ Personen im Regelfall außer bei Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte nur durch den Heimbetreiber oder in dessen Auftrag erfolgen kann. Dass die Abholung nur in der am nächsten oder zumindest einer nahe gelegenen Apotheke erfolgen dürfte, lässt sich den apothekenrechtlichen Vorschriften nicht entnehmen.
(d) Auf dieser Grundlage wäre das Geschäftsmodell der Beklagten nur zu beanstanden, wenn tatsächlich sie selbst die Zustellung vornähme und so gegen § 11 Abs 1 ABO 2005 verstieße. Dazu hat das Erstgericht aber eine Negativfeststellung getroffen. Diese Negativfeststellung fällt der insofern beweispflichtigen Klägerin zur Last.
2.2. Ein Verstoß gegen Beratungspflichten liegt ebenfalls nicht vor.
(a) Nach § 10 Abs 1 ABO 2005 hat der Apotheker (ua) Kunden und andere Anwender zu informieren und zu beraten, wenn das erforderlich ist oder verlangt wird. Die Möglichkeit zu einer „unmittelbaren persönlichen Beratung und Information durch einen Apotheker“ muss nach § 10 Abs 2 ABO 2005 „bei jeder Arzneimittelabgabe“ bestehen; „dies gilt auch für die Abgabe im Rahmen apothekeneigener Zustelleinrichtungen“. Eine entsprechende Regelung enthält § 4 der Berufsordnung für Apotheker. Eine besondere Beratungspflicht für Fälle der Belieferung immobiler Pflegeheimbewohner enthält darüber hinaus § 10a ABO 2005:
„Die Apotheke, die auf Grund von Verschreibungen für immobile Bewohner eines Alten- oder Pflegeheimes oder einer sonstigen Betreuungseinrichtung Arzneimittel, insbesondere auch neuverblisterte Arzneimittel, an diese abgibt, hat auch die kontinuierliche persönliche pharmazeutische Information und Beratung dieser immobilen Bewohner, der diese betreuenden Ärzte und anderer Anwender sicherzustellen. Die pharmazeutische Information und Beratung ist durch einen Apotheker der versorgenden Apotheke in den Räumen des Alten- oder Pflegeheimes oder der sonstigen Betreuungseinrichtung bedarfsgerecht mindestens einmal in der Woche anzubieten. Die versorgende Apotheke hat weiters sicherzustellen, dass ein Apotheker der versorgenden Apotheke während der Betriebszeit der Apotheke als Ansprechpartner unverzüglich erreichbar ist. [...]“
(b) § 10 Abs 2 ABO 2005 knüpft die Beratungspflicht an die „Abgabe“; gleiches gilt für die korrespondierende Bestimmung in § 4 der Berufsordnung der Apotheker. Daraus kann in vertretbarer Weise abgeleitet werden, dass sie gegenüber dem jeweiligen Abholer der Arzneimittel besteht. Abgabe ist also nicht zwingend die Übergabe an den Patienten. § 10a ABO 2005 ordnet demgegenüber für einen besonderen Fall der Abholung, nämlich für immobile Heimbewohner, eine erweiterte Beratungspflicht an. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass diese Pflicht nur durch einen ortsansässigen Apotheker erfüllt werden könnte. Nach dem bescheinigten Sachverhalt ist eine Apothekerin der Beklagten einmal wöchentlich in den Heimen anwesend; im Übrigen ist ein Telefondienst eingerichtet. Damit erfüllt die Beklagte die Anforderungen des § 10a ABO 2005.
2.3. Die Klägerin beruft sich weiters auf Erläuterungen zum Entwurf jener Änderung der ABO 2005, mit der die Bestimmungen zur Versorgung von immobilen Heimbewohnern eingeführt wurden (www.ris.bka.gv.at, Begutachtungsentwürfe, Dokument Nr. BEGUT_COO_2026_ 100_2_620558). Dort heißt es zum bereits zitierten § 11 Abs 2 ABO 2005:
„Eine sichere, qualitativ hochwertige, zeitnahe und auch dringende Fälle abdeckende Arzneimittel-versorgung sowie Information und Beratung von immobilen Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen und sonstigen Betreuungseinrichtungen wird nur durch eine in einer gewissen räumlichen Nähe liegende Apotheke gewährleistet sein. § 11 Abs. 2 schreibt aus diesem Grund der versorgenden Apotheke vor, dass dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeiten der Apotheke unverzüglich gestellt werden können. Diese Verpflichtung der versorgenden Apotheke ändert selbstverständlich nichts an der freien Apothekenwahl des Patienten.“
Die darin ausgedrückte Vermutung („wird nur […] gewährleistet sein“) hat allerdings nur insofern Ausdruck im Normtext gefunden, als ein kurzfristiges „Stellen“ dringend benötigter Arzneimittel angeordnet wird. Dies wird im Zusammenhang mit dem Rekurs der Beklagten näher zu prüfen sein (unten Punkt 3.). Ein generelles Verbot der Distanzversorgung kann daraus aber keinesfalls abgeleitet werden. Ebenso wenig ergibt sich ein solches Verbot unter Bedachtnahme auf den lauterkeitsrechtlichen Vertretbarkeitsstandard aus dem von der Klägerin mehrfach ins Treffen geführten „apothekenrechtlichen Grundprinzip der Nahversorgung“. Zweifellos ist das österreichische Apothekenrecht von diesem Grundsatz geprägt. Er findet seine Grenzen aber (unter anderem) in § 350 Abs 4 ASVG, wonach die Wahl der Apotheke dem Anspruchsberechtigten obliegt und die Zuweisung an eine bestimmte Apotheke unzulässig ist. Diese Wahlfreiheit ist auch standesrechtlich verankert (§ 21 Abs 1 Z 1 Berufsordnung der Apotheker). Auch Heimbewohnern muss es daher freistehen, ihre Arzneimittel in weiter entfernt liegenden Apotheken abzuholen oder wie im konkreten Fall abholen zu lassen.
2.4. Zum Versandhandelsverbot und dem angeblichen Fehlen einer Betriebsanlagengenehmigung ist auf die zutreffende Entscheidung des Rekursgerichts zu verweisen; die Klägerin kommt darauf im Revisionsrekurs nicht mehr zurück. Auch außerhalb der Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ ist kein unlauteres Verhalten der Beklagten zu erkennen, das einen weitergehenden Unterlassungsanspruch begründen könnte. Ein Verhalten, das auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruht, ist nicht schon deswegen unlauter, weil es zu einer „massiv negativen Wettbewerbsbeeinflussung“ zu Lasten regionaler Apotheken führt. Der im Revisionsrekurs angedeutete Behinderungswettbewerb ist nicht zu erkennen, sind lokale Mitbewerber doch nicht gehindert, den Heimbetreiber von der Gleichwertigkeit ihrer eigenen Angebote zu überzeugen. Eine lauterkeitsrechtlich relevante Beschränkung der Entscheidungsfreiheit von Heimbewohnern liegt nicht vor, weil es ihnen ohnehin freisteht, eine andere Form der Beschaffung insbesondere durch Verwandte oder Bekannte zu organisieren. Können oder wollen sie das nicht und nehmen sie daher eine Beschaffung durch den Heimbetreiber in Anspruch, ist es lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dieser eine für ihn günstige Sammelbeschaffung wählt. Eine vergleichbare „Einschränkung der Entscheidungsfreiheit“ läge im Übrigen auch dann vor, wenn der Heimbetreiber die Arzneimittel wie von der Klägerin angestrebt bei einer ortsansässigen Apotheke bezöge.
3. Damit könnte der Unterlassungsanspruch der Klägerin wenn überhaupt nur auf einen Verstoß gegen § 11 Abs 2 ABO gestützt werden. Auch insofern beruht das Geschäftsmodell der Beklagten aber auf einer vertretbaren Rechtsansicht.
3.1. Nach dieser bereits zitierten Bestimmung (oben 2.1.c.) hat eine Apotheke, die immobile Heimbewohner versorgt, sicherzustellen, dass dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeit der Apotheke kurzfristig „gestellt“ werden können. Die Beklagte bestreitet nicht, dass sie dieser Verpflichtung unterliegt. Ihrer Auffassung nach genügt es aber, wenn sie die Arzneimittel in ihrer Offizin (dh in Wien) „stellt“.
3.2. Der Wortlaut der Regelung spricht eher für die Auffassung der Beklagten. Die Formulierung „etwas stellen“ ist ungewöhnlich, da der Rezipient nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Konkretisierung erwarten würde (im konkreten Zusammenhang etwa „zustellen“, „bereitstellen“ oder „zur Verfügung stellen“; dies jeweils unter Angabe des Ortes, wo dies zu erfolgen hat). Soweit ersichtlich, hat „stellen“ in Österreich auch keine spezielle apothekenrechtliche Bedeutung. Die deutsche Apothekenbetriebsordnung (dBGBl 1995 I 1195, zuletzt geändert durch dBGBl 2012 I 1254) kennt zwar das „patientenindividuelle Stellen“ von Arzneimitteln, versteht darunter aber das „manuelle Neuverpacken von Fertigarzneimitteln für bestimmte Einnahmezeitpunkte des Patienten in einem wieder verwendbaren Behältnis“, also eine Alternative zur individuellen Neuverblisterung. Das ist in § 11 Abs 2 ABO 2005 aber offenkundig nicht gemeint.
3.3. Hätte der Verordnungsgeber tatsächlich eine Pflicht zur kurzfristigen Zustellung dringend benötigter Arzneimittel anordnen wollen, hätte er das problemlos durch die Worte „zustellen“ oder „liefern“ in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ausdrücken können. Das hat er bei jener Novellierung der ABO 2005, mit der auch die hier strittige Regelung eingeführt wurde, an anderer Stelle auch getan (§ 11a Abs 2 ABO 2005: „kurzfristig herzustellen und […] zu liefern“; § 55a Abs 2 ABO 2005: „kurzfristig […] zu liefern“). Der davon abweichende Wortlaut von § 11 Abs 2 ABO 2005 spricht daher gegen eine Zustellpflicht. Zudem hätte der Verordnungsgeber bei Anordnung einer solchen Pflicht deren Verhältnis zur räumlich beschränkten Zustellbefugnis nach § 8a ApG klären müssen. Denn wäre diese Bestimmung unverändert geblieben, hätte eine Zustellpflicht in § 11 Abs 2 ABO 2005 faktisch dazu geführt, dass eine Versorgung immobiler Heimbewohner nur durch eine höchstens vier Straßenkilometer entfernte Apotheke zulässig gewesen wäre. Denn nur eine solche Apotheke ist abgesehen von „begründeten Einzelfällen“ iSv § 11 Abs 1 ABO 2005 zur Zustellung befugt (§ 8a iVm § 10 Abs 4 ApG). Hätte der Verordnungsgeber dies gewollt, so wären in der Begründung des Entwurfs Ausführungen über das Verhältnis dieser Regelung zur freien Apothekenwahl und zum Grundrecht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit zu erwarten gewesen.
3.4. Eine Zustellpflicht ist § 11 Abs 2 ABO 2005 daher nicht mit der lauterkeitsrechtlich erforderlichen Sicherheit zu entnehmen. Gleiches gilt aber auch für die Auffassung des Rekursgerichts, wonach zumindest ein Bereithalten in einer (anderen) Apotheke erforderlich sein soll, die in einem gewissen (welchem?) Nahebereich zu den versorgten Heimen liege und mit der die Beklagte zusammenarbeite. Diese Auslegung ist zwar nicht unvertretbar. Gegen sie spricht jedoch, dass das „Stellen“ nach dem Wortlaut der Bestimmung (nur) während der Betriebs- und Bereitschaftszeiten der versorgenden Apotheke gewährleistet sein muss. Wollte man der Regelung eine Verpflichtung zur Kooperation mit einer ortsansässigen Apotheke unterstellen, müsste es aber auf deren Betriebs- und Bereitschaftszeiten ankommen. Dies hätte der Verordnungsgeber (zumindest) in den Erläuterungen festhalten müssen. Die Auffassung, dass eine solche Kooperation nicht erforderlich sei, ist daher aus lauterkeitsrechtlicher Sicht ebenfalls vertretbar.
3.5. Damit ist der Kern des Problems erreicht. Nach den bereits zitierten Materialien zum Verordnungsentwurf sollte die Novellierung der ABO 2005 offenkundig bewirken, dass die regelmäßige Versorgung von Heimbewohnern in einem an sich zulässigen Abholsystem nur durch eine „in einer gewissen räumlichen Nähe“ liegende Apotheke erfolgt. Der Verordnungsgeber ordnete das aber nicht ausdrücklich an, was möglicherweise auf eine insofern fehlende gesetzliche Grundlage zurückzuführen ist. Vielmehr versuchte er, dieses Ziel mittelbar durch besondere Pflichten der versorgenden Apotheke zu erreichen, nämlich durch die Informationspflicht nach § 10a ABO 2005 und die Pflicht zum kurzfristigen „Stellen“ nach § 11 Abs 2 ABO 2005. Die Informationspflicht ist (vergleichsweise) präzise formuliert; sie kann aber, wie das vorliegende Verfahren zeigt, auch von einer entfernt liegenden Apotheke erfüllt werden. Bei der Pflicht zum kurzfristigen „Stellen“ handelt es sich demgegenüber um einen offenkundigen Formelkompromiss, der anscheinend die Wünsche der beteiligten Kreise erfüllen sollte, im Kern jedoch gerade keine klare Regelung trifft. Er bedarf daher einer Konkretisierung durch die den mit dem Vollzug betrauten Behörden, und zwar entweder im Disziplinarverfahren nach den §§ 39 ff Apothekerkammergesetz oder im Verwaltungsstrafverfahren nach § 41 ApG; letztlich maßgebend ist in beiden Fällen die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs. Solange sich daraus keine weitergehenden Pflichten einer versorgenden Apotheke ergeben, kann sich die Beklagte aus lauterkeitsrechtlicher Sicht auf die für sie günstigste noch vertretbare Auslegung berufen. Das ist das Stellen in ihrer Offizin. Die für einen funktionierenden Leistungswettbewerb charakteristische Handlungsfreiheit aller Marktteilnehmer (4 Ob 225/07b Wiener Stadtrundfahrten) ist dadurch gewahrt; auch den lokalen Mitbewerbern steht es nämlich frei, vergleichbare Geschäftsmodelle anzubieten. Sollte dies tatsächlich wegen des Umsatzausfalls lokaler Mitbewerber die Nahversorgung gefährden, läge es am Gesetz- oder Verordnungsgeber, dem durch eine eindeutige Regelung entgegenzuwirken.
3.6. Die Klägerin hält dieser Auslegung entgegen, § 11 Abs 2 ABO 2005 verliere dadurch einen eigenständigen Anwendungsbereich, weil sich die Verpflichtung zum Bereithalten eines „zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung entsprechende[n] Arzneimittelvorrat[s]“ schon aus § 4 Abs 1 ABO 2005 ergebe. Das wird zwar im Ergebnis zutreffen. Der Grund dafür liegt aber im Wortlaut von § 11 Abs 2 ABO 2005, der im entscheidenden Punkt unklar bleibt. Es ist nicht Sache des Lauterkeitsprozesses, diesen Wortlaut unter Rückgriff auf den möglichen Willen des Verordnungsgebers in eine bestimmte Richtung zu konkretisieren. Anders wäre möglicherweise zu entscheiden, wenn sich aus den Materialien Klarheit nicht bloß zur allgemeinen Zielsetzung der Neuregelung, sondern konkret zum Begriff des „Stellens“ ergäbe. Das trifft aber nicht zu. Denn dort, wo die konkreten Pflichten der versorgenden Apotheke erörtert werden, beschränken sich die Materialien darauf, den Text der Verordnung wiederzugeben.
3.7. Auch die von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Stellungnahme geht von der hier nicht bescheinigten Annahme aus, dass die Beklagte selbst die Arzneimittel nach Linz liefere. Im Übrigen gibt das Ministerium nur den Normtext und die Materialien wieder, ohne die entscheidende Frage zu beantworten, was „stellen“ im konkreten Zusammenhang tatsächlich bedeuten soll. Der Hinweis auf das „apothekenrechtliche Prinzip der Nahversorgung“ und die „Zielsetzungen der genannten Bestimmungen der ABO“ kann eine klare Regelung in der ABO 2005 oder im Apothekengesetz nicht ersetzen.
4. Aus diesen Gründen muss der Revisionsrekurs der Klägerin scheitern. Hingegen ist dem Revisionsrekurs der Beklagten Folge zu geben und der Sicherungsantrag zur Gänze abzuweisen. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Die Ansicht, die vom Betreiber eines Alten- oder Pflegeheimes organisierte Abholung von Arzneimitteln in einer nicht im räumlichen Nahebereich liegenden Apotheke sei apothekenrechtlich zulässig, wenn der Apotheker seine Beratungspflichten erfülle (§ 10a ABO 2005) und dringend benötigte Arzneimittel kurzfristig in seiner Offizin zur Verfügung stelle (§ 11 Abs 2 ABO 2005), ist aus lauterkeitsrechtlicher Sicht vertretbar.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.
Die Beklagte hat den Sicherungsantrag zur Gänze abgewehrt, die Klägerin hat ihr daher die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen. Bemessungsgrundlage ist in erster Instanz nur der Streitwert des Unterlassungsbegehrens. Wegen des gleichteiligen Obsiegens in zweiter Instanz bezogen sich der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten jeweils auf die Hälfte des Unterlassungsbegehrens. Daher ist Bemessungsgrundlage hier jeweils der halbe Streitwert dieses Begehrens. Zuzusprechen ist der Beklagten auch die Pauschalgebühr für den Revisionsrekurs iSv Anm 1a zu TP 3 GGG. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bestimmung zwar aufgehoben, für das Außerkrafttreten aber eine Frist bis gesetzt (G 14/12 ua). Bis zum Ablauf dieser Frist ist die Bestimmung weiter anzuwenden; eine neuerliche Anfechtung kommt nicht in Betracht.