OGH vom 28.11.2013, 3Ob176/13y

OGH vom 28.11.2013, 3Ob176/13y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers K*****, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner A*****, vertreten durch Dr. Kurt L. Breit, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 88/13v 19, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom , GZ 1 Fam 28/12z 10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der den Antrag abweisende Beschluss des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist der Vater des am geborenen Antragsgegners. Er ist aufgrund des Beschlusses vom zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 500 EUR für den Antragsgegner verpflichtet. Mit Beschluss vom wurde er aufgrund des Präsenzdienstes seines Sohnes für die Zeit von bis von seiner Unterhaltspflicht befreit.

Der Antragsgegner besucht seit dem Studienjahr 2012/2013 die Pädagogische Hochschule Wien; er ist einkommenslos. Der Vater, den keine weiteren Sorgepflichten treffen, bezieht (inklusive anteiliger Sonderzahlungen) eine monatliche Nettopension von 1.853,95 EUR sowie eine Firmenpension in einer monatlichen Höhe von 479,28 EUR „brutto für netto“ (inklusive anteiliger Sonderzahlungen, Wert 2012).

Der Antragsteller ging mit in Pension und erhielt damals von seinem Arbeitgeber eine gesetzliche Abfertigung von 80.917,32 EUR netto sowie eine freiwillige Abfertigung von 9.635,13 EUR netto. Davon ausgehend beantragte der Jugendwohlfahrtsträger als damaliger Vertreter des Antragsgegners beim Pflegschaftsgericht die Festsetzung einer einmaligen Zahlungsverpflichtung von 10.000 EUR. Der Vater sprach sich zunächst gegen den Antrag aus, unterbreitete aber dann den Vorschlag, den Betrag von 10.000 EUR auf ein Sparbuch einzuzahlen und dieses bis zum 18. Geburtstag des Sohnes zu sperren. Der Jugendwohlfahrtsträger stimmte diesem Vorschlag zu. Nach Eintritt seiner Volljährigkeit wurde das Guthaben auf dem Sparbuch dem Antragsgegner zur freien Verfügung gestellt.

Am (ON 1), modifiziert am (ON 6) stellte der Vater den Antrag, die im Jahr 2009 geleistete Zahlung von 10.000 EUR als Unterhaltsleistung für die Zeit von bis heranzuziehen. Ausgehend von einem Regelbedarfssatz von 517 EUR decke der Betrag den Unterhalt für 19 Monate ab, weshalb bis kein Unterhalt zu leisten sei.

Der Antragsgegner sprach sich gegen den Antrag aus. Die im Jahr 2009 erzielte Einigung über die Leistung eines einmaligen Beitrags von 10.000 EUR sei eine Folge des damaligen Abfertigungsbezugs gewesen und nicht unter der Bedingung gestanden, dass der Betrag später auf den Unterhalt angerechnet werde.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Da im Jahr 2009 keine Vereinbarung getroffen worden sei, dass der aus der Abfertigung resultierende Einmalbetrag von 10.000 EUR später auf den laufenden Unterhalt angerechnet werde, sei die Sache mit Einzahlung, Sperre, Aufhebung der Sperre und Auszahlung des Betrags an den Antragsgegner erledigt, ohne dass dieser Betrag erneut in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen wäre.

Infolge Rekurses des Vaters änderte das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass der Antragsteller ab von seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem Sohn enthoben wurde. So wie bei einer vom Unterhaltspflichtigen bezogenen Abfertigung sei auch eine dem Unterhaltsberechtigten geleistete Einmalzahlung auf den monatlichen Unterhalt anzurechnen. Die gänzliche Ausscheidung dieser Einmalzahlung aus der laufenden Alimentationspflicht des Vaters sei weder sachgerecht noch billig und würde zu einer Überalimentierung führen. Ab habe der Antragsgegner daher seinen Unterhaltsbedarf aus dem auf dem Sparbuch erliegenden Guthaben von 10.000 EUR zu decken.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein dem Kind zur Verfügung gestellter Abfertigungsteil, über den das Kind ab Volljährigkeit verfügen könne, auf die laufende titulierte Unterhaltspflicht anzurechnen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den den Antrag abweisenden Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil aus Gründen der Rechtssicherheit eine Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht zu korrigieren ist. Er ist auch im Sinne einer Wiederherstellung des den Antrag abweisenden Beschlusses des Erstgerichts berechtigt.

Der Antragsgegner bringt in seinem Revisionsrekurs zusammengefasst vor, dass mit der Einmalzahlung von 10.000 EUR neben dem laufenden monatlichen Unterhalt die durch die Abfertigung erhöhte Unterhaltsbemessungsgrundlage Berücksichtigung gefunden habe. Folge man dem Standpunkt des Antragstellers, hätte die durch die Abfertigung erhöhte Unterhaltsbemessungs-grundlage keine Auswirkung auf den Unterhaltsanspruch des Antragsgegners. Eine Anrechnung der Einmalzahlung auf einen späteren laufenden Unterhalt sei nie vereinbart worden; vielmehr hätte es sich nach dem Standpunkt des Antragstellers um eine Akontozahlung auf künftigen Unterhalt gehandelt.

Dazu wurde erwogen:

1. Vom Antragsteller wird nicht in Zweifel gezogen, dass sein Sohn nach wie vor Anspruch auf den titulierten monatlichen Unterhalt von 500 EUR hat; diese Unterhaltshöhe entspricht in etwa dem sich nach der Prozentsatzmethode (22 % des monatlichen Nettoeinkommens) ergebenden Unterhaltsbeitrag sowie dem Regelbedarf eines 20 Jährigen (2011/12: 517 EUR; 2012/13: 528 EUR).

2. Die seinerzeitige Einmalzahlung ist eine Folge der aufgrund des Bezugs der Abfertigung erhöhten Unterhaltsbemessungsgrundlage; damals wurde zwischen dem Vater und dem Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Kindes Einigung darüber erzielt, dass der Vater neben dem laufenden Unterhalt einen Einmalbetrag leistet. Der Unterhaltscharakter dieser Zahlung ergibt sich aus dem damaligen Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers, der letztlich dadurch erledigt wurde, dass der Einmalbetrag auf ein bis zur Volljährigkeit gesperrtes Sparbuch gelegt wurde.

3. Wirtschaftlich betrachtet führt der Standpunkt des Antragstellers dazu, dass die Einmalzahlung von 10.000 EUR nunmehr vom Antragsgegner zurückzuführen ist, indem gegen seinen laufenden Unterhaltsanspruch aufgerechnet wird. Dafür ist aber kein Anlass ersichtlich. Weder wurde dies vereinbart noch würde damit dem Umstand Rechnung getragen, dass der Antragsgegner wegen der vom Vater bezogenen Abfertigung für gewisse Zeit Anspruch auf einen höheren laufenden Unterhalt gehabt hätte; diese potenzielle Unterhaltserhöhung wurde mit der Einmalzahlung abgedeckt.

4. Der vom Rekursgericht angestellte Vergleich mit der Anrechnung einer Abfertigung ist unter diesen Prämissen nicht verständlich: Die Einmalzahlung wurde nicht sozusagen als Akontozahlung auf (künftigen) laufenden Unterhalt geleistet, sondern anstelle einer Erhöhung des laufenden Unterhalts für einen gewissen Zeitraum.

5. Angesichts der Höhe des laufenden Unterhalts im Bereich des Regelbedarfs kann von der Gefahr einer Überalimentierung keine Rede sein.

6. In diesem Sinn ist die den Antrag abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG.