OGH 15.11.2017, 1Ob197/17b
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Kodek als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers DI J***** V*****, vertreten durch Dr. Gert Folk, Rechtsanwalt in Kapfenberg, gegen die Antragsgegnerin Ö***** AG, *****, vertreten durch die Tautschnig Rechtsanwälte GmbH, Klagenfurt, wegen Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 117 WRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 123/17a-26, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 6 Nc 2/17k-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller erhob in einem ein Kraftwerksprojekt der Antragsgegnerin betreffenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren Einwendungen und begehrte als Fischereiberechtigter einerseits eine Entschädigung für die ihm durch den Kraftwerksbau erwachsenden Nachteile (Bauschaden) sowie darüber hinaus eine Entschädigung in Höhe von 440.550 EUR für die nach Abschluss des Bauvorhabens verbleibenden Nachteile (Dauerschaden). Im Bewilligungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom wurde über das Entschädigungsbegehren spruchmäßig nicht abgesprochen. In der Entscheidungsbegründung wird (zweimal) ausgeführt, dass die Entscheidung über vermögensrechtliche Nachteile eines Fischereiberechtigten nicht im UVP-Verfahren zu treffen, sondern die Entschädigung in einem nachfolgenden Ermittlungsverfahren durch einen Nachtragsbescheid gemäß § 117 Abs 2 WRG zu bestimmen ist. Weiters wird ausgeführt: „Die Einwendung des [Antragstellers] war im Übrigen auch deshalb abzuweisen, da die vorgelegte Bewertung laut dem Gutachten […], die sich auf den natürlichen Zustand (Urzustand) bezieht, im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung steht, nach welcher für die Ermittlung von Entschädigungsleistungen der Ist-Zustand heranzuziehen ist. Festgehalten wird auch, dass aufgrund der künftigen Wasserführung im Vergleich zum Ist-Zustand aus fischökologischer Sicht kein Schaden ableitbar ist, […]. Darüber hinausgehende Schadenersatzforderungen werden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.“
Mit Bescheid vom setzte der Landeshauptmann als Wasserrechtsbehörde gemäß den §§ 15, 99 Abs 1 lit b und 117 WRG 1959 die dem Antragsteller als Fischereiberechtigten für die durch die Errichtung der Wasserkraftwerksanlage verbundenen fischereirechtlichen Bauschäden bzw Erschwernisse zu leistende Entschädigung eine Einmalzahlung im Betrag von 795 EUR fest. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich nach dem durchgeführten Beweisverfahren ein Bauschaden in Höhe von 795 EUR ergebe, wogegen ein Dauerschaden nicht auftreten werde.
Rechtliche Beurteilung
Wenn das Rekursgericht davon ausgegangen ist, dass erst im Bescheid der Wasserrechtsbehörde über das Entschädigungsbegehren des Antragstellers entschieden und erst mit Zustellung dieses Bescheids die Frist des § 117 Abs 4 Satz 2 WRG ausgelöst wurde, kann darin eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht erkannt werden. Die Rechtsansicht, die Ausführungen im Bescheid der Landesregierung über die „Abweisung“ der Einwendungen des Antragstellers habe sich im Hinblick auf den hier geltend gemachten Dauerschaden als bloßes „obiter dictum“ dargestellt, zumal auch eingeräumt wurde, dass die bescheiderlassende Behörde für eine Entscheidung über den Entschädigungsantrag gar nicht zuständig sei, erscheint in keiner Weise bedenklich. Die Frage der Auslegung eines – in seiner Begründung unglücklich formulierten – Bescheids begründet grundsätzlich keine iSd § 71 Abs 3 AußStrG erhebliche Rechtsfrage, zumal es für die Bescheidwirkungen im Allgemeinen allein auf die Anordnungen im Spruch ankommt (vgl nur VwGH 2012/04/0143), der im Bescheid der Landesregierung auch formal von der Begründung klar getrennt wurde.
Wenn die Revisionsrekurswerberin ausführt, die Einwendungen des Antragstellers mit dem von ihm geltend gemachten Dauerschaden samt geforderter Restwasservorschreibung seien im Bescheid der Landesregierung als unberechtigt abgewiesen worden, vermengt sie in unzulässiger Weise die Entscheidung über die Einwendungen gegen das Projekt mit dem Begehren auf Entschädigung, das ja nur im Falle der Bewilligung des Projekts Bedeutung hat. Wenn die Behörde in Punkt V. des Bescheids ausgesprochen hat, dass die Einwendungen der Parteien – soweit sie nicht explizit als unzulässig zurückgewiesen werden – als unbegründet abgewiesen werden, wird damit auf die Einwendungen verschiedenster Beteiligter – darunter auch des Antragstellers – gegen die beantragte Bewilligung nach dem UVP-G Bezug genommen. Eine (spruchmäßige) Abweisung des Entschädigungsbegehrens ist damit aber nicht verbunden.
Unverständlich ist schließlich die Auffassung der Revisionsrekurswerberin, der Antragsteller habe „zum Entschädigungsbescheid“ ausdrücklich keine gerichtliche Neufestsetzung und damit keine gerichtliche Entscheidung iSd § 117 Abs 4 WRG begehrt. Wie sich aus seinem Antrag unmissverständlich ergibt, wandte er sich gegen die Festsetzung der insgesamt begehrten Entschädigung und verwies darauf, dass die Wasserrechtsbehörde der Antragsgegnerin lediglich den mit 795 EUR bewerteten Bauschaden zur Zahlung vorgeschrieben habe, wogegen der (dauerhafte) Wertverlust von zumindest 440.000 EUR nicht berücksichtigt worden sei. Wenn er nun in seinem Antrag ausdrücklich anstrebte, die ihm mit dem Bescheid der Wasserrechtsbehörde zuerkannte Entschädigung von 795 EUR auf einen Betrag von insgesamt 440.795 EUR zu erhöhen, kann dies vernünftigerweise nicht anders verstanden werden als ein Antrag auf gerichtliche Neufestsetzung der von der Wasserrechtsbehörde seiner Ansicht nach in unzureichender Höhe ausgemittelten Entschädigung.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | ; |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00197.17B.1115.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAD-45894