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OGH vom 03.03.2010, 7Ob193/09x

OGH vom 03.03.2010, 7Ob193/09x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** T*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** R*****, vertreten durch Dr. Riedl Dr. Ludwig Rechtsanwälte GmbH in Haag, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 92/09v-24, ergänzt durch den Beschluss vom , GZ 11 R 92/09v-28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung :

Rechtliche Beurteilung

Nach § 228 ZPO kann unter anderem auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses oder Rechts ist vom Kläger zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0039239). Gegenstand der Klage kann nicht ein erst künftig entstehendes Rechtsverhältnis oder ein künftig entstehender Anspruch sein. Die Klage ist daher abzuweisen, wenn die zur Begründung des Rechtsverhältnisses erforderliche Tatsache noch nicht eingetreten ist; ebenso vor Eintritt der Voraussetzungen, an die das Gesetz das Entstehen eines Anspruchs knüpft (RIS-Justiz RS0039178). Eine Feststellungsklage kann aber auch auf Feststellung befristeter oder bedingter Rechte oder Rechtsverhältnisse erhoben werden (RIS-Justiz RS0039225), jedoch nur dann, wenn der gesamte übrige rechtserzeugende Sachverhalt feststeht und nur die bereits genau und bestimmt festgesetzte Bedingung noch nicht eingetreten ist. Solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt noch nicht vollständig konkretisiert hat, ist eine Feststellungsklage nicht gerechtfertigt (RIS-Justiz RS0047957, RS0039125 [T1]). Allerdings lässt die herrschende Judikatur (vgl RIS-Justiz RS0038976) auch die Feststellung einer allfälligen Ersatzpflicht für künftige Schäden aus einem bestimmten (zumindest potentiell schädigenden) Ereignis zu. Das vom Gesetz geforderte rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung wird in diesem Zusammenhang insbesondere bejaht, wenn ohne gerichtliche Geltendmachung die Verjährung zukünftiger Schadenersatzansprüche droht und ausnahmsweise auch dann, wenn - ohne Verjährungsrisiko - eine zeitnahe Klärung bestimmter Umstände, die für denkbare zukünftige Schadenersatzansprüche von Bedeutung sein können, objektiv zweckmäßig erscheint (RIS-Justiz RS0038976 [T32]). Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung kann dort als vorhanden angenommen werden, wo das Feststellungsurteil für den Kläger von rechtlich praktischer Bedeutung ist (RIS-Justiz RS0039265), wo also ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses besteht (RIS-Justiz RS0039007 [T7]). Die Feststellungsklage bedarf eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RIS-Justiz RS0039215). Auch für die Feststellungsklage gilt ganz allgemein das Verbot der hypothetischen Klageerhebung (RIS-Justiz RS0039320). Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung kann somit regelmäßig nur bejaht werden, wenn eine Verschlechterung der rechtlichen Position des Klägers bei einer Verweisung auf ein erst später mögliches gerichtliches Vorgehen zu befürchten wäre (1 Ob 237/08x). Diese Grundsätze wurden zuletzt zu 7 Ob 252/08x vertreten.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Haftung des Beklagten für seine behauptete Falschaussage in den (verbundenen) Verfahren 6 Cga 2/08t und 6 Cga 4/08m des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht. In der Klage wird als drohender Schaden der Einkommensverlust infolge ungerechtfertigter Kündigung/Entlassung durch Entgang der (in einem weiteren beim Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht anhängigen Verfahren) eingeklagten Gehälter geltend gemacht. Schließlich stützt sich der Kläger auch noch darauf, dass ihm, wie sich jetzt schon abzeichne, dadurch ein Schaden entstehe, dass der hier Beklagte durch seine behauptete Falschaussage als Geschäftsführer der in den genannten arbeitsgerichtlichen Verfahren beklagten Gesellschaften eine Verfahrensverzögerung bewirkt habe und dadurch der Kläger (gemeint: selbst bei für den Kläger erfolgreicher Beweiswürdigung, also bei Misslingen des „Prozessbetrugs“) seine Zahlungen „später“ bekomme.

Schon aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich aber keine vom Beklagten verursachte Verfahrensverzögerung. Der Kläger bezieht sich nämlich darauf, dass die beklagten Gesellschaften weitere Zeugen namhaft gemacht hätten, um die Kündigungs-/Entlassungsgründe zu konkretisieren. Eine Kausalität wäre aber, wenn überhaupt, nur dann denkbar, wenn der Kläger zur Entkräftung der behaupteten Falschaussage zusätzliche Zeugen hätte namhaft machen müssen. Dies wurde jedoch nicht einmal vorgebracht.

Soweit der Kläger sein Begehren auf den bei Prozessverlust drohenden Einkommensentgang stützt, fehlt es - wie das Berufungsgericht vertretbar im Rahmen der oben dargelegten Judikatur ausführte - am rechtlichen Interesse an der Feststellungsklage (noch keine rechtlich praktische Bedeutung des Feststellungsurteils), solange die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind und noch nicht feststeht, ob der Aussage des Beklagten überhaupt geglaubt wurde.

Auf weitere Rechtsfragen, insbesondere auf die in der Revision als erheblich bezeichneten Fragen, ob hier § 288 StGB Anwendung findet und ob auch die Partei einer als Schutzgesetz zugunsten der gegnerischen Partei zu qualifizierenden Wahrheitspflicht unterliegt, kommt es daher gar nicht an.

Fundstelle(n):
QAAAD-45883