OGH vom 27.10.1999, 7Ob191/99k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Erwin F*****, vertreten durch Dr. Philipp Gruber und Dr. Bruno Pedevilla, Rechtsanwälte in Lienz, gegen die beklagten Parteien 1.) Gabriele H*****, Hausfrau, und 2.) Valentin P*****, beide vertreten durch Dr. Gerald Hauska und Dr. Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 262.999,98 sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 56/99f-11, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 40 Cg 243/98s-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am das EuGVÜ im Verhältnis zwischen Österreich und Italien noch nicht in Kraft war (Italien hat das Beitrittsabkommen erst am ratifiziert) und daher hier die Bestimmungen des LGVÜ maßgebend sind.
Die Beklagten erachten den Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage der Zuständigkeitsbegründung durch rügelose Einlassung gemäß Art 18 LGVÜ im Gerichtshofverfahren bislang keine (oberstgerichtliche) Rechtsprechung vorliege und die analoge Anwendung der jüngsten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs über die Frage der Streiteinlassung gemäß Art 18 LGVÜ im bezirksgerichtlichen Mahnverfahren ("gesattelter Einspruch") auf das Gerichtshofverfahren noch nicht ausjudiziert sei.
Entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerber ist die Rechtsansicht der zweiten Instanz allerdings durch OGH-Judikatur gedeckt:
Rechtliche Beurteilung
Bereits wiederholt hat der Oberste Gerichtshof, der im Schrifttum vertretenen einhelligen Auffassung folgend, ausgesprochen, daß sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Beklagte die Einrede der Unzuständigkeit erheben kann, nach dem innerstaatlichen Verfahrensrecht richtet (Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel, Rz 7 zu Art 18 LGVÜ; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht6 Rz 6 und 16 zu Art 18 LGVÜ; Schlosser, EuGVÜ, Rz 2 zu Art 18; Gottwald in Münch Komm z Zivilprozeßordnung III 1648; 9 Ob 246/97k = JBl 1998, 518; 1 Ob 173/98t = EvBl 1999/14; 2 Ob 22/99w; vgl auch Slg 1671 - Elefanten-Schuh/Jacqmain).
Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 2 Ob 304/98i und 2 Ob 22/99w klargelegt hat, ist Art 18 LGVÜ ungeachtet seines Wortlauts dahin auszulegen, daß der Beklagte nicht nur den Mangel der Zuständigkeit geltend machen, sondern sich gleichzeitig hilfsweise zur Sache einlassen kann, ohne deshalb die Einrede der Unzuständigkeit zu verlieren (EuGHSlg 1981, 2431, 2439, Nr 5 - Rohr-Ossberger; EuGHSlg 1982, 1189, 204, Nr 13 - C. H. W./G. J. H.). Es ist somit auch möglich, im selben Schriftsatz - unabhängig von der Reihenfolge - neben dem Vorbringen zur Sache auch die rechtzeitige Einrede der internationalen Unzuständigkeit zu erheben. Geschieht dies allerdings - wie im vorliegenden Fall - nicht, so ist die Erstattung der Klagebeantwortung - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - ein unzuständigkeitsbehebender Akt der Streiteinlassung (vgl 7 Ob 661/85 = EvBl 1986/85). Da nach einhelliger Ansicht (vgl Rechberger in Rechberger Rz 1 zu § 243 ZPO) die Streiteinlassung im Gerichtshofverfahren durch die Klagebeantwortung, im bezirksgerichtlichen Verfahren hingegen in der (ersten) mündlichen Streitverhandlung (§ 440 Abs 1 ZPO) erfolgt, läßt sich aus den vom Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 9 Ob 246/97k und 1 Ob 173/98t, wonach im bezirksgerichtlichen Mahnverfahren der schriftliche Einspruch der beklagten Partei gegen den Zahlungsbefehl, selbst wenn er bereits ein Sachgegenvorbringen enthält ("gesattelter Einspruch"), noch keine Streiteinlassung im Sinne des § 104 Abs 3 JN und auch keine rügelose Einlassung nach Art 18 LGVÜ darstellt, für die Beklagten nichts gewinnen. Die Ausführungen der zitierten Entscheidungen lassen aber zwanglos darauf schließen, daß der Oberste Gerichtshof den (vertragsautonom auszulegenden - vgl Czernich/Tiefenthaler aaO) Begriff der Einlassung auf das Verfahren vor dem betreffenden Gericht keineswegs auf ein Vorbringen in mündlicher Verhandlung beschränkt (zur Verfahrenseinlassung mit Schriftsatz vgl etwa neuerlich EuGHSlg 1981, 1671: dort wird die Verfahrenseinlassung der Beklagten durch die Bestreitung der Begründetheit der Klage "in den ersten Schriftsätzen" erwähnt). Die Klagebeantwortung stellt im vorliegenden Fall ohne jeden Zweifel" das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht" im Sinne des erwähnten Slg 1671 dar.
Im Hinblick auf die vorliegende oberstgerichtliche Rechtsprechung, von der abzurücken die Revisionsrekursausführungen keinen Anlaß bieten, liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht vor.