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OGH vom 19.12.2018, 7Ob191/18s

OGH vom 19.12.2018, 7Ob191/18s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** H*****, vertreten durch die Reif & Partner Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei a***** gmbh, *****, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, wegen 31.802,24 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei und den „ordentlichen Revisionsrekus“ (richtig: Rekurs) der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 78/18p-23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 4 Cg 129/17h-15, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.568,52 EUR (darin 261,42 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO):

A. Zum Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts:

Das Berufungsgericht hat den Rekurs gegen seine Entscheidung zugelassen, weil zur Frage der Nachhaftung des Unternehmensveräußerers nach § 38 f UGB „bei einer Vertragsübernahme durch Dreiparteieneinigung (…) eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorhanden ist“. Damit zeigt das Berufungsgericht schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil es (wie auch die Parteien) die Regelung als dispositiv erachtet und vom Vorliegen einer – bei Dispositivität vorgehenden – Dreiparteieneinigung (Vereinbarung vom ) ausgeht.

B. Zum Rekurs der Klägerin:

1. Der Schiedsspruch hat gemäß § 607 ZPO zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Die Rechtsprechung nimmt allerdings eine Bindungswirkung nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage, nicht aber an eine dort beurteilte Vorfrage an (RIS-Justiz RS0127052 [T1]; vgl auch 10 ObS 220/03f [Schiedsgericht der Sozialversicherung]). Gegenstand des Schiedsspruchs war das Begehren auf Feststellung, dass die Kündigung der Kooperationsvereinbarung vom unwirksam ist. Die Auslegung der späteren Vereinbarung vom war demnach nicht Hauptfrage. Deren selbstständiger Beurteilung im vorliegenden Verfahren steht daher der Schiedsspruch – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht entgegen. Die Grenzen der materiellen Rechtskraft können allein aus Gründen der „Entscheidungsharmonie“ nicht ausgeweitet werden (RIS-Justiz RS0102102).

2. Die Verletzung von Grundsätzen der Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht behauptet die Klägerin nicht. Sie zieht auch nicht grundsätzlich in Zweifel, dass bei der Auslegung von Verträgen gemäß § 914 ABGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen ist. Wenn dann das Berufungsgericht zum Zweck der Auslegung der Vereinbarung vom der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).

3. Die Klägerin zeigt insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

C. Zum „ordentlichen Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) der Beklagten:

1. Die Beklagte strebt die Passivlegitimation der Klägerin für eine behauptete Gegenforderung an. Dafür vermag die Beklagte aus § 1409 ABGB schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut die Haftung des Übernehmers (nach dem Standpunkt der Beklagten: h*****Ges.m.b.H.) und nicht des Veräußerers (Klägerin) (arg: „unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers“) regelt. Ob die Auslegung der Vereinbarung vom nach dem Willen aller Vertragsparteien tatsächlich – entgegen der Ansicht der Beklagten – zu einer Schuldbefreiung der Klägerin führen sollte, wird Gegenstand des weiteren Verfahrens sein (vgl B.2.).

2. Die Beklagte hat aus einem Rahmen- und Kooperationsvertrag eine Gegenforderung aus „Franchise-Abrechnungen“ erhoben, für die nach der Vereinbarung vom die Passivlegitimation der Klägerin strittig ist. Das Berufungsgericht erkannte für diese Gegenforderung im Prozessvorbringen der Beklagten keine – zusätzliche – schadenersatzrechtliche Grundlage. Diese Beurteilung ist eine Frage der Auslegung des Parteivorbringens, der keine erhebliche Bedeutung zukommt, soweit diese Auslegung nicht mit dem Wortlaut des Vorbringens unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl RIS-Justiz RS0042828). Letzteres trifft hier nicht zu, betraf doch die von der Beklagten für ihren Standpunkt herangezogene Passage eines Schriftsatzes die vermeintlichen Vertragsauflösungsgründe, nicht aber (erkennbar) die Rechtsgrundlage für die Gegenforderung.

3. Bereits das Erstgericht ist der Einrede der Beklagten, dem (nunmehr) bezifferten Zahlungsbegehren stehe aufgrund der im Vorprozess erfolgten Abweisung der Stufenklage (einschließlich des unbeziffert gebliebenen Leistungsbegehrens) das Prozesshindernis der entschiedenen Rechtssache entgegen, nicht gefolgt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Rechtsansicht nach Auseinandersetzung mit den dagegen vorgetragenen Argumenten der Beklagten (wenn auch nicht durch einen Beschluss auf Verwerfung der [in Wahrheit mit diesem Punkt erhobenen] Nichtigkeitsberufung), in der Begründung seiner Entscheidung. Hat das Berufungsgericht die Frage einer allfälligen im Verfahren erster Instanz unterlaufenen Nichtigkeit geprüft und eine solche verneint, ist deren Wahrnehmung im Verfahren dritter Instanz, auch wenn sie im Rahmen einer Rechtsrüge geltend gemacht wird, nicht mehr möglich. Eine solche vom Berufungsgericht im Spruch oder in den Gründen verneinte Nichtigkeit stellt eine den Obersten Gerichtshof bindende, nicht weiter anfechtbare Entscheidung dar (3 Ob 28/15m; RIS-Justiz RS0042981).

4. Die Beklagte zeigt insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Beklagten hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00191.18S.1219.000

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