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OGH vom 18.08.2004, 4Ob157/04y

OGH vom 18.08.2004, 4Ob157/04y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Birgfellner Feuerwehrausstattung GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwaltssozietät in Graz, gegen die beklagte Partei Birgfellner GmbH & Co KEG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Georg Vetter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.882,96 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 14/04z-15, mit dem der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Handelsgericht vom , GZ 33 Cg 10/03i-9, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens, worauf die Klage gerichtet ist, wird der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits aufgetragen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

beim Betrieb des Einzelhandels mit Feuerwehrausrüstungs- und Feuerwehrausstattungsgegenständen Werbung mit dem Familiennamen 'Birgfellner' zu machen, ohne die Firmenzusätze der Firma 'Birgfellner GmbH & Co KEG' zu verwenden, wenn dabei dritte Personen über die Identität und einen Zusammenhang zwischen der Beklagten und der Klägerin irregeführt werden;

Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in St. Pölten, Kranzbichlerstraße 39, mit dem Zusatz 'vormals: Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter' zu machen.

Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

schlagwortartige Werbung mit den Werbeaussagen 'Das starke Team - ein Standort mehr! www.birgfellner.at - Noch ein Plus für Sie!' für Betriebsstätten, die als eigene Betriebsstätten der Beklagten angepriesen werden, zu machen, soweit dazu eine Vielzahl von Standorten der Beklagten suggeriert wird, obwohl die angeführten Standorte nicht von der Beklagten selbst betrieben werden;

in eventu zu diesem Begehren, schlagwortartige Werbung mit den Werbeaussagen 'Das starke Team - ein Standort mehr!, www.birgfellner.at - Noch ein Plus für Sie!' für Betriebsstätten, die als eigene Betriebsstätten der Beklagten angepriesen werden, zu machen, soweit dadurch in Kombination mit dem Nachfolgezusatz 'vormals' bei einigen Betriebsstätten der unrichtige Eindruck erweckt wird, es sei hinsichtlich dieser Betriebsstätten zu einer Unternehmensnachfolge zugunsten der Beklagten gekommen und die Beklagte sei hinsichtlich dieser Betriebsstätten das einzige Nachfolgeunternehmen, obwohl derartige Betriebsstätten nach wie vor von der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH betrieben und beworben werden;

Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in Wien 16, Richard Wagner-Platz 7, mit dem Zusatz 'vormals: GEFAS Feuerwehrausrüstungen' zu machen, wenn diese Betriebsstätte nicht von der Beklagten selbst betrieben wird und wenn dieser Geschäftsstandort nicht mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung im Sinne des § 66 GewO 1994 zugunsten der Beklagten gekennzeichnet ist,

in eventu zu diesem Begehren, Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in Wien 16, Richard Wagner-Platz 7, mit dem Zusatz 'vormals: GEFAS Feuerwehrausrüstungen' zu machen, wenn die Beklagte hinsichtlich dieser Betriebsstätte nicht das einzige Nachfolgeunternehmen ist, sondern diese Betriebsstätte nach wie vor von der Firma GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH betrieben und als deren eigene Betriebsstätte beworben wird,

wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.171,08 EUR bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin 195,18 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat die halben Kosten ihrer Rekursbeantwortung und die ganzen Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 731,52 EUR bestimmten anteiligen Rekurskosten (darin 121,92 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Beide Parteien vertreiben Gegenstände für Feuerwehren. Die Firma der Klägerin lautet Birgfellner Feuerwehrausstattung GmbH, jene der Beklagten nunmehr Birgfellner GmbH & Co KEG. Vor der am eingetragenen Firmenänderung hatte die Firma der Beklagten "Birgfellner KEG" gelautet. Die GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH war bis Dezember 2002 persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten.

Mit Versäumungsurteil vom , 10 Cg 88/02z, untersagte das Handelsgericht Wien der Klägerin, das Geschäftsabzeichen "Birgfellner Feuerwehrausrüster" oder "Birgfellner GmbH Feuerwehrausrüster" oder ein diesem Zeichen ähnliches Zeichen zu verwenden. Das Versäumungsurteil erging in einem Verfahren, das die nunmehrige Beklagte gegen die Klägerin angestrengt hatte. Die Beklagte hatte geltend gemacht, dass sie für die Bezeichnung "Feuerwehrausrüster" Verkehrsgeltung erlangt habe und die Klägerin mit der Bezeichnung „Birgfellner Feuerwehrausrüster GmbH" statt "Birgfellner Feuerwehrausstattung GmbH" den Ruf der Beklagten ausnütze. Die Beklagte ist mit Schutzdauerbeginn auch Inhaberin der Marke „Birgfellner Feuerwehrausrüster".

In der Zeitschrift für Feuerwehr, Brand und Katastrophenschutz „Brandaus", Ausgabe Nr 5/2003, ließ die Beklagte folgendes - mit der Werbung auf ihrer Internetseite inhaltsgleiche - Inserat einschalten:

Die Beklagte vertreibt sowohl am Standort in St. Pölten als auch an den Standorten in Poysdorf und in Wien 16 ihre Produkte neben der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH, die ihrerseits die Standorte in Poysdorf und in Wien 16 betreibt. Die Beklagte ist nicht Rechtsnachfolgerin der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) beim Betrieb des Einzelhandels mit Feuerwehrausrüstungs- und Feuerwehrausstattungsgegenständen Werbung mit dem Familiennamen "Birgfellner" zu machen, ohne die Firmenzusätze der Firma "Birgfellner GmbH & Co KEG" zu verwenden, wenn dabei dritte Personen über die Identität und einen Zusammenhang zwischen der Beklagten und der Klägerin irregeführt werden;

b) schlagwortartige Werbung mit den Werbeaussagen „Das starke Team - ein Standort mehr! www.birgfellner.at - Noch ein Plus für Sie!" für Betriebsstätten, die als eigene Betriebsstätten der Beklagten angepriesen werden, zu machen, soweit dazu eine Vielzahl von Standorten der Beklagten suggeriert wird, obwohl die angeführten Standorte nicht von der Beklagten selbst betrieben werden;

c) Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in St. Pölten, Kranzbichlerstraße 39, mit dem Zusatz "vormals: Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter" zu machen;

d) Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in Wien 16, Richard Wagner-Platz 7, mit dem Zusatz "vormals: GEFAS Feuerwehrausrüstungen" zu machen, wenn diese Betriebsstätte nicht von der Beklagten selbst betrieben wird und wenn dieser Geschäftsstandort nicht mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung im Sinne des § 66 GewO 1994 zugunsten der Beklagten gekennzeichnet ist,

in eventu, zu lit b) und d),

b) schlagwortartige Werbung mit den Werbeaussagen „Das starke Team - ein Standort mehr!, www.birgfellner.at - Noch ein Plus für Sie!" für Betriebsstätten, die als eigene Betriebsstätten der Beklagten angepriesen werden, zu machen, soweit dadurch in Kombination mit dem Nachfolgezusatz "vormals" bei einigen Betriebsstätten der unrichtige Eindruck erweckt wird, es sei hinsichtlich dieser Betriebsstätten zu einer Unternehmensnachfolge zugunsten der Beklagten gekommen und die Beklagte sei hinsichtlich dieser Betriebsstätten das einzige Nachfolgeunternehmen, obwohl derartige Betriebsstätten nach wie vor von der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH betrieben und beworben werden;

d) Werbung für die Betriebsstätte der Beklagten in Wien 16, Richard Wagner-Platz 7, mit dem Zusatz "vormals: GEFAS Feuerwehrausrüstungen" zu machen, wenn die Beklagte hinsichtlich dieser Betriebsstätte nicht das einzige Nachfolgeunternehmen ist, sondern diese Betriebsstätte nach wie vor von der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH betrieben und als deren eigene Betriebsstätte beworben wird.

Die Werbung der Beklagten verstoße gegen die §§ 1, 2 und 9 UWG sowie gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung. Der Zusatz "vormals: Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter" sei unwahr und irreführend. Er erwecke den Anschein, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin der Klägerin. Die Klägerin sei älter als die Beklagte. Die Beklagte müsse durch Zusätze der Verwechslungsgefahr entgegenwirken, die dadurch hervorgerufen werde, dass in beiden Firmen der gleiche Familienname aufscheine. Eine Firma "GEFAS Feuerwehrausrüstungen" habe es nie gegeben; zu einer Rechtsnachfolge sei es nicht gekommen. Die Beklagte habe sich mit ihrer Hauptgesellschafterin, der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH, zusammengeschlossen.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Ihre Firma habe tatsächlich "Birgfellner KEG" gelautet. Der Zusatz "Feuerwehr-Ausstatter" sei durch einen Absatz getrennt, stehe nach der Rechtsformabkürzung "KEG" und beschreibe die Tätigkeit der Beklagten. Eine Verwechslung mit der Klägerin sei ausgeschlossen, weil die Beklagte ihre genauen Adressen, Telefon- und Faxnummern sowie ihre E-Mail-Adresse angebe. Die Angaben über die Betriebsstandorte seien wahr. Das Eventualsicherungsbegehren sei durch das Urteilsbegehren nicht gedeckt.

Das Erstgericht gab dem Hauptsicherungsantrag zu lit a) und c) und dem Eventualsicherungsantrag zu lit b) und d) statt. Durch die Verwendung des Zusatzes "Feuerwehr-Ausstatter" bestehe die Gefahr von Verwechslungen mit der Klägerin. Es werde der Anschein erweckt, die Beklagte hätte eine Betriebsstätte der Klägerin übernommen. Die Werbung "Das starke Team - ein Standort mehr!" erwecke den Anschein, dass die Beklagte Unternehmensnachfolgerin der GEFAS Gesellschaft für Arbeitssicherheit GmbH sei. Damit täusche die Beklagte über ihre tatsächliche Größe.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung zu lit a), wies das Mehrbegehren ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das zu lit a) gestellte Sicherungsbegehren sei berechtigt. Die Beklagte sei verpflichtet, neben dem Namen "Birgfellner" einen unterscheidungskräftigen Zusatz zu führen. Dafür komme der vollständige Firmenwortlaut oder der Hinweis in Frage, dass es sich um ein Unternehmen der GEFAS-Gruppe handle. Das Sicherungsbegehren zu lit c) sei nicht berechtigt. Bis 2002 habe die Firma der Beklagten tatsächlich "Birgfellner KEG" gelautet. Der Zusatz "Feuerwehr-Ausstatter" sei deutlich abgegrenzt und beschreibe die Tätigkeit der Beklagten. Die Beklagte werbe daher nicht mit "vormals: Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter", sondern weise nur wahrheitsgemäß darauf hin, dass der Betrieb in St. Pölten vormals jener der Birgfellner KEG gewesen sei. Die - allein noch relevanten - Eventualsicherungsbegehren zu lit b) und d) stütze die Beklagte auf § 2 UWG. Die Werbung sei insoweit irreführend, weil die Beklagte keine Nachfolgefirma der "GEFAS" sei. Die Eventualsicherungsbegehren zu b) und d) seien jedoch vom Klagebegehren nicht gedeckt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Abweisung des Begehrens zu Punkt c) gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist sowohl für die Beurteilung der Irreführungseignung als auch für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Gesamteindruck maßgebend, den die Ankündigung oder Zeichenverwendung beim Durchschnittsbetrachter erweckt (4 Ob 2338/96v = ÖBl 1997, 172 - D-Schulen; 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 - T-One, jeweils mwN). Das Rekursgericht verweist zwar auf den durch das beanstandete Inserat erweckten Gesamteindruck. In Wahrheit beruht seine Beurteilung jedoch auf einer zergliedernden Betrachtung, wenn es die Angabe des früheren Firmenwortlauts der Beklagten "Birgfellner KEG" von der in der unmittelbar folgenden Zeile enthaltenen Angabe "Feuerwehr-Ausstatter" trennt.

Wird hingegen das Inserat als Ganzes gesehen, so wird die Angabe "vormals: Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter" als Einheit aufgefasst und ein Bezug zur Klägerin hergestellt, da deren Firma "Birgfellner Feuerwehrausstattung GmbH" lautet. Dass mit "Birgfellner KEG Feuerwehr-Ausstatter" das Unternehmen der Klägerin gemeint sein müsse, drängt sich dem Durchschnittsbetrachter geradezu auf, nachdem die Beklagte auch im Inserat zur Beschreibung ihrer Tätigkeit den Begriff "Feuerwehrausrüster" verwendet. Da beide Begriffe den gleichen Inhalt haben, kann nicht der Eindruck entstehen, dass die Beklagte die Bezeichnung "Feuerwehr-Ausstatter" gewählt habe, um einen Unterschied im Tätigkeitsbereich auszudrücken.

Als Grund für die Verwendung der Bezeichnung "Feuerwehr-Ausstatter" statt dem sonst für die Beklagte üblichen "Feuerwehrausrüster" bleibt damit für den Durchschnittsbetrachter nur, dass es sich bei dem Vorgängerunternehmen um das Unternehmen der Klägerin handeln müsse. Da dies nicht den Tatsachen entspricht, ist die Werbung zur Irreführung geeignet. Der unrichtige Eindruck, dass die Beklagte in St. Pölten einen Betriebsstandort der Klägerin übernommen habe, ist naturgemäß auch geeignet, den Entschluss der angesprochenen Verkehrskreise, mit der Beklagten in Geschäftsbeziehung zu treten, zu beeinflussen. Die Werbung verstößt daher gegen § 2 UWG.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit zwei von vier Begehren durchgedrungen; sie hat daher die Hälfte ihrer Kosten im Rekursverfahren vorläufig selbst zu tragen und der Beklagten die halben Kosten der Äußerung und des Rekursverfahrens zu ersetzen. Im Revisionsrekursverfahren hat die Klägerin zur Gänze obsiegt; sie hat daher die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.