OGH 23.04.1998, 6Ob113/98f
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Herta S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Noterben Dr.Herbert S***** , gegen Punkt 1. des Beschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 1/98h-67, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag übermittelt, seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteigt.
Text
Begründung:
In seinem Schriftsatz vom ON 62 hat sich der eigenberechtigte Noterbe gegen die Person des mit der Schätzung des Nachlaßvermögens betrauten Sachverständigen Johann S***** ausgesprochen und sich auch in Ansehung der Schätzung eines näher bezeichneten (Stutz)Flügels gegen die (allfällige) Bestellung des KR Gerhard F***** zum Sachverständigen gewandt, weil dieser befangen sei. Das Erstgericht hat nach Stellungnahme des Gerichtskommissärs ON 63 mit Punkt 1. seines Beschlusses vom KR Gerhard F***** zum Sachverständigen mit dem Auftrag bestellt, einen zum Verlassenschaftsvermögen gehörenden, näher bezeichneten (Stutz)Flügel zu schätzen.
Das Rekursgericht wies mit Punkt 1. seines nach dem gefaßten Beschlusses den Rekurs des Noterben zurück, weil das Gesetz den Parteien gegen die Bestellung des Sachverständigen ein eigenes "Rechtsmittel", nämlich dessen Ablehnung (§ 355 ZPO) an die Hand gebe, wobei es gegen die Verwerfung der Ablehnung kein abgesondertes, sondern nur ein mit der nächsten anfechtbaren Entscheidung verbundenes Rechtsmittel gebe. Die zweite Instanz sprach ohne Vornahme eines Bewertungsausspruches aus, der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG sei nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Nach Art XXXII Z 14 der WGN 1997 sind die §§ 13, 14, 14a, 14b und 16 AußStrG idF dieser Novelle (im folgenden AußStrG nF) anzuwenden. Gemäß § 14 Abs 3 AußStrG nF ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 leg cit - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld und Geldeswert insgesamt 260.000 S nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 leg cit den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nur nach § 14a Abs 1 und Abs 2 AußStrG nF beim Erstgericht binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichtes einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muß hinreichend erkennen lassen, warum - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - nach § 14 Abs 1 AußStrG nF der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Nach den Materialien (RV 898 BlgNR 20.GP 29) soll dagegen für Ansprüche nicht rein vermögensrechtlicher Natur der Ausschluß des außerordentlichen Revisionsrekurses bis zu einer Wertgrenze von insgesamt 260.000 S nicht gelten, sodaß für diesen Bereich und solche Ansprüche der außerordentliche Revisionsrekurs weiterhin, jedoch jetzt uneingeschränkt von jeder Wertgrenze zulässig sein soll.
Hat das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG nF ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, und besteht ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat das Rekursgericht ferner auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 260.000 S übersteigt oder nicht (§ 13 Abs 2 AußStrG nF). Ob im vorliegenden Fall der rekursinstanzliche Bewertungsausspruch fehlt, hängt somit, weil der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, davon ab, ob der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, wobei für die Beurteilung dieser Frage durch die WGN 1997 keine Änderung eintrat. Zum AußStrG idF der WGN 1989 wurde vom erkennenden Senat und im folgenden auch von anderen Senaten ausgesprochen, die Frage, ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur vorliege, sei aus seinem materiellrechtlichen Inhalt zu prüfen. Als vermögensrechtliche Ansprüche könnten jene Ansprüche angesehen werden, die vererblich oder veräußerbar sind; Personenrechte und Familienrechte fielen dagegen nicht unter die Vermögensrechte (6 Ob 521/91 zum Anspruch auf Buchauszug und Büchereinsicht nach § 15 HVG [1921]; 5 Ob 515, 516/91 = EFSlg 67.420, 67.423, 67.425 bei der Entscheidung über die Annahme einer Erbserklärung und Übertragung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses; 5 Ob 537/91 = EFSlg 67.420, 67.423, 67.425; 5 Ob 506/94 = NZ 1994, 234 = EFSlg 76.485 zur Annahme einer Erbserklärung und Abweisung des Antrages auf Einantwortung, zuletzt 10 Ob 65/97z, wonach Ansprüche minderjähriger Kinder auf das von ihrem Urgroßvater testamentarisch vermachte Geldlegat von je 20.000 S rein vermögensrechtlicher Natur seien; RIS-Justiz RS0007110). Wenn aber das Erbrecht, also das in § 532 ABGB umschriebene ausschließliche Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen Teil derselben in Besitz zu nehmen, gemäß § 537 ABGB zu den vererblichen und gemäß § 1278 ABGB zu den veräußerlichen Vermögensrechten zählt und sich daraus die rein vermögensrechtliche Natur ergibt (5 Ob 506/94), kann dies beim Noterben nicht fraglich sein, ist doch der Pflichtteilsanspruch eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlaßwertes in Geld (SZ 45/36 ua), eine Schuld des Nachlasses, wobei § 783 ABGB die materielle Beitragspflicht regelt. Die prozessualen Rechte des Noterben im Verlaßverfahren (§§ 804, 812 ABGB ua, §§ 44, 75, 95 AußStrG ua) sind nur Ausfluß dieses Geldanspruches. Das Noterbrecht zählt zu den Vermögensrechten, weil damit das Recht geltend gemacht wird, eine Forderung auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlaßwertes in Geld zu erheben. Auch bloß verfahrensrechtliche Entscheidungen, wie etwa die über die Rechtzeitigkeit eines Rekurses, sind schon wegen ihres entscheidenden Einflußes auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, wenn die Hauptsache selbst, etwa das Verlassenschaftsverfahren vermögensrechtlicher Natur ist (5 Ob 533/91, insoweit nicht veröffentlicht in EFSlg 67.407; RIS-Justiz RS0010054).
Auch die hier zu beurteilende verfahrensrechtliche Entscheidung ist somit entgegen der Rechtsauffassung der zweiten Instanz als solche rein vermögensrechtlicher Natur anzusehen. Dem Rekursgericht ist daher die Ergänzung seiner Entscheidung durch Vornahme des entsprechenden Bewertungsausspruches nach § 13 Abs 2 AußStrG nF aufzutragen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Herta S*****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses des Noterben Dr. Herbert S***** , gegen Punkt 1. des Beschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 1/98h-67, idF der Berichtigungsbeschlüsse vom , GZ 3 R 1/98h-73, und vom , GZ 3 R 1/98h-76, womit der Rekurs des Noterben gegen Punkt 1. des Beschlusses des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 21 A 306/96p-64, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
In seinem Schriftsatz vom ON 62 sprach sich der eigenberechtigte Noterbe gegen die Person des mit der Schätzung des Nachlaßvermögens betrauten Sachverständigen Johann S***** aus und wandte sich auch in Ansehung der Schätzung eines näher bezeichneten (Stutz)Flügels gegen die (allfällige) Bestellung des KR Gerhard F***** zum Sachverständigen, weil dieser befangen sei. Das Erstgericht bestellte nach Stellungnahme des Gerichtskommissärs ON 63 mit Punkt 1. seines Beschlusses KR Gerhard F***** zum Sachverständigen mit dem Auftrag, einen zum Verlassenschaftsvermögen gehörenden, näher bezeichneten (Stutz)Flügel zu schätzen.
Das Rekursgericht wies mit Punkt 1. seines Beschlusses den Rekurs des Noterben zurück, weil das Gesetz den Parteien gegen die Bestellung des Sachverständigen ein eigenes "Rechtsmittel", nämlich dessen Ablehnung (§ 355 ZPO) an die Hand gebe, wobei es gegen die Verwerfung der Ablehnung kein abgesondertes, sondern nur ein mit der nächsten anfechtbaren Entscheidung verbundenes Rechtsmittel gebe. Der erkennende Senat stellte mit Beschluß vom , GZ 6 Ob 113/98f-72, die Akten dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurück, seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige. Seinen Beschluß ON 67 ergänzte das Rekursgericht mit Beschluß vom ON 73 durch den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S nicht übersteige und änderte ihn mit Beschluß vom ON 76 dahingehend ab, daß gemäß § 14a Abs 3 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei.
Das Rechtsmittel des Noterben ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat zuletzt in der Entscheidung 1 Ob 258/97s seine stRspr (EFSlg 37.240 mwN uva; RIS-Justiz RS0040607, RS0040730) fortgeführt, daß im Verfahren außer Streitsachen auch nach der ZVN 1983 (8 Ob 543, 1530/92) und der WGN 1989 mangels abweichender Sonderbestimmungen die Regeln der §§ 351 ff ZPO und damit auch die Rechtsmittelbeschränkungen des § 366 ZPO gelten, jedoch nur dann zum Tragen kommen, wenn nur gegen die Auswahl des Sachverständigen Rekurs erhoben wird. Daß daran auch nach der WGN 1997 festzuhalten ist, weil insoweit keine gesetzlichen Änderungen eintraten, macht das Rechtsmittel des Noterben doch zulässig. Grundsätzlich anfechtbar ist somit nur die Frage, ob überhaupt ein Sachverständiger bestellt wird, nicht aber dessen Auswahl. Bei der Ablehnung eines Sachverständigen wendet sich die Partei gegen die Bestellung eines konkreten Sachverständigen, somit dessen Auswahl durch das Gericht (SZ 44/51 ua). Gegen die Stattgebung der Ablehnung gibt es kein Rechtsmittel (§ 366 Abs 2 ZPO), gegen die Verwerfung der Ablehnung des Sachverständigen - wie hier - kein abgesondertes Rechtsmittel (§ 366 Abs 1 ZPO). Es kann im Einzelfall nicht schaden, wenn das Erstgericht wie hier irrtümlicherweise über einen Antrag nur in den Gründen seiner Entscheidung, nicht auch im Spruch abgesprochen hat, sofern sein Entscheidungswillen daraus unzweifelhaft hervorgeht (6 Ob 2/97f ua). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht zum Antrag des Noterben auf Ablehnung eines bestimmten Sachverständigen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich dahin Stellung genommen, daß kein Ablehnungsgrund vorliege, und damit die Ablehnung des Sachverständigen verworfen, sodaß es hier nicht schadet, daß im Spruch der Entscheidung neben der Bestellung dieses Sachverständigen die ausdrückliche Verwerfung seiner Ablehnung durch den Noterben und nunmehrigen Rechtsmittelwerber fehlt.
Die vom Rechtsmittelwerber zitierten Entscheidungen EFSlg 44.495, 67.320, 73.435, 76.371, 79.530 und 79.532 sind keine des Obersten Gerichtshofes und unterscheiden nach dem jeweiligen kurzen Rechtssatz nicht zwischen der anfechtbaren Bestellung eines Sachverständigen als solcher und der nicht (sofort) anfechtbaren Auswahl desselben. Die Auffassung, es gebe im Verfahren außer Streitsachen keinen Fall des § 515 ZPO, ist nicht zutreffend: So wurde judiziert, gegen eine im außerstreitigen Verfahren ergangene Aufforderung, ein Formgebrechen zu beseitigen, gebe es kein abgesondertes Rechtsmittel, solange noch die Möglichkeit besteht, daß eine anfechtbare Entscheidung (Einantwortungsurkunde) ergehen werde (3 Ob 629/52; RIS-Justiz RS0005942). Ebenso wurde ein abgesondertes Rechtsmittel gegen die Anordnung einer neuerlichen Schätzung unter Zuziehung eines anderen Sachverständigen abgelehnt (JBl 1954, 45 uva, zuletzt 1 Ob 801/76; RIS-Justiz RS0003387) und judiziert, bei der Auswahl des Sachverständigen handle es sich um eine vom Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme zu treffende Anordnung, die keiner gesonderten Anfechtung unterliege (8 Ob 543, 1530/92; RIS-Justiz RS0040578; so nunmehr auch Fasching, Lehrbuch2 Rz 1012). Schließlich wurde in der dem vorliegenden Fall durchaus vergleichbaren Entscheidung 5 Ob 116/75 in einem Verfahren nach dem EisbEG 1954 ausdrücklich ausgesprochen, im Falle der Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen bestehe zufolge § 515 ZPO die Möglichkeit der Anfechtung erst mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung einzubringenden Rechtsmittel. Daß hier keine anfechtbare Entscheidung mehr ergehen werde, behauptet der Rechtsmittelwerber nicht einmal und entspricht auch nicht dem Aktenstand, zumal jedenfalls die Einantwortungsurkunde der Anfechtung, auch durch den Noterben, unterliegt.
Die weiters vom Rechtsmittelwerber zitierte Entscheidung EFSlg 63.899 betrifft die Ablehnung von Richtern nach § 24 JN. Der Sachverständige ist kein "anderes gerichtliches Organ" iSd § 26 JN, für seine Ablehnung gelten vielmehr die Vorschriften des § 366 ZPO als lex specialis. Auch nach der WGN 1997 ist daran festzuhalten, daß die bisherige Rspr, im Verfahren außer Streitsachen gelten die Regeln des § 366 ZPO über die Anfechtung der Ablehnung von Sachverständigen, weitergeführt wird.
Demnach kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00113.98F.0423.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAD-45543