OGH 24.01.2017, 4Ob261/16k
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin D***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Stefanie Lugger und Mag. Kersten Bankler, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Mag. Georg Prchlik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Löschung der Marke AT 276152, über die außerordentliche Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 34 R 83/16z-3, womit das Erkenntnis der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom , GZ Nm 53/2014-11, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Berufungsgericht ordnete die Löschung der Wortmarke „W*****“ in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen der Klasse 44 an. Die Antragsgegnerin habe zum Zeitpunkt der Erweiterung der Wortmarke auf diese Dienstleistungen gewusst, dass die Antragstellerin (und andere Marktteilnehmer) das Zeichen „W*****“ in Kombination mit „W*****“ für Dienstleistungen der Klasse 44 verwendet haben. Dieses Wissen um die (bloße) Vorbenutzung in Verbindung mit dem der Anmeldung zugrunde liegenden Zweck (Erlangung des Rechtsschutzes) objektivierten das besondere subjektive Element, das die Sittenwidrigkeit des Motivs und damit die Bösgläubigkeit erzeuge. Ein wesentliches Motiv der Markenanmeldung sei gewesen, mit dem erlangten Markenschutz das System von Mitbewerbern stören zu können. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin ihr Standortnetz ständig ausbauen habe wollen, und zwar auch in unmittelbarer Umgebung der Antragstellerin.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer außerordentlichen Revision, mit der die Antragsgegnerin die gänzliche Abweisung des Löschungsbegehrens der Antragstellerin anstrebt, vermag sie keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Der von der Revisionswerberin behauptete Widerspruch der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsansicht zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt nicht vor. Die Prämisse des Rechtsmittels, bösgläubiger Markenrechtserwerb sei ausschließlich unter den in 4 Ob 98/14m genannten Voraussetzungen zu bejahen, ist unzutreffend.
Bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Marke vorliegen, insbesondere die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EuGH C-529/07, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG; C-320/12, Malaysia Dairy Industries Pte. Ltd; 17 Ob 17/09p, Goldhase IV).
Bösgläubigkeit kann dann bejaht werden, wenn sittenwidriger Behinderungswettbewerb vorliegt. Schon die Vorbenützung als solche genügt. Grundlage für das Unwerturteil ist hier die Absicht des Anmelders, eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören. Diese Absicht muss nicht der einzige Beweggrund des Anmelders sein, es genügt, dass es sich um ein wesentliches Motiv handelt (4 Ob 28/06f, firekiller mwN; RIS-Justiz RS0123318). Unter diesem Aspekt kann Bösgläubigkeit der Markenanmeldung selbst bei eigenem Benutzungswillen des Anmelders angenommen werden, wenn der Anmelder – wie hier – zumindest auch den Vertrieb der Waren oder Dienstleistungen seines prioritätsälteren Mitbewerbers stören will (vgl Om 13/11, Winzerkönig; Ingerl/Rohnke, Markengesetz3 § 8 Rz 310).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Gewerblicher Rechtsschutz |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00261.16K.0124.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAD-45461