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OGH vom 13.09.1999, 4Ob155/99v

OGH vom 13.09.1999, 4Ob155/99v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Josef G*****, vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zechbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 560.000 S), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 15 R 116/98h-18, womit der Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom , GZ 4 Cg 330/97y-14, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 17.942,40 S (darin Umsatzsteuer 2.990,40 S) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist ein Verein, dessen Zweck unter anderem in der Hintanhaltung unlauterer Wettbewerbshandlungen besteht. Zu ihren Mitgliedern gehört auch ein Mitbewerber der Beklagten beim Bauvorhaben Wasserwelt A***** in W*****. Die Wasserwelt A***** W***** GesmbH, deren Gesellschafter die Marktgemeinde W***** und der Tourismusverband W***** sind, plante die Errichtung einer Hallen- und Freibadeanlage. Angesichts der Höhe des Gesamtinvestitionsvolumens war das Salzburger Landesvergabegesetz auf das Bauprojekt anzuwenden. Der planende Architekt verfaßte unter anderem auch die Ausschreibung für Holzleimbau und Zimmermannsarbeiten und erstellte die Vergabevorschläge auf der Grundlage der Ausschreibungsergebnisse. Die Beklagte hat sich an diesem Ausschreibungsverfahren beteiligt und den Zuschlag erhalten.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin - soweit im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit der Beklagten geboten werde, es zu unterlassen, bei der Erlangung von Aufträgen zur Ausführung von Zimmermanns- und Leimbauarbeiten dann mitzubieten und sich um einen derartigen Auftrag zu bewerben, wenn sie an der Vorbereitung und Erstellung der Ausschreibung, sei es durch eigene Mitarbeiter, sei es durch sonstige Beauftragte, mitgewirkt habe, es sei denn, auf ihre Beteiligung könne in einem begründeten Sonderfall nicht verzichtet werden. Der Einzelprokurist der Beklagten sei wesentlicher Mitarbeiter, wenn nicht gar Verfasser der Ausschreibung für die Holzleimbauarbeiten gewesen, zumindest habe er den Architekten bei der Abfassung der Ausschreibungsunterlagen unterstützt. Die ihm dabei bekanntgewordenen Details der Ausschreibung hätten der Beklagten einen entscheidenden Informationsvorsprung im nachfolgenden Ausschreibungsverfahren beschafft. Insbesondere habe ihr Prokurist die Dimensionierung der Querträger der Dachkonstruktion erfahren und damit das gesamte Projekt gekannt und Reserven wesentlich leichter einrechnen können als andere Mitbewerber. Die Beklagte habe bei Bekanntwerden der Ausschreibung ihr Anbot gewissermaßen schon fertig in der Schublade gehabt, während andere Mitbewerber angesichts der kurzen Ausschreibungsfrist kaum die Möglichkeit gehabt hätten, ein reelles Anbot durchzurechnen. Nach den Ausschreibungsunterlagen sei die Ö-Norm A 2060 anzuwenden, die ihrerseits auf Ö-Norm A 2050 verweise. Die Beklagte habe diesen Ö-Normen zuwidergehandelt, indem sie ein Anbot gelegt habe, obwohl sie an den Ausschreibungsarbeiten beteiligt gewesen sei. Der nach § 6 des Salzburger LVergG anzuwendende § 10 Abs 4 BVergG enthalte eine gleichlautende Bestimmung. Die Vorgangsweise der Beklagten sei gesetz- und wettbewerbswidrig und verstoße gegen § 1 UWG.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Sicherungsantrages. Ihr Prokurist sei von einem Mitarbeiter des Architekten kontaktiert worden, der ihn darüber informiert habe, daß eine Dachkonstruktion mit vorgefertigten Großflächenelementen vorgesehen sei, eine kurze Lieferzeit erforderlich sei und die Brandwiderstandsklasse F 60 erreicht werden müsse. Der Prokurist der Beklagten habe versichert, die Ausführung dieser Arbeiten sei technisch möglich, es sei auch möglich, Lüftungsrohre in die Binderkonstruktion zu integrieren. Der vom Architekten verwendete (die Ausführung des Dachausbaues beschreibende) Elementquerschnitt sei Teil einer Architektenmappe, die die Beklagte auf Wunsch allen Architekten und Planern zur Verfügung stelle. Die gewünschte Dachkonstruktion könne von jedem Holzleimbauer ohne weiteres angeboten und errichtet werden. Die Beklagte habe während der Ausschreibungsfrist weder zum Bauherrn noch zum Architekten Kontakte gepflogen. Im übrigen sei die Beklagte nicht Normadressat der Vergabegesetze und der zitierten Ö-Normen. Eine allfällige Verletzung dieser Vorschriften falle ihr daher nicht zur Last und könne ein gesetz- oder sittenwidriges Verhalten nicht begründen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung (die Abweisung des darüber hinausgehenden weiteren Sicherungsbegehrens ist in Rechtskraft erwachsen und nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens). Es stellte in Ergänzung des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts fest, der mit der Ausschreibung beauftragte Architekt habe nicht über die ausreichende Erfahrung mit Leimbauarbeiten verfügt. Sein Mitarbeiter habe den Prokuristen der Beklagten kontaktiert und ihn darüber informiert, daß in einer Ausschreibung für ein Hallenbad eine Dachkonstruktion mit Großflächenelementen unter der Voraussetzung der Brandwiderstandsklasse F 60 vorgesehen sei und die Lieferzeit kurz sein müsse. Auch sollten Lüftungstore in die Binderkonstruktion integriert werden. Der Prokurist der Beklagten habe versichert, diese Ausführung sei technisch möglich; er habe in der Folge bei der Erstellung eines Elementquerschnitts geholfen und dem Mitarbeiter des Architekten einen Element-Systemquerschnitt aus der Standard-Architektenmappe der Beklagten sowie die "technischen Vorbemerkungen Holzleimbau" des Österreichischen Holzleimverbandes zur Verfügung gestellt. Das in diesen Gesprächen erörterte Problem der Lüftungsdurchführung sei ein projektspezifisches Detail, während die übrigen Gesprächsinhalte allgemein gültiger Natur gewesen seien. Der Architekt habe die Ausschreibungsunterlagen verfaßt und die Einladung zur Offertstellung versendet. In den allgemeinen Vormerkungen des Ausschreibungstextes werde auf Ö-Norm A 2060 verwiesen. Ihr Punkt 1.3.1 verweise auf Ö-Norm A 2050, deren Punkt

1.3.2. laute:

"Unternehmen, die an den Vorarbeiten für eine Ausschreibung unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind....sind von der Teilnahme am Wettbewerb um die Leistung auszuschließen, es sei denn, daß auf deren Beteiligung in begründeten Sonderfällen nicht verzichtet werden kann". Bei Anbotseröffnung habe sich herausgestellt, daß die betrieblichen Gegebenheiten des Beklagten besonders gut mit den Ausschreibungsanforderungen in Übereinstimmung zu bringen seien. Der Mitarbeiter des Architekten habe am bestätigt, daß der Prokurist der Beklagten an der Ausschreibung der Holzleimbauarbeiten mitgearbeitet habe. Der Zuschlag für diese Arbeiten sei der Beklagten, die ein günstiges Pauschalangebot gelegt habe, erteilt worden. Diese Arbeiten könnten auch von anderen Unternehmen als jenem der Beklagten erbracht werden. Es hätten insgesamt 10 Unternehmen Offerte gelegt, darunter auch ein Unternehmen, das Mitglied der Klägerin sei.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Beklagte sei an den Vorarbeiten für die konkrete Ausschreibung unmittelbar beteiligt gewesen, sodaß genau jener Effekt eingetreten sei, dem die Ö-Norm A 2050 und die Vergabegesetze vorbeugen wollten. Wenngleich sich diese Bestimmungen an den Auftraggeber richten, sei es nicht zweifelhaft, daß die Beklagte eine § 1 UWG zu unterstellende Wettbewerbshandlung vorgenommen habe. Durch Erstellen eines günstigen Angebotes habe sie die Auftraggeberin zur Auftragsvergabe und somit zum Vertragsbruch verleitet.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Verletzung konkreter Vergabevorschriften Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Bereits die Ausschreibung habe auf die Geltung der Ö-Norm A 2060 und damit auch der der Ö-Norm A 2050 hingewiesen, so daß als Normadressaten dieser Vergabebestimmung nicht nur der Ausschreibende, sondern auch die anbietenden Unternehmer anzusehen seien. Die Einhaltung der Vergabevorschriften diene auch ihrem Schutz vor unlauterer Vorgangsweise, werde doch der Ausschreibende zur Gleichbehandlung der Bieter verpflichtet. Diese Bestimmungen seien auch unter den Mitbewerbern anzuwenden, um diese vor unlauterer Vorgangsweise eines anderen Mitbewerbers zu schützen. Verpflichte eine Vergabebestimmung den Ausschreibenden, einen dagegen verstoßenden Bieter von der Teilnahme am Wettbewerb auszuschließen, dürfe auch ein Unternehmen, das gegen die Vergabevorschriften verstoße, nicht am Wettbewerb teilnehmen. Die Beklagte, die nach den Feststellungen an der konkreten Ausschreibung mitgearbeitet habe, habe damit sowohl gegen die gesetzlichen, als auch gegen die aufgrund vereinbarter Ö-Normen geltenden vertraglichen Vergabevorschriften verstoßen. Die Teilnahme der Beklagten an der Ausschreibung sei unter den vorliegenden Umständen sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagte macht geltend, vergaberechtliche Bestimmungen kämen als Schutzgesetz im Sinn des § 1 UWG nicht in Betracht, weil das Salzburger LVergG den Rechtsschutz abschließend durch ein Nachprüfungsverfahren vor dem Vergabekontrollsenat regle. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei dort nur nach Interessenabwägung vorgesehen. Wollte man dem Mitbieter einen Unterlassungsanspruch für künftige Vergaben nach § 1 UWG einräumen, würde dies die nach dem Salzburger Landesvergabegesetz erforderliche Interessenabwägung unterlaufen.

Wie schon die Vorinstanzen im Zusammenhang mit dem Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges zutreffend ausführten, trifft das Salzburger LVergG keine abschließende Regelung des Rechtsschutzes. Die vergaberechtlichen Bestimmungen regeln den Rechtsschutz (die Folgen einer Nichtbeachtung dieser Bestimmungen) im Verhältnis zwischen Bieter und Auftraggeber in bezug auf eine bestimmte Ausschreibung. Rechtsschutzziel des Vergaberechts ist es, dem Grundsatz des gleichen und fairen Wettbewerbs aller Bieter zum Durchbruch zu verhelfen (Narjis in Prieß, Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union, Geleitwort IX; Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts ÖZW 1999, 1 ff [5] und den Bieter vor unlauterer Vorgangsweise zu schützen (WBl 1997, 217 - Abwasserverband). Die Frage, ob einzelnen Bietern ein subjektives - im Nachprüfungsverfahren gegen den Auftraggeber geltend zu machendes - Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften zusteht, wird in der Rechtsprechung des Bundesvergabeamts dann bejaht, wenn die betreffende Vorschrift dem Schutz der Interessen des einzelnen Bieters vor dem Eintritt eines Schadens dient (WBl 1998, 322; zweifelnd Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts ÖZW 1999, 1 ff [11]). Die Vergabegesetze enthalten jedoch keine Bestimmungen, die dem einzelnen Bieter gegen einen Mitbieter gerichtete Ansprüche wegen Verletzung von Vergabebestimmungen einräumen. Auf diese Frage anwendbare Bestimmungen des Wettbewerbsrechts bleiben somit durch die Vergabegesetze unberührt. Im übrigen weist § 23 des auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Salzburger LVergG auf die Anwendbarkeit sonstiger Rechtsvorschriften hin. Daß die darin vorgenommene Aufzählung (Ersatzansprüche, Solidarhaftungen sowie Rücktrittsrechte) taxativ wäre und Unterlassungsansprüche gegen Mitbieter von diesem Hinweis nicht erfaßt sein sollten, ist nicht zu erkennen, zumal das Salzburger LVergG Ansprüche gegen Mitbieter überhaupt nicht regelt.

Die im Salzburger LVergG vorgesehene Interessenabwägung bezweckt in Fällen vorläufigen Rechtsschutzes eine Gegenüberstellung der Interessen des Auftraggebers an der Fortsetzung des Vergabeverfahrens (etwa durch Zuschlag) und jener des Mitbieters und der Öffentlichkeit am Unterbleiben der Zuschlagserteilung wegen behaupteter Rechtswidrigkeit. Diese Interessenabwägung wird nicht durch einen von einem Wettbewerbsverband nach § 1 UWG erwirkten Unterlassungstitel unterlaufen, der künftige wettbewerbswidrige Handlungen eines Mitbewerbers abstellen soll. Im Falle eines (künftigen) Zuwiderhandelns muß der betreffende zur Unterlassung verpflichtete Bieter die Exekution nach § 355 EO gewärtigen. Davon unabhängig ist jedoch in einem allenfalls gegen den Auftraggeber gerichteten Nachprüfungsverfahren aus Anlaß einer gegen ihn dort eingebrachten einstweiligen Verfügung die Interessenabwägung im Sinn des § 17 Abs 4 Salzburger LVergG vorzunehmen.

Der auf die vorliegende Ausschreibung anzuwendende § 10 Abs 4 BVergG sieht (gleichlautend mit Punkt 1.3.2 der nach den Ausschreibungsbedingungen gleichfalls anzuwendenden Ö-Norm A 2050) vor, daß Unternehmer, die an Vorarbeiten für die Ausschreibung unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, von der Teilnahme am Wettbewerb um die Leistung auszuschließen sind. Ihre Anbote sind nach Punkt 4.5.2 der Ö-Norm A 2050 auszuscheiden. Dem Einwand der Beklagten, sie habe an der Ausschreibung nicht mitgewirkt, sondern nur Gespräche allgemein gültiger Natur geführt und ein projektspezifisches Detail der beabsichtigten Ausschreibung erörtert, ist zu entgegnen, daß schon die mittelbare Beteiligung an Vorarbeiten einer Ausschreibung ausreicht, um ein Unternehmen nach § 10 Abs 4 BVergG und der entsprechenden Bestimmung der Ö-Norm vom Wettbewerb auszuschließen. Die Frage des Umfangs dieser Vorarbeiten ist dabei zweitrangig. Auch in der gemeinsamen Erarbeitung eines - der späteren Ausschreibung zugrundeliegenden - Planungsdetails ist eine Mitwirkung an der Erstellung der Planungsunterlagen zu erblicken, die zu einem Ausschluß des betreffenden Unternehmens als Mitbewerber führt, wenn der spätere Bieter durch seine Vorarbeiten einen Wettbewerbsvorteil erzielen kann (Oberndorfer/Straube Vergabe und Verdingungswesen2 FN 11 zu Ö-Norm A 2050 Punkt 1.3.2). Nach dem im Sicherungsverfahren bescheinigten Sachverhalt ist dies hier der Fall. Der Prokurist der Beklagten war durch die mit dem die Ausschreibung verfassenden Mitarbeiter des Architekten geführten Gespräche über das geplante Bauvorhaben unterrichtet. Er wußte, daß eine Dachkonstruktion mit Großflächenelementen einer bestimmten Brandwiderstandsklasse vorgesehen war und Lüftungsrohre in die Binderkonstruktion integriert werden sollten, sowie daß die Lieferzeit "kurz" sein müsse. Er hat dem Mitarbeiter des Architekten einen Element-Systemquerschnitt aus der Standardarchitektenmappe der Beklagten zur Verfügung gestellt, an der Erstellung eines Elementquerschnittes für die konkrete Planung mitgeholfen und an der Lösung der Lüftungsdurchführung mitgewirkt. Daß diese Vorarbeiten der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen Bewerbern verschafften, die erst durch die kurz vor Weihnachten erfolgte Ausschreibung informiert wurden und bei ihrer Kalkulation nicht auf die der Beklagten schon davor bekannten (und von ihr auch schon systematisch verwendeten Elementquerschnitte) zurückgreifen konnten, liegt auf der Hand. Angesichts des Umstands, daß der Prokurist der Beklagten bei der Erstellung des Elementquerschnitts mitgewirkt hatte (und dabei wohl auch die von der Beklagten sonst angebotenen Systemelemente Berücksichtigung fanden), mußte es der Beklagten leichter als anderen Mitbewerbern möglich sein, ein den technischen Anforderungen der Ausschreibung entsprechendes und preislich günstiges Angebot zu erstellen sowie dessen Realisierung in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit glaubhaft zu machen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie habe sich an einer allfälligen Normverletzung, die nur in der mangelnden Ausscheidung ihres Anbotes liegen könne, nicht beteiligt. Sie habe die Auftraggeberin weder zu einem gesetz- noch zu einem vertragswidrigen Verhalten angestiftet, noch sie dabei gefördert. Normadressat der Vergabegesetze wie auch der entsprechenden Ö-Norm-Bestimmungen sei nicht der Anbieter, sondern nur das ausschreibende Unternehmen, das verpflichtet werde, ein Anbot in den dort genannten Fällen auszuscheiden. Die Beklagte habe sich auch nicht verpflichtet, bei der Anbotslegung die Ö-Normen oder Vergabegesetze zu beachten.

Lehre und Rechtsprechung legen den Begriff des "Störers" im Wettbewerbsrecht weit aus. Störer ist nicht nur der unmittelbare Täter, sondern jeder, der daran mitwirkt, indem er durch eigenes Verhalten den (Wettbewerbs)Verstoß eines anderen - auch eines selbständig handelnden Dritten - fördert oder überhaupt erst möglich macht (Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 85; Baumbach/Hefermehl20 Einl UWG Rz 327 mwN; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche7 Kapitel 14 Rz 7). Der Unterlassungsanspruch richtet sich demnach auch gegen denjenigen, der einen andern zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten veranlaßt, dieses fördert oder für sich ausnützt (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 327 mwN, ders § 13 Rz 74). Aus diesen Erwägungen wird die Haftung desjenigen bejaht, der - ohne selbst Täter zu sein - als Anstifter oder Gehilfe vorsätzlich handelt (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 327 d). In diesem Sinn hat der BGH einen auf § 1 UWG gestützten Unterlassungsanspruch gegen einen Verleger bejaht, der durch Anbieten eines "Lexikons der Nahrungsmittel" zwecks Weiterverkaufs in Apotheken die Apotheker zu einem Gesetzesverstoß aufgefordert hatte (BGH GRUR 1988, 767 f - Ernährungsbroschüre; Baumbach/Hefermehl aaO Rz 326c).

Daß die hier Beklagte vom weiten Störerbegriff erfaßt wird, ist nicht zweifelhaft: Wenngleich sich die Vergabevorschriften zunächst an den Auftraggeber richten, dem geboten wird, Unternehmer, die an Vorarbeiten für eine Ausschreibung unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren, von einer Teilnahme am Wettbewerb auszuschließen und dennoch abgegebene Angebote auszuscheiden, so darf nicht übersehen werden, daß die Vergabevorschriften gerade dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise dienen (WBl 1997, 217) und die Gleichbehandlung aller Bieter im Vergabeverfahren sicherstellen sollen (JBl 1990, 520). So weist die Ö-Norm A 2050 in ihrem Punkt

1.3.1 auch ausdrücklich auf den Grundsatz des gleichen und fairen Wettbewerbs aller Bieter hin. Die Vergabevorschriften haben daher - ohne daß dies für die Frage der Sittenwidrigkeit eines Gesetzesverstoßes von unmittelbarer Bedeutung wäre - ohne Zweifel wettbewerbsregelnden Charakter (Rummel aaO ÖZW 1999, 5; Oberndorfer/Straube aaO Vorbemerkungen zur Ö-Norm A 2050 S. 5). Legt nun die Beklagte in Kenntnis der Vergabevorschriften - die Kenntnis des Bundesvergabegesetzes ist vorauszusetzen; die Ö-Norm A 2050 war nach den Ausschreibungsbedingungen Vertragsinhalt - und in Anbetracht des Umstands, daß ihr Prokurist an der Ausschreibung mitgewirkt hat, ein Anbot, kann dies nur als Aufforderung an die den Auftrag vergebende Stelle verstanden werden, sich über die Vorschriften des BVergG und der vereinbarten Ö-Norm hinwegzusetzen und damit einen Gesetzesverstoß zu begehen. Die Beklagte nützte damit nicht bloß einen Gesetzesverstoß des Auftraggebers aus (zum Ausnutzen fremden Vertragsbruchs vgl Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 111 ff; ÖBl 1998, 22 - Elektronik aktuell), sondern trug aktiv dazu bei, indem sie den Auftraggeber bewußt zu einem ihren Wettbewerb fördernden gesetzwidrigen Handeln veranlaßte. Ihre willentliche Handlungsweise stellt sich als adäquat kausale Mitwirkung am Gesetzesverstoß dar (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 327; Teplitzky aaO § 14 Rz 2). Daß das gesetzwidrige Nichtausscheiden des Anbots der Beklagten dazu diente, den Wettbewerb ihres Unternehmens zu Lasten der übrigen Bieter zu fördern (im Falle ihres Ausscheidens wäre das Anbot jedenfalls unberücksichtigt geblieben), ist offenkundig. Daß die Beklagte die rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, die gesetzwidrige Störungshandlung (durch Nichtabgabe oder Rückziehung ihres Anbots) zu verhindern, unterliegt keinem Zweifel.

Die Vorinstanzen haben den gegen die Beklagte auf Unterlassung künftiger gleichartiger wettbewerbswidriger Handlungen gerichteten Unterlassungsanspruch daher zutreffend bejaht.

Dem Einwand der Beklagten, das Unterlassungsbegehren sei zu weit gefaßt, ist entgegenzuhalten, daß eine allgemeine Fassung des Begehrens unter Berücksichtigung des Kerns der konkreten Verletzungshandlung (4 Ob 58/98b; 4 Ob 73/99k) angestrebt wird, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (Fitz/Gamerith aaO 83; stRspr RIS-Justiz RS0037607). Die von der Beklagten angestrebte Einschränkung der einstweiligen Verfügung durch Berücksichtigung der im Nachprüfungsverfahren nach dem Salzburger LVergG vorgesehenen Interessenabwägung ist hier nicht erforderlich. Eine Abwägung der Interessen des Mitbewerbers am Unterbleiben der Zuschlagserteilung mit jenen des Auftraggebers an der Fortsetzung des Vergabeverfahrens fände nur im Nachprüfungsverfahren vor dem Vergabekontrollamt insoweit statt, als durch die Entscheidung über den Sicherungsantrag eine Schädigung der wechselseitigen Interessen der am Nachprüfungsverfahren Beteiligten eintreten kann. Im vorliegenden Fall wird die einstweilige Verfügung aber nicht im Nachprüfungsverfahren zur Beseitigung oder Verhinderung von durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandenen oder unmittelbar drohenden Schädigungen angestrebt. Sie wird vielmehr gestützt auf § 1 iVm § 24 UWG zur Sicherung des für die Zukunft begehrten Unterlassungsgebots beantragt. Für eine Interessenabwägung im Sinn des § 17 Abs 4 des Salzburger LVergG besteht somit keine Veranlassung. Im übrigen wurde die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Hauptverfahrens befristet.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs der Beklagten wird aus den dargelegten Erwägungen nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO.