OGH vom 27.05.1997, 4Ob155/97s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr.Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Gerhard Preisl, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 90.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 47/97x-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 9 Cg 317/96v-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 Satz 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes fehlen hier die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO:
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung hängt allein von der Lösung der Frage ab, ob die Rechtsansicht der Beklagten, sie sei aufgrund der schriftlichen Mitteilung des Bürgermeisters der Gemeinde H***** vom , wonach "gegen den geplanten Textilmarkt am 5. und ... seitens der Gemeinde H***** kein Einwand erhoben" werde, berechtigt gewesen, die beanstandete Verkaufsveranstaltung (auch) am Sonntag, den zwischen 10.00 Uhr und 17.00 Uhr durchzuführen, weil insoweit gemäß § 2 Abs 1 Z 1 lit a und Abs 2 BZG iVm § 16 ARG eine Ausnahme von der Sonntagsruhe bestanden habe, durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro-Post I; ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1995, 110 - Zukauf von Wein; ÖBl 1996, 118 - Gleitschirmschule uva).
Daß diese Voraussetzung hier fehlt, die Verletzung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes (BZG) der Beklagten also auch subjektiv vorwerfbar ist, liegt so klar auf der Hand, daß es einer eingehenden Befassung des Obersten Gerichtshofes hiemit nicht bedarf. Der - vom Kläger in der Revisionsrekursbeantwortung geltend gemachte - Umstand, daß ein völlig gleichartiger Sachverhalt noch nicht vom Obersten Gerichtshof entschieden wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (vgl WoBl 1993/54).
Unter einem Gelegenheitsmarkt im Sinne des § 286 Abs 1 GewO ist nach dieser Bestimmung eine marktähnliche Verkaufsveranstaltung zu verstehen, die nur gelegentlich aus besonderen Anlässen abgehalten wird. Von einer marktähnlichen Einrichtung, einem "Quasimarkt", kann nur gesprochen werden, wenn eine solche Einrichtung in ihrem äußeren Erscheinungsbild das Gepräge eines Marktes aufweist; das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn an einem bestimmten Ort vereinzelte Verkaufsstände aufgeschlagen werden; um das Bild eines Marktes im gebräuchlichen Sinne zu vermitteln, muß immerhin eine solche Anhäufung von Verkaufsständen feststellbar sein, daß sich auch für einen unbefangenen Beobachter das typische Gepräge eines Marktes darbietet (VwSlg NF 4028A). Die Bewilligung zur Abhaltung eines "Quasimarktes" können die Gemeinden nicht nur sich selbst erteilen; vielmehr können auch Dritte, dh von der Gemeinde verschiedene Personen, eine Bewilligung zur Veranstaltung eines Gelegenheitsmarktes erhalten; tritt ein privater Marktorganisator auf, so liegt die Zuweisung der Marktstände an die einzelnen Marktteilnehmer in seiner Hand (DfEGRNov 1992, zitiert nach Kinscher/Sedlak, Gewerbeordnung6, Anm 21 zu § 286). Die Bewilligung eines Gelegenheitsmarktes besteht demnach darin, daß dem Marktorganisator das Recht erteilt wird, auf bestimmten Räumlichkeiten einen Markt, also eine Veranstaltung abzuhalten, an welcher "jedermann" (§ 286 Abs 1 GewO) das Recht hat, Waren nach Maßgabe der jeweils festgelegten Marktordnung feilzubieten und zu verkaufen.
Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben nicht darum angesucht, einen Markt in diesem Sinne organisieren zu dürfen; vielmehr hat sie nur eine eigene, "Textilmarkt" benannte Verkaufsveranstaltung, also keinen Markt im Sinne des Gesetzes, durchzuführen beabsichtigt. Ganz abgesehen davon, daß die Mitteilung des Bürgermeisters, die Gemeinde erhebe gegen den geplanten Textilmarkt keinen Einwand, nicht als Bescheid verstanden werden kann, war also ein Gelegenheitsmarkt gar nicht beantragt. Selbst wenn man aber in dem Schreiben einen Bescheid im Sinne des § 286 Abs 2 GewO sehen wollte, so hat doch die Beklagte keinen Markt organisiert, sondern nur eine eigene Verkaufsveranstaltung durchgeführt. Sie hat daher, selbst wenn sie die Bewilligung erhalten hätte, einen "Quasimarkt" zu veranstalten, mangels tatsächlicher Durchführung eines Marktes in diesem Sinne gegen das BZG verstoßen.
Aus den von der Beklagten angeführten Entscheidungen 4 Ob 1045/95 und 4 Ob 1004/96 ist für sie nichts zu gewinnen. In dem diesen im Provisorial- (4 Ob 1045/94) und danach im Hauptverfahren (4 Ob 1004/96) ergangenen Entscheidungen zugrundeliegenden Fall hatte der Gemeinderat eine "Verordnung" erlassen, mit welcher ein Gelegenheitsmarkt bewilligt worden war. Die dort vertretene Auffassung, daß der beklagte Marktteilnehmer im Rahmen der Bewilligung gehandelt hat, selbst wenn sich entgegen der durch die behördliche Entscheidung eröffneten Möglichkeit keine Mehrheit von Anbietern gefunden hat, bildet keine Rechtfertigung für das Verhalten der Beklagten.
Ihre Rechtsansicht ist aufgrund der insoweit eindeutigen Gesetzeslage und des Inhaltes der von ihr vorgelegten Korrespondenz völlig unvertretbar. Für die Entscheidung der Frage, ob die Beklagte an einem Sonntag ihre Textilien verkaufen darf, war auch nicht die Gemeinde - sei es der Gemeinderat oder der Bürgermeister - zuständig. Ausnahmen von der Sonntagsruhe kann unter gewissen Voraussetzungen der Landeshauptmann mit Verordnung festlegen (§ 3 Abs 1 BZG). Die Beklagte konnte somit auch nicht "mit gutem Grund" der Meinung sein, der mangelnde Einwand des Bürgermeisters berechtige sie jedenfalls zur Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit an einem Sonntag.
Die Rechtsmittelausführungen, wonach das Rekursgericht der Beklagten mehr verboten habe, als der Kläger begehrt habe, sind völlig unverständlich, stimmt doch das erlassene Unterlassungsgebot wörtlich mit dem Sicherungsantrag überein, der nicht nur ein Verbot des Ankündigens, sondern auch des Offenhaltens und des Ausübens gewerblicher Tätigkeiten enthalten hat (S. 21).
Da die Entscheidung somit nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängt, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 78, 40, 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO. Da der Kläger nicht auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen hat, diente seine Rechtsmittelbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.