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OGH 17.10.2013, 1Ob192/13m

OGH 17.10.2013, 1Ob192/13m

Rechtssatz


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Normen
WRG §117 Abs1
WRG §117 Abs2
WRG §117 Abs4
RS0129096
Hat die Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 Abs 2 WRG die Festsetzung der Höhe der dem Grunde nach zuerkannten Entschädigung einem Nachtragsbescheid vorbehalten, kann das Gericht auch dann nicht gemäß § 117 Abs 4 WRG angerufen werden, wenn dieser Nachtragsbescheid innerhalb eines Jahres nicht erlassen wird.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. E***** N*****, 2. F***** P*****, 3. W***** W*****, 4. W***** W*****, 5. F***** Ö*****, 7. Ing. F***** Ö*****, 8. M***** K*****, 9. F***** K*****, 10. A***** M*****, 11. J***** E*****, und 12. J***** K*****, alle vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die Antragsgegnerin Wassergenossenschaft W*****, wegen 12.620,95 EUR sA, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 112/13f-5, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 4 Nc 6/13f-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsteller haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit ihrem am beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrten die Antragsteller, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, ihnen eine Entschädigung in Höhe von 12.620,95 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen. Die zuständige Wasserrechtsbehörde erster Instanz, ein Landeshauptmann, habe der Antragsgegnerin eine Grundsatzgenehmigung für Bachabkehren in den Jahren 2011, 2013 und 2015 sowie eine Detailgenehmigung für die Bachabkehr des W*****bachs im Jahr 2011, jeweils unter Einhaltung bestimmter Nebenbestimmungen, erteilt. Im Bescheid vom sei den Antragstellern auch dem Grunde nach eine Entschädigung zuerkannt und die Festsetzung der Höhe einem gesonderten wasserrechtlichen Bescheid vorbehalten worden. Die Bachabkehr habe im Zeitraum vom 15. bis stattgefunden, wobei den Antragstellern im Zusammenhang mit dem Abfischen und Wiedereinsetzen der Fische ein Aufwand von 5.719 EUR entstanden sei. Durch den darüber hinaus eingetretenen Verlust von Fischen und Fischnährtieren sei ein weiterer Schaden von 6.901,95 EUR entstanden. Da die Wasserrechtsbehörde mit der Fällung eines Nachtragsbescheids über die Höhe der den Antragstellern gebührenden Entschädigung säumig sei und auch die Anrufung einer Oberbehörde im Devolutionsweg nicht in Betracht komme, seien die Antragsteller berechtigt, im Sinne der sukzessiven Kompetenz nach § 117 Abs 4 WRG die Entscheidung des Gerichts zu begehren.

Das Erstgericht wies den Antrag wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Nach ständiger Rechtsprechung könne das Gericht gemäß § 117 Abs 4 WRG im Zusammenhang mit Entschädigungen nur dann angerufen werden, wenn die Verwaltungsbehörde bereits eine Sachentscheidung getroffen hat. Im Falle einer Untätigkeit der Verwaltungsbehörde, also des Fehlens einer Sachentscheidung, stehe der Rechtsweg vor das Landesgericht (noch) nicht offen. Die Antragsteller seien auf den administrativen Instanzenzug zu verweisen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs letztlich für zulässig. Über die Entschädigung für vermögensrechtliche Nachteile des Fischereiberechtigten gemäß § 15 Abs 1 WRG sei im Verfahren gemäß § 117 WRG zu entscheiden. Nach § 117 Abs 2 WRG könne die Wasserrechtsbehörde die Festsetzung einer der Grunde nach zuerkannten Entschädigung einem abgesonderten Bescheid vorbehalten. Eine solche Entscheidung sei einem Zwischenurteil gemäß § 393 Abs 1 ZPO vergleichbar. Das Gericht sei aber nach § 117 Abs 4 WRG nur anrufbar, wenn die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung getroffen hat. Liege keine meritorische Entscheidung der Wasserrechtsbehörde vor, stehe der Partei nur der administrative Instanzenzug offen. Die Antragsteller machten geltend, die Wasserrechtsbehörde habe nicht innerhalb der in § 117 Abs 2 WRG vorgesehenen einjährigen Frist über die Höhe der ihnen zustehenden Entschädigung entschieden. Sie relevierten also, die Behörde sei mit ihrer Sachentscheidung zur Höhe der Entschädigung säumig. Dieser Fall unterliege jedoch, weil es sich bloß um eine behauptete Untätigkeit der Behörde, nicht jedoch um eine Sachentscheidung handle, gemäß § 117 Abs 4 und Abs 6 WRG nicht der sukzessiven Gerichtskompetenz. Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 62 Abs 1 AußStrG zulässig, weil es keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage gebe, ob die sukzessive gerichtliche Kompetenz gemäß § 117 Abs 4 WRG auch dann gegeben ist, wenn nach einer Grundsatzentscheidung die Wasserrechtsbehörde mit dem Nachtragsbescheid gemäß § 117 Abs 2 WRG säumig ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach dem Vorbringen der Antragsteller hat die Wasserrechtsbehörde von der ihr nach § 117 Abs 2 WRG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistung einer Entschädigung nur dem Grunde nach abzusprechen und die Entscheidung über die Höhe einem Nachtragsbescheid vorzubehalten (s dazu etwa Oberleitner/Berger, WRG³ § 117 Rz 3 mit Verweis auf VwGH Slg 8966A; 88/07/0153). Ein solcher Nachtragsbescheid ist, allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 117 Abs 2 letzter Satz WRG), binnen angemessener, ein Jahr nicht überschreitender Frist, zu erlassen (Satz 1).

Gemäß § 117 Abs 4 WRG ist gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs 1 eine Berufung nicht zulässig. Die Entscheidung tritt aber außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheids die gerichtliche Entscheidung beantragt wird.

Die Revisionsrekurswerber vertreten nun (weiterhin) die Rechtsauffassung, die sukzessive Gerichtskompetenz nach § 117 Abs 4 WRG könne auch in Fällen der Säumigkeit der Behörde mit dem Nachtragsbescheid in Anspruch genommen werden. Zur Begründung dieser Ansicht führen sie ins Treffen, dass einerseits keine vollständige Untätigkeit der Behörde vorliege, weil diese ja den Grundsatzbescheid erlassen habe, und andererseits eine andere Art der Verfolgung ihrer Entschädigungsansprüche nicht in Betracht käme, weil eine Oberbehörde gesetzlich nicht vorgesehen sei und daher auch ein Devolutionsantrag (§ 73 Abs 2 AVG) nicht in Betracht komme.

Dieser Auffassung vermag der erkennende Senat nicht beizutreten. Gemäß § 117 Abs 4 WRG können Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde zwar nicht mit Berufung bekämpft werden, die Entscheidung tritt jedoch außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, in diesem Zusammenhang die Fälle der Nachtragsbescheide nach § 117 Abs 2 WRG übersehen zu haben, sodass auch für solche Nachtragsbescheide (nur) vorgesehen ist, dass die „Entscheidung“ dadurch außer Kraft tritt, dass vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des „Bescheides“ das Gericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz angerufen wird.

Auch in allen anderen Fällen ist das Gericht zur Entscheidung nicht berufen, wenn die Wasserrechtsbehörde mit der von ihr zu fällenden Entscheidung säumig ist; nur ausnahmsweise kann - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - eine unvollständige Entscheidung als Verweigerung der Entschädigung verstanden werden (vgl etwa VwGH 98/07/0195 mwN), die durch (rechtzeitige) Antragstellung bei Gericht außer Kraft gesetzt werden kann.

In Fällen der Säumigkeit der Behörde mit der Erlassung eines Nachtragsbescheids gemäß § 117 Abs 2 WRG befindet sich der Antragsteller aber in keiner anderen Situation als etwa jener, über dessen Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung nach § 117 Abs 1 WRG die Wasserrechtsbehörde nicht (zeitgerecht) entscheidet. Dass es dem letztgenannten Antragsteller mangels Vorliegens einer behördlichen Entscheidung nicht möglich ist, die sukzessive Kompetenz der Gerichte in Anspruch zu nehmen, ergibt sich aus der insoweit klaren gesetzlichen Regelung. Warum ein Antragsteller anders (günstiger) behandelt werden sollte, der einen Nachtragsbescheid nach § 117 Abs 2 WRG begehrt, nachdem die Behörde ursprünglich nur dem Grunde nach über die Berechtigung des Entschädigungsbegehrens entschieden und sogar ausdrücklich ausgesprochen hat, dass eine Festsetzung der Anspruchshöhe in einem späteren Bescheid erfolgen wird, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Revisionsrekurswerbern nicht nachvollziehbar begründet.

Solange über die Frage der Höhe der Entschädigung aber noch keine wasserrechtsbehördliche Entscheidung vorliegt, kommt weder in den Fällen des Abs 1 noch bei Vorbehalt eines Nachtragsbescheids gemäß Abs 2 die Anrufung des Gerichts in Betracht, ohne dass abschließend beurteilt werden müsste, ob ein Devolutionsantrag (§ 73 Abs 2 AVG) an die an sich im verwaltungsrechtlichen Instanzenzug vorgesehene Oberbehörde möglich wäre, wogegen nach Ansicht des erkennenden Senats allein das Fehlen eines administrativen Instanzenzugs für die Entschädigungsfrage nicht spricht (vgl nur Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 11). Gegebenenfalls bleiben den Antragstellern Amtshaftungsansprüche wegen Verzögerung oder Verweigerung des Nachtragsbescheids.

Die Antragsteller sind in einem einseitigen Verfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs endgültig unterlegen und haben daher auch die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen (§ 117 Abs 6 WRG iVm § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG e contrario).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00192.13M.1017.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAD-45234