OGH vom 16.02.1993, 5Ob159/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin S*****, vertreten durch Dr.Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Dr.Johann Z*****, kaufmännischer Angestellter, *****, vertreten durch Dr.Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Festsetzung des Bauzinses infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 41 R 515/92-14, womit der Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom , GZ 9 Msch 31/91-10, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****. Dem Antragsgegner wurde im Jahre 1957 gegen einen jährlichen, nicht wertgesicherten Bauzins von S 853,- das Baurecht auf dieser Liegenschaft eingeräumt (Baurechteinlage EZ ***** des Grundbuches *****). Mit Vertrag vom schenkte der Antragsgegner die Hälfte des Baurechtes seiner Ehegattin (verbüchert unter TZ 6048/1990).
Die Antragstellerin begehrt mit dem am eingebrachten, nur gegen den Antragsgegner (und nicht auch gegen dessen Ehegattin) gerichteten Antrag unter Berufung auf Art III Abs 5 BauRG-Nov 1990 die Erhöhung des Bauzinses auf das angemessene Ausmaß von S 25.400,-,
wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1986.
Der Antragsgegner begehrt die Abweisung dieses Antrages unter anderem auch mit der Begründung, das Begehren auf Erhöhung des Bauzinses könne nur gegen alle Bauberechtigten gerichtet werden. Durch Unterlassen rechtzeitiger Antragstellung (= innerhalb eines Jahres ab dem am erfolgten Inkrafttreten der BauRG-Nov 1990) auch gegen die Ehegattin des Antragsgegners sei der Anspruch auf Erhöhung des Bauzinses erloschen.
Das Erstgericht sprach mit Zwischensachbeschluß aus, daß die Erhöhung des Bauzinses hinsichtlich des Hälfteanteiles des Antragsgegners dem Grunde nach zulässig sei.
Das Gestaltungsrecht der Antragstellerin sei nicht unteilbar. Es sei - im Gegensatz zum Ehegattenwohnungseigentum - möglich, die Baurechtsanteile unterschiedlich zu belasten. Eine Reallast könne auch auf einem ideellen Anteil einer Liegenschaft eingetragen werden, es sei denn, daß die nur an dem Anteil eines Miteigentümers begründete Reallast ihrem Inhalt nach auch den Anteil des anderen Miteigentümers mitbelasten würde. Dies sei insofern der Fall, wenn und soweit die Reallast in einem Gebrauch oder Benützen der Liegenschaft selbst bestehe. Im vorliegenden Fall handle es sich jedoch um eine Reallast zur Sicherung der Zahlung des Bauzinses, somit trotz vertraglicher Solidarhaftung um eine teilbare Geldleistung. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei daher der Anspruch auf Erhöhung des Bauzinses durch Unterlassen des Antragstellung gegenüber der Ehegattin des Antragsgegners nicht erloschen.
Das Rekursgericht wies den Antrag der Antragstellerin kostenpflichtig ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:
Ausgehend davon, daß das Baurecht stets den ganzen Grundbuchskörper belasten müsse, könne in einer Grundbuchseinlage nur ein Baurecht, begründet durch den Baurechtsvertrag, bestehen. Daraus folge, daß als Entgelt für die Einräumung des Baurechtes an der ganzen Liegenschaft auch nur ein einheitlicher Bauzins existiere. Davon zu unterscheiden sei der Umstand, daß sowohl auf Seite des Grundeigentümers als auch auf Seite des Bauberechtigten Personenmehrheit bestehen könne. Im letzteren Fall würden jedoch nicht mehrere Baurechte begründet; es sei lediglich so, daß das bestehende Baurecht mehreren Bauberechtigten zustehe. Auch in einem solchen Fall könne nur ein einheitlicher Bauzins bestehen.
Der Antragsgegner sei daher allein im Verfahren zur Erhöhung des Bauzinses nicht passiv legitimiert. Durch Nichterfassung eines der Bauberechtigten in einem Verfahren nach Art III Abs 5 BauRG-Nov 1990 bestehe wegen der Einheitlichkeit des Bauzinses die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen, wenn nicht alle Bauberechtigten als notwendige Streitgenossen in einem einzigen Verfahren in Anspruch genommen würden.
Die vom Erstgericht vertretene Auffassung, eine Reallast könnte auch auf einem ideellen Anteil einer Liegenschaft eingetragen werden, übersehe, daß im konkreten Fall auf Grund eines Baurechtsvertrages ein Baurecht zu einem bestimmten Bauzins eingeräumt wurde, wobei schon nach schuldrechtlichen Grundsätzen die nach Abschluß des Baurechtsvertrages erfolgte Schenkung des Hälfteanteiles des Baurechts an die Ehegattin des Antragsgegners nicht dazu führen könne, daß nunmehr zwei voneinander unabhängige Baurechte zu zwei ebenfalls voneinander unabhängigen Bauzinsen bestünden.
Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses ergebe sich daraus, daß keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob bei Vorhandensein mehrerer Bauberechtigter Anträge nach Art III Abs 5 BauRG-Nov 1990 einen Fall der notwendigen Streitgenossenschaft darstellten.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Begehren, ihrem in erster Instanz gestellten Antrag stattzugeben; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof billigt die Entscheidung des Rekursgerichtes dem Ergebnis und seiner juristischen Ableitung nach. Er kann sich daher auf folgende kurze Begründung beschränken (Art III Abs 6 BauRG-Nov 1990 iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG §§ 528 a und 510 Abs 3 ZPO):
Das Baurecht ist das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs 1 BauRG). Es entsteht durch die bücherliche Eintragung als Last des Grundstückes (§ 5 Abs 1 BauRG), kann jedoch nicht an einem Teil eines Grundbuchskörpers begründet werden (§ 5 Abs 2 BauRG).
Der Bauzins ist das in wiederkehrenden Leistungen bestehende Entgelt für die Bestellung des Baurechtes (§ 3 Abs 2 BauRG). Der Übergang des halben Anteiles am Baurecht auf die Ehegattin des Antragsgegners im Wege der Schenkung ändert nichts daran, daß der Bauzins als wesentlicher, immanenter Bestandteil des entgeltlichen Baurechts, der daher von diesem nicht getrennt werden kann (Feil, Baurechtsgesetz 19), die Gegenleistung für die Einräumung des einheitlichen Baurechtes bleibt. Wie es auf der belasteten Liegenschaft der Antragstellerin nur ein Baurecht gibt (und nicht etwa die dem Antragsgegner und seiner Ehegattin zustehenden Baurechte je für sich), ist hiefür auch weiterhin (= nach Vorhandensein zweier Berechtigter aus dem einheitlichen Baurecht infolge der Schenkung) nur ein einheitlicher und von den nunmehr mehreren Bauberechtigten zur ungeteilten Hand geschuldeter Bauzins zu entrichten.
Das der Antragstellerin durch Art III Abs 5 bis 7 BauRG-Nov 1990
eingeräumte befristete Recht, unter den in diesen
Gesetzesbestimmungen genannten Bedingungen eine Erhöhung des
Bauzinses verlangen zu können, ist ein Gestaltungsrecht, das
unteilbar ist und demgemäß nur gegen alle Schuldner (hier: gegen
alle Bauberechtigten als Schuldner des Bauzinses) geltend gemacht
werden kann (zur Rechtsnatur des Gestaltungsrechtes siehe Gschnitzer
in Klang2 IV/1, 281 f; Welser-Graff in GesRZ 1984, 121; SZ 57/120
unter Hinweis auf Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 889).
Das bedeutet, daß die Bauberechtigten als Schuldner des Bauzinses
auch im Verfahren außer Streitsachen nur als notwendige
Streitgenossen entsprechend der im Streitverfahren geltenden
Bestimmung des § 14 ZPO in Anspruch genommen werden können,
erfordert doch die Einheit des Bauzinses (und die mit seiner
Nichtentrichtung gegebenenfalls verbundenen Folgen für das gemeinsame
Baurecht) zur Vermeidung unlösbarer Verwicklungen im Falle der
Festsetzung des (einheitlichen) Bauzinses in verschiedener Höhe
gegenüber den aus dem einheitlichen Baurecht berechtigten
verschiedenen Personen auch eine einheitliche Entscheidung (vgl
Fasching Lehrbuch2, Rz 364; SZ 50/113, SZ 61/155 und SZ 57/120).
Die Ausdehnung des Antrages auf die Ehegattin des Antragsgegners ist infolge Ablaufes der in Art III Abs 7 BauRG-Nov 1990 für einen solchen Antrag gestellten Frist nicht mehr möglich, obgleich im Verfahren außer Streitsachen kein prozessuales Hindernis bestünde, auch nach Verfahrenseinleitung das Begehren auf andere Parteien auszudehnen und diese sodann dem Verfahren beizuziehen.
Der Antrag der Antragstellerin wurde daher vom Rekursgericht zutreffend abgewiesen, sodaß dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen war.