OGH 21.12.2004, 4Ob257/04d
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verwertungsgesellschaft *****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, und der Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten Stadt Wien, *****, vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR), Zahlung von 25.984 EUR, in eventu Rechnungslegung und nach Rechnungslegung zu beziffernder Zahlung (Streitwert 11.627,65 EUR), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 73/04h-71, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage eine krasse Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht geltend. Die Verneinung der Wiederholungsgefahr beruhe auf aktenwidrigen Annahmen. Die Beklagte habe nie einen bedingungslosen Teil-Unterlassungsvergleich angeboten. Das Berufungsverfahren sei insoweit auch mangelhaft geblieben, weil es von einem bloß unterstellten und nicht von einem festgestellten Sachverhalt ausgehe. Entgegen der Rechtsprechung sei nicht das Gesamtverhalten der Beklagten berücksichtigt worden; der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung hätte bejaht werden müssen.
In dem seit 1993 und damit seit mehr als 10 Jahren anhängigen Verfahren (von 1994 bis 1999 hat das Verfahren geruht) haben die Parteien in der Tagsatzung vom einen bedingten Vergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte zur begehrten Unterlassung, zur Zahlung eines Pauschalbetrags von 10.000 S an Schadenersatz und zum Ersatz eines Kostenbetrags von 139.048 S verpflichtet hat. Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen, weil "eine Abstimmung mit dem betroffenen Bezugsberechtigten ... innerhalb der Widerrufsfrist nicht möglich war" (ON 33).
Der Grund für den Widerruf lag damit in der Sphäre der Klägerin. Die Beklagte hat auch in der Folge den Abschluss eines Vergleichs angeboten. Ihre Schilderung des Ablaufs der Vergleichsgespräche im Schriftsatz ON 44 hat die Klägerin nur unsubstantiiert bestritten (AS 377), obwohl es ihr doch leicht möglich und auch naheliegend gewesen wäre, diese Behauptungen im Fall ihrer Unrichtigkeit zu widerlegen, so dass das Berufungsgericht, entgegen der Behauptung der Klägerin, seiner Entscheidung nicht aktenwidrige Unterstellungen, sondern im Einklang mit § 267 Abs 1 ZPO (7 Ob 799/81 = SZ 55/116) das unbestritten gebliebene Beklagtenvorbringen zugrunde gelegt hat. Danach hat die Beklagte der Klägerin den Abschluss eines (Teil-)Vergleichs über das Unterlassungsbegehren angeboten.
Mit dem Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs wird die Vermutung der Wiederholungsgefahr entkräftet, wenn das Vergleichsangebot auch einem berechtigten Veröffentlichungsbegehren Rechnung trägt (stRsp 4 Ob 13/94 = ÖBl 1994, 227 - Ritter/Knight; 4 Ob 35/00a = ÖBl 2001, 63 - Teppichknoten mwN). Die Klägerin hat die Veröffentlichung des Urteils in zwei Tageszeitungen und in einer Kunstzeitschrift mit der Begründung begehrt, dass die Aufklärung des Publikums im Hinblick auf das Unterbleiben künftiger Rechtsverletzungen unerlässlich sei. Die ungenehmigte Vervielfältigung und Verbreitung der gegenständlichen Kataloge und Bücher sei offensichtlich in großer Zahl und an einen größeren, im Einzelnen nicht mehr feststellbaren Personenkreis erfolgt, was auch für die Ausstellungen zutreffe (ON 1).
Die Ausstellungen haben 1989/1990 und 1991 stattgefunden; die Kataloge konnten (nicht nur bei den Ausstellungen erworben, sondern) 1990 im Buchhandel gekauft und noch 1992 beim Verlag bestellt werden (AS 523 ff). Dass der Katalog auch noch danach im Handel gewesen wäre, steht nicht fest. Aus dem Erwerb eines Exemplars durch eine Mitarbeiterin des Klagevertreters an der Technischen Universität Wien, der Veranstalterin einer der Ausstellungen, im Jahre 1999 (AS 525), folgt nur, dass Kataloge noch existierten, nicht aber, dass sie im Handel gewesen und damit einem größeren Personenkreis bekannt geworden wären. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist demnach davon auszugehen, dass die durch die Ausstellungen einem größeren Personenkreis bekannt gewordenen Rechtsverletzungen im Zeitpunkt der Vergleichsgespräche und -angebote mindestens 10 Jahre zurücklagen. Angesichts des langen Zeitraums hat das Berufungsgericht ein Aufklärungsinteresse und damit auch ein Veröffentlichungsinteresse verneint. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Einschränkung des Veröffentlichungsbegehrens auf Kosten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom , die die Klägerin damit begründet hat, dass seit der Ausstellung in den Jahren 1989/1990 mehr als 10 Jahre verstrichen waren (AS 489). Eine - wie die Klägerin behauptet - krasse Fehlbeurteilung liegt damit jedenfalls nicht vor.
Ist die Verneinung des Veröffentlichungsinteresses nicht zu beanstanden, so hat das Angebot auf Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs all das umfasst, was die Klägerin - bezogen auf Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren - im Rechtsstreit hätte ersiegen können. Durch das Angebot eines solchen Vergleichs wird die Vermutung der Wiederholungsgefahr widerlegt.
Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage weiters geltend, dass eine krasse Fehlbeurteilung auch insoweit vorliege, als das Berufungsgericht von einer unbeschränkten Erkundigungspflicht in Bezug auf die rechtskräftige Erledigung eines zwischen Dritten geführten Verfahrens ausgehe. Es sei auf den Zeitpunkt der Kenntnis (der Organe der Klägerin) abzustellen; der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf fehlender Behauptungen sei aktenwidrig.
Das Berufungsgericht hat eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens angenommen, weil zwischen dem Abschluss jenes Verfahrens, das Anlass der Ruhensvereinbarung war, und dem Fortsetzungsantrag der Klägerin mehr als ein Jahr verstrichen war. Entgegen der Behauptung der Klägerin ist das Berufungsgericht dabei nicht von einer "unbeschränkten" Erkundigungspflicht der Klägerin ausgegangen, sondern hat zu Recht darauf Bedacht genommen, dass ihr Bezugsberechtigter und damit der am gegenständlichen Verfahren materiell Interessierte Partei jenes Verfahrens war, dessen Ausgang mit der Ruhensvereinbarung abgewartet werden sollte. Dass das Berufungsgericht bei dieser Sachlage eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens angenommen hat, ist jedenfalls keine krasse Verkennung der Rechtslage. Die nunmehr aufgestellte Behauptung, die Beklagte habe mit ihrem Schreiben vom auf den Einwand der Verjährung verzichtet, ist eine unbeachtliche Neuerung.
Als erhebliche Rechtsfrage macht die Klägerin schließlich noch geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob für Ersatzansprüche eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt, wenn sie aus nach § 91 Abs 2a UrhG gerichtlich strafbaren Urheberrechtsverletzungen abgeleitet werden. Die Klägerin verweist darauf, dass die kurze Verjährungsfrist nicht gilt, wenn der Schaden durch eine "mit mindestens mit zwei Jahren" (richtig: mit mehr als einjähriger) Freiheitsstrafe bedrohte gerichtlich strafbare Handlung entstanden ist (§ 1489 Satz 2 ABGB), und macht geltend, dass der Beklagten eine nach § 91 Abs 2a UrhG mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedrohte gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzung vorzuwerfen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob im konkreten Fall vorsätzlich gehandelt worden sei.
Die Klägerin übersieht dabei, dass nur eine vorsätzliche und gewerbsmäßig begangene Verletzung eines urheber- oder leistungsschutzrechtlichen Ausschließungsrechts gerichtlich strafbar ist (5 Os 100/51 = SSt 22/43; 9 Os 47/68 = ÖBl 1969, 73 ua). Dies setzt die qualifizierte Vorsatzform im Sinn von § 5 Abs 2 StGB voraus; der Täter muss sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollen (15 Os 20/03 mwN). Unter welchen Voraussetzungen eine Urheberrechtsverletzung nach § 91 Abs 2a UrhG gerichtlich strafbar ist, ist demnach durch die Rechtsprechung geklärt. Damit sind auch die Voraussetzungen für die Subsumtion einer Urheberrechtsverletzung unter § 1489 Satz 2 ABGB klargestellt, die jedoch im vorliegenden Fall nach dem festgestellten Sachverhalt nicht erfüllt sind. Die Klägerin hat in erster Instanz auch nie behauptet, dass die Beklagte vorsätzlich und gewerbsmäßig von ihr wahrgenommene Rechte verletzt habe; sie hat insbesondere auch nicht vorgebracht, eine Privatanklage eingebracht zu haben.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00257.04D.1221.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAD-45150