OGH vom 06.08.2020, 2Ob117/20z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 1938 verstorbenen R***** W*****, zuletzt *****, Frankreich, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin P***** T*****, geboren am *****, vertreten durch Schmidt/Sorgo/Wanke Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 205/20k-130, womit der Rekurs der Einschreiterin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 9 A 119/05p-70, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom sprach das Erstgericht aus, dass es für die seit dem Jahr 2005 anhängige Verlassenschaftsabhandlung nach dem im Jahr 1938 in Paris verstorbenen Erblasser, einem damaligen tschechoslowakischen Staatsangehörigen, international nicht zuständig sei, und wies den Antrag der Finanzprokuratur, die Verlassenschaft für erblos zu erklären und ihr das nach Abzug sämtlicher Passiva verbleibende Nachlassrealisat als heimfällig zu überweisen, zurück.
Dieser Beschluss wurde der Finanzprokuratur am und dem Verlassenschaftskurator am zugestellt. Ein Rechtsmittel wurde nicht erhoben. Weitere Personen, die auf die Verlassenschaft Ansprüche erhoben hätten, waren trotz eines vom Erstgericht im Jahr 2005 erlassenen Edikts zum Aufruf unbekannter Erben nicht aktenkundig.
Auf Antrag der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin, die behauptet, als Nichte der verstorbenen Ehefrau des Erblassers potentielle Erbin zu sein, wurde dieser der Beschluss vom am zugestellt.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs mangels Parteistellung und Rekurslegitimation der Einschreiterin zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, dass auch potentiellen Erben, die noch keine Erbantrittserklärung abgegeben haben, Parteistellung zukomme, wenn zweifelhaft sei, ob überhaupt eine Verlassenschaftsabhandlung einzuleiten sei. Die Einschreiterin habe jedoch weder eine Erbantrittserklärung abgegeben noch ihre Stellung als potentielle Erbin nachgewiesen. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen für das Bestehen der inländischen Gerichtsbarkeit nach § 106 JN idF BGBl I 2003/112 nicht gegeben. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, zur Wahrung der Rechtssicherheit und zur Klarstellung der Rechtslage sei „die Anrufung des Obersten Gerichtshofs geboten“.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Einschreiterin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Weder in der Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel werden für die Entscheidung präjudizielle Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt:
1. Zur Frage der Parteistellung potentieller Erben im Verlassenschaftsverfahren hat der Fachsenat in seiner auch vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 2 Ob 32/19y ausführlich Stellung genommen. Selbst wenn man den potentiellen Erben, auch ohne dass diese eine Erbantrittserklärung abgegeben oder ihren Willen zum Erbantritt deutlich zum Ausdruck gebracht haben, im hier zu beurteilenden Verfahrensstadium Parteistellung und Rechtsmittellegitimation betreffend Entscheidungen über die internationale Zuständigkeit einräumen wollte und von der Stellung der Einschreiterin als potentielle Erbin ausginge, wäre für sie nichts gewonnen. Denn wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat, wäre diese Parteistellung der Einschreiterin im Jahr 2014 nicht aktenkundig gewesen. Gegenteiliges behauptet auch die Einschreiterin nicht. Gemäß § 46 Abs 2 AußStrG kann eine nicht aktenkundige Partei, der der Beschluss nicht zugestellt worden ist, Rekurs aber nur bis zu jenem Zeitpunkt erheben, bis zu dem eine aktenkundige Partei Rekurs erheben kann (vgl 6 Ob 119/16t; 8 Ob 54/11s; 5 Ob 74/09g). Da diese Rekursfrist im vorliegenden Fall jedoch bereits im Juni 2014 ungenützt verstrichen ist, war der Rekurs der Einschreiterin verspätet und wäre somit jedenfalls zurückzuweisen gewesen.
2. Die im Revisionsrekurs als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob die Einschreiterin als potentielle Erbin anzusehen sei, kann daher dahinstehen. Auch die Frage, ob die inländische Gerichtsbarkeit gegeben sei, stellt sich nicht. Der Revisionsrekurs ist mangels zu beurteilender erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00117.20Z.0806.000 |
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