OGH 24.01.2006, 4Ob254/05i
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K***** KEG, *****, vertreten durch Dr. Ulrike Hauser, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Mag. Günter A*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 363.364,17 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 52/05p-92, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadenersatz und bringt vor, der Beklagte hätte sie im Zuge seiner Beratungstätigkeit vor einer Betriebsfortführung warnen, die Liquidation des Betriebs empfehlen und von der Eröffnung eines zweiten Standorts in O***** abraten müssen. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen.
2. Im zweiten Rechtsgang steht nunmehr nach Beiziehung eines Sachverständigen fest, dass die Klägerin ihre unternehmerische Tätigkeit im Dezember 1992 mit der Eröffnung eines Papierfachgeschäfts in M***** begann und sich im Dezember 1993 entschloss, ein weiteres Geschäft in O***** anzumieten, das sie Ende Februar 1994 eröffnete. Die nach den Behauptungen schadenskausale Beratungstätigkeiten des Beklagten erfolgten am (Aufgabenstellung: betriebswirtschaftliche Gesamtdurchleuchtung) mit Bericht vom (Beil./A) samt Schlussbesprechung sowie am
14. und (Aufgabenstellung: Schwerpunktberatung betreffend Budgeterstellung für den bestehenden und den geplanten Standort) mit Bericht vom (Beil./B). Bei beiden Aufträgen betrug der vom Beklagten verrechnete Zeitaufwand für Betriebsbesuch und Berichterstellung insgesamt je acht Stunden. Festgestellt wurde weiters, dass die Klägerin die Entscheidungen über die betrieblichen Weichenstellungen völlig unabhängig von den Dienstleistungen des Beklagten getroffen hat, dass sie sich der Leistungen des Beklagten nur zur betriebswirtschaftlichen Betrachtung des Unternehmens in zwei verschiedenen Zeitpunkten bedient hat und dass der Beklagte zu keinem dieser Zeitpunkte zur Schließung eines Standorts hätte raten müssen. Tatsächlich hat die Klägerin ihr Geschäft in M***** erst im März 2003 geschlossen; im April 2004 hat sie sodann ein Geschäft in S***** eröffnet.
3. In der Zulassungsbeschwerde führt die Klägerin aus, der Beklagte habe sich in seiner Beratungstätigkeit auf die an ihn herangetragenen Aufgabenbereiche beschränkt und etwa nicht darauf hingewirkt, dass eine Planungsrechnung auch für die Folgejahre 1995 und 1996 erstellt werde. Auch habe der Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass das fehlende Eigenkapital im Zusammenhang mit der Erweiterung um einen zweiten Standort ein Problem sei; damit habe er vertragliche Nebenpflichten verletzt. Der Beklagte habe verkannt, dass der Klägerin nicht klar sein habe können, dass die von ihr erteilten Aufträge nur eine sehr allgemeine Beratung umfassten, ohne das Unternehmen in allen seinen Aspekten zu durchleuchten. Der Senat hat die im Anlassfall angesprochenen Rechtsfragen in seinem
Beschluss vom , 4 Ob 265/99w = JBl 2000, 441 (Staudegger)
= RdW 2000, 208 ausführlich behandelt. Die angefochtene Entscheidung
weicht von dieser überbundenen Rechtsansicht nicht ab. Ob und in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht des Geschäftspartners besteht, kann regelmäßig nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0014811[T12]) und ist keine erhebliche Rechtsfrage. Dies gilt gleichermaßen für die Beurteilung, welche Sorgfaltspflicht (§ 1299 ABGB) bei einem bestimmten Arbeitsvorgang einzuhalten ist (RIS-Justiz RS0026535[T8]) und ob einem Unternehmensberater ausreichende Hinweise dafür vorlagen, sein Klient verkenne den zur Problemlösung erforderlichen Auftragsumfang, weshalb er ihm eine Erweiterung des Auftrags hätte vorschlagen müssen. Die Klägerin übersieht, dass sie schon angesichts des jeweils vereinbarten geringen Zeitaufwands für die Beratung, für den sie sich offensichtlich aus Kostengründen entschieden hat - das erste Angebot des Beklagten zur Beratung unter Einbeziehung des Erweiterungsprojekts verwarf die Klägerin als zu teuer -, nicht einen jedes Detail umfassenden Leistungsumfang erwarten durfte. Darüber hinaus sind sämtliche vom Sachverständigen im zweiten Abschlussbericht als fehlend bemängelte Hinweise (bei zwei erst kurz bestehenden Standorten addierten sich die Anfangsverluste zu einer höheren Verschuldung; fehlendes Eigenkapital sei ein Problem; das Unternehmen werde bei nicht raschem Erreichen der Gewinnzone insolvenzgefährdet; Planungsrechnungen für die Folgejahre wären zweckmäßig) für einen Unternehmer vorauszusetzende Selbstverständlichkeiten; Anhaltspunkte dafür, weshalb der Beklagte dieses Wissen gerade bei der Klägerin nicht hätte voraussetzen dürfen, sind nicht zu erkennen. Gleichermaßen durfte der Beklagte auch von Grundkenntnissen der Klägerin im Bereich Eigenkapital und Verschuldung sowie betriebliche Kennzahlen (deren fehlende Verbalisierung im ersten Abschlussbericht bemängelt wurde) ausgehen.
4. Die Vorinstanzen haben das Schadenersatzbegehren abgewiesen, weil den Beklagten nach dem festgestellten Sachverhalt kein Verschulden trifft; damit hängt die Entscheidung nicht mehr von den weiters in der Zulassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen der Verschuldensteilung und der Kausalität ab. Soweit die Klägerin den Beklagten für Verluste aus dem „Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebs" verantwortlich machen will, lässt sie unbegründet, weshalb sie ihr Unternehmen noch rund neun Jahre lang nach Beendigung der Beratungstätigkeit des Beklagten an zwei Standorten weitergeführt und nur ein Jahr nach Schließung des zweiten Geschäfts neuerlich eine zweites Verkaufslokal eröffnet hat.
5. Ein Mangel des Berufungsverfahrens liegt ua dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweiswürdigungsrüge nicht oder nur so mangelhaft befasst, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (RIS-Justiz RS0043371[T13]). Davon kann hier keine Rede sein. Die Beweiswürdigung selbst und die Beurteilung, ob ein Gutachten schlüssig ist oder noch weitere Zeugen zu vernehmen sind, sind nicht revisible Beweisfragen (RIS-Justiz RS0043371[T15]. Das Berufungsgericht ist auch nicht verpflichtet, auf die einzelnen Zeugenaussagen einzugehen, wenn es gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts keine Bedenken hegt. Es muss sich nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis und jedem Argument des Berufungswerbers auseinandersetzen (RIS-Justiz RS0043371[T18]).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Völkl/Posch, Zak2006/289 S 166 = Völkl/Posch, Zak2006,166 = Zak2006/298 S 175 = Zak2006,175 = RdW2006/396 S 429 = RdW2006,429 = EFSlg 115.211 = EFSlg 115.212 = EFSlg 115.227 XPUBLEND |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2006:0040OB00254.05I.0124.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAD-44951