OGH 19.06.1997, 6Ob2363/96k
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr.Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bank ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Frieders, Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 35.247,42 S (StW gemäß § 55 Abs 4 JN 60.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 36/96g-15, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom , GZ 13 C 1823/94x-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Helga W***** verfügte bei der beklagten Bank über ein Girokonto. Auf das Vertragsverhältnis waren neben den AGBKr und den Scheckbedingungen die Bedingungen für die Ausgabe und Verwendung der eurocheques-Karte als Scheckgarantiekarte idF 1993 anzuwenden. Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:
4. Garantie.
Werden eurocheques unter Einsatz der ec-Karte in einem dem eurocheques-System angehörenden Staat ... ausgestellt und dabei die nachfolgenden Voraussetzungen lit a) bis c) eingehalten, so garantiert die bezogene Bank jedem Schecknehmer die Einlösung des Schecks bis zur Höhe des im Ausstellungsland gültigen Garantiebetrages je eurocheque.
a) Unterschrift, Name der Bank sowie Konto- und Kartennummer auf eurocheques und ec-Karte müssen übereinstimmen ...
5. Sorgfaltspflichten des Kartenberechtigten.
Der Kartenberechtigte trägt eingedenk des Bargeldcharakters von eurocheques und ec-Karte insbesondere folgende Sorgfaltspflichten:
b) Aufbewahrung: Der Kartenberechtigte darf nicht mehr als für den voraussehbaren, unmittelbaren Bedarf notwendige eurocheques mit sich führen und hat ec-Karte sowie eurocheques immer besonders sorgfältig und voneinander getrennt aufzubewahren. Insbesondere unzulässig ist eine Verwahrung im abgestellten Auto oder an einem anderen, hohem Diebstahlsrisiko ausgesetzten Ort.
Der Kontoinhaber bzw Kartenberechtigte nimmt zur Kenntnis, daß das eurocheques-System darauf beruht, daß die bezogenen Banken auf sie gezogene ec-Formulare auch dann einlösen, wenn die Unterschrift auf dem ec-Formular zwar nicht mit der bei der bezogenen Bank erliegenden Unterschrift übereinstimmt, Übereinstimmung aber mit der dem Schecknehmer bei Ausstellung präsentierten, allenfalls gefälschten oder verfälschten ec-Karte gegeben ist, wobei die bezogene Bank für die Nichtübereinstimmung zwischen ec-Formular und ec-Karte beweispflichtig ist.
Verstößt der Kartenberechtigte gegen die im Punkt 5. der ec-Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten, so ist er der Bank zum Ersatz dieser ihr daraus entstehenden Schäden verpflichtet. Die Bank ist berechtigt, diese Beträge dem Konto des Kontoinhabers anzulasten.
Am stellte Helga W***** ihren PKW ab ca. 10 Uhr in Südtirol auf einem unbewachten Parkplatz bei einem Schilift ab. 12 Scheckformulare verwahrte sie in einer Sporttasche im versperrten Kofferraum des Fahrzeuges, zu dem sie etwa um 17 Uhr zurückkehrte. Innerhalb dieses Zeitraumes gelangten unbekannte Täter unter Öffnung des Fahrzeuges an die Schecks. Diese wurden alle am unter Beifügung einer nicht der auf der Originalkarte entsprechenden Scheckkartennummer und einer Ausstellerunterschrift, die keinerlei Ählichkeit mit der Unterschrift der Helga W***** aufweist und schon bei flüchtiger Betrachtung als Fälschung erkennbar war, ausgefüllt und unter Vorlage einer Scheckkarte mit nachgemachter identer Scheckkartennummer verschiedenen Bankfilialen in Frankreich vorgelegt, die pro Scheck die maximale Garantiesumme von je ffr 1.400,-- auszahlten. Die Beklagte leistete aufgrund der an sie zur Einlösung rückgeleiteten Schecks Zahlung von insgesamt 35.247,72 S und belastete damit das Konto der Helga W*****.
Der klagende Verein, dem Helga W***** ihre Ansprüche abgetreten hat, begehrt den von der Beklagten angelasteten Betrag mit der Begründung, die auf den abgebuchten Schecks aufscheinenden Unterschriften wichen grob von der Unterschriftsprobe ab. Die ausgefüllte Scheckkartennummer stimme nicht mit jener auf der Scheckkarte überein, die Beklagte habe wegen Verletzung ihrer Überprüfungspflicht keinen Anspruch auf Aufwandersatz.
Die Beklagte wandte grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung durch Verwahrung einer unvertretbar großen Menge von Schecks in einem auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellten Auto ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Zedentin der klagenden Partei habe die vereinbarten Sorgfaltspflichten für die Aufbewahrung von eurocheques-Vordrucken verletzt. Das Verwahren von 12 Scheckvordrucken während eines gesamten Tages im Kofferraum eines auf einem unbeaufsichtigten Parkplatz abgestellten Fahrzeugs sei als leichtsinnig und grob fahrlässig einzustufen. Ein Mitverschulden der Bank sei nicht anzunehmen, weil durch die Ausstellung der Schecks im Ausland keine Überprüfungsmöglichkeit gegeben gewesen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren zur Hälfte stattgab und die weitere Hälfte des Begehrens abwies. Der Oberste Gerichtshof habe bei einem Sachverhalt, der sich nur darin vom gegenständlichen unterschieden habe, daß Schecks und Scheckkarte gemeinsam im Auto verwahrt worden seien, in der mehrfach veröffentlichten Entscheidung 3 Ob 544/94 (und in der Folge zu 2 Ob 580/94 und 3 Ob 569/95) ausgesprochen, daß sowohl Verstöße des Kunden als auch der bezogenen Bank gegen die eurocheques-Bedingungen und die Scheckbedingungen als positive Vertragsverletzungen zu werten und der Schaden nach § 1304 ABGB zu teilen sei. Die Schecks, die die Beklagte zum Anlaß der Belastung des Kontos der Zedentin genommen habe, erfüllten die Garantiebedingungen nicht, weil Punkt 4 a) unter anderem voraussetze, daß sowohl Unterschrift als auch Kartennummer auf eurocheques und ec-Karte übereinstimmten. Die Schecks seien daher zwischen den Vertragspartnern wie andere "nicht garantierte" Schecks zu behandeln. Die Bank habe die sie treffende Überprüfungspflicht der Ausstellerunterschrift und der Übereinstimmung der ec-Kartennummer auch unter Zugrundelegung eines Maßstabes, der den Scheckverkehr als Massengeschäft mit dem Erfordernis einer raschen und reibungslosen Abwicklung berücksichtige, verletzt und sich daher der Möglichkeit begeben, die Frage der Gutgläubigkeit des Schecknehmers zu überprüfen. Der Zedentin hingegen sei vorzuwerfen, daß sie die Formulare entgegen der sie nach den ec-Bedingungen treffenden Obliegenheit nicht sorgfältig und in nicht erforderlich großer Anzahl im Kofferraum ihres Autos verwahrt habe. Da sich die Verhältnisse des Verschuldens beider Teile in ihrer Intensität nicht bestimmen ließen, sei der entstandene Schaden zu gleichen Teilen zu tragen.
Weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, ob die Verwahrung von Scheckformularen allein im Auto, nicht auch der Scheckkarte, schon einen Sorgfaltsverstoß begründe - das Berufungsgericht habe dies in einem anderen Fall verneint - , sprach es aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Wie das Berufungsgericht zutreffend zitierte, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Nichteinhaltung der in den Bedingungen für die Ausgabe und Verwendung der eurocheques-Karte als Scheckgarantiekarte vereinbarten Sorgfaltspflichten eine positive Vertragsverletzung darstellt. Diese Bedingungen sehen aber vor, daß die Schecks und die ec-Karte immer besonders sorgfältig und voneinander getrennt aufzubewahren sind. Insbesondere unzulässig ist eine Verwahrung im abgestellten Auto (oder an einem anderem, hohem Diebstahlsrisiko ausgesetzten Ort). Das bedeutet aber nicht, wie die Rechtsmittelwerberin meint, nur eine gemeinsame Verwahrung von Scheck und Scheckkarte im Auto sei nicht statthaft, sondern daß - abgesehen von der erforderlichen sorgfältigen getrennten Verwahrung - Schecks oder Scheckkarte jedenfalls nicht im Auto aufbewahrt werden dürfen. Eine Vertragsverletzung ist daher schon dann gegeben, wenn nur Schecks oder nur Scheckkarte im Auto verwahrt werden. Damit kommt es aber für die Zurechnung einer Vertragsverletzung auf die Unterscheidung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit nicht an, diese Unterscheidung kann lediglich bei Zusammentreffen eines Verschuldens des Bankkunden mit einem Verschulden der Bank bei der Ausmessung der Verschuldensanteile von Bedeutung sein. Diese ist aber nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmen und stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar.
Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen; es konnten ihr daher keine Kosten zuerkannt werden.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB02363.96K.0619.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAD-44950