OGH vom 13.10.2011, 1Ob190/11i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger in der Rechtssache des Antragstellers Dr. F*****, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin K*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 211/11f 13, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Graz Ost vom , GZ 248 Fam 9/11s 8, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Erstgerichts vom nach § 49 EheG aus dem gleichteiligen Verschulden der Parteien geschieden. Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Berufung mit dem Begehren, die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des jeweils anderen zu scheiden. Mit dem den Parteien am zugestellten Berufungsurteil vom wurde den Berufungen nicht Folge gegeben.
Das Erstgericht wies den am eingebrachten Aufteilungsantrag wegen Versäumung der Antragsfrist nach § 95 EheG ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob diesen Beschluss „ersatzlos“ auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Der Aufteilungsantrag sei fristgerecht eingebracht worden. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Nach § 64 Abs 1 AußStrG ist ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist. Fehlt ein solcher Ausspruch, dann ist jegliches Rechtsmittel jedenfalls unzulässig ( Fucik/Kloiber , AußStrG § 64 Rz 1 mwN). Im vorliegenden Fall hat das Gericht zweiter Instanz, wenn auch ohne gesetzliche Grundlage, ausdrücklich ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Bestimmung des § 64 AußStrG entspricht § 14b AußStrG 1854 ( Fucik/Kloiber aaO). Bereits zur früheren Rechtslage wurde vertreten, dass dann, wenn das Erstgericht einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens aufgrund seiner Rechtsansicht, die Jahresfrist des § 95 EheG sei bei Stellung des Antrags bereits abgelaufen gewesen, abgewiesen hat und diese Entscheidung vom Rekursgericht aufgehoben wurde, weil es die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts nicht teilte, nicht etwa ein abändernder Beschluss, sondern ein Aufhebungsbeschluss im Sinne des § 14b AußStrG 1854 in der Fassung WGN 1989 vorliegt (RIS Justiz RS0007700). Gleiches gilt für die insoweit unveränderte Rechtslage nach § 64 Abs 1 AußStrG (6 Ob 29/07v; RIS Justiz RS007700 [T2]).
Die Frist des § 95 EheG ist nach nunmehr ständiger Rechtsprechung eine materiellrechtliche Fallfrist (RIS Justiz RS0116131, RS0110013, RS0057726 [T2] und RS0057717). Hat daher das Erstgericht wie hier einen Aufteilungsantrag aufgrund seiner Rechtsansicht, diese Fallfrist sei bei Einbringung des Antrags bereits abgelaufen gewesen, abgewiesen und hebt das Rekursgericht die Entscheidung mit dem Auftrag auf, das Verfahren über den Aufteilungsantrag fortzusetzen, liegt eine unterschiedliche Beurteilung einer materiellen (Vor )Frage durch die Vorinstanzen und damit ein Aufhebungsbeschluss im Sinne des § 64 Abs 1 AußStrG vor (1 Ob 7/11b; 6 Ob 29/07v mwN).
Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist damit als unstatthaft zurückzuweisen, ohne dass auf die darin angesprochenen inhaltlichen Argumente einzugehen ist.