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OGH vom 17.01.2018, 6Ob236/17z

OGH vom 17.01.2018, 6Ob236/17z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten Dr. Schramm und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S*****, sowie 2. J***** GmbH, *****, beide vertreten durch petsche-demmel pollak rechtsanwaelte gmbh in Wien, wegen 156.439.135,10 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 17/17k, 2 R 18/17g-273, womit die Rekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Handelsgerichts Wien vom , GZ 13 Cg 94/08p-246 und -248 zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss ON 248 (Kostenvorschuss) richtet, zurückgewiesen.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss ON 246 (Urkundenvorlagen) richtet, gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Mit Beschluss ON 248 trug das Erstgericht beiden Parteien den Erlag eines weiteren Kostenvorschusses von 10.000 EUR zur Deckung der bisher angefallenen sowie der voraussichtlich noch anfallenden Sachverständigen-gebühren auf. Mit dem Beschluss ON 246 entschied das Erstgericht über verschiedene Anträge im Zusammenhang mit Aufträgen zur Vorlage von Urkunden bzw zur Beischaffung von Berichten eines Sachverständigen durch das Gericht.

Die gegen beide Beschlüsse erhobenen Rekurse wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Kostenvorschüsse für Sachverständigenleistungen könnten nur insoweit verlangt werden, als diese Leistungen zukünftig zu erbringen seien. Vorschüsse zur Deckung von Kosten bereits erbrachter Leistungen würden zwar einer pragmatisch gehandhabten Gerichtsübung entsprechen, seien aber gesetzlich nicht gedeckt. Der vom Gericht einer Partei nach Durchführung des Sachverständigenbeweises erteilte Auftrag, den durch den Kostenvorschuss nicht gedeckten Betrag bei Gericht zu erlegen, könne nicht auf § 365 ZPO gestützt werden. Er besitze keine Rechtswirkung und könne insbesondere nicht exekutiv durchgesetzt werden. Mit diesem sanktionslosen Beschluss werde die materielle oder prozessuale Rechtsstellung der Parteien nicht beeinträchtigt. Es fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis zur meritorischen Überprüfung der Richtigkeit dieses Beschlusses. Dem Rekurswerber könne aus der Nichtbefolgung dieses Auftrags kein Nachteil erwachsen, sodass dem Rechtsmittel die Beschwer fehle.

Insoweit sei der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Die Bekämpfung des Beschlusses ON 246 sei nur nach Maßgabe des § 319 Abs 2 ZPO möglich. Demnach könnten Beschlüsse, mit denen dem Prozessgegner die Vorlage der in seinen Händen befindlichen Urkunden aufgetragen werden, durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden. Gleiches gelte für den Beschluss, mit dem ein Vorlageantrag ab- oder zurückgewiesen werde. Nichts anderes könne für einen Rekurs gegen einen Beschluss gelten, mit dem die nachträgliche Aufhebung eines bereits erlassenen Urkundenvorlageauftrags abgewiesen wurde, solle doch damit letztlich die inhaltliche Richtigkeit des Vorlageauftrags einer Überprüfung unterzogen werden.

Gemäß § 515 ZPO könnten die Parteien in Fällen, in welchen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gegen einen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel versagt sei, ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen. Der vorbehaltene Rekurs könne gemeinsam mit einem zulässigen Rekurs gegen die nächste selbständig anfechtbare Entscheidung erhoben werden. Voraussetzung der Statthaftigkeit eines aufgeschobenen Rekurses im Sinne des § 515 ZPO sei, dass das Rechtsmittel, mit dem er verbunden wurde, zulässig sei. Weil diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht zutreffe, sei auch dieser Rekurs als unzulässig zurückzuweisen. Insoweit sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses ON 248 (Kostenvorschuss) ist jedenfalls, jener gegen die Zurückweisung des Rekurses ON 246 (Urkundenvorlage) mangels Darstellung einer Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

1.1. Nach § 528 Abs 2 Z 3 und 5 ZPO ist der Revisionsrekurs unter anderem gegen Beschlüsse des Rekursgerichts über den Kostenpunkt und über die Gebühren der Sachverständigen jedenfalls unzulässig.

1.2. Ein Beschluss über die Gebühren von Sachverständigen liegt bei jedem gerichtlichen Ausspruch vor, der sich auf diese Gebühren bezieht. Insbesondere fällt darunter auch der Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses zur Abdeckung von Sachverständigengebühren (1 Ob 18/04k mwN). Eine Entscheidung, einen weiteren Kostenvorschuss zur Abdeckung von Sachverständigengebühren aufzutragen, bezieht sich auf die Sachverständigengebühren, sodass der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 5 ZPO zum Tragen kommt (1 Ob 18/04k). Zum selben Ergebnis führt, wenn man eine derartige Entscheidung als Kostenentscheidung im Sinne des § 528 Abs 1 Z 3 ZPO ansieht (vgl RISJustiz RS0044179 [T1, T 15]).

1.3. Aus § 528 Abs 2 Z 3 und 5 ZPO wird abgeleitet, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Höchstgerichts ist, Sach- oder Formalentscheidungen zweiter Instanz, die nur den Kostenpunkt betreffen, nachzuprüfen (Zechner in Fasching/Konecny2 § 528 Rz 133). Dies gilt auch für Zurückweisungsbeschlüsse des Rekursgerichts in den angeführten Angelegenheiten (Zechner aaO). Belanglos ist dabei, ob die Zurückweisung eines Rekurses im Kostenpunkt wegen Unzulässigkeit oder Verspätung erfolgte (Zechner aaO; 1 Ob 132/04z ua). Daher ist auch die in zweiter Instanz ausgesprochene Zurückweisung eines Rekurses gegen den Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses unanfechtbar (RIS-Justiz RS0002669; Zechner aaO Rz 152).

1.4. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung ist für den Rechtsstandpunkt der klagenden Partei auch aus einer analogen Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht den Rekurs gegen einen Beschluss des Erstgerichts aus formellen Gründen zurückwies, nichts zu gewinnen. Grundsätzlich sind derartige Beschlüsse nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar (Zechner aaO § 519 ZPO Rz 20 mwN). Eine analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO kommt nur bei Rechtsmitteln gegen jene Zurückweisungsbeschlüsse in Betracht, die auf die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes nach einer Klage, einem (sonstigen) Sachantrag oder nach einem (materiellen) Rechtsschutzbegehren hinauslaufen (Zechner aaO § 519 ZPO Rz 21). Ein Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses bzw die Zurückweisung eines in diesem Zusammenhang erhobenen Rekurses kann den angeführten Fällen jedoch nicht gleichgehalten werden.

2.1. Nach § 319 Abs 2 ZPO können Beschlüsse, mit denen dem Prozessgegner die Vorlage der in seinen Händen befindlichen Urkunden aufgetragen wird, durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden. In einem derartigen Fall können gemäß § 515 ZPO Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel geltend gemacht werden.

2.2. Insoweit ist die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Auftrag zum Erlag des weiteren Kostenvorschusses „Vorfrage“ für die Entscheidung über die Statthaftigkeit des aufgeschobenen Rekurses gegen den Beschluss gemäß § 319 ZPO (vgl zur gleichgelagerten Frage des Rekurses gegen die Verwerfung der Ablehnung des Sachverständigen 6 Ob 155/10b; vgl auch 6 Ob 35/13k zur Unzulässigkeit der Verbindung eines aufgeschobenen Rekurses mit der Bekämpfung eines Beschlusses über die Bestimmung der Sachverständigengebühren). Diese Vorfrage ist durch die
– nach dem Gesagten unbekämpfbare – Entscheidung des Rekursgerichts abschließend beantwortet (6 Ob 155/10b). Der Oberste Gerichtshof kann diese Frage nicht neuerlich als Vorfrage prüfen (6 Ob 155/10b).

Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00236.17Z.0117.000
Schlagworte:
;Gruppe: Handelsrecht,Gesellschaftsrecht,Wertpapierrecht;

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