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OGH vom 29.01.2019, 4Ob252/18i

OGH vom 29.01.2019, 4Ob252/18i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein *****, vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P***** GMBH, 2. D***** S*****, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 35.000 EUR) über den Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 4 R 82/18k-9, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 29 Cg 32/18b-4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 5.218,97 EUR (darin enthalten 741,49 EUR USt und 738,65 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem statuarischen Vereinszweck der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in allen Wirtschaftszweigen.

Die erstbeklagte Gesellschaft betreibt das Reisebürogewerbe und veranstaltet insbesondere Pauschalreisen. Der Zweitbeklagte ist ihr alleiniger Geschäftsführer.

Die Beklagten kündigten im Online-Auftritt einer touristischen Fachzeitschrift seit einen Verkaufswettbewerb wie folgt an:

P*****: Verkaufswettbewerb

P***** startet auch heuer wieder einen spannenden Verkaufswettbewerb für ReisebüromitarbeiterInnen: Bis wird jener Agent ermittelt, der/die die meisten Buchungsabschlüsse aus den Destinationen Irland, Schottland, Norwegen, Apulien und den Kanalinseln vorweisen kann. Zu gewinnen gibt es zwei Flugtickets nach Irland, eine Drohne oder ein Reisegutschein [sic] idH von 75 EUR.

….

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind alle Agenturen bzw deren Verkaufsmitarbeiter, die mit P***** einen laufenden Agenturvertrag haben. Die Liste mit den Buchungsnummern muss bis , 17:00 Uhr inkl Angabe der Agenturnummer und des Namen desAgent [sic] an *****.com gesendet werden.

Der Kläger beantragt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens die Erlassung der einstweiligen Verfügung, den Beklagten werde untersagt, Mitarbeitern anderer Reisebüros Geschenke oder Verkaufsprämien, insbesondere Flugtickets, Flugdrohnen mit Actioncams oder Reisegutscheine für eine möglichst hohe Zahl von Buchungsabschlüssen bei der Erstbeklagten, insbesondere betreffend die Destinationen Irland, Schottland, Norwegen, Apulien oder Kanalinseln zu versprechen oder zu gewähren. Er warf den Beklagten einen Verstoß gegen das Bestechungsverbot des § 10 UWG sowie die Generalklausel des § 1 UWG vor. Es sei ganz offenkundig, dass die Erstbeklagte durch den Verkaufswettbewerb eine Bevorzugung ihrer Reisen erreichen und deren Verkauf daher mit unlauteren Mitteln fördern wolle.

Die Beklagten bestritten die Unlauterkeit ihres Vorgehens. Die Erstbeklagte vertreibe ihre Pauschalreisen an Endkunden ua über Reisebüros als Reisevermittler. Grundlage dafür sei jeweils ein sog Agenturvertrag, der Vermittlungsprovisionen vorsehe. Den Reisebüros käme daher die Stellung eines Handelsvertreters zu. Die Provision berechne sich in der Regel vom Reisepreis. Kurzfristige Sonderaktionen oder etwa Superprovisionen seien aber nach § 8 HVertrG zulässig und auch branchenüblich, um spezielle Reiseleistungen intensiver zu vermarkten. Die beanstandete Aussendung habe sich ausdrücklich nur an Vermittler gerichtet, die mit der Erstbeklagten einen aufrechten Agenturvertrag hätten. Wie die Buchungen und/oder die Preise zwischen den Mitarbeitern einer teilnehmenden Agentur aufgeteilt würden, oder ob Vergünstigungen an Endkunden weitergegeben würden, sei der Agentur überlassen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Zwar verspreche die Erstbeklagte Mitarbeitern eines anderen Unternehmens Vorteile für die Vermittlung ihrer Reisen, allerdings sei sie insofern weder Mitbewerberin, noch „außenstehende Dritte“. Teilnahmevoraussetzung sei nämlich das Bestehen eines Agenturvertrags; die ausgespielten Preise seien damit als „sonstiges Entgelt“ iSd § 8 Abs 1 HVertrG zu verstehen. Weiters stelle § 10 UWG auf ein unlauteres Verhalten des Bediensteten oder Beauftragten bei dem Bezug von Waren oder Leistungen ab. Es sei nicht ersichtlich, worin dieses hier liegen solle. Es sei einerseits gerade die Aufgabe eines Verkaufsmitarbeiters, die Reisen des Vertragspartners seines Unternehmens bestmöglich zu vermitteln. Andererseits werde der Endkunde davon ausgehen, dass das vermittelnde Reisebüro für seine Tätigkeiten eine Vergütung vom Reiseveranstalter erhalte. Auch ein unlauteres Verhalten iSd § 1 UWG werde nicht verwirklicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge und erließ die einstweilige Verfügung. Der Kunde rechne nicht damit, dass der Angestellte von einem Außenstehenden besondere Vorteile erhalte, damit er eine bestimmte Ware bevorzugt. Eine auf besonderem Vorteil beruhende Bevorzugung eines bestimmten Angebots bei der Kundenberatung sei daher unlauter, sodass der Begünstiger, der einen Vorteil in der Erwartung eines solchen Verhaltens des Begünstigten anbietet, verspricht oder gewährt, gegen § 10 UWG verstoße. Es sei wettbewerbswidrig, wenn sich der Bestechende nicht an den umworbenen Unternehmer selbst durch ein günstiges Angebot, also mit Mitteln des Leistungswettbewerbs wendet, um diesen dazu zu bewegen, dass er sich für seine Waren entscheidet und eine bessere Verkäuflichkeit bewirkt, sondern eine Bevorzugung dadurch erreichen will, dass er durch den Appell an das persönliche Erwerbsstreben fremde Angestellte für sich zu gewinnen suche. Die Erstbeklagte habe den Mitarbeitern der Agenturpartner einen bestimmten Gewinn direkt versprochen. Dieser Gewinn stehe nicht den Agenturpartnern zu. Ein Reisebüroinhaber werde gegenüber den ausgelobten Prämien weniger anfällig sein, weil er einen Ruf zu verlieren habe, wenn er sich bei der Vermittlungstätigkeit unangemessen unsachlich beeinflussen lasse und die vermittelten Leistungen nicht nach Qualität und Preiswürdigkeit selektiere. Einem Mitarbeiter eines Reisebüros fehlten hingegen solche unternehmerischen Interessen. Durch die Bezugnahme auf die „unlautere“ Vornahme oder Unterlassung von Rechtshandlungen sollten geringfügige Zuwendungen vom Anwendungsbereich der Bestimmung ausgenommen sein. Die in Aussicht gestellten Preise gingen weit über ein kleines Werbegeschenk oder ein geringes Trinkgeld hinaus.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Veranstaltung eines Verkaufswettbewerbs, der sich direkt an die Mitarbeiter eines Vertriebspartners richte, gegen § 10 UWG verstoße.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im abweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig. Er ist auch berechtigt.

1. Der hier zu prüfende Unterlassungsanspruch nach § 13 UWG ist von einem Zuwiderhandeln gegen den strafrechtlichen Tatbestand des § 10 UWG abhängig. Diese Bestimmung lautet:

Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten

§ 10. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes dem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um durch unlauteres Verhalten des Bediensteten oder Beauftragten bei dem Bezug von Waren oder Leistungen eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen. (BGBl. Nr. 120/1980, Art. I Z 4).

(2) Die gleiche Strafe trifft den Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens, der im geschäftlichen Verkehr Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, damit er durch unlauteres Verhalten einem anderen beim Bezug von Waren oder Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung verschaffe.

(3) Die Abs. 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn die Tat nach anderen Bestimmungen mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist. (BGBl. Nr. 120/1980, Art. I Z 5)

(4) Die Verfolgung findet nur auf Verlangen eines nach § 14 erster Satz zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruches Berechtigten statt. (BGBl. Nr. 74/1971, Art. I Z 5).

2. Die von den Vorinstanzen zitierte Entscheidung 4 Ob 302/77 = SZ 50/21, der eine Bestechung eines Großhändlers durch einen Produzenten mit dem Zweck der Absatzförderung an die Einzelhändler zugrundelag, hat zu dieser Bestimmung folgende Grundsätze herausgestrichen:

§ 10 UWG will das Bestechungsunwesen, somit jenes unlautere Verhalten im Wettbewerb treffen, das Bedienstete oder Beauftragte eines anderen Unternehmens durch Versprechung oder Gewährung von Geschenken oder anderer Vorteile für eine bevorzugte Behandlung zu gewinnen sucht. Es soll dabei nicht der Geschäftsherr des Begünstigten, sondern der Mitbewerber des Begünstigenden und der Kunden dadurch geschützt werden, dass der Begünstigte nicht dazu verleitet wird, die Kunden nicht mehr objektiv und sachbezogen zu beraten, weil er sich dabei aus Gründen, welche die Kunden nicht erwartet, von eigennützigen Erwartungen leiten lässt. Der Kunde rechnet nicht damit, dass der Angestellte von einem Außenstehenden besondere Vorteile erhält, damit er eine bestimmte Ware bevorzugt. Eine darauf beruhende Bevorzugung eines bestimmten Angebots bei der Kundenberatung ist daher unlauter iSd § 10 UWG, sodass der Begünstiger, der einen Vorteil in der Erwartung eines solchen Verhaltens des Begünstigten anbietet, verspricht oder gewährt, gegen § 10 UWG verstößt. Die Zuwendung muss dabei nicht nur bestimmt, sondern auch geeignet sein, den Begünstigten zu beeinflussen. Diese Eignung ist zu verneinen bei Zuwendungen, die nach der in den beteiligten Kreisen vorherrschenden Anschauung das Ausmaß üblicher Geschenke nicht überschreiten; es soll zwischen unsittlichen Zuwendungen einerseits und erlaubten harmlosen Geschenken (zB Trinkgeldern) unterschieden werden. Es ist wettbewerbswidrig, wenn sich der Bestechende nicht an den umworbenen Unternehmer selbst durch ein günstiges Angebot, also mit Mitteln des Leistungswettbewerbs wendet, um diesen dazu zu bewegen, dass er sich für seine Waren entscheidet und eine bessere Verkäuflichkeit bewirkt, sondern eine Bevorzugung dadurch erreichen will, dass er durch den Appell an das persönliche Erwerbsstreben fremde Angestellte für sich zu gewinnen sucht. Eine Bevorzugung liegt vor, wenn man im Wettbewerb für sich oder einen Dritten einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern erlangt, auf den man keinen Anspruch hat.

3. Im hier zu klärenden Fall kommt jenem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass das Gesetz die Strafbarkeit (bzw die Wettbewerbswidrigkeit) davon abhängig macht, dass der Begünstiger eine Bevorzugung durch unlauteres Verhalten des Begünstigten erreichen will. Ziel der Vorteilszuwendung muss daher die unlautere Bevorzugung sein (idS zum vergleichbaren § 299 dStGB [„dass er … in unlauterer Weise bevorzuge“]: Rönnau in Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht2§ 299 StGB Rz 36 mwN). Eine Bestechung nach § 10 UWG liegt demnach nicht schon deshalb vor, weil der Begünstiger durch die Vorteilsgewährung an einen fremden Bediensteten eine Bevorzugung für sich oder Dritte erlangen will. Diese angestrebte Bevorzugung muss vielmehr im Zusammenhang mit einem unlauteren Verhalten stehen, das durch die Begünstigung ausgelöst werden soll.

4.1 Das Rekursgericht hat das Tatbestandsmerkmal des „unlauteren Verhaltens“ unter Bezugnahme auf Thiele (in Wiebe/Kodek2§ 10 UWG Rz 23) erkennbar ausschließlich mit der erforderlichen Erheblichkeit erklärt. Sozialadäquate Zuwendungen (Trinkgelder etc) erfüllten den Tatbestand des § 10 UWG nicht. Aus dem Tatbestand auszuscheiden seien daher (den Grundsätzen der sozialen Adäquanz folgend) all jene Vorteilsannahmen, die so gering seien, dass bei vernünftiger Betrachtung nicht der Eindruck entstehen könne, dass der Nehmer sich dem Geber durch die Annahme der Zuwendung verpflichte bzw der Zuwendung die Eignung fehle, den Begünstigten zu beeinflussen.

4.2.1 Der Senat schließt sich grundsätzlich der Rechtsansicht an, dass übliche Vorteilsgewährungen geringen Umfangs („sozialadäquate Zuwendungen“) die Voraussetzungen des § 10 UWG nicht erfüllen (4 Ob 302/77; vgl auch Rönnau in Achenbach/Ransiek/Rönnau2§ 299 StGB Rz 27 mwN). Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass bei einer nicht geringfügigen Zuwendung das Anstreben einer Bevorzugung durch unlauteres Verhalten des Begünstigen stets und ungeprüft zu bejahen ist. Solches lässt sich weder aus den vom Rekursgericht herangezogenen Ausführungen von Thiele noch aus den von diesem Autor zitierten Gesetzesmaterialien bzw der Entscheidung 4 Ob 302/77 zwingend ableiten.

4.2.2 Nach den Materialien soll die Bezugnahme auf das unlautere Verhalten klarstellen, dass nicht bereits die Zusicherung oder Zuwendung von Vorteilen zu dem Zweck des § 10 UWG (Bevorzugung beim Bezug von Waren oder Leistungen) den Gesetzesverstoß an sich begründet, sondern nur dann, wenn der Zweck durch ein unlauteres Verhalten des Begünstigten erreicht werden soll (ErläutRV 464 BlgNr 1. GP 11). Nur beispielhaft (arg „Hiedurch sind der Verfolgung insbesondere … entzogen“) führt die Regierungsvorlage dabei Zuwendungen an, die das Ausmaß üblicher Geschenke nicht überschreiten.

4.2.3 In der Entscheidung 4 Ob 302/77 wurde die Geringfügigkeit nur bei der Frage untersucht, ob die Zuwendung überhaupt geeignet ist, den Begünstigten zu beeinflussen, was im Anlassfall mangels Geringfügigkeit der Zuwendung (Autoklapprad) bejaht wurde. Die Frage der Unlauterkeit des Verhaltens des Begünstigten nach § 10 UWG wurde daran im Anschluss getrennt geprüft.

4.2.4 Auch Thiele prüft den zuletzt genannten Aspekt nicht ausschließlich im Zusammenhang mit der Höhe der Bestechungsmittel (Thiele in Wiebe/Kodek2§ 10 UWG Rz 18, 23, 35). Ebenso wird auch im sonstigen Schrifttum die Eignung eines Bestechungsmittels vom Ziel einer unlauteren Bevorzugung getrennt geprüft (vgl etwa die Darstellungen bei Krick in Münchener Kommentar3 § 299 StGBRz 56 bzw 71; Momsen/Laudien in BeckOK40 § 299 StGB Rz 36 bzw Rz 45 ff; Rönnau in Achenbach/Ransiek/Rönnau2§ 299 StGB Rz 27 ff bzw 36 ff).

4.2.5 Der vereinzelt vertretenen Ansicht, dass das Unlauterkeitsmerkmal des § 10 UWG „überflüssig“ sei (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht3§ 27 Rz 8) wird nicht beigetreten. Wettbewerb und Leistungsanreize sind systembedingte Elemente einer funktionierenden marktwirtschaftlichen Ordnung, wobei nicht zuletzt gerade die in der Reisebranche üblichen und lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstandenden Provisionszahlungen Ausdruck dieses Gedankens sind (Matern, Absatzförderung auf nachgeordneten Vertriebsstufen – lauterkeitsrechtliche Bewertung von Verkaufswettbewerben in der Reisebranche, WRP 2008, 590). Die Bezugnahme auf unlauteres Verhalten des Begünstigten in § 10 UWG trennt die lauterkeitsrechtlich unbedenklichen Leistungsanreize von der Bestechung und ist daher ein notwendiges Tatbestandselement. Zu bedenken ist auch, dass § 10 UWG ein strafrechtlicher Tatbestand ist, der eine teleologische Reduktion zu Lasten des Begünstigers ausschließt (vgl RIS-Justiz RS0118117; RS0110751 [T1]). Mangels Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestands kann der Begünstiger nach § 13 UWG auch zivilrechtlich nicht in Anspruch genommen werden.

4.3 Aus dem Gesagten folgt, dass ein Verstoß gegen § 10 UWG auch bei einer nicht geringfügigen Zuwendung davon abhängt, dass der Begünstiger eine unlautere Bevorzugung anstrebt.

5.1.1 Es handelt sich bei der unlauteren Bevorzugung um eine anspruchsbegründende Tatsache, für die der Kläger behauptungs- und beweisbelastet ist (vgl RIS-Justiz RS0078582). Der klagende Verein hat nach allgemein gehaltenen Ausführungen zu § 10 UWG den Vorwurf der unlauteren Bevorzugung ausschließlich wie folgt begründet:

„Es ist ganz offenkundig, dass die Erstbeklagte durch den von ihr veranstalteten 'Verkaufswettbewerb' und das Ankündigen und Versprechen von Preisen nicht unbeträchtlichen Wertes für jene Reisebüromitarbeiter, die besonders viele Buchungsabschlüsse für Reisen der Erstbeklagten vermitteln, eine Bevorzugung ihrer Reisen erreichen und deren Verkauf daher mit unlauteren Mitteln fördern will: Ziel jedes Wettbewerbs ist nämlich, die Teilnehmer zu Höchstleistungen anzuspornen – hier also zu möglichst hohen Verkaufszahlen mit Reisen der Erstbeklagten.“

5.1.2 Allein aus dem jedem Gewinnchancen eröffnenden Wettbewerb zweifellos innewohnenden Ansporneffekt lässt sich die für § 10 UWG erforderliche unlautere Bevorzugung aber noch nicht ableiten, weil nur mit der Förderung des Bemühens nach möglichst hohen Verkaufszahlen noch kein unsachliches Element vorliegt, das geeignet wäre, den Leistungswettbewerb zu verfälschen.

5.2 Im Übrigen sprechen (neben dem Fehlen eines entsprechenden Tatbestands im Anhang des UWG) auch folgende Erwägungen dagegen, aus dem Verkaufswettbewerb der Beklagten per se abzuleiten, dass diese eine unlautere Bevorzugung anstrebten:

5.2.1 Wird ein Reisebüro von einem Reiseveranstalter mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen ständig betraut, übt es eine der Handelsvertretertätigkeit entsprechende Tätigkeit aus. Es ist zur erfolgreichen Besorgung der Vermittlung des Reisevermittlers verpflichtet (RIS-Justiz RS0029650). Nach § 5 HVertrG hat sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen und hat bei Ausübung seiner Tätigkeit das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers wahrzunehmen. Eine Vergütung der Tätigkeit als Vermittler durch Provisionen ist zulässig (§ 8 HVertrG). Die vom Reisebürounternehmer zur Vermittlung eingesetzten Mitarbeiter sind dessen Erfüllungsgehilfen, die im Rahmen ihres Rechtsverhältnisses zum Reisebürounternehmer (idR aufgrund eines Arbeitsvertrags) zu dessen Interessenswahrung (vor allem auch zum Bemühen um erfolgreiche Vermittlungen) verpflichtet sind. Die Mitarbeiter des Reisebüros können bei der Vermittlung von Reisen (auch) als Erfüllungsgehilfen des Veranstalters fungieren (4 Ob 130/09k).

5.2.2 Mit ihrem Verkaufswettbewerb spricht die Erstbeklagte damit nicht beliebige Dritte an, sondern allein ihre Vertragspartner (Unternehmer von Reisebüros) und deren Erfüllungsgehilfen, die auch ohne Verkaufswettbewerb dazu vertraglich verpflichtet sind, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Reisen der Erstbeklagten bestmöglichst zu bemühen. Während § 10 UWG auf eine Bervorzugung abstellt, auf die kein Anspruch besteht (Duursma in Gumpoldsberger/Baumann§ 10 UWG Rz 5), sind die mit dem Verkaufswettbewerb angesprochenen Personen auch ohne einen solchen verpflichtet, die Interessen der Erstbeklagten bestmöglichst zu fördern. Diesen Personen kann damit nicht ohne weiters unterstellt werden, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit statt der Anwendung von sachlichen Kriterien bei der Beratung (zB Bezugnahme auf Leistung, Preis, Konditionen des Reisevertrags, besondere Kundenwünsche etc) allein wegen einer in Aussicht gestellten Gewinnchance dazu übergehen, die Erstbeklagte unlauter zu bevorzugen und die Kunden unsachlich (irreführend, falsch, selektiv etc) zu beraten.

5.2.3 Kunden eines Reisebüros rechnen damit, dass dieses für den Abschluss eines vermittelten Reisevertrags mit einem dritten Unternehmer (Reiseveranstalter) von diesem entsprechend bezahlt wird. Ausgehend von dieser Erwartungshaltung ist es für Kunden eines Reisebüros von untergeordneter Relevanz, ob eine erfolgsabhängige Prämie für ihr Gegenüber nun dem Unternehmer oder (auch) dem Mitarbeiter des Reisebüros zufließt.

5.2.4 Weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen lässt sich ableiten, dass die Beklagten darauf abzielten, durch unlauteres Verhalten der durch den Verkaufswettbewerb Begünstigten eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen, sodass der auf § 10 UWG gestützte Unterlassungsanspruch nicht bescheinigt ist.

6.1 Mit seinem schlagwortartigen Vorbringen, wonach „Schmieren“ ganz allgemein unlauter nach § 1 UWG sei, stützt der Kläger den Unterlassungsanspruch auch auf diese Bestimmung.

6.2.1 Diesem Rechtssatz liegt die Entscheidung 4 Ob 384/87 zugrunde. Der Oberste Gerichtshof sah dort in einer Werbung eines Gastwirts, der ihm unbekannte Busfahrer und Reiseleiter neben einer kostenlosen Mahlzeit einen Geldbetrag für den Fall anbot, dass sein Gasthaus von den Reisegästen besucht werde, die Generalklausel des § 1 UWG als erfüllt an. Dabei standen allerdings die angesprochenen Busfahrer und Reiseleiter in keiner rechtlichen Beziehung zum Gastwirt.

6.2.2 Diese Konstellation einer unlauteren Werbemaßnahme ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil – wie aufgezeigt – die vom verfahrensgegenständlichen Verkaufswettbewerb angesprochenen potentiellen Teilnehmer ohnedies bereits (vertraglich) verpflichtet waren, sich zugunsten der Veranstalterin des Verkaufswettbewerbs um einen Vermittlungserfolg zu bemühen.

6.3 Darüber hinaus lässt sich dem Klagsvorbringen und dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen, dass die Beklagten durch ihren Verkaufswettbewerb ein unsachliches, dem Leistungswettbewerb fremdes Element in den wirtschaftlichen Entscheidungsprozess hineingetragen hätten (vgl 4 Ob 384/87), sodass sich aus den Ergebnissen des Provisorialverfahrens kein Vorwurf eines Verstoßes gegen § 1 UWG ableiten lässt.

7. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde daher nicht bescheinigt. Dem Revisionsrekurs ist deshalb Folge zu geben und der angefochtene Beschluss dahin abzuändern, dass die abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

8. Die Entscheidung über die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm § 41, 50 ZPO. Als Bemessungsgrundlage für die Kosten der Rekursbeantwortung war der Betrag von 35.000 EUR (Streitwert im Sicherungsverfahren 35.000 EUR) heranzuziehen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00252.18I.0129.000

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