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OGH vom 20.12.2016, 4Ob251/16i

OGH vom 20.12.2016, 4Ob251/16i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik Wehrle Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei W***** H*****, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.500 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 2 R 108/16s 35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 18 Cg 7/16f 25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der klagende Verein wirft dem Beklagten vor, die von ihm bewirtschafteten und kontrollierten Privatparkplätze mangelhaft zu kennzeichnen, um damit Besitzstörungen von Autofahrern zu provozieren bzw auch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegende Eingriffe als Besitzstörung zu ahnden, wobei er die Lenker bzw Zulassungsinhaber zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zum Anerkenntnis einer Zahlungsverpflichtung auffordere. Das Vorgehen des Beklagten sei wegen § 1 Abs 1 Z 2 UWG unlauter, aggressiv im Sinne des § 1a UWG und irreführend nach § 2 UWG.

In Abänderung des stattgebenden Ersturteils, das § 1a UWG und § 2 UWG bei zwei der drei gegenständlichen Parkanlagen erfüllt sah, wies das Berufungsgericht die Klage ab. Weder habe der Beklagte Besitzstörungen „hinterlistig“ provoziert, noch sei den Falschparkern bloß der Eindruck vermittelt worden, sie hätten eine Besitzstörung begangen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Es bedarf weder einer näheren Klärung, welche lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüche von der Aktivlegitimation des klagenden Vereins für Konsumenteninformation umfasst sind, noch der Beantwortung der Frage, ob das Provozieren von Besitzstörungen zur Erzielung von Einnahmen aus einer daran anschließenden außergerichtlichen Abmahnung als rechtsmissbräuchliche, irreführende oder aggressive Geschäftspraktik anzusehen ist.

2. Sowohl dem Haupt als auch dem Eventualbegehren liegt der Vorwurf des Ausnützens einer mangelhaften Kennzeichnung der bewirtschafteten Parkplätze als Privatparkplatz zugrunde. Ob die konkreten Ausschilderungen der Parkplätze tatsächlich zur Irreführung der Lenker geeignet sind, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage.

3. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrzeuglenker annehmen müsse, dass private Liegenschaften nur mit allenfalls schlüssig erteilter Zustimmung genutzt werden dürfen. An die zur Vermeidung einer Irreführung vorgenommenen Kennzeichnungen solcher Liegenschaften als Privateigentum seien keine hohen Anforderungen zu stellen. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts, den unstrittigen Behauptungen und unter Heranziehung der im Akt erliegenden Lichtbilder (vgl 2 Ob 124/16y; RIS Justiz RS0121557 [T2, T 5, T 7]) erachtete das Berufungsgericht die vorgenommene Beschilderung der Parkplätze im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen (etwa die Abgrenzung mittels eines Baustellenzauns) auch für den flüchtig betrachtenden Verbraucher als vollkommen ausreichend, um auch einem in Zeitdruck befindlichen Parkplatzsuchenden ausreichend deutlich zu machen, dass es sich um eine private Liegenschaft handle, deren Nutzung der Zustimmung des Berechtigten bedürfe.

4. Diese stark von den Umständen des Einzelfalls geprägte Beurteilung des Berufungsgerichts ist jedenfalls vertretbar. Auch die klagende Partei räumt in ihrem Rechtsmittel ein, dass die konkrete Ausschilderung von Parkplätzen und daher die Erkennbarkeit als Privatparkplätze im Einzelfall keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung bildet. Sie übersieht aber, dass ihrem Haupt sowie dem Eventualbegehren und auch dem Rechtsmittel damit die Grundlage entzogen ist, basieren die geltend gemachten Ansprüche doch gerade darauf, dass der Beklagte wegen unzureichender oder missverständlicher Kennzeichnung von Privatparkplätzen Einnahmen lukriert.

5. Auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe dem Erstgericht zu Unrecht mit Hinweis auf 4 Ob 225/07b eine „moralische Bewertung“ vorgeworfen, kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen, weil der klagende Verein auch in diesem Zusammenhang mit der mangelhaften Kennzeichnung der Parkplätze argumentiert.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00251.16I.1220.000

Fundstelle(n):
PAAAD-44667