OGH vom 28.08.2007, 5Ob157/07k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Christa U*****, geboren *****, vertreten durch Dr. Herwig Medwed und Mag. Dr. Stephan Medwed, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Eintragung eines Bestandvertrags ob mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen der Liegenschaft EZ 878 GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Johann F*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , AZ 2 R 78/07h, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , TZ 7029/06, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem ordentlichen Revisionsrekurs des Johann F***** wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die „Firma P***** R***** OEG" (zu B-LNR 5, Top 2), der Rechtsmittelwerber sowie Guste R***** sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 878 GB *****.
Die Antragstellerin (und Mieterin) begehrte aufgrund des mit der P***** R***** OEG abgeschlossenen Bestandvertrags vom die Einverleibung ihres Bestandrechts bis gemäß Punkt V. des Bestandvertrags (gemeint offenbar: ob B-LNR 5).
Der Bestandvertrag vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„Mietvertrag
abgeschlossen zwischen Firma P***** R***** OEG ... als Vermieterin und ... Frau Christa U***** ... als Mieterin ... wie folgt:
I.
Die Firma P***** R***** OEG ist zu 7230/10000 Miteigentumsanteilen Eigentümer der Liegenschaft EZ 878 Grundbuch *****, mit welchen Anteilen untrennbar Wohnungseigentum an TOP 2 - Haus M*****-P*****-Straße 5, verbunden ist.
Die Vermieterin betreibt auf der oben genannten Liegenschaft das Hotel „V***** F*****".
Die Mieterin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1018 Grundbuch *****, einkommend ebenfalls beim BG Villach, mit dem darauf befindlichen Haus M*****-P*****-Straße 3. Sie betreibt dort das Appartementhaus „V***** F*****".
Zweck dieser Vereinbarung ist es, der Mieterin bzw. insbesondere deren Gäste des Appartementhauses zu ermöglichen, sämtliche, den Gästen zugängliche Anlagen des Hotels der Vermieterin in Anspruch zu nehmen bzw. mitzubenützen, wobei festgehalten wird, dass es sich hierbei um eine zusätzliche Nutzung zur Nutzung durch die Vermieterin bzw. deren Gäste handelt.
II.
Die Vermieterin vermietet und die Mieterin mietet das gesamte Areal der Hotelanlage der Vermieter. Dabei handelt es sich
im Außenbereich um
· das Swimmingpool,
· den Spielplatz,
· die Liegewiese,
· die im Garten befindlichen Spielgeräte und Liegestühle
im Innenbereich um
....
V.
Zur Absicherung des Mietrechts der Mieterin vereinbaren die Parteien, dass dieses grundbücherlich eingetragen werden soll.
Die Vermieterin gibt somit ihre Zustimmung, dass in der EZ 878 Grundbuch *****, einkommend beim BG Villach, und zwar bei den 7230/10000 Anteilen der Firma P***** R***** OEG, B-LNR 5, mit welchen untrennbar Wohnungseigentum an TOP 2 - Haus M*****-P*****-Straße 5, verbunden ist, die Einverleibung des Bestandsrechts bis gem. Punkt V. des Bestandsvertrages vom für
Christa U*****, geboren
erfolgen kann.
...".
Das Erstgericht bewilligt das Grundbuchsgesuch.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Mit- und Wohnungseigentümers Johann F***** nicht Folge. Der Mit- und Wohnungseigentümer sei zwar rekurslegitimiert, weil er eine Verletzung seiner bücherlichen Rechte durch eine ohne seine Zustimmung erfolgte (Mit-)Vermietung auch in seinem (schlichten) Miteigentum stehender allgemeiner Teile der Liegenschaft behaupte; der Rekurs sei aber inhaltlich nicht berechtigt. Es treffe zwar zu, dass nach den Formulierungen im Mietvertrag auch - wie der Rekurswerber behaupte - allgemeine Teile der Liegenschaft von der Vermietung betroffen sein könnten. Ob dies tatsächlich der Fall sei oder ob sich die vom Mietvertrag betroffenen Teile aufgrund einer Benützungsregelung in der alleinigen Verfügung der Vermieterin befänden, sei im Grundbuchsverfahren nicht zu prüfen. Der Rekurswerber müsse eine aus dem Mietvertrag allenfalls resultierende Beeinträchtigung seiner Rechte als Wohnungseigentümer in den dafür zur Verfügung stehenden Verfahren geltend machen.
Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 Euro übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil - soweit überblickbar - eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob das Grundbuchsgericht bei der Eintragung eines Bestandrechts an Wohnungseigentumsanteilen dann, wenn der Bestandvertrag auch allgemeine Teile der Liegenschaft betreffen könnte, das Vorliegen einer entsprechenden Benützungsvereinbarung wahrzunehmen habe, also der Nachweis der Verfügungsberechtigung des Mit- und Wohnungseigentümers über allgemeine Teile der Liegenschaft Voraussetzung für die Eintragung des Bestandrechts sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Mit- und Wohnungsgeigentümers Johann F***** wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Einverleibungsgesuchs. Hilfsweise stellt der Rechtsmittelwerber auch einen Aufhebungsantrag.
Der Rechtsmittelwerber macht in seinem Revisionsrekurs im Wesentlichen geltend, dass nach dem der Wohnungseigentumsbegründung zugrunde gelegenen Sachverständigengutachten die Außenflächen der Liegenschaft nicht vom Wohnungseigentum umfasst seien, sondern Allgemeinflächen darstellten, die im ideellen Miteigentum stünden. Das Rekursgericht hätte diesen Umstand nicht nur für möglich, sondern als erwiesen annehmen müssen. Es könne daher nur der Innenbereich, soweit er im selbstständigen Wohnungseigentum der Vermieterin stehe, ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer vermietet werden. Auch der Hinweis des Rekursgerichts auf eine allfällige Benützungsregelung im Bezug auf die Außenanlagen sei verfehlt, weil er gegebenenfalls keine Veranlassung zur Erhebung eines Rechtsmittels gehabt hätte. Die Verpachtung des sich auf der Allgemeinfläche befindlichen Swimmingpools an die Betreiberin einer in der Nähe befindlichen Appartementanlage stelle somit eine unzulässige und unzumutbare Störung des Rechtsmittelwerbers am gemeinsamen Gebrauch der Sache dar. Die Mieterin beherberge in den Sommermonaten im Schnitt permanent ca 50 Gäste mit Kindern, die den Badebetrieb auf der Liegenschaft empfindlich störten, was ohne seine Zustimmung als ideeller Miteigentümer rechtlich nicht gedeckt sei. Die Verbücherung des Bestandrechts sei daher mit Nichtigkeit behaftet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliegt, inwieweit bei einem Antrag auf Einverleibung eines Bestandrechts der Inhalt des Bestandvertrags zu prüfen ist. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
1. Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht die Rechtsmittellegitimation des Revisionsrekurswerbers mit Recht bejahte, macht dieser doch eine Verletzung seines verbücherten mit Miteigentumsrechts geltend. Ob die Verletzung dieses bücherlichen Rechts tatsächlich vorliegt, ist dann bereits Gegenstand der inhaltlichen Prüfung des Rechtsmittels (vgl RIS-Justiz RS0006677; RS0006710 [insb T 9].
2. Im Grundbuch können nach § 9 GBG nur dingliche Rechte und Lasten, ferner das Wiederkaufs- und das Vorkaufsrecht (§§ 1070 und 1073 ABGB) sowie das Bestandrecht (§ 1095 ABGB) eingetragen werden. Wenn ein Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, so soll nach § 1095 ABGB das Recht des Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten sein, welches sich auch der nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muss. Hat der Eigentümer das Bestandstück an einen Andern veräußert, und ihm bereits übergeben, so muss der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095 ABGB), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen (§ 1120 ABGB). Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gemäß § 1121 ABGB gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln. Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muss ihm der Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.
3. § 19 GBG spricht zwar von der „Einverleibung oder Vormerkung von Bestandrechten", doch wird das Bestandrecht durch „Einverleibung" nicht zum dinglichen Recht (6 Ob 554/90 = wobl 1991/75, 123 [Hoyer] = Jbl 1991, 727 = EvBl 1990/148, 747 = MietSlg 42.537). Die Wirkung der „Eintragung" des Bestandrechts (§ 1095 ABGB) beschränkt sich im Wesentlichen auf die in §§ 1120 f ABGB vorgesehenen Rechtswirkungen, beseitigt also insbesondere das Kündigungsrecht des Erwerbers der Liegenschaft nach § 1120 ABGB (vgl Würth in Rummel³ § 1095 ABGB Rz 1; zu den Rechtswirkungen vgl auch 1 Ob 344/99s = SZ 73/102; 5 Ob 382/97f = EvBl 1998/38, 183 = RdW 1998, 263 = immolex 1998, 190 = NZ 1998, 280 [Hoyer, NZ 1998, 285] = WoBl 1999, 185 = MietSlg 49.110 = SZ 70/193). Die „Eintragung" des Bestandrechts ähnelt nach ihrer Rechtswirkung eher einer Anmerkung denn einer Einverleibung. Der Umfang der dem Bestandnehmer aus dem Vertrag zustehenden Nutzungsrechte ändert sich durch die Eintragung des Bestandvertrags im Grundbuch jedenfalls nicht.
4. Die Prüfung eines Gesuchs auf Eintragung eines Bestandvertrags hat nach den Erfordernisses der §§ 26 ff GBG zu erfolgen und muss insbesondere dem § 32 GBG genügen, was hier zutrifft. Maßgeblich und ausreichend ist, dass die Antragstellerin durch den Bestandvertrag ausgewiesene Mieterin, die Firma P***** R***** OEG die Vermieterin und die grundbücherliche Eigentümerin des Mit- und Wohnungseigentumsanteils ist, ob welchem der Bestandvertrag eingetragen werden soll und auf den sich das Bestandverhältnis - zumindest auch und insoweit jedenfalls rechtlich möglich und zulässig - bezieht. Sind diese Anforderungen erfüllt, hat die Eintragung des Bestandvertrags zu erfolgen. Ob die durch den Bestandvertrag eingeräumte Nutzungsmöglichkeit im gesamten Umfang durch die Rechtsstellung des Vermieters gedeckt ist, ist dagegen nicht Teil der grundbuchsrechtlichen Prüfung, weil der Umfang der Nutzungsbefugnis nicht Gegenstand der durch die bewilligte Eintragung ausgelösten Rechtswirkungen ist, die sich - wie dargestellt - auf die Rechtsfolgen der §§ 1120 f ABGB - und zwar im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter - beschränken. Eine allgemein dingliche Wirkung gegenüber dritten Personen, kommt der Eintragung des Bestandrechts ebenfalls nicht zu (3 Ob 209/50 = SZ 23/121). Die Auseinandersetzung über den aus dem (Mit-)Eigentum resultierenden Umfang der Nutzungsbefugnis des Bestandobjekts ist daher nicht im Grundbuchsverfahrens, sondern im ordentlichen Rechtsweg auszutragen.
Der Revisionsrekurs muss somit erfolglos bleiben.