OGH vom 23.01.2014, 6Ob235/13x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler und Univ. Prof. Dr. Kodek, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E. Solé sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. N***** H*****, 2. T***** H*****, beide *****, vertreten durch Mag. Michael Rettenwander, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen Entfernung, Unterlassung, Zahlung und Feststellung (Streitwert 18.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 92/13z 51, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Beurteilung der Frage, ob in einem bestimmten Fall die konkret zu berücksichtigenden Umstände die Qualifikation des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich fordern, hängt genauso wie die Beurteilung des Verschuldensgrades oder jener, ob fahrlässiges Verhalten vorliegt, von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0010185 [T7], RS0087606, RS0042837).
Der für die Ersitzung erforderliche gute Glauben fällt weg, wenn der Besitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Besitzes Anlass geben (RIS Justiz RS00101854). Maßgeblich ist, ob ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer die in seiner Ausübungshandlung liegende Rechtsverletzung erkennen hätte können (RIS Justiz RS0010184 [T11]).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ging der Rechtsvorgänger der Beklagten davon aus, dass der strittige Grundstücksbereich zum zu erwerbenden eigenen Grundstück gehört. Diese Auffassung entwickelte er aufgrund einer noch vor seinem eigenen Liegenschaftserwerb erhaltenen Information des damaligen Eigentümers der Nachbarliegenschaft. Daraufhin wurde der nunmehr strittige Grundstücksbereich von 1958 bis in die erste Hälfte der 1990er Jahre vom Rechtsvorgänger der Beklagten genutzt. In Anbetracht des Umstands, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten diese Information vom Eigentümer der Nachbarliegenschaft erhielt, der auch der einzig mögliche Eigentümer des strittigen Grundstücksbereichs sein hätte können, war der Rechtsvorgänger der Beklagten zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet. Im Hinblick auf die vom Eigentümer der Nachbarliegenschaft erteilte Information stand dem guten Glauben des Rechtsvorgängers der Beklagten auch nicht entgegen, dass seit 1878 zu Gunsten der nunmehr im Eigentum der Beklagten stehenden Liegenschaft das Recht der Hausbrunnenwasserleitung eingetragen war. Selbst wenn sich dieses auf einen im streitgegenständlichen Bereich befindlichen Brunnen bezog, durfte sich der Rechtsvorgänger der Beklagten auf die Auskunft des Eigentümers der Nachbarliegenschaft verlassen.
Im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft durch die Beklagten war die Ersitzungsfrist bereits abgelaufen; diese erwarben daher derivativ Eigentum (auch) am strittigen Grundstücksbereich, sodass insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ersitzung bei den Beklagten unerheblich ist.
Damit zeigt die Revision aber keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung auf, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
Fundstelle(n):
EAAAD-44610