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OGH vom 20.10.1998, 4Ob250/98p

OGH vom 20.10.1998, 4Ob250/98p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Prettenhofer & Jandl Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. E*****-GmbH & Co KG, 2. E*****-GmbH, 3. Andreas M*****, alle vertreten durch Dr. Egon Sattler und Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 720.000,--), infolge Revisionsrekurses aller Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 143/98i-20, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 10 Cg 107/98p-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird nicht Folge gegeben; dem Revisionsrekurs der Beklagten wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung, einschließlich des bestätigten Teiles, insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin gegen die Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird den Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des hierüber ergebenden Urteils verboten,

1. die Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees im Inland in für den Verkauf an Verbraucherinnen bestimmten Faltschachteln abzugeben oder zur Abgabe bereit zu halten, die den werbenden Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" aufweisen;

2. für den Bezug der von den Beklagten angebotenen Arzneispezialitäten materielle Vorteile anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, die nicht bloß von geringem Wert sind oder sonst unzulässige Zugaben bilden, insbesondere durch unentgeltliche Zugabe von einzelnen Packungen aus einem gemischten Paket von Arzneispezialitäten zu diesem Paket.

Das Mehrbegehren, den Beklagten zu untersagen, sich als Zulassungsinhaber und/oder Hersteller hinsichtlich der vorstehend genannten Produkte zu bezeichnen (Punkt b des Sicherungsantrages); in Werbeprospekten Angaben über Preise für die Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees zu machen, wenn diese Angaben nicht den für die von der beklagten Partei vertriebenen Produkte behördlich festgesetzten Preisen entsprechen (Punkt c des Sicherungsantrages), wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 2.805,54 bestimmten anteiligen Kosten der Äußerung (darin S 467,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 3.830,88 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 638,48 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rechtsmittel und ein Zwölftel der Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen endgültig selbst zu tragen; elf Zwölftel der Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen hat sie vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der S***** AG Berlin. Sie bringt die von S*****-Gesellschaften hergestellten Arzneispezialitäten zur oralen Empfängnisverhütung (M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees) in Österreich in Verkehr. Die Klägerin hat vor Jahren für sämtliche Arzneispezialitäten österreichische Zulassungen erwirkt; die Empfängnisverhütungsmittel dürfen nur gegen ärztliche Verschreibung in Apotheken abgegeben werden.

Die Erstbeklagte importiert die von S*****-Gesellschaften hergestellten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees parallel. Sie kauft die Arzneispezialitäten bei Großhändlern in den Mitgliedstaaten der EU und vertreibt die von der E***** GmbH in P***** in Deutschland umgepackten Medikamente seit in Österreich. Die Erstbeklagte hat für die von ihr parallelimportierten Arzneispezialitäten im November 1997 und Jänner 1998 österreichische Zulassungen erwirkt.

Diese Arzneispezialitäten sind wie folgt verpackt:

Auf der Oberseite der äußeren Verpackungen (Faltschachteln) findet sich der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis". Auf einer der Schmalseiten steht "Zulassungsinhaber, Import und Vertrieb: E***** GmbH & Co KG, *****. Umgepackt durch: E***** GmbH, D-***** P*****". Auf der anderen Schmalseite ist bei den M***** 30-Dragees, den G*****-Dragees und den D*****-Dragees der Aufdruck "Hersteller:

S*****, Deutschland" aufgedruckt; bei den T*****-Dragees "Hersteller:

S*****, Italien". In einer weiteren Zeile steht "... (Name der

jeweiligen Arzneispezialität) ... ist eine eingetragene Marke der

Firma S*****".

In den Gebrauchsinformationen ist als "Hersteller gem. AMG" jeweils "E***** GmbH, D-***** P*****. Zulassungsinhaber, Import und Vertrieb:

E***** GmbH & Co KG, *****" angegeben; ein Hinweis auf S***** als Hersteller fehlt. Die Aufklebefolien auf der Rückseite der Blisterstreifen sind - ohne weiteren Zusatz - mit "E***** GmbH & Co KG" bedruckt.

Die Erstbeklagte informiert die Apotheker mit einer Broschüre mit dem Titel "Wenn Ihre Kunden über teure Arzneimittel sauer sind" und mit Werbeschriften, die mit "Das Original zum günstigeren Preis" und mit "Wie Sie Ihre Kundinnen glücklich machen ..." überschrieben sind.

Auf der Rückseite der Werbeschrift "Das Original zum günstigeren Preis" sind die Preise der von der Erstbeklagten vertriebenen Arzneispezialitäten angegeben. Unter der Überschrift "E***** Präparateübersicht - Zu beziehen über Ihren Großhandel" sind neben der Bezeichnung der Arzneispezialität und der Packungsgröße jeweils der Apothekeneinstandspreis (AEP) und der Apothekenverkaufspreis (AVP) aufgelistet.

Auf der Rückseite der Werbeschrift "Wie Sie Ihre Kundinnen glücklich machen ..." werden unter der Überschrift "Zu beziehen über Ihren Großhandel" für die Zeit vom 1. 4. bis zwei Produktpakete angeboten. Für das eine Paket wird mit "Paket 1 plus Großhandelsrabatt" und "Ihr Zusatzgewinn öS 137,50 netto!" geworben. Es setzt sich aus je einer 3 x 21-Dragees- bzw. Tabletten-Packung D*****-Dragees, G*****-Dragees, M*****-Tabletten, T*****-Dragees und M***** 30-Dragees zusammen. Gratis werden je eine 21-Dragees-Packung T*****-Dragees und M***** 30-Dragees dazugegeben. Bei den einzelnen Packungen ist jeweils der Apothekeneinstandspreis (AEP) und der Apothekenverkaufspreis (AVP) angeführt. Die zu bezahlenden Arzneispezialitäten kosten insgesamt S 741,53; der Apothekeneinstandspreis der gratis beigegebenen Arzneispezialitäten belauft sich auf insgesamt S 77,36.

Das zweite Paket ist mit "Paket 2 plus Großhandelsrabatt" und "Ihr Zusatzgewinn öS 262,50 netto!" überschrieben. Dieses Paket setzt sich aus jeweils einer 21-Dragees- bzw. Tablettenpackung und einer 3 x 21-Dragees- bzw. Tablettenpackung D*****-Dragees, G*****-Dragees, M*****-Tabletten, T*****-Dragees und M***** 30-Dragees zusammen; gratis werden eine 21-Dragees-Packung G*****-Dragees und eine 3 x 21-Dragees-Packung M***** 30-Dragees dazugegeben. Die Summe der jeweils angegebenen Apothekeneinstandspreise der zu bezahlenden Arzneispezialitäten beträgt S 1.007,86; die Summe der gratis beigegebenen Medikamente S 147,49.

Die Zweitbeklagte ist die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten; der Drittbeklagte ist alleiniger Geschäftsführer der Zweitbeklagten. Die E***** GmbH mit dem Sitz in P***** ist Kommanditistin der Erstbeklagten und alleinige Gesellschafterin der Zweitbeklagten.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten,

a) die Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees im Inland in für den Verkauf an Verbraucherinnen bestimmten Faltschachteln abzugeben oder zur Abgabe bereit zu halten, die den werbenden Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" aufweisen;

b) sich als Zulassungsinhaber und/oder Hersteller hinsichtlich der vorstehend genannten Produkte zu bezeichnen;

c) in Werbeprospekten Angaben über Preise für die Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees zu machen, wenn diese Angaben nicht den für die von der beklagten Partei vertriebenen Produkte behördlich festgesetzten Preisen entsprechen;

d) für den Bezug der von der beklagten Partei angebotenen Arzneispezialitäten materielle Vorteile anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, die nicht bloß von geringem Wert sind oder sonst unzulässige Zugaben darstellen, insbesondere durch unentgeltliche Zugabe von einzelnen Packungen aus einem gemischten Paket von Arzneispezialitäten zu diesem Paket.

Der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" verstoße gegen § 51 AMG sowie gegen die allgemeine sittliche Wertung, wie sie in Art 2 Z 2 zweiter Satz der Richtlinie des Rates über die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln (92/27/EWG) zum Ausdruck komme. Der Aufdruck sei auch irreführend, weil es sich nicht um das originale S*****-Produkt handle. Die Erstbeklagte sei weder Zulassungsinhaberin noch Herstellerin. Die Angabe von Apothekeneinkaufspreisen und Apothekenverkaufspreisen ohne aufklärenden Hinweis erwecke den unrichtigen Eindruck, daß es sich dabei um behördlich festgesetzte oder jedenfalls zulässige Preise handle. Der unrichtige Preisansatz führe zu einer ungerechtfertigt hohen Apothekenspanne; die Apotheken würden dadurch irregeführt. Die den Angebotspaketen gratis beigegebenen Arzneispezialitäten seien ein materieller Vorteil, der nicht bloß geringwertig sei. Die Beklagten verstießen damit gegen § 55 AMG. Ihr Verhalten sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" verstoße nicht gegen § 51 AMG, weil die verglichenen Produkte identisch seien. Es stünden nicht verschiedene Arzneimittel miteinander im Wettbewerb. Das Werbeverbot sei eine Beschränkung des freien Warenverkehrs, die durch Art 36 EGV nicht gedeckt sei. Die Beklagten besäßen für die Arzneispezialitäten Zulassungen nach § 11 Abs 1 AMG. Auch das Abpacken und das Kennzeichnen von Arzneimitteln sei ein Herstellen im Sinne des § 2 Abs 10 AMG. Die Muttergesellschaft der Erstbeklagten werde daher zu Recht als Herstellerin bezeichnet. Die Angabe von Apothekeneinstandspreisen und Apothekenverkaufspreisen erwecke nicht den Eindruck, daß es sich dabei um behördlich festgesetzte Arzneimittelpreise im Sinne der Arzneitaxe handle. Die auf Antrag der Klägerin festgesetzten Höchstpreise seien auch für die parallelimportierten Arzneispezialitäten gültig. Die Zugaben seien geringwertig und für die medizinische und pharmazeutische Praxis von Belang. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil die Aktion mit einem Monat befristet war.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung zu Punkt a), c) und

d) des Sicherungsantrages; das Mehrbegehren wies es ab. Der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" verstoße gegen § 51 AMG. Er sei geeignet, die Anwenderinnen zu veranlassen, bei der Verschreibung auf diesem Produkt zu bestehen. Punkt b) des Sicherungsantrages sei nicht berechtigt, weil die Erstbeklagte durchaus auch als Zulassungsinhaberin nach § 7 Abs 1 Z 2 AMG anzusehen sei. Das Arzneimittelgesetz sehe eine weitere Zulassung eines identischen Arzneimittels für einen vom Erstzulassungsinhaber verschiedenen Antragsteller vor. Die Bezeichnung als Hersteller könne den Beklagten nicht verboten werden, weil nicht sie sich als Hersteller bezeichneten, sondern die "E***** GmbH, D-***** P*****" als Hersteller angegeben sei. Punkt c) des Antrages sei berechtigt. Die in der Werbeschrift enthaltene Preisliste erwecke den unzutreffenden Eindruck, daß die Preise im Sinne der Arzneitaxe behördlich festgesetzt seien. Die von Punkt d) erfaßten Zugaben seien weder geringwertig noch für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Die Befristung des Angebotes sei nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es den Beklagten zu Punkt c) des Sicherungsantrages verbot, in Werbeprospekten Angaben über Apothekeneinkaufspreise und Apothekenverkaufspreise für die Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees zu machen, wenn weder für diese Produkte behördlich festgesetzte Preise bestehen noch darauf hingewiesen wird, daß es sich dabei lediglich um unverbindlich empfohlene Richtpreise handelt. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" richte sich an die Endverbraucherinnen, um sie für die von der Erstbeklagten in Österreich vertriebenen Produkte zu gewinnen. Mit dem Aufdruck würden nicht nur die Vorteile von Parallelimporten herausgestrichen, sondern es werde auch für ein bestimmtes Produkt geworben. Das Verbot der "Laienwerbung" - unter diesem Begriff wird üblicherweise nicht die an Laien gerichtete Werbung, sondern die Werbung durch Laien verstanden (s Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 § 1 dUWG Rz 200ff) - sei zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig. Ein Verstoß gegen Art 30 EGV liege auch deshalb nicht vor, weil das Werbeverbot nicht geeignet sei, den Import von Arzneispezialitäten aus anderen Mitgliedstaaten zu behindern. § 51 AMG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Auch parallelimportierte Arzneimittel müßten im Inland zugelassen sein, um in Verkehr gebracht werden zu können. Zulassungsinhaber sei die zum Inverkehrbringen berechtigte Person. Das sei die Erstbeklagte, auch wenn sie nicht Inhaberin der Erstzulassung sei. Die Beklagten bezeichneten sich nicht als "Hersteller"; ihnen könne eine derartige Bezeichnung auch nicht verboten werden. Die Preisangaben auf der Rückseite der Werbeschrift erweckten den Eindruck, die Apothekeneinstandspreise seien in einem Preisregelungsverfahren festgesetzt worden. Dem unrichtigen Eindruck könnte durch einen Hinweis auf die Unverbindlichkeit der Preise entgegengewirkt werden. Die für die Klägerin in einem behördlichen Verfahren festgesetzten Apothekenverkaufspreise seien für die parallelimportierten Arzneispezialitäten nicht gültig. Die gratis beigegebenen Packungen seien keine geringwertigen Vorteile; sie seien auch nicht für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Wiederholungsgefahr bestehe nach wie vor, weil die Beklagten darauf beharrten, mit ihrer Aktion nicht gesetzwidrig gehandelt zu haben. Der Drittbeklagte hafte als Alleingeschäftsführer der Zweitbeklagten, die die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten sei. Der Drittbeklagte habe nicht behauptet, ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen zu sein, gegen den Wettbewerbsverstoß einzuschreiten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den die Abweisung des Sicherungsantrages bestätigenden Teil der Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin (Punkt b des Sicherungsantrages) und der gegen die Bestätigung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten (Punkte a, c und d des Sicherungsantrages) sind zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt; der Revisionsrekurs der Beklagten ist teilweise berechtigt.

1. zu Punkt a) des Sicherungsantrages:

Die Beklagten halten an ihrer Auffassung fest, daß der Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" keine Werbung im Sinne des § 51 AMG sei. Damit werde nur für einen von zwei Importwegen und nicht für ein bestimmtes Arzneimittel in Konkurrenz zu einem anderen Arzneimittel geworben. Die weite Auslegung des § 51 AMG durch das Rekursgericht verstoße gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und sei auch verfassungsrechtlich bedenklich.

Die Argumentation der Beklagten baut darauf auf, daß sie den Aufdruck "Das Original zum günstigeren Preis" nur als Werbung für einen von zwei Importwegen und nicht auch als Werbung für das Erzeugnis verstehen. Sie bestreiten nicht, daß auch ein werbender Aufdruck auf einer Packung gegen § 51 AMG verstoßen kann. Nach Z 1 dieser Bestimmung darf Arzneimittelwerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, nicht für Arzneimittel betrieben werden, die der Rezeptpflicht unterliegen. Das damit normierte Verbot der Öffentlichkeitswerbung für rezeptpflichtige Arzneimittel entspricht Art 3 Abs 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom über die Werbung für Humanarzneimittel, wonach die Mitgliedstaaten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel verbieten, die nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen. Die Richtlinie definiert als "Werbung für Arzneimittel" alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern; sie umfaßt insbesondere (ua) die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel (Art 1 Abs 3 leg cit).

Werbung ist somit bei richtlinienkonformer Auslegung des § 51 AMG jede Maßnahme, die der Absatzförderung dient. Das Werbeverbot soll, wie sich aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 92/28/EWG ergibt, alle Medien erfassen. Damit steht im Einklang, daß nach Art 2 Abs 2 der Richtlinie 92/27/EWG des Rates vom über die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln auf der äußeren Umhüllung von Arzneimitteln keine Angaben zulässig sind, die Werbecharakter haben können.

Das Verbot der Öffentlichkeitswerbung für rezeptpflichtige Arzneimittel soll verhindern, daß die Entscheidung für oder gegen ein Arzneimittel aus anderen als aus medizinischen Überlegungen getroffen wird. Diese Gefahr besteht nicht nur dann, wenn die Vorzüge eines Arzneimittels im Vergleich zu einem anderen Arzneimittel oder ganz allgemein herausgestrichen werden, sondern auch dann, wenn ein Vorzug betont wird, den das parallelimportierte Arzneimittel gegenüber dem Direktimport hat. Auch in diesem Fall ist die Werbung produktbezogen:

Die von der Erstbeklagten parallelimportierten Verhütungsmittel werden als preisgünstig angepriesen; das empfiehlt sie nicht nur gegenüber den direktimportierten identischen Arzneispezialitäten, sondern auch gegenüber den oralen Verhütungsmitteln anderer Erzeuger. Es ist daher nicht richtig, daß der Werbeaufdruck nur die Entscheidung zwischen zwei identischen Arzneimitteln zu beeinflussen geeignet wäre. Die Werbung kann sich vielmehr auch auf die - vom Preisbewußtsein der Anwenderin beeinflußte - Entscheidung für oder gegen ein anderes Verhütungsmittel auswirken und damit medizinische Überlegungen in den Hintergrund treten lassen.

Eine solche Werbung fällt auch bei der von den Beklagten geforderten teleologischen Auslegung unter § 51 AMG. Insoweit ist das Verbot der Öffentlichkeitswerbung selbst nach der Argumentation der Beklagten weder gemeinschaftsrechtlich noch verfassungsrechtlich bedenklich. Auf ihre diesbezüglichen Ausführungen ist daher nicht weiter einzugehen.

Der Verstoß gegen § 51 AMG ist geeignet, den Beklagten einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Der Werbecharakter des Aufdruckes ist so offenkundig, daß sich die Beklagten nicht auf die Vertretbarkeit ihrer Rechtsauffassung berufen können.

2. zu Punkt b) des Sicherungsantrages:

Die Klägerin bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes insoweit, als die Abweisung ihres Antrages, den Beklagten zu verbieten, sich als Zulassungsinhaber hinsichtlich der Arzneispezialitäten M***** 30-Dragees, T*****-Dragees, G*****-Dragees und D*****-Dragees zu bezeichnen, bestätigt wurde. Sie bestreitet nicht, daß die Erstbeklagte berechtigt ist, die parallel importierten Arzneispezialitäten in Verkehr zu bringen. Sie meint aber, daß die dem Parallelimporteur erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen keine Zulassung im Sinne des § 11 AMG sei und der Parallelimporteur sich daher auch nicht gemäß § 7 Abs 1 Z 2 AMG (auf der Verpackung) und gemäß § 8 Abs 2 Z 3 (auf der Gebrauchsinformation) als Zulassungsinhaber bezeichnen dürfe. Der Parallelimporteur sei nicht in der Lage, die Verpflichtungen des Zulassungsinhabers beim Auftreten von Komplikationen wahrzunehmen. Der Zulassungsinhaber müsse Nebenwirkungsmeldungen aus dem In- und Ausland sammeln, sie kommentieren und an die zuständige Behörde weiterleiten. Durch das Zulassungsverfahren nach §§ 15ff AMG sei sichergestellt, daß der Zulassungsinhaber den gemeldeten Sachverhalt richtig beurteile und anhand des vorliegenden Datenmaterials und seines eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes die erforderlichen Maßnahmen rasch und umfassend empfehle.

Dem halten die Beklagten entgegen, daß die Erstbeklagte ihre Verpflichtungen aus der Arzneimittelüberwachung erfülle. Sie stimmen mit der Klägerin darin überein, daß das Arzneimittelgesetz das Verfahren für die Genehmigung von Parallelimporten nicht ausdrücklich regelt. Im Gegensatz zur Klägerin leiten sie aber daraus ab, daß sich auch der Parallelimporteur als der zum Inverkehrbringen Berechtigte als Zulassungsinhaber bezeichnen dürfe und sogar bezeichnen müsse, weil eine Angabe des "Inhabers der Genehmigung zum Inverkehrbringen im Parallelimport" nicht vorgesehen sei und eine Angabe der Klägerin als Zulassungsinhaberin irreführend wäre, nachdem die Erstbeklagte Adressat der Verkehrsgenehmigung für die von ihr vertriebenen Produkte ist.

Die Frage, ob auch der Parallelimporteur Zulassungsinhaber im Sinne des § 7 Abs 1 Z 2 und § 8 Abs 2 Z 3 AMG ist, ist für das vorliegende Verfahren insoweit erheblich, als zu prüfen ist, ob die Beklagten mit der Angabe des Parallelimporteurs als Zulassungsinhaber gegen § 6 Abs 1 AMG verstoßen und ob sie mit einem solchen Verstoß sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handeln. § 6 Abs 1 AMG verbietet, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, die den Tatsachen nicht entsprechende Angaben oder sonst zur Irreführung geeignete Bezeichnungen oder Aufmachungen aufweisen. Das Arzneimittelgesetz enthält damit ein Verbot irreführender Angaben, das dem ganz allgemein für Angaben zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr geltenden Verbot des § 2 UWG entspricht. Gegen § 2 UWG wird nur verstoßen, wenn die irreführende Angabe für den Kaufentschluß relevant ist (stRsp ua ÖBl 1996, 80 - Städtische Bestattung; MR 1996, 118 [Korn] = ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo, jeweils mwN); ein Gesetzesverstoß - wie hier der Verstoß gegen § 6 Abs 1 AMG - begründet dann sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (stRsp ua ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1996, 237 - Anstaltsapotheke II; ÖBl 1997, 123 - LAW, jeweils mwN).

Die Klägerin wirft der Erstbeklagten in diesem Zusammenhang vor, sich durch die Bezeichnung als Zulassungsinhaberin unzulässigerweise besonderer Leistungen und Kenntnisse zu berühmen. Sie gebe damit vor, umfassende Kenntnis von der Entwicklung und Wirkungsweise der Arzneispezialität zu haben, maßgebend für die Arzneimittelüberwachung verantwortlich und in der Lage zu sein, bei den ihr gemeldeten Nebenwirkungen und Komplikationen schnell und richtig zu helfen. Dadurch erwecke sie bei Ärzten, Apothekern und Arzneimittelgroßhändlern regelmäßig eine falsche Vorstellung von ihren tatsächlichen Qualitäten. Ihre Angaben könnten die Verschreibung bzw. die Abgabe durch Ärzte und Apotheker beeinflussen, da diese im Interesse der Gesundheit der Anwenderinnen die von der Erstbeklagten damit für sich reklamierten Eigenschaften besonders würdigten.

Die von der Klägerin behaupteten positiven Rückschlüsse auf die Qualifikation der Erstbeklagten sind nur dann geeignet, ihr einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, wenn sie nicht zutreffen und für den Kaufentschluß von Bedeutung sind. Daß die Beklagten nicht in der Lage wären, die Verpflichtungen aus der Arzneimittelüberwachung wahrzunehmen, hat die Klägerin in erster Instanz weder behauptet noch bescheinigt. Die Relevanz einer insoweit irreführenden Angabe kann daher offenbleiben. Für den Kaufentschluß ohne Bedeutung ist hingegen eine allenfalls irrige Vorstellung über die Kenntnisse der Erstbeklagten über Entwicklung und Wirkungsweise der Arzneispezialitäten, weil allfällige Mängel der Qualifikation des Parallelimporteurs für die Qualität des Arzneimittels ohne Bedeutung sind und die Eigenschaften des Zulassungsinhabers für den Verschreiber und Anwender, von der Arzneimittelüberwachung abgesehen, nur insoweit von Interesse sind, als daraus auf die Qualität des Arzneimittels geschlossen wird.

Nach Auffassung der Klägerin wäre als Zulassungsinhaber nicht der Parallelimporteur, sondern der Inhaber der Erst-(Voll-)Zulassung, im vorliegenden Fall die Klägerin, anzugeben. Worin aber der Wettbewerbsvorsprung der Beklagten bestehen soll, wenn sie als Zulassungsinhaberin nicht die Klägerin als - nach dem Klagevorbringen - "eines der auf dem Gebiet der oralen Empfängnisverhütung innovativsten und seriösesten Pharma-Unternehmen" angeben, sondern die Erstbeklagte, ist nicht ersichtlich.

Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt demnach selbst dann nicht vor, wenn die Beklagten mit der Angabe der Erstbeklagten als Zulassungsinhaberin gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen. Die Frage, ob auch der Parallelimporteur und Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen Zulassungsinhaber im Sinne des § 7 Abs 1 Z 2 und § 8 Abs 2 Z 2 AMG ist, kann daher offenbleiben.

3. zu Punkt c) des Sicherungsantrages:

Die Beklagten verweisen einerseits darauf, daß die Apotheker das System der Preisfestsetzung sehr genau kennen, andererseits meinen sie, die Apotheker hätten aufgrund der beanstandeten Preisliste nur annehmen können, daß der Aufschlag vom Apothekeneinstandspreis auf den Apothekenverkaufspreis der Arzneitaxe entspricht. Die Verwendung der Begriffe "AEP" und "AVP" lasse Apotheker keineswegs zwingend an eine behördliche Preisregelung denken.

Arzneimittel sind insofern preisgeregelt, als nach § 3 Abs 1 PreisG 1992 für die dort genannten Arzneimittel, ausgenommen für die Abgabe in Apotheken, volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise bestimmt werden können. Mit dieser Bestimmung wird der zuständige Bundesminister ermächtigt, die Fabriksabgabepreise für Arzneimittel auch außerhalb von Krisenzeiten festzusetzen (336 BlgNR 18. GP 12). Die Höchstaufschläge im Arzneimittelgroßhandel werden aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 8 Abs 1 PreisG durch Verordnung des zuständigen Bundesministers festgesetzt; die Festsetzung eines Maximalpreises für die in Apotheken geführten Artikel regelt die aufgrund des § 7 Abs 2 ApothekenG erlassene Verordnung Österreichische Arzneitaxe 1962 BGBl 128. Nach § 1 leg cit hat der zuständige Bundesminister die Preise für die an den Verbraucher abzugebenden Arzneimittel ... nach den Bestimmungen der in Anlage A der Verordnung enthaltenen Grundsätze zu errechnen und als Anlage B zu dieser Verordnung mit der Bezeichnung "Österreichische Arzneitaxe" kundzumachen. Die Preise der Österreichischen Arzneitaxe sind Höchstpreise (§ 1 Abs 2 leg cit). Der Verkaufspreis von Arzneimitteln, die öffentliche Apotheken in einer zur Abgabe an die Verbraucher bestimmten fertigen Packung aus dem Handel beziehen, wird durch einen Aufschlag auf den Apothekeneinstandspreis festgelegt. Die Arzneitaxe legt auch fest, welcher Verkaufspreis jeweils einem bestimmten Apothekeneinstandspreis entspricht. Nach Punkt 2b der Allgemeinen Bestimmungen der Anlage A ist bei Bezug eines Arzneimittels aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Rahmen der gesamten Vertriebskette nur eine Großhandels- und eine Apothekenspanne zu verrechnen.

Die Arzneimittelpreise können daher - unabhängig von der Preisregelung durch die Sozialversicherung - in dem Sinn als behördlich festgesetzt bezeichnet werden, als der Fabriksabgabepreis in einem Preisfestsetzungsverfahren, der Apothekeneinstandspreis durch Höchstaufschläge im Arzneimittelgroßhandel und der Apothekenverkaufspreis durch maximale Spannen für die Apotheken bestimmt wird (s Tomandl, Sozialversicherung und Medikamentenpreise, FS-Wenger 647 [649f]; Gutknecht, Das Preisgesetz 1992, ecolex 1992, 483 [485] mwN). Die Preisliste der Beklagten gibt für jede Arzneispezialität den Apothekeneinstandspreis und den Apothekenverkaufspreis, nicht aber auch den Fabriksabgabepreis an. Für Apothekeneinstandspreis und Apothekenverkaufspreis gibt es kein Preisfestsetzungsverfahren; die behördliche Preisregelung beschränkt sich insoweit auf die Festsetzung der Höchstaufschläge.

Die Klägerin behauptet nicht, daß die Apotheker mit dem Preisfestsetzungssystem nicht vertraut wären. Ist den Apothekern aber bekannt, daß nur der Fabriksabgabepreis in einem Preisfestsetzungsverfahren festgesetzt werden kann, so können sie die von den Beklagten angegebenen Preise nur insofern als behördlich festgesetzte Preise verstehen, als sie meinen, der dem Apothekeneinstandspreis zugrundeliegende Fabriksabgabepreis sei behördlich festgesetzt, Großhandelsaufschlag und Apothekenspanne seien korrekt berechnet worden. Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Beklagten für den ihrer Kalkulation zugrundeliegenden Fabriksabgabepreis kein Preisfestsetzungsverfahren beantragt haben. Inwiefern ein solcher Irrtum aber geeignet sein soll, den Kaufentschluß der Apotheker zu beeinflussen, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.

Der Apotheker kann weder für einen allfälligen Verstoß bei der Bildung des Fabriksabgabepreises zur Verantwortung gezogen werden, noch wird es seinen Kaufentschluß beeinflussen, ob den ihm genannten Preisen ein Fabriksabgabepreis zugrundeliegt, der behördlich festgesetzt wurde. Es ist auch nicht ersichtlich, worin die von der Klägerin behauptete Irreführung durch einen unrichtigen Preisansatz, der zu einer ungerechtfertigt hohen Apothekenspanne führe, bestehen soll. Für den Apotheker ist maßgebend, wie hoch sein Einstandspreis ist; daß die Preisangaben der Beklagten insoweit nicht richtig wären, behauptet die Klägerin gar nicht. Ebensowenig bringt sie vor, daß die in den Einstandspreisen insgesamt enthaltene Großhandelsspanne den Höchstaufschlag überstiege.

Der Fabriksabgabepreis ist im übrigen, ebenso wie der durch Berücksichtigung des Höchstaufschlages im Großhandel gebildete Apothekeneinstandspreis und der durch Aufschlag der Apothekenspanne sich ergebende Apothekenverkaufspreis, immer ein Höchstpreis. Alle diese Preise sind daher insoweit unverbindlich, als sie unterschritten werden können. Nichts anderes können auch die Apotheker der Preisliste der Beklagten entnehmen. Es ist daher ausgeschlossen, daß sie, wie die Klägerin und offenbar auch das Berufungsgericht meinen, die Preisangaben als verbindliche Preisempfehlung im Sinne des § 12 KartG auffassen könnten.

Die Klägerin macht geltend, daß der von ihr behauptete Anschein behördlich festgesetzter Preise die Apotheker davon abhalte, die Kalkulation zu überprüfen und sie damit der Gefahr aussetze, durch Überschreiten des durch die Apothekenspanne festgelegten maximalen Verkaufspreises eine Verwaltungsübertretung zu begehen. Die Klägerin behauptet aber nicht, daß die von den Beklagten angegebenen Apothekenverkaufspreise nicht gemäß der Arzneitaxenverordnung gebildet worden wären. Nur wenn dies aber der Fall wäre, bestünde die Gefahr, daß Apotheker im Vertrauen auf die Preisangaben der Beklagten einen höheren als den Maximalpreis verlangten und damit gegen § 41 ApothekenG verstießen. Die Angabe der Apothekenverkaufspreise als Serviceleistung des Großhändlers befreit den Apotheker im übrigen ohnehin nicht von seiner Verpflichtung, auf seinen Einstandspreis nicht mehr als die in der Arzneitaxenverordnung festgesetzte Apothekenspanne aufzuschlagen. Auch insoweit ist aber jedenfalls nicht ersichtlich, inwiefern ein allfälliger Irrtum der Apotheker über die richtige Anwendung der Arzneitaxenverordnung geeignet sein soll, den Kaufentschluß zu beeinflussen. Der Apotheker ist jederzeit in der Lage, den Apothekenverkaufspreis selbst zu berechnen.

Ein Verstoß gegen § 2 UWG setzt voraus, daß die zur Irreführung geeignete Angabe geeignet ist, den Kaufentschluß zu beeinflussen (stRsp ua ÖBl 1996, 80 - Städtische Bestattung; MR 1996, 118 [Korn] = ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo, jeweils mwN). Mangels Relevanz für den Kaufentschluß sind die beanstandeten Angaben selbst dann nicht wettbewerbswidrig, wenn die Apotheker die Begriffe "AEP" und "AVP" mit einem behördlichen Preisfestsetzungsverfahren in Verbindung bringen. Es kommt daher nicht mehr darauf an, daß entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entscheidend ist, ob ein bestimmter Eindruck "zwingend" erweckt wird. Bei mehrdeutigen Angaben muß der Ankündigende stets die ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen (stRsp ÖBl 1996, 130 - Preiß'n Kracher I; ÖBl 1997, 64 - EU-Tiefpreis, jeweils mwN).

Das zu Punkt c) des Sicherungsantrages erhobene Begehren ist unabhängig davon nicht berechtigt, ob für parallelimportierte Arzneispezialitäten überhaupt ein eigenes Preisfestsetzungsverfahren durchgeführt werden könnte. Diese Frage kann hier offenbleiben, weil den Beklagten nicht vorgeworfen wird, kein solches Verfahren beantragt zu haben. Offenbleiben kann daher auch, ob ein eigenes Preisfestsetzungsverfahren für parallelimportierte Arzneispezialitäten mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Das gleiche gilt für die Frage, ob das österreichische Preisregelungssystem für Arzneispezialitäten dem Gemeinschaftsrecht entspricht.

4. zu Punkt d) des Sicherungsantrages:

Die Beklagten halten an ihrer Auffassung fest, daß eine Gratisleistung im Wert von rund 10 % bzw. rund 15 % des Verkaufspreises geringwertig sei. Das Einführungsangebot sei auch für die medizinische und pharmazeutische Praxis von Belang. Die Apotheker könnten dadurch die preisgünstigeren Produkte der Beklagten kennenlernen. Die Beklagten schlössen sich der von der Klägerin in einem Parallelverfahren vertretenen Auffassung an, daß Naturalrabatte nicht gegen § 55 AMG verstießen.

Die Klägerin nimmt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung ausführlich zu dieser Frage Stellung. Sie verweist auf Art 9 Abs 4 der Richtlinie 92/28/EWG und vertritt die Auffassung, daß auch Naturalrabatte unter die Ausnahmebestimmung fielen. Die Einführungspakete der Beklagten seien aber unzulässige Wertreklame.

Der Klägerin ist zuzustimmen, daß sich die Auslegung des § 55 AMG an der Richtlinie 92/28/EWG zu orientieren hat. § 55 erster Satz AMG ist wortgleich mit Art 9 Abs 1 der Richtlinie. Danach ist es im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu deren Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, diese sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Gemäß Art 9 Abs 4 leg cit läßt dieser Artikel die in den Mitgliedstaaten bestehenden Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preise, Gewinnspannen und Rabatte unberührt.

§ 55 erster Satz AMG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, daß zulässige Rabatte grundsätzlich nicht unter das Verbot fallen. Für Geldrabatte bestehen seit der Aufhebung des Rabattgesetzes keine Beschränkungen mehr. Naturalrabatte sind zulässig, wenn sie in einer bestimmten oder lediglich nach Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware bestehen (§ 9a Abs 2 Z 6 UWG; ÖBl 1980, 109 - Fußball-WM-Kleber). Sie müssen mit der Hauptware qualitativ völlig identisch sein (ÖBl 1954, 45 [Schönherr]; SZ 49/12 = EvBl 1976/239 mwN). Diese Ausnahme vom Zugabenverbot hat ihren Grund darin, daß eine Mehrlieferung derselben Ware nicht geeignet ist, den Preis zu verschleiern und den Kaufentschluß unsachlich zu beeinflussen.

Die Angebotspakete der Beklagten bestehen aus verschiedenen Arzneispezialitäten, denen jeweils zwei Packungen von Arzneispezialitäten beigegeben sind, die, neben anderen Arzneimitteln, auch im zu zahlenden Teil des Angebotspakets enthalten sind. Zugabe und Hauptware sind demnach nicht dieselbe Ware; sie stimmen nur zum Teil überein. Der sich durch Berücksichtigung der Zugabe ergebende Preis einer Packung kann nicht durch bloße Division des Gesamtpreises durch die größere Menge errechnet werden.

Die Angebotspakete der Beklagten sind daher geeignet, den Preis zu verschleiern und zum Kauf aus anderen als rein sachlichen Überlegungen zu verleiten. Derartige Einflüsse will die Richtlinie 92/28/EWG ausschließen, die in ihren Erwägungsgründen auch ausdrücklich vorsieht, daß die Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung zu untersagen ist. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 55 AMG führt demnach zum Ergebnis, daß die Beklagten mit ihren Angebotspaketen keinen zulässigen (Natural-)Rabatt ankündigen, sondern einen materiellen Vorteil, der gegen das gesetzliche Verbot verstößt:

Schon die Vorinstanzen haben richtig erkannt, daß die von den Beklagten gratis dazugegebenen Arzneispezialitäten weder geringwertig noch für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind. Weder der günstigere Preis noch die Aufmachung sind für die Beurteilung eines Arzneimittels in medizinischer oder pharmazeutischer Hinsicht von Bedeutung. Im übrigen erhält der Apotheker die Gratispackungen nur, wenn er dasselbe Arzneimittel, neben anderen Arzneispezialitäten, auch kauft, so daß ihn die von den Beklagten für notwendig erachtete Information ohnehin erreicht.

Der Gesetzesverstoß ist geeignet, den Beklagten einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Ihr im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gesetztes Verhalten ist sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Der Revisionsrekurs der Beklagten mußte daher insoweit erfolglos bleiben, als er sich gegen die Bestätigung der Entscheidung über Punkt a) und d) des Sicherungsantrages richtet; im übrigen war ihm aber Folge zu geben. Der Revisionsrekurs der Klägerin mußte erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat das zu Punkt a) erhobene Begehren mit S 300.000,--, die zu Punkt b) und Punkt c) erhobenen Begehren mit je S 60.000,-- und das zu Punkt d) erhobene Begehren mit S 300.000,-- bewertet. Die Beklagten haben demnach in erster Instanz mit 1/6, im Rechtsmittelverfahren mit 1/12 obsiegt. Der Klägerin war insoweit Kostenersatz aufzuerlegen; gleichzeitig war auszusprechen, daß die Klägerin 1/12 der Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen endgültig und 11/12 der Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortungen vorläufig selbst zu tragen hat.