OGH vom 13.03.2014, 6Ob234/13z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** W*****, vertreten durch Friedl Holler Rechtsanwalt-Partnerschaft (OG) in Gamlitz, gegen die beklagte Partei J***** M*****, vertreten durch Bruckner Ullrich-Pansi Rechtsanwälte OG in Leibnitz, wegen 25.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 179/13f 31, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu der vom Berufungsgericht einerseits und dem Oberlandesgericht Innsbruck (3 R 34/13v EI0100011) andererseits unterschiedlich beantworteten Frage, ob der Fall einer Dissoziation infolge eines sexuellen Missbrauchs (hier: der Klägerin durch den Beklagten in den Jahren 1974 bis 1982), also einer Abspaltung der Erinnerung an den Missbrauch vom Bewusstsein (der Klägerin bis zum Jahr 1996), von § 1494 ABGB erfasst ist (Oberlandesgericht Innsbruck) oder nicht (Berufungsgericht), bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht:
1. Nach § 1494 Satz 1 ABGB kann die Verjährungszeit unter anderem gegen Minderjährige nicht anfangen, sofern diesen ein gesetzlicher Vertreter nicht bestellt ist. Die am geborene Klägerin wurde zwar erst am volljährig (vgl § 21 Abs 2 ABGB idF BGBl 108/1973), weder der Akteninhalt noch das Vorbringen der Klägerin bieten jedoch einen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin damals nicht gesetzlich vertreten gewesen wäre oder dass ihr gesetzlicher Vertreter sich in einer Interessenkollision befunden hätte (vgl dazu 4 Ob 174/99p SZ 72/119; 1 Ob 64/00v SZ 74/14; 6 Ob 110/12p RWZ 2012/91 [ Wenger ] = GesRZ 2013, 38 [ Torggler ]); derartiges behauptet die Klägerin auch in der außerordentlichen Revision nicht. Damit begann die 30 jährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB aber spätestens im Februar 1982, dem unstrittig letztmöglichen Zeitpunkt eines sexuellen Missbrauchs der Klägerin, zu laufen; zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin außerdem bereits ein Primärschaden entstanden, behauptet sie doch psychische Verletzungen aufgrund des sexuellen Missbrauchs und ein ständiges Leiden an psychischen Problemen seit ihrer Kindheit. Die mit der erst seit April 2012 gerichtsanhängigen Klage geltend gemachten Schadenersatzansprüche sind infolge Ablaufs der 30 jährigen Verjährungsfrist verjährt.
2. Nach § 1494 Satz 2 ABGB läuft die einmal angefangene Verjährungsfrist zwar fort, sie kann aber nie früher als binnen zwei Jahren nach dem Wegfall des Hemmungsgrundes nach Satz 1 vollendet werden. Nach den Behauptungen der Klägerin fiel die behauptete Dissoziation im Jahr 1996 weg; seit damals erinnert sie sich wieder an die Vorfälle. Selbst wenn man somit ihre Dissoziation bis 1996 als von § 1494 ABGB erfasst ansehen würde, wäre die Ablaufshemmung nach dessen Satz 2 im Jahr 1998 beendet gewesen (vgl Mader/Janisch in Schwimann , ABGB³ [2006] § 1494 Rz 4). Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt waren der Klägerin Schaden und Schädiger bekannt, womit auch die dreijährige Verjährungsfrist bereits vor Klagseinbringung abgelaufen war. Eine Fortlaufshemmung in dem Sinn, dass eine begonnene Frist um die Dauer der Hemmung verlängert wird, enthält § 1494 ABGB nach seinem klaren Wortlaut nicht (vgl Mader/Janisch aaO; R. Madl in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.00 [2010] § 1494 Rz 8, 10; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ [2012] § 1494 ABGB Rz 2).