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OGH vom 31.01.2007, 2Ob112/06v

OGH vom 31.01.2007, 2Ob112/06v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Thomas G*****, vertreten durch Engelhart & Partner, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Franz J. S*****, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer Rechtsanwalts KEG in Wien, wegen EUR 872.074,01 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 217/05h-54, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 23 Cg 68/99k-50, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.324,60 (darin enthalten EUR 554,10 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die wesentlichen Sachverhaltselemente lassen sich dahin zusammenfassen, dass es dem früheren Erstbeklagten gelang, von einer Hotelgesellschaft, die schon längere Zeit vergeblich versucht hatte, ein ihr gehörendes Hotel um zuerst 130 Mio S und schließlich um 100 Mio S zu verkaufen, einen „Verkaufsauftrag" zu erhalten. Nach diesem sollte er das Hotel verkaufen. Ein Kaufpreisanteil von zuletzt 73 Mio S sollte an die Hotelgesellschaft gehen. Der Rest des Kaufpreises sollte dem früheren Erstbeklagten für Dispositionen, etwa der Leistung an eine seiner Gesellschaften zur Verfügung stehen. Über Vorschlag des früheren Erstbeklagten wurde dann bei der Durchführung dieses Geschäftes dem nunmehrigen beklagten Rechtsanwalt, der der Anwalt des früheren Erstbeklagten war, dieser „Verkaufsauftrag" erteilt, wobei auch der Beklagte selbst sich wieder einer Gesellschaft des früheren Erstbeklagten zur Abwicklung der Verkaufsverhandlungen bedienen durfte. Der frühere Erstbeklagte präsentierte dann unter anderem dem Kläger ein Projekt betreffend ein Seniorenheim für dieses Hotel und nannte einen Kaufpreis von 100 Mio S ohne offenzulegen, dass er selbst in den Verkauf involviert war. Er gründete dann gemeinsam mit dem Kläger und einem Dritten eine Heim GmbH zur Umgestaltung des Hotels in ein Seniorenheim und dessen Betrieb. Nach Errichtung dieser Heim GesmbH am wurde der vom Beklagten für die Heim GesmbH errichtete Kaufvertrag am 29. 3. von der Hotel GesmbH und am 5. 4. von dem neuen Geschäftsführer der Heim GesmbH unterfertigt. Preisverhandlungen führte der Beklagte mit dem Kläger nicht. Der Kläger zahlte ua 1,250 Mio S an Stammeinlage für die GesmbH und 12,5 Mio S als Gesellschafterdarlehen und stille Einlage, wofür er einen den Scheck von 12,5 Mio S an den Beklagten übergab. Dieser hat gegenüber dem Kläger den Verkaufsauftrag nicht offen gelegt. Der Beklagte sorgte für die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages und überwies vom Kaufpreis die 73 Mio S an die Hotel GesmbH, weitere 14,5 Mio S an die GesmbH des früheren Erstbeklagten und gab einen Scheck von weiteren 12,5 Mio S, der auf Rechnung des früheren Erstbeklagten zur Verfügung gestellt worden war, wieder an dessen Bank zurück. Die so vom Kaufpreis im Ergebnis von der Gesellschaft des Erstbeklagten vereinnahmten 27 Mio S wurden offiziell auf den Konten dieser GesmbH ausgewiesen und versteuert. Der Kläger begehrt nunmehr vom Beklagten 12 Mio S (= EUR 872.074) und stützt dies im Wesentlichen darauf, dass er sich an der Heim GesmbH niemals beteiligt hätte, wenn er gewusst hätte, dass ein um 27 Mio S überhöhter Kaufpreis gezahlt wurde und dieser Betrag einem Mitgesellschafter zugekommen ist. Dadurch sei auch die Heimgesellschaft geschädigt worden, weil sie eine überhöhte Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühren gezahlt habe und auch überhöhte Kredite aufgenommen hätte. Diese habe die Schadenersatzansprüche an ihn abgetreten. Der Beklagte sei auch als Treuhänder sowohl für die von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellten Eigenmittel als auch die von einer Bank zur Verfügung gestellten Mittel für die Begleichung des Kaufpreises tätig gewesen. Grundlage dieses Treuhandauftrages sei ein Kaufpreis von 100 Mio S, wovon eben 70 Mio S durch den Kredit und weitere 30 Mio S durch zur freien Verfügung des Treuhänders stehende Eigenmittel aufgebracht werden sollten. Der Beklagte hafte insbesondere als Rechtsanwalt und Treuhänder für den Anspruch auf Schadenersatz. Er habe seine Aufklärungs- und Warnpflicht verletzt und könne sich nicht auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen, und an den Schädigungshandlungen aktiv mitwirken. Trotz extremer Interessenkollision habe er an der Bereicherung des früheren Erstbeklagten mitgewirkt und tatsachenwidrig auch bescheinigt, dass dieser über die erforderlichen Eigenmittel von 12,5 Mio S verfüge. Bei dem vom früheren Erstbeklagten zur Verfügung gestellten Scheck habe es sich unter Mitwirkung des Beklagten um einen diesen gar nicht zur freien Verfügung stehenden Scheck gehandelt.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass zwischen ihm und dem Kläger nie ein Beratungs- und Vertretungsverhältnis begründet worden sei, er diesen vielmehr nur einmal kurz gesehen habe, als er den Scheck von 12,5 Mio S treuhändig übernommen habe. Bei der Gründung der Hotelgesellschaft sei der Kläger durch einen anderen Anwalt vertreten gewesen. Die Tätigkeit des Beklagten habe sich auf die Durchführung des Kaufvertrages und die Treuhandschaft gegenüber dem Bankinstitut bei der Finanzierung des Kaufpreises beschränkt. Der Kaufvertrag sei durch seinen früheren Mandanten, den Erstbeklagten ausgehandelt worden und er habe diesen nur in Schriftform gefasst. Der vom früheren Erstbeklagten zu erlegende Eigenmittelanteil sei aus dem feststehenden Überpreis von 27 Mio S abgedeckt gewesen. Die Festlegung des Kaufpreises mit 100 Mio S sei im Übrigen auch schon vor der Mitwirkung des Klägers erfolgt und auch ohne jede Mitwirkung des Beklagten erfolgt. Der frühere Erstbeklagte habe ja durch die Projektentwicklung auch Wertsteigerungen erzielt. Im Übrigen liege es völlig im Ermessen des Verkäufers, wie er über den Kaufpreis disponiere und habe dem Kläger durchaus bewusst sein müssen, dass der frühere Erstbeklagte, der ja das Projekt entwickelt habe, ihm dies nicht ohne Gewinn teilweise überlassen werde. Die Heim GmbH sei im Übrigen erst nach der Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Hotelgesellschaft mbH gegründet worden. Bis dahin habe der Beklagte immer nur Letztere vertreten. Es sei in der Immobilienbranche allgemein üblich, dass Gesellschaften Optionen zum Erwerb bestimmter Liegenschaft zu einem bestimmten Preis käuflich erwerben können und dieser unter dem Weiterverkaufspreis liegt. Im Übrigen seien die Ansprüche auch verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auch gegenüber dem nunmehr Beklagten statt. Es ging dabei rechtlich zusammengefasst davon aus, dass der Beklagte entweder eine Interessenkollision feststellen und den Auftrag zur Errichtung der Verkaufsurkunde ablehnen oder die Genehmigung des früheren Erstbeklagten zur Offenlegung des Verkaufsauftrages hätte einholen müssen. Durch die Unterlassung habe er an der Täuschung und Irrtumsveranlassung durch den früheren Erstbeklagten darüber mitgewirkt, dass die Verkäufer bereit gewesen wären, das Grundstück zu einem wesentlich günstigeren Preis zu verkaufen.

Während das Urteil gegen den Erstbeklagten rechtskräftig wurde, gab das Berufungsgericht der Berufung des nunmehrigen Beklagten gegen das klagsstattgebende Urteil ihm gegenüber Folge und änderte es im klagsabweisenden Sinne ab. Rechtlich ging es dabei davon aus, dass zwischen den Vertragspartnern selbst bei wirtschaftlichen Umsatzgeschäften nur geringe Aufklärungspflichten bestünden, hingegen beim Gesellschaftsvertrag eine erhöhte Aufklärungspflicht. Hier sei zwar der Verkäufer der Liegenschaft zu einer Aufklärung der Käuferin über die Preisbildung nicht verpflichtet gewesen, hingegen der Mitgesellschafter, der frühere Erstbeklagte sehr wohl zu seiner Aufklärung gegenüber dem Kläger. Der Beklagte habe aber den früheren Erstbeklagten gegenüber dem Kläger gar nicht vertreten und sei insbesondere mit den Verhandlungen zur Errichtung der neuen Heim GmbH nicht befasst gewesen. Er habe auch kein eigenwirtschaftliches Interesse - ausgenommen des Honoraranspruchs - verfolgt oder besonderes persönliches Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen. Bei der Errichtung des Vertrages sei er nur zur Information über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des Vertragsabschlusses nicht aber hinsichtlich weiterer Umstände verpflichtet gewesen. Die Parteien seien sich bereits vor seinem Einschreiten über den Vertrag einig gewesen, ohne dass der Beklagte darauf Einfluss genommen habe. Danach sei er nicht mehr verpflichtet gewesen, den Verkaufsauftrag offen zu legen. Aus diesem heraus habe ihm eine umfassende Treuepflicht zur Wahrung der Interessen des Geschäftsherrn und damit auch der Verschwiegenheit getroffen.

Letztlich wies das Berufungsgericht noch darauf hin, dass die Ausführungen des Klägers in der Berufsbeantwortung betreffend die Einlagenrückgewährungen erstmals in der Berufungsbeantwortung erstattet worden seien. Es nahm aber in weiterer Folge dann auch inhaltlich dazu Stellung und erachtete eine verbotene Einlagenrückgewährung als nicht gegeben, da die beim Beklagten erlegten Beträge nicht nur im Vermögen der Gesellschaft gewesen seien, sondern im Vermögen der Verkäuferin.

Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision als zulässig, da zur Frage, ob ein bei einem Treuhänder erlegter Betrag als Vermögen der Gesellschaft zu werten ist und daher eine Auszahlung an einen Gesellschafter als Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewährung zu werten ist, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Wie das Berufungsgericht selbst ausgeführt hat, handelt es sich bei den in der Berufungsbeantwortung geltend gemachten Anspruchsgrundlage einer allfälligen nach dem §§ 82, 83 GmbHG unzulässigen Zahlung aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter um solche, die erstmals erstattet wurden und damit um nach § 482 Abs 1 ZPO unzulässige Neuerungen. Schon deshalb kann insoweit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargestellt werden. Wollte man davon ausgehen, dass das Berufungsgericht die weiteren Ausführungen nicht nur zusätzlich zu dem offensichtlich primären Einwand des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot machte, so müsste hier erörtert werden, inwieweit nicht dem Beklagten - wie er dies auch in seiner Revisionbeantwortung wahrnimmt - die Möglichkeit offen stehen muss, den Verstoß gegen das Neuerungsverbot und einen neu geltend gemachten Anspruch zu relevieren, da ihm ja im Berufungsverfahren keine dahingehende Möglichkeit geboten wurde (vgl allgemein zur neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Wahrnehmbarkeit eines Verstoßes gegen das Neuerungsverbot Zechner in Fasching/Konecny IV 1 § 503 Rz 8; 1 Ob 30/98p; 4 Ob 79/99t; RIS Justiz RS0112215) . Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass dann wenn bei einer mehrseitigen Treuhandschaft beim Rechtsanwalt ein Kaufpreis - dieser wurde hier zwischen den Vertragsparteien (Heim/Hotel GmbH) mit 100 Mio S vereinbart - erlegt wurde und alle weiteren Schritte zur Ausfolgung des Kaufpreises gesetzt wurden, dieser Kaufpreis nicht mehr dem Vermögen des Verkäufers, sondern dem Käufer zuzurechnen ist (vgl RIS-Justiz RS0104862 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Zur Aufklärungspflicht eines vertragsverfassenden Rechtsanwaltes besteht ebenfalls eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl RIS-Justiz RS0026474 oder RIS Justiz RS0026428). Die Vorinstanzen haben ihrer Beurteilung des vorliegenden Einzelfalles diese Rechtsprechung bereits zugrundegelegt. Die Revision zeigt insoweit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Im Wesentlichen geht es hier doch darum, dass der Beklagte hier nur noch einen wirtschaftlich bereits ausverhandelten Kaufvertrag rechtlich schriftlich ausgestalten musste. In diesem Zusammenhang hat er offensichtlich auch Treuhandaufträge hinsichtlich des Erlages des Kaufpreises durch die Bank, aber auch des Klägers als einen der Gesellschafter der Käuferin übernommen. Die Kenntnis des Beklagten hinsichtlich des „Überpreises" rührte nicht aus diesen Geschäften. Eine Vertragsbeziehung zwischen dem Beklagten und dem Kläger bzw der Heim GmbH, die eine weitergehende Aufklärungspflicht nachweisen würde, vermag der Kläger nicht darzustellen. Für einen aus deliktischen Verhalten im Sinne einer Beitragstäterschaft ableitbaren Schadenersatzanspruch fehlt es schon an einem ausreichenden Sachverhaltssubstrat. Eine Behauptung, dass das erworbene Hotel zu einem über dem Wert liegende Kaufpreis (immerhin 100 Mio ATS statt ürsprünglich geforderter 130 Mio ATS) erworben wurde, wurde nicht aufgestellt (vgl im übrigen schon zum Freispruch im Strafverfahren (OGH 14 Os 68/01-10).

Insgesamt vermag der konkrete Einzelfall jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Fundstelle(n):
AAAAD-44419