OGH vom 22.10.2007, 1Ob187/07t

OGH vom 22.10.2007, 1Ob187/07t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Pascal K*****, über den Revisionsrekurs der Republik Österreich, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, Wien 1., Schmerlingplatz 11, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 226/07g-U35, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , GZ 2 P 175/06d-U28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit einstweiliger Verfügung vom verpflichtete das Erstgericht den Vater, dessen derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist, seinem Sohn Pascal gemäß § 382a EO ab einen vorläufigen Unterhalt von EUR 105,40 monatlich zu bezahlen. Am wurde namens des Minderjährigen beantragt, ihm auf diese vorläufige Unterhaltsverpflichtung Vorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG zu gewähren. Die einstweilige Verfügung vom wurde dem Vater erst am zu Handen einer Zustellkuratorin wirksam zugestellt. Der Beschluss vom , mit welchem die (endgültige) Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit monatlich EUR 160 ab festgesetzt und gleichzeitig ausgesprochen wurde, dass die einstweilige Verfügung vom mit Rechtskraft dieses Beschlusses aufgehoben werde, wurde der Zustellkuratorin am zugestellt. Die Rechtskraft dieser Entscheidung trat am ein. Am wurde der Antrag auf Vorschussgewährung für die Zeit vom bis zurückgezogen. Das Erstgericht gewährte dem Minderjährigen mit Beschluss vom für die Zeit vom bis auf die vorläufige Unterhaltsverpflichtung laut Beschluss vom Vorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in Titelhöhe (EUR 105,40), weil der Vater weder versicherungspflichtig beschäftigt noch arbeitslos gemeldet sei und die Führung einer Exekution daher aussichtslos erscheine. Das vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien namens des Bundes angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom sei offensichtlich nur für die Zeit ab Rechtskraft der endgültigen Unterhaltsfestsetzung erfolgt, sodass die einstweilige Verfügung für den Zeitraum bis dahin nach wie vor vollständig aufrecht sei. Folgte man der vom Rekurswerber vertretenen, auf die Entscheidung 10 Ob 82/05i (ua) gestützten gegenteiligen Ansicht, dass eine derartige Aufhebung rückwirkend ab Beginn der vorläufigen Unterhaltsverpflichtung gelte, so würde dies bedeuten, dass auch zunächst ordnungsgemäß gewährte Vorschüsse auf Grund einer gemäß § 382a EO ergangenen einstweiligen Verfügung nach der endgültigen Unterhaltsfestsetzung immer gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG rückwirkend einzustellen und daher auch allenfalls „gemäß §§ 22 f UVG wieder zurückzuzahlen wären", was zu einem mit dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes unvereinbaren Ergebnis führte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Bund erhobene ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber macht geltend, dass zum Zeitpunkt der Vorschussgewährung die einstweilige Verfügung bereits rechtskräftig aufgehoben gewesen sei. Der Vorschusszeitraum müsse aber durch diesen Titel gedeckt sein. Falle der Titel weg, seien die Vorschüsse nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a, Abs 2 UVG einzustellen. Das Gesetz stelle klar, dass die Einstellung nicht erst mit der gerichtlichen Beschlussfassung, sondern (rückwirkend) mit dem Eintritt des Einstellungsgrundes wirksam werden soll; dies sei im Falle des § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG der Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung der Vorschüsse. Ein solcher Einstellungsgrund liege insbesondere vor, wenn der Unterhaltstitel seine Rechtswirksamkeit verliere.

Hiezu ist auszuführen:

Aufhebungen oder Einschränkungen nach § 399 Abs 1 Z 2 EO wirken jeweils ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Erlassung der einstweiligen Verfügung und entfalten im Allgemeinen keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bewilligung der einstweiligen Verfügung. Ausnahmen davon können sich jedoch bei der Aufhebung von Unterhaltsverfügungen ergeben (RIS-Justiz RS0017928). Die Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO wirkt ab der Verwirklichung des Einstellungs- bzw Aufhebungsgrundes; dieser Zeitpunkt ist im Beschluss über die Einschränkung oder Aufhebung der einstweiligen Verfügung festzustellen (§ 399a Abs 3 EO). In gleicher Weise sind die Vorschüsse zu ändern bzw rückwirkend nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a, Abs 2 UVG einzustellen (Neumayr in Schwimann, ABGB3, § 4 UVG Rz 112). Im vorliegenden Fall ist der Titel, nämlich die einstweilige Verfügung vom , erst mit Rechtskraft des Beschlusses vom , somit am , weggefallen, weshalb für die Monate Februar und März 2007 noch die Unterhaltsvorschüsse gebühren. Es fehlte nämlich zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz - für den relevanten Zeitraum Februar und März 2007 - nicht an der Voraussetzung des § 3 Z 1 UVG - einem im Inland vollstreckbaren Exekutionstitel -, zumal dieser erst mit beseitigt war (vgl 6 Ob 114/07v).

Soweit sich aus der Entscheidung 10 Ob 82/05i eine andere Rechtsansicht ableiten ließe, wird dieser entgegengetreten. Dem Revisionsrekurs des Bundes ist daher nicht Folge zu geben.