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OGH 09.09.2002, 7Ob183/02s

OGH 09.09.2002, 7Ob183/02s

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Gerald F*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei Werner G*****, vertreten durch Dr. Erhard Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen EUR 27.421,28 (= S 377.325,02) sA, über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 49/02g-53, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom , GZ 3 Cg 189/96v-45, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Der Beklagte wurde im Jahre 1997 (rechtskräftig mit ) strafrechtlich wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB (aF) verurteilt, weil er als Geschäftsführer der V***** GmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, im Zeitraum von 1992 bis Ende 1994 fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt habe. Unter den Gläubigern befand sich die nun ebenfalls insolvente G***** GmbH, zu deren Masseverwalter der Kläger bestellt wurde, der im vorliegenden Rechtsstreit den Beklagten für jene Ausfälle, die der G***** GmbH wegen der Insolvenz der V***** GmbH entstanden, in Anspruch nimmt; zuletzt begehrte der Kläger nach Klagsausdehnung S 377.325,02 (= EUR 27.421,28) sA.

Die Vorinstanzen bejahten die Bindung an die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten und gaben dem (ausgedehnten) Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, zur (den wesentlichen Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens bildenden) Frage, ob und in welchem Ausmaß die Aufhebung (soll heißen Novellierung) des § 159 StGB Rückwirkungen dahin zeitige, dass eine Bindung an das entsprechende strafrechtliche Erkenntnis im Zivilprozess nicht mehr bestehe, fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Dies ist unzutreffend:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage, ob durch die Gesetzesänderung des § 159 StGB im Zivilprozess die Bindung an den einer Verurteilung nach der alten Fassung dieser Gesetzesstelle zugrundeliegenden Tatbestand wegfällt, bereits in seinen Entscheidungen 9 Ob 247/01s, 2 Ob 71/02h und 3 Ob 142/02g Stellung genommen.

Zu 9 Ob 247/01s wurde ausgeführt, die Bindung des Zivilgerichtes an verurteilende strafgerichtliche Erkenntnisse werde durch deren materielle Rechtskraft bewirkt (RIS-Justiz RS0074219, insbes 1 Ob 612/95, SZ 68/195; SZ 70/60 uva). Solange daher diese nicht beseitigt ist, sei davon auszugehen, dass der Beklagte die im Strafurteil festgestellte Tat tatsächlich begangen hat und dass die tatsächlichen Handlungen des Beklagten für den Schadenserfolg kausal waren (EvBl 2000/190). Dass durch eine spätere Gesetzesänderung des § 159 StGB der der Verurteilung zugrundeliegende Tatbestand wegfällt, müsse ohne Einfluss bleiben, weil ja davon die - einzig relevante - Rechtskraft des Strafurteiles nicht betroffen werde (RIS-Justiz RS0074219 T 20). Zu 2 Ob 71/02h wurde im Hinblick auf die auch dort zufolge Novellierung des § 159 StGB während des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Änderung der Rechtslage erörtert, dass bei deliktischen Schuldverhältnissen im Bereich der Verschuldenshaftung der Zeitpunkt der schädigenden Handlung den intertemporal maßgeblichen Anknüpfungspunkt bilde (RIS-Justiz RS0116364). Auch im Falle des Schutzgesetzes gemäß § 159 StGB sei die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nach der damals geltenden Norm (Verhaltensregel), die der Schädiger im Wirtschaftsleben zu beachten hatte, vorzunehmen. Die Übergangsvorschrift des Art III Abs 2 BGBl I 2000/58 besage, dass die geänderten Strafbestimmungen in Strafsachen nicht anzuwenden seien, in denen vor ihrem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden sei; der Täter komme also im anderen Fall in den Genuss der milderen Fassung des § 159 StGB, obwohl im Zeitpunkt der Tat noch eine strengere Norm galt (vgl § 61 StGB). Diese strafrechtliche Übergangsvorschrift betreffe aber nur den öffentlich-rechtlichen Anspruch des Staates auf Bestrafung. Dass dieser fallengelassen werde, ziehe keineswegs zwangsläufig auch einen rückwirkenden Entfall der zivilrechtlichen Haftung nach sich. Ein solcher Eingriff in den privatrechtlichen Schadenersatzanspruch des Geschädigten sei mit der strafrechtlichen Begünstigung des Täters nicht verbunden.

In seinem, eine außerordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückweisenden Beschluss zu 3 Ob 142/02g hat der Oberste Gerichtshof auf die beiden eben wiedergegebenen Entscheidungen verwiesen und dazu betont, dass durch sie bereits klargestellt worden sei, dass der nachträgliche Wegfall des strafrechtlichen Tatbestands infolge der Änderung des § 159 StGB durch das Bundesgesetz BGBl I 2000/58 an der Bindungswirkung des verurteilenden Strafurteiles im Zivilverfahren nichts zu ändern vermöge.

Im Hinblick auf diese Entscheidungen liegt eine gesicherte Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor; reicht doch, um eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes annehmen zu können, schon das Vorliegen auch nur einer, ausführlich begründeten, grundlegenden und veröffentlichten Entscheidung, der keine gegenteiligen entgegenstehen, insbesondere dann, wenn sie auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist (RdW 1998, 406; RIS-Justiz RS0103384 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 2 Ob 130/01h; Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 502). Diese Voraussetzungen sind hier jedenfalls erfüllt. Da die eine Bindung an die strafrechtliche Beurteilung des Beklagten bejahenden Rechtsmeinungen der Vorinstanzen somit mit gesicherter oberstgerichtlicher Judikatur im Einklang stehen und der Revisionswerber in seiner Rechtsrüge nichts vorbringt, das an der Richtigkeit dieser Judikatur zweifeln ließe, ist kein tauglicher Zulassungsgrund gegeben, zumal vom Beklagten auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird:

Neben der Kritik an der von den Vorinstanzen angenommenen Bindung an seine strafrechtliche Verurteilung wendet sich der Beklagte allein noch dagegen, dass die Vorinstanzen seine Haftung auch für jene (Kredit-)Zinsen in Höhe von 12 % pA bejaht haben, zu deren Ersatzleistung an die G***** GmbH die V***** GmbH mit rechtskräftigem Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien vom , 37 Cg 228/94x, verpflichtet wurde. Der Zuspruch (auch) dieser Zinsen steht allerdings im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur, wonach die Vorschrift des § 159 Abs 1 Z 1 StGB aF die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch den Schuldner mehrerer Gläubiger schlechthin pönalisiert und sich der Schutzzweck dieser Vorschrift auf die Vermeidung aller Schäden, die dem Gläubiger durch die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners verursacht werden, erstreckt (RdW 1989, 63; EvBl 1999/179; 1 Ob 228/99g; RIS-Justiz RS0027570). Der Geschäftsführer einer GmbH, der - wie hier - durch ein im § 159 Abs 1 Z 1 StGB aF unter Strafe gestelltes Verhalten die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeiführte, hat daher dem Gesellschaftsgläubiger, der nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft mit dieser kontrahierte, den Vertrauensschaden zu ersetzen (vgl RIS-Justiz RS0016412). In der Entscheidung 2 Ob 268/98w, ecolex 1999/132, auf die der Revisionswerber seine Ansicht, er könne höchstens zum Ersatz der gesetzlichen Zinsen verpflichtet werden, stützen will, hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass Zinsen und Nebengebühren nur insoweit begehrt werden können, als sie nach den Normen des bürgerlichen Rechtes über den Schadenersatz vorgesehen sind. Die klagende Partei habe keinen Anspruch auf Verzugszinsen nach § 59 ASVG oder auf Zuschläge nach § 113 ASVG. Verzugszinsen für aufgelaufene Beitragsrückstände seien (nämlich) vom zu ersetzenden Vertrauensschaden nicht erfasst, weil sie außerhalb des Schutzzweckes jener Normen lägen, die einer Gläubigerschädigung durch Konkursverschleppung vorbeugen sollten. Bei den hier in Rede stehenden Kreditzinsen handelt es sich hingegen um einen Vertrauensschaden, der der G***** GmbH als adäquate Folge der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit ihrer Schuldnerin durch den Beklagten aufgelaufen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt sich daher auch in diesem Zusammenhang nicht. Mangels einer solchen erweist sich die Revision als unzulässig und war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 50 und 40 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung lediglich ausgeführt, dass die Revision unberechtigt sei; auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittel des Beklagten hat er nicht hingewiesen. Seine Revisionsbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidung notwendig angesehen werden und ist deshalb nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0035962; RS0035979).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Gerald F*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei Werner G*****, vertreten durch Dr. Erhard Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen EUR 27.421,28 (= S 377.325,02) sA, über den Berichtigungsantrag des Klägers hinsichtlich des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 7 Ob 183/02s-57, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Berichtigungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hat die (ordentliche) Revision des Beklagten mangels Vorliegens einer iSd § 502 Abs 2 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen. Weiters wurde der Antrag des Klägers auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe in seiner Revisionsbeantwortung lediglich ausgeführt, dass die Revision unberechtigt sei; auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten habe er nicht hingewiesen. Seine Revisionsbeantwortung könne daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung notwendig angesehen werden und sei deshalb nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0035962; RS0035979).

Der Kläger begehrt mit seinem beim Obersten Gerichthof direkt eingebrachten, an den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes gerichteten, am eingelangten und am selben Tag vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofes dem Vorsitzenden des erkennenden Senates "zur zuständigen Erledigung" übermittelten Schreiben, die Kostenentscheidung des Obersten Gerichtshofes dahin zu berichtigen, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm an Kosten der Revisionsbeantwortung EUR 1.377,90 zu ersetzen. Der Antragsteller macht geltend, "nur versehentlich" keinen ausdrücklichen Antrag auf Zurückweisung der Revision wegen Unzulässigkeit gestellt zu haben. Aus von ihm verwendeten Judikaturzitaten sei erschließbar, dass seinen Ausführungen auch die Rüge der Zulässigkeit innegewohnt habe.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, dass dies unzutreffend ist, weil der Kläger lediglich Ausführungen machte, wonach das Rechtsmittel des Beklagten unberechtigt sei und auf die Unzulässigkeit mit keinem Wort hingewiesen hat, stellt demnach der "Berichtigungsantrag" lediglich den Versuch dar, die Kostenentscheidung des Obersten Gerichtshofes anzufechten. Hiefür steht das Berichtigungsverfahren nach den §§ 419, 430 ZPO nicht zur Verfügung. Von Schreibfehlern oder anderen offenbaren Unrichtigkeiten kann keine Rede sein.

Der Berichtigungsantrag ist daher abzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hat zu entfallen, weil Kosten im Berichtigungsantrag nicht verzeichnet wurden.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00183.02S.0909.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAD-44232