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OGH vom 24.02.2000, 6Ob232/99g

OGH vom 24.02.2000, 6Ob232/99g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der ***** Wirtschaftstreuhand Kommandit-Erwerbsgesellschaft mit dem Sitz in Lienz, über den Rekurs der Gesellschaft und deren Gesellschafter Dkfm. Peter Z***** und Dr. Marcus Z*****, beide *****, alle vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und Mag. Herbert Weichselbraun, Rechtsanwälte in Lienz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 108/99b-10, mit dem der Beschluss des Landes- als Handelsgericht Innsbruck vom , GZ 50 Fr 4268/99z-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Erstgerichtes war die Dkfm. Peter & Dr. Marcus Z***** Wirtschaftstreuhand OEG mit dem Sitz in Lienz eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafter waren Dr. Marcus Z***** und sein Vater Dkfm. Peter Z*****. Beide Gesellschafter teilten im Februar 1999 dem Firmenbuch mit, mit Wirkung vom habe der Gesellschafter Dkfm. Peter Z***** seine Stellung als Komplementär in die eines Kommanditisten mit einer Vermögenseinlage von 100.000 S geändert. Die Firma der Gesellschaft werde, abgesehen vom nun geänderten Rechtsformzusatz "KEG" unverändert beibehalten; die nunmehrige Kommanditist erteile gemäß § 24 Abs 2 HGB ausdrücklich seine Einwilligung zur Firmenfortführung. Seit ist die Gesellschaft als KEG eingetragen.

Das Erstgericht forderte die beiden Gesellschafter am beschlussmäßig auf, binnen zwei Wochen den Gebrauch der Firma zu unterlassen und den Firmenwortlaut dahingehend abzuändern, dass der Firmenbestandteil "Dkfm. Peter &" weggelassen werde, widrigens über jeden Gesellschafter eine Zwangsstrafe von 5.000 S verhängt werde. Die Gesellschafter kamen dieser Aufforderung nicht nach, weil nach ihrem Rechtsstandpunkt das Recht auf Firmenfortführung nach § 24 HGB Vorrang vor der Regelung des § 18 Abs 2 HGB habe. Es fehle auch an der Täuschungsgefahr nach § 18 Abs 2 HGB, werde doch durch den Rechtsformzusatz "KEG" deutlich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Gesellschaft nicht alle Gesellschafter vollhaftend und auch nicht alle in der Firma aufscheinenden Gesellschafter aktiv seien.

Nach Zurückweisung eines entsprechenden Rekurses durch die zweite Instanz verhängte das Erstgericht über beide Gesellschafter eine Zwangsstrafe von je 500 S und drohte beiden für den Fall der weiteren Nichtbefolgung des gerichtlichen Auftrages eine Zwangsstrafe von 5.000 S an.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Täuschungseignung der Firma der nunmehrigen KEG sei zu bejahen, weil durch den Verbleib des Namens des nunmehr nur noch als Kommanditist an der Gesellschaft beteiligten Dkfm. Peter Z***** in der Firma der Gesellschaft gegenüber deren potenziellen Geschäftspartnern der irreführende Eindruck erweckt werde, dass an der Gesellschaft zwei persönlich haftende Gesellschafter beteiligt wären. Überdies könnte der jederzeit mögliche Austritt des einzigen verbliebenen persönlich haftenden Gesellschafters zu einer weiteren Einschränkung der Haftungslage der Gesellschaft führen, mit der das interessierte Publikum im Hinblick auf den die volle Haftung zweier persönlich haftender Gesellschafter ausweisenden Firmenwortlaut nicht rechnen müsse. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob und inwieweit auch im Fall des Austrittes eines persönlich haftenden Gesellschafters aus einer KEG der Grundsatz der Firmenwahrheit dem Grundsatz der Firmenbeständigkeit nach § 24 Abs 1 HGB vorgehe, Rspr fehle.

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer beiden Gesellschafter ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Eingetragene Erwerbsgesellschaften müssen gemäß § 2 Abs 1 ErwerbsgesellschaftenG BGBl 1990/257 (EGG) in ihrer Firma ihre Organisationsform offenlegen. Eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft muss diese Bezeichnung in ihrer Firma führen; sie darf sie mit den Buchstaben "KEG" abkürzen. Wird eine OEG unter Wahrung der Identität der Gesellschaft umgewandelt, so ist die Bezeichnung entsprechend zu ändern (Krejci, Erwerbsgesellschaftengesetz 142 unter Hinweis auf den JAB). § 4 Abs 1 EGG verweist im Übrigen insoferne auf die für die OHG und KG geltenden Vorschriften über die Firma, als nicht die §§ 2 und 6 leg cit Besonderheiten regeln. Gemäß § 6 Abs 2 erster Satz EEG muss bei Erwerbsgesellschaften, deren Zweck die Ausübung eines freien Berufes ist, die Firma - soweit die berufsrechtlichen Vorschriften nichts anderes vorsehen - einen Hinweis auf den ausgeübten freien Beruf (6 Ob 7/93 = GesRZ 1993, 172) und den Namen des persönlich haftenden Gesellschafters enthalten (§ 19 Abs 2 HGB iVm § 4 EEG). All diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei der Neueintragung darf die Firma indes keinen anderen Namen als den des persönlich haftenden Gesellschafters (§ 19 Abs 4 HGB iVm § 4 EEG) - somit nicht den Namen eines Kommandististen (Krejci § 2 Rz 10) - und keinen Bestandteil enthalten, der objektiv geeignet ist, eine Täuschung iSd § 18 Abs 2 HGB zu erwecken (6 Ob 5/93 = SZ 66/32).

Scheidet ein Gesellschafter aus einer Handelsgesellschaft aus, so kann ungeachtet dieser Veränderung die bisherige Firma fortgeführt werden (§ 24 Abs 1 HGB). Bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters, dessen Name in der Firma enthalten ist, bedarf es zur Fortführung der Firma der - hier vorliegenden - ausdrücklichen Einwilligung des Gesellschafters oder seiner Erben (§ 24 Abs 2 HGB). Wenn ein namengebender persönlich haftender Gesellschafter in die Rolle des Kommanditisten zurücktritt, ist die Zulässigkeit der Firmenfortführung in Analogie zu § 24 Abs 2 HGB insoweit zu bejahen. Denn wenn die Firma schon beim weiterreichenderen Fall des Ausscheidens des namengebenden Gesellschafters beibehalten werden darf, muss gleiches für die Übernahme der Kommanditistenrolle durch einen bisher persönlich haftenden Gesellschafter gelten (Schuhmacher in Straube2, § 24 HGB Rz 5; Bokelmann in K. Schmidt, Münchener Kommentar zum HGB, § 24 Rz 6 mwN in FN 17; Schlegelberger, HGB5, § 24 Rz 8, je mwN). Dasselbe hat auch für Erwerbsgesellschaften zu gelten.

Zutreffend erkannte die zweite Instanz, der Grundsatz der Firmenwahrheit nach § 18 HGB gelte uneingeschränkt nur für die Firmenneugründung und werde im Fall von Änderungen nach § 24 HGB durch den Grundsatz der Firmenkontinuität insoweit verdrängt, als die Fortführung der Firma gestattet sei, auch wenn dadurch der Firmenwortlaut mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr übereinstimme. Die Aufrechterhaltung der Firma solle verhindern, dass der in der Firma steckende Wert vernichtet und den Kunden das Erkennen des Unternehmens erschwert werde. Das Recht, die übernommene Firma unverändert und ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes fortzuführen, finde jedoch seine Grenze im Täuschungsverbot des auch auf Gesellschaften anzuwendenden § 18 Abs 2 HGB.

Gemäß § 18 Abs 2 erster Satz HGB darf der Firma kein Zusatz beigefügt werden, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet oder sonst geeignet ist, eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Firmenkern oder ein Firmenzusatz zur Täuschung über die Verhältnisse des Geschäftsinhabers oder über Art oder Umfang des Geschäftes geeignet ist, ist der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei § 2 UWG anzulegen (ÖBl 1986, 126; WBl 1991, 30; 4 Ob 75/93 = ÖBl 1993, 241 ua; RIS-Justiz RS0061263; Schuhmacher aaO § 18 HGB Rz 7 f). Das Täuschungsverbot gilt nach Lehre und Rspr nicht nur in Bezug auf Zusätze, sondern auch für den Firmenkern (6 Ob 25/95 = JBl 1996, 461 mwN). Es widerstreitet dem Grundgedanken des § 18 Abs 2 HGB, wenn bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der durch die Firma angesprochenen Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über das Unternehmen erweckt werden kann, die für die Art oder den Umfang des Geschäftes oder für die Verhältnisse der Gesellschaft als Geschäftsinhaberin von Einfluß sind. Gleichgültig ist es, ob Irreführungen tatsächlich vorkommen oder beabsichtigt sind (Fromherz in Jabornegg, HGB, § 18 HGB Rz 8 mwN).

Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 4 Abs 2 AktG und § 5 Abs 2 GmbHG der übernommenen Firma den Zusatz "Aktiengesellschaft" bzw "GmbH" beifügen. Bei der abgeleiteten Firma einer Gesellschaft mbH & Co im engeren Sinn (GmbH ist der einzige Komplementär) vertritt der Oberste Gerichtshof nunmehr die Auffassung, dass eine Einschränkung des Prinzips der Firmenkontinuität (§§ 22 und 24 HGB) durch die analoge Anwendung des § 5 Abs 2 GmbHG geboten sei, somit die Kommanditgesellschaft der übernommenen Firma den Zusatz GmbH & Co KG beizufügen habe, damit offengelegt werde, einziger Komplementär sei eine Gesellschaft mbH, also deswegen eine Haftungsbeschränkung vorliege (SZ 51/40, SZ 60/5, SZ 70/29 zu § 22 HGB, alle mwN; RIS-Justiz RS0049246; Schuhmacher aaO § 22 HGB Rz 16 mwN aus Lehre und Rspr). Diese Auffassung kann auch für die KEG fruchtbar gemacht werden. Bei der Kommandit-Erwerbsgesellschaft mit einem Komplementär und einem Kommanditisten und einer nach § 24 HGB fortgeführten Firma reicht der - geänderte - Gesellschaftsformzusatz "KEG" aus, um die Täuschungseignung zu verneinen und hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass die Gesellschaft allenfalls nur über einen Komplementär verfügt. Die Vorschrift des § 19 Abs 4 HGB über die neue Firma wird somit insofern durch die Regelung § 24 HGB für die abgeleitete Firma verdrängt. Liegen demnach die Voraussetzungen des § 24 HGB vor, wird bereits durch den Gesellschaftsformzusatz "KEG" eine Täuschungseignung der abgeleiteten Firma beseitigt. Da § 24 Abs 1 HGB bei Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern die Fortführung der bisherigen Firma ausdrücklich gestattet, kann das interessierte Publikum aus dem Firmenwortlaut die Gesellschafterzusammensetzung ohnehin nicht erkennen und muss bei Interesse jedenfalls im Firmenbuch nachsehen. Aus der Anzahl der in der Firma aufscheinenden Gesellschafter ergibt sich demnach keine bessere als die tatsächlich bestehende Haftungssituation (vgl Fromherz in Jabornegg, HGB, § 24 HGB Rz 22). Es besteht auch kein Bedürnis des Publikums, bereits aus dem Firmenwortlaut zu erkennen, ob es sich um eine neue oder eine abgeleitete Firma handelt (vgl SZ 60/5).

b) § 29 Abs 2 WTBO in der bis zum Inkraftreten des WTBG BGBl I 1999/58 geltenden Fassung lautete:

Die Betätigung von Personengemeinschaften und juristischen Personen im Wirtschaftstreuhandberuf unterliegt den Bestimmungen des § 7, wobei folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

1. Gesellschafter dürfen nur

a) natürliche Personen, die Wirtschaftstreuhänder iSd der WTBO sind, ... sein.

2. Im Zeitpunkt des Beitrittes zur Gesellschaft darf die Befugnis der in Z 1 lit a) genannten Wirtschaftstreuhänder nicht ruhen (§ 40), doch ist ein allfälliges Ruhen der Befugnis während der Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft unschädlich. Das Erlöschen der Befugnis während der Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft bewirkt den Widerruf der Anerkennung der letzteren, wenn der ehemalige Wirtschaftstreuhänder nicht innerhalb von sechs Monaten aus der Gesellschaft ausscheidet; diese Rechtsfolge tritt jedoch nicht ein, wenn das Erlöschen ausschließlich dadurch erfolgt, um in den Genuß einer ihm wegen seines Alters oder wegen Berufsunfähigkeit zustehenden Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu gelangen.

...

Aus der WTBO ergibt sich somit kein Hindernis gegen die Fortführung der bisherigen Firma. Auf die Rechtsmittelhinweise zu § 65, § 68 und § 166 WTBG muss nicht mehr eingegangen werden, zumal die erstinstanzliche Entscheidung vom datiert und das WTBG erst am in Kraft trat (§ 227 Abs 1 leg.cit.).

Demnach sind die vorinstanzlichen Strafbeschlüsse ersatzlos aufzuheben. Auf die Frage, ob ein Strafbeschluss auch gegen einen Kommanditisten erlassen werden kann, muss nicht näher eingegangen werden.