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OGH vom 22.10.2015, 1Ob184/15p

OGH vom 22.10.2015, 1Ob184/15p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** E*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maurer, Rechtsanwalt in Golling, gegen die beklagte Partei P***** O*****, vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 10.895,18 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 126/15f 21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 32 C 407/14x 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 768,24 EUR (darin 128,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Fischereiberechtigte an einem fließenden Gewässer. In dem mit dem Beklagten ursprünglich auf die Dauer von neun Jahren abgeschlossenen Pachtvertrag wurde ein wertgesicherter jährlicher Pachtzins von (anfangs) 9.000 EUR vereinbart. Der Vertrag enthielt unter anderem die Klausel, dass der Verpächter für eine bestimmte Ertragsfähigkeit der verpachteten Fischereirechte keine Gewähr leiste. Nachdem im Laufe des Vertragszeitraums wiederholt die Verschotterung des Bachs bzw die Versandungen im oberen Bereich thematisiert worden waren und die Klägerin aus diesem Grund im Zeitraum bis weniger Pachtzins verlangt hatte, schlossen die Streitteile unmittelbar vor Ablauf des ursprünglichen Vertrags eine Zusatzvereinbarung ab, wonach sich nach Ablauf der Pachtdauer das Pachtverhältnis automatisch um ein weiteres Jahr verlängere. Alle anderen Punkte des Pachtvertrags, insbesondere der Pachtzins samt Indexanpassung, sollten weiterhin unverändert bleiben. Im Zuge der Errichtung dieser Zusatzvereinbarung verlangte der Beklagte von der Klägerin keine Pachtzinsminderung. Anfang August 2013 fand eine Wasserrechtsverhandlung wegen notwendiger Abbaggerungen von Schotter im Bachbett statt. Der Beklagte, der von der Klägerin von diesem Termin verständigt worden war, nahm an der Verhandlung nicht teil. Es kann nicht festgestellt werden, ob er die Klägerin im Zuge dieses Telefonats damit beauftragte, einen Entschädigungsbetrag für die mit den Arbeiten verbundene Beeinträchtigung des Fischereirechts geltend zu machen. Der Beklagte zahlte bis zum Ende des ursprünglichen Vertrags die ihm in Rechnung gestellten Pachtzinse. Der Pachtzins für das letzte (zusätzliche) Jahr in Höhe des Klagsbetrags blieb offen.

Die Klägerin begehrte nun die Zahlung des offenen Jahrespachtzinses samt Zinsen. Eine Beeinträchtigung des Fischereirechts habe in diesem Zeitraum nicht stattgefunden. Der Beklagte habe die Verlängerung der Pacht zum vollen Pachtentgelt in Kenntnis der Gegebenheiten vereinbart. Darüber hinaus sehe der Vertrag vor, dass für eine bestimmte Ertragsfähigkeit keine Gewähr geleistet werde. Im Zusammenhang mit den Schotterabbaggerungen könne ihr kein vertragswidriges Fehlverhalten vorgeworfen werden. Insbesondere habe der Beklagte ihr keinen Auftrag gegeben, eine ablehnende Stellungnahme abzugeben oder Entschädigungsansprüche zu fordern bzw ein Rechtsmittel zu erheben.

Der Beklagte wendete ein, dass sich die Befischbarkeit des Pachtgewässers in den letzten Jahren erheblich verschlechtert habe und für beide Parteien klar gewesen sei, dass der ursprünglich vereinbarte Pachtzins nicht mehr angemessen sei. Der Anspruch auf Pachtzinsminderung übersteige den Klagsbetrag und werde compensando eingewendet. Weiters werde ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 5.600 Euro als Gegenforderung eingewendet, weil die Klägerin bei der Wasserrechtsverhandlung keine Entschädigung für die Gewässertrübung während der Baggerarbeiten im September 2013 gefordert habe, die ca 2 Wochen gedauert hätten. Sein Anspruch ergebe sich auch daraus, dass gerade bei dieser Konstellation eine Pachtzinsminderung für die Dauer der Nichtbefischbarkeit infolge der Eingriffe gebühre. Er habe als Pächter und Bewirtschafter des Gewässers in dieser Zeit keine Fischereilizenzen ausgeben können.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung als zu Recht, die Gegenforderung(en) hingegen als nicht zu Recht bestehend und erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin 10.895,18 EUR samt Zinsen zu zahlen. Da vereinbart worden sei, dass der Verpächter für eine bestimmte Ertragsfähigkeit der verpachteten Fischereirechte keine Gewähr leiste, komme eine Pachtzinsminderung nicht in Betracht; ein Verzicht auf das Minderungsrecht sei bei beweglichen Sachen und Rechten zulässig. Aber auch die als Gegenforderung geltend gemachte und nicht näher bezifferte Forderung aus dem Titel der Pachtzinsminderung die bereits begrifflich den eingeklagten Pachtzins gar nicht übersteigen könne bestehe daher nicht zu Recht. Dies gelte auch für den aufrechnungsweise eingewendeten Schadenersatz in Höhe von 5.600 Euro, weil keine Verpflichtung der Klägerin als Verpächterin dazu bestanden habe, einen Nachteil des Pächters bei der Fischereiausübung geltend zu machen. Er hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, die Klägerin ausdrücklich mit der Geltendmachung allfälliger Schadenersatzforderungen zu beauftragen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Aus dem Vertragstext ergebe sich eindeutig ein Verzicht auf Pachtzinsminderung. Abgesehen davon sei das Fischereirecht nach ständiger Judikatur allen Schwankungen unterworfen, die sich durch natürliche Veränderungen des Wasserlaufs ergeben. Das Fischereirecht sei eine bewegliche Sache, weshalb der Beklagte im Sinne des § 1096 ABGB wirksam auf eine Pachtzinsminderung habe verzichten können. Auf die Ursache der Ertragsminderung die betraglich auch nicht konkretisiert worden sei komme es schon wegen des vereinbarten Verzichts nicht an. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob das Fischereirecht nach dem Salzburger Fischereigesetz als bewegliche Sache im Sinn des § 293 ABGB zu qualifizieren ist, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorläge.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision erweist sich als nicht zulässig, weil der Beklagte darin keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erörtert.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Revisionsausführungen überwiegend sehr allgemein gehalten sind, ohne dass daraus nachvollziehbar hervorginge, welche konkreten Rechtsfolgen der Beklagte daraus ableiten will und inwieweit diese in Bezug zu den im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendungen stehen.

Dies gilt insbesondere zu seinen Ausführungen unter der Überschrift: „Geltendmachung von Schäden nach dem Wasserrechtsgesetz“, aus denen in keiner Weise ableitbar ist, inwieweit der Klägerin eine rechtswidrige und schuldhafte Schädigung vorgeworfen werden könnte. Im Übrigen hat der Beklagte in seiner Berufung zu diesem Themenkomplex lediglich eine Beweisrüge erhoben, die Verneinung eines Schadenersatzanspruchs auf Basis des festgestellten Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht aber gar nicht in Zweifel gezogen. Auf diesen Rechtsgrund kann er schon deshalb im Revisionsverfahren nicht mehr zurückkommen (vgl nur die Judikaturnachweise bei Kodek in Rechberger 4 § 503 ZPO Rz 23).

Was die sowohl der Höhe nach als auch im Hinblick auf den in Betracht kommenden Zeitraum unsubstantiiert geltend gemachten Gegenforderungen aus dem Titel der Pachtzinsminderung betrifft, übersieht der Beklagte offenbar, dass auch eine berechtigte Pachtzinsminderung für die betreffende Periode lediglich zur Reduzierung des Anspruchs der Klägerin auf die eingeklagte Jahrespacht (hier für 2013) führen könnte, keinesfalls aber eine eigene Gegenforderung begründet. Darüber hinaus kann die dem Beklagten bereits vor Abschluss der Verlängerungsvereinbarung bekannte Verschotterung bzw Versandung eines Teils des Bachbetts schon deshalb zu keiner Minderung führen, weil unter den gegebenen Umständen seine Bereitschaft, den Vertrag ausdrücklich zum bisherigen (wertgesicherten) Pachtzins zu verlängern, vernünftigerweise nur so verstanden werden kann, dass er diesen Pachtzins jedenfalls nunmehr als angemessenes Äquivalent für den Pachtgegenstand in dem ihm bekannten Zustand ansieht. Generell ist eine Zinsminderung ausgeschlossen, wenn der Bestandnehmer in Kenntnis einer gewissen Gebrauchsbeeinträchtigung den Bestandvertrag abschließt (vgl nur Iro in KBB 4 § 1096 ABGB Rz 11 unter Hinweis auf RIS Justiz RS0021408). Befand sich nun der Vertragsgegenstand für den hier klagegegenständlichen Zeitraum in diesem Sinne im bedungenen Zustand, kommt eine Pachtzinsminderung schon mangels Abweichens von der geschuldeten Qualität nicht in Betracht. Dass der Beklagte unter Berufung auf Zinsminderung auch für frühere Perioden Ansprüche geltend machen würde, ist schon mangels klaren Vorbringens nicht zu erkennen. Damit erübrigt sich auch die Auseinandersetzung mit der Vertragsklausel zur Beschränkung der Gewährleistung.

Die Vorinstanzen haben die vom Beklagten eingewandte (weitere) Gegenforderung von 5.600 Euro, die er aus der eingetretenen Wassertrübung und der damit verbundenen Minderung der Ertragsfähigkeit über ca 14 Tage die Klägerin spricht dagegen von „höchstens“ 2 Tagen ableitet, lediglich unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes behandelt, obwohl er im Verfahren erster Instanz seine Gegenforderung hilfsweise auch auf ein Pachtzinsminderungsrecht gestützt hat. Dass auch ein zur Pachtzinsminderung berechtigender Tatbestand keine Gegenforderung begründen könnte, wurde bereits dargelegt. Aus den Revisionsausführungen kann nicht nachvollzogen werden, dass der Beklagte hilfsweise auch die Ansicht vertreten würde, er könne durch die Berufung auf Pachtzinsminderung eine Reduktion der Klageforderung erreichen. Nur der Vollständigkeit halber ist er darauf hinzuweisen, dass auch eine Pachtzinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB nur dazu führen könnte, dass er für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit ist. Geht man nun davon aus, dass die Fischereisaison unter Berücksichtigung der Schonzeiten im betreffenden (letzten) Vertragsjahr zumindest neun Monate dauerte und nach der Behauptung des Beklagten die Fischerei durch die Baggerarbeiten etwa zwei Wochen lang beeinträchtigt gewesen wäre, ergäbe sich eine Minderung von rund 5 %, die schon im Sinne des § 273 Abs 2 ZPO zu vernachlässigen wäre. Keinesfalls ließe sich die Pachtzinsminderung entsprechend der Berechnung des Beklagten mit jenem Betrag ermitteln, der ihm wegen der in diesem Zeitraum unterbliebenen Lizenzvergabe entgangen ist. Der Frage nach einem allfälligen Verzicht auf ein Minderungsrecht kommt damit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 ZPO iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen, womit ihr Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00184.15P.1022.000