OGH vom 07.10.2011, 5Ob154/11z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Mag. O*****, wegen Einverleibung in der EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom , AZ 1 R 65/11f, womit über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom , TZ 826/2011, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
1. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung, dass eine weder periodisch zu erbringende noch mit dem Ertrag der Liegenschaft „zumindest in gewissem Zusammenhang“ (5 Ob 281/00k SZ 73/175 = NZ 2001/514 GBSlg [ Hoyer ]; weitere Nachweise bei Rassi in Kodek , GBG § 12 Rz 35) stehende Leistung mangels Subsumierbarkeit unter andere, historisch gewachsene, von der Rechtsprechung anerkannte Reallasten nur dann einer typischen Reallastverpflichtung zugeordnet werden kann, wenn ihr Versorgungszweck außer Zweifel steht (5 Ob 218/02y NZ 2003/567 GBSlg [ Hoyer ] = RIS Justiz RS0012178 [T6]); 3 Ob 63/05v mwN = RIS Justiz RS0116184 [T2]).
2. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die von einer Wohnungseigentümerin gegenüber dem Antragsteller als weiterem Wohnungseigentümer übernommene Verpflichtung, einen näher bezeichneten Sichtschutz am südlichen Dachflächenfenster ihrer Wohnung anzubringen, keine Reallastverpflichtung darstelle, hält sich an die Leitlinien dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
3. Dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur konkreten Fallgestaltung fehlt, bedeutet nicht, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen vielmehr eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (RIS Justiz RS0102181).
4. Der vom Rekursgericht für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ins Treffen geführte mögliche „Wertewandel“, der sich aus § 364 Abs 3 ABGB ergeben könnte, bietet keinen Anlass, von den zu 1. dargelegten Grundsätzen abzugehen: Dass durch § 364 Abs 3 ABGB (idF ZivRÄG 2004 BGBl I 2003/91) dem Grundstückseigentümer gegen seinen Nachbarn ein Untersagungsanspruch betreffend die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft gewährt wird, steht in keinerlei Zusammenhang mit der Frage, ob die Verpflichtung zur Anbringung eines „Sichtschutzes“ (der im Anlassfall nach dem Inhalt der vorliegenden Vereinbarung dazu dient, dass die Sicht vom Dachflächenfenster der einen Wohnung auf die Fenster der Wohnung des Antragstellers verunmöglicht wird) eine Reallastverpflichtung darstellen kann.
5. Ob die Verpflichtung eines Liegenschaftseigentümers zur Duldung der Anbringung eines Sichtschutzes eine Haus Servitut iSd § 475 ABGB sein kann, kann hier dahinstehen, weil eine Servitut nur vorliegt, wenn die Hauptpflicht des Eigentümers des belasteten Grundstücks in einer Duldung oder einer Unterlassung besteht, nicht aber bei der hier eingegangenen ausschließlichen Verpflichtung zu einer positiven Leistung ( Koch in KBB³ § 482 Rz 1; Rassi in Kodek , GBG, § 12 Rz 10; RIS Justiz RS0105768).
6. Da die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe im Grundbuchsverfahren unterbleiben kann, wenn die Wiederholung des Grundbuchsgesuchs nicht in Betracht kommt (RIS Justiz RS0060544), bedarf es keines Eingehens auf den vom Erstgericht bejahten Abweisungsgrund der mangelnden Bestimmtheit der eingegangenen Verpflichtung.