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OGH vom 14.03.2006, 4Ob15/06v

OGH vom 14.03.2006, 4Ob15/06v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, Linz, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei *****V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, Beseitigung und Veröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 206/05v-9, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der den außerordentlichen Revisionsrekurs zurückweisende Beschluss vom , GZ 4 Ob 231/05g, wird aufgehoben. Die Beklagte hat die Kosten ihres Antrags auf neuerliche Vorlage des Rechtsmittels endgültig selbst zu tragen.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses

Der Beschluss des Rekursgerichts wurde den Beklagtenvertretern am zugestellt. Die Rechtsmittelfrist endete daher am . An diesem Tag langte der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mittels Telefax beim Erstgericht ein. Das Original wurde erst am zur Post gegeben. Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs wegen der Postaufgabe nach Fristablauf als verspätet zurück (4 Ob 231/05a). Ob sich das Telefax zu diesem Zeitpunkt im Akt befand, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Auf Antrag der Beklagten legt das Erstgericht den Revisionsrekurs nun neuerlich vor.

Die Rechtsmittelfrist war mit dem Einlangen der Faxübermittlung am gewahrt (RIS-Justiz RS0006955). Die Zurückweisung wegen Verspätung war daher offenbar unrichtig. Dieser Fehler war in analoger Anwendung der §§ 78 EO, 419 Abs 1, 522 Abs 1 ZPO zu korrigieren (RIS-Justiz RS0062267, RS0041446).

Die Kosten des Antrags auf neuerliche Vorlage des Revisionsrekurses hat die Beklagte wegen ihres Unterliegens im Provisorialverfahren endgültig selbst zu tragen (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO).

2. Zur Sache

Nach der Ankündigung der Klägerin, auch in Vorarlberg eine Regionalausgabe des von ihr schon in Salzburg und Oberösterreich vertriebenen „Weekend Magazin" auf den Markt zu bringen, begann die Beklagte mit der Publikation von „Weekend Vorarlberg". In beiden Fällen handelt es sich um wöchentlich erscheinende Gratiszeitungen. Die Klägerin ist aufgrund eines Lizenzvertrages befugt, Rechte aus der (älteren) Wortbildmarke „Weekend Magazin" im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Vorinstanzen haben es der Beklagten nach § 80 UrhG verboten, die Bezeichnung „Weekend" als schlagwortartigen Titel für eine Zeitschrift, insbesondere für eine Wochenendzeitschrift, zu verwenden, sofern diese Bezeichnung nicht gegenüber einem unterscheidungs- und kennzeichnungskräftigen Zusatz in den Hintergrund tritt.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Beklagte als erhebliche Rechtsfrage die unrichtige Anwendung von § 80 UrhG geltend. Die Vorarlberger Regionalausgabe des „Weekend Magazin" sei beim erstmaligen Inverkehrbringen von „Weekend Vorarlberg" noch nicht erschienen gewesen; sie könne daher auch keinen Titelschutz beanspruchen. Die anderen Regionalausgaben des „Weekend Magazin" sprächen nicht das Vorarlberger Publikum an, sodass insofern keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Auf diese Rechtsfragen kommt es allerdings nicht an. Die Klägerin hat ihr Begehren nämlich auch auf Markenrecht gestützt. Aufgrund der im Lizenzvertrag enthaltenen Ermächtigung kann sie Verletzungen der Marke „Weekend Magazin" im eigenen Namen geltend machen (4 Ob 209/02t = ÖBl 2003/23 - Brühl; 4 Ob 213/03g = SZ 2003/170 - Canon).

Nach § 10 Abs 1 Z 2 MSchG kann der Inhaber einer Marke Dritten

verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit

der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche

Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn dadurch für das

Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Ob das im Einzelfall

zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller Umstände umfassend zu

beurteilen (4 Ob 325/00y - T-One mwN; 4 Ob 273/02d - Kleiner

Feigling; zuletzt etwa 4 Ob 7/05s - car care). Dabei kann ein

geringerer Grad der Gleichartigkeit der Waren oder Dienstleistungen

durch einen höheren Grad der Zeichenähnlichkeit ausgeglichen werden

und umgekehrt (EuGH Rs C 39/97 = ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon; 4 Ob

273/02d = ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling mwN; zuletzt etwa 4 Ob

36/04d = ecolex 2004/449 - Firn). Bei Waren- oder

Dienstleistungsidentität ist daher ein wesentlich deutlicherer

Abstand der Zeichen erforderlich als bei einem größeren Waren- oder

Dienstleistungsabstand (RIS-Justiz RS0116294; zuletzt etwa 4 Ob

140/05t - Dorfmühle).

Der Markenschutz ist nicht regional begrenzt (was bei anderen

Kennzeichenrechten vorkommen kann, vgl 4 Ob 115/94 = ÖBl 1995, 159 -

Slender you, und 4 Ob 14/01i = ÖBl 2002/70 - Dorfalm). Er setzt in

den ersten fünf Jahren nach der Registrierung nicht voraus, dass die Marke tatsächlich genutzt wird (RIS-Justiz RS0079295); auch bloße Teilnutzung schadet daher nicht (4 Ob 225/03x = wbl 2004/97 - Lumina).

Im vorliegenden Fall ist die Marke der Klägerin unter anderem für „Zeitungen und Zeitschriften" geschützt. Zur Kennzeichnung solcher Waren wurde sie auch - wenngleich nicht in Vorarlberg - genutzt. Der den Wortteil der Marke prägende Begriff „Weekend" ist zugleich der verbal kennzeichnungskräftige und optisch dominierende Bestandteil im Zeitschriftentitel der Beklagten. Diese hohe Zeichenähnlichkeit begründet unter Berücksichtigung der Warenidentität Verwechslungsgefahr iSv § 10 Abs 1 Z 2 MSchG.

Soweit die Beklagte mangelnde Bekanntheit der Marke einwendet, entfernt sie sich vom bescheinigten Sachverhalt. Zudem verkennt sie, dass die Bekanntheit einer Marke nur bei fehlender Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit ein selbstständiges Tatbestandsmerkmal ist (§ 10 Abs 2 MSchG). In den Fällen des § 10 Abs 1 Z 2 MSchG ist der Bekanntheitsgrad nur eines von mehreren Kriterien für die Verwechslungsgefahr (EuGH Rs C 39/97 = ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon;

4 Ob 273/02d = ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling; zuletzt etwa 4 Ob

225/03x = wbl 2004/97 - Lumina). Hier hat er wegen der hohen

Zeichenähnlichkeit keine entscheidende Bedeutung.

Das von den Vorinstanzen erlassene Verbot ist daher schon aus markenrechtlichen Erwägungen begründet (§ 51 iVm § 10 Abs 1 Z 1 MSchG). Auf die von der Beklagten als erheblich bezeichneten Rechtsfragen in Zusammenhang mit § 80 UrhG kommt es aus diesen Grund nicht an. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen. Titelschutz kann die Klägerin im Übrigen für die von ihr in Oberösterreich und Salzburg herausgegebenen Zeitschriften in Anspruch nehmen. Sie hat dafür österreichweit geworben und die Markteinführung in Vorarlberg vorbereitet. Damit besteht die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen der Klägerin und der Zeitschrift der Beklagten annehmen, sodass (jedenfalls) Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn besteht.