OGH vom 14.11.2012, 3Ob163/12k

OGH vom 14.11.2012, 3Ob163/12k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P*****, vertreten durch Dr. Florence Burkhart, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. G*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung, Unterlassung, Räumung und Einverleibung einer Dienstbarkeit (36.000 EUR), infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 84/12m 21, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 26 Cg 211/10y 17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das die Klage abweisende Ersturteil einschließlich der im Ersturteil enthaltenen Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.724,06 EUR (darin 454,01 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 4.554,64 EUR (darin 326,94 EUR Umsatzsteuer und 2.593 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitparteien im Folgenden bezeichnet als P und G sind Geschwister. Ihre Mutter H***** ist am unter Hinterlassung des fremdhändigen Testaments vom verstorben. In dem Testament hat sie ihre Tochter P (die Klägerin) und ihren Sohn G (den Beklagten) je zur Hälfte als Erben des Nachlassvermögens eingesetzt und mehrere Legate (auch an die Erben selbst, weiters an den Ehemann, an zwei weitere Kinder sowie an Enkelkinder) ausgesetzt. In einem früheren fremdhändigen Testament vom hatte die Mutter ihre Tochter P zur Alleinerbin eingesetzt gehabt.

Mit Beschluss vom wurde die Verlassenschaft der Klägerin und dem Beklagten je zur Hälfte eingeantwortet.

Das Testament der Mutter vom enthält folgende hier relevanten Anordnungen:

„...

Die in meinem Besitz befindliche Liegenschaft *****, P***** 2 'Gut P*****' KG *****, EZ 1520, 327, 1194 und KG ***** EZ 106, ist im Gesamtausmaß von 70,4620 ha davon 59,6416 landwirtschaftlich und 10,8204 forstwirtschaftlich genutzt.

...

II.

Ich, H***** setze hiemit meine Tochter P ..., sowie meinen Sohn G ..., zu Alleinerben meines gesamten, wie immer Namen habenden und wo immer befindlichen Nachlassvermögens ein, mit der Auflage grundbücherliche Alleinerben zu bleiben und beschränke sonstige Noterben auf das gesetzliche Pflichtteil.

Hiefür hat meine Tochter P … und mein Sohn G … die gesamten im Nachlass vorhandenen Verbindlichkeiten in ihre Zahlungverpflichtung zu übernehmen. Weiters haben sie hinsichtlich des gesamten ihr vererbten Liegenschaftsbesitzes meinem Mann … ein grundbücherlich sicherzustellendes, lebenslängliches Veräußerungsverbot einzuräumen.

.a.)

Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, vermache ich das alleinige lebenslängliche Bewirtschaftungsrecht meiner Tochter P ... und hat mein Sohn G …. dieses zu dulden.

...

.d.)

...

In dem Erbe meiner Tochter P ... ist bereits eine erfolgte Schenkung (Schenkungsvertrag vom ) von Schilling 800.000.- enthalten, die auf das Erbteil angerechnet wird.

Weiters erhält sie das Wohnrecht in den schon jetzt von uns bewohnten Räumlichkeiten des Hauses P***** 2. Außerdem vermache ich meiner Tochter P … das Grundstück ... im Ausmass von 5092 m² und stelle ich fest, dass dieses Grundstück lastenfrei ist.

III.

Meine Kinder P … und G … haben sich wechselseitig ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einzuräumen, auch wenn dies zwischen Geschwister nicht im Grundbuch eingetragen werden kann.

V.

Meinem Mann ... vermache ich weiters ein lebenslänglich und grundbücherlich sicherzustellendes, unentgeltliches Wohnrecht in den schon jetzt von uns bewohnten Räumlichkeiten des Hauses P***** 2 mit dem Recht des freien Bezuges der Heizung, ...

...

VIII.

Meiner Tochter A ..., vermache ich das Waldfeld, das ist die Parzelle 625/1 je KG ***** ...

Außerdem vermache ich ihr neben dem vorgenannten Liegenschaftsbesitz ebenfalls ein lebenslanges, unentgeltliches, jedoch nicht grundbücherlich sicherzustellendes Wohnrecht im Wirtschaftstrakt P***** 2. Es ist mein Wunsch, dass dieses Wohnrecht jedoch nicht abgelöst oder weitergegeben wird.

...“

Im Vordergrund des Rechtsstreits steht nun die Auslegung des Punktes II. a.) des Testaments vom : „ Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vermache ich das alleinige lebenslängliche Bewirtschaftungsrecht meiner Tochter P ... und hat mein Sohn G ... dieses zu dulden. “

Die Klägerin begehrt

a) gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass ihr gemäß dem Testament vom und infolge des Einantwortungsbeschlusses vom die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses hinsichtlich der Liegenschaften EZ 1520 und 1194, je Grundbuch *****, Gerichtsbezirk *****, zustehe (Punkt 7.1. des Klagebegehrens),

b) den Beklagten schuldig zu erkennen,

aa) in die Einverleibung der unter a) genannten Dienstbarkeit der Fruchtnießung ob den unter a) genannten Liegenschaften einzuwilligen (Punkt 7.2. des Klagebegehrens),

bb) die Stallungen gemäß einer Planbeilage und die Flächen laut einer weiteren Planbeilage („Stadlweide“) zu räumen, insbesondere von den dort eingestellten Pferden und Reitsporteinrichtungen/-utensilien (Punkt 7.3. des Klagebegehrens) und

cc) ab sofort jede Störung der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses gemäß Punkt a) zu unterlassen (Punkt 7.4. des Klagebegehrens).

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens (Streitverhandlung vom , ON 16) stellte die Klägerin das Eventualbegehren,

(zu a) = Punkt 7.1. des Hauptklagebehrens) es möge zwischen den Parteien festgestellt werden, dass der Klägerin gemäß dem Testament vom und infolge des Einantwortungsbeschlusses vom das alleinige lebenslängliche Bewirtschaftungsrecht hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs „Gut P*****“, bestehend aus den Liegenschaften EZ 1520 und 1194, je Grundbuch *****, Gerichtsbezirk *****, zustehe, jedoch hinsichtlich des Grundstücks .110 der EZ 1520 nur hinsichtlich des in einer Planbeilage als „2“ bezeichneten Gebäudeteils, bestehend aus Stallungen und Wohn- und Wirtschaftstrakt;

(zu b) = Punkt 7.2. des Hauptklagebegehrens) der Beklagte möge schuldig erkannt werden, jede Störung des Bewirtschaftungsrechts der Klägerin laut obigem Punkt zu unterlassen.

Das Erstgericht wies sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren ab. Über die eingangs genannten hinaus traf es folgende wesentliche Feststellungen:

Die Klägerin absolvierte die Landwirtschaftsschule und übernahm im Jahr 2002 den land und forstwirtschaftlichen Betrieb Gut P***** als Betriebsführerin von ihren Eltern und führt diesen seither unverändert weiter. Zuvor hatten die Eltern den Betrieb über einen Zeitraum von 40 bis 50 Jahren geführt. Außer dem Gutsgebäude besteht das Gut P***** aus zahlreichen landwirtschaftlich genutzten Feldern.

Das Ansinnen der Mutter in Bezug auf das im Testament genannte alleinige „lebenslängliche“ Bewirtschaftungsrecht war, dass die Klägerin, die als Restauratorin arbeitete, von der Landwirtschaft leben können sollte. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Mutter der Streitteile hinsichtlich des in ihrem Testament angeführten „alleinigen, lebenslänglichen Bewirtschaftungsrechts“ des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einen Fruchtgenuss einräumen wollte und dass mit dem vorliegenden Testament der Klägerin ein Fruchtgenussrecht eingeräumt wurde.

Das auf dem Gut P***** befindliche Gebäude wird folgendermaßen genutzt: Im südlichen Gebäudeteil, im sogenannten unteren Hof, haben die Klägerin und ihr Vater ihr Wohnrecht im ersten Obergeschoß. Im Erdgeschoß befinden sich ein von der Klägerin genutztes Atelier, ein Büro sowie eine Garage. Im Westen des nördlichen Gebäudeteils sind Ställe vorhanden, in denen früher mehrere Pferde, zuletzt vor Betriebsübernahme durch die Klägerin nur noch zwei Hannoveraner eingestellt waren. Im östlichen Bereich des nördlichen Gebäudeteils befinden sich ebenfalls Stallungen, in denen Ponys eingestellt sind. Den Swimmingpool im Garten nutzt die Klägerin.

Der Vater hatte jahrzehntelang eine Pferdezucht geführt und die nordwestlich des Gebäudes situierte „Stadlweide“ (= der westliche Teil des Grundstücks 664/1) als Reitplatz (Reitbahn) verwendet. Bis 1999 wurden die Pferde auch auf dem Reitplatz geritten. 2001 starb der letzte Hannoveraner. Der Reitplatz auf Sanduntergrund, der seitdem nicht mehr gepflegt wurde, wuchs zu. Im Jahr 2009 renovierte der Beklagte die Reitbahn mittels Nivellierens, Planierens und Anlegens eines Rasens. Für das Training wurde auf dem Reitplatz ein Holzpferd aufgestellt. Am stellte der Kläger zwei Pferde in die Stallungen ein; er verwendet auch den Reitplatz. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Reitplatz und die Stallungen vom land und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsrecht der Klägerin mitumfasst sind.

Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass die Klägerin für ihre Behauptung beweispflichtig sei, bei dem ihr eingeräumten Recht handle es sich um ein Fruchtgenussrecht. Nach den Feststellungen liege diesbezüglich aber eine Non-liquet-Situation vor. Als Miteigentümer dürfe der Beklagte grundsätzlich die Stallungen und den Reitplatz nutzen, außer er würde dadurch das Bewirtschaftungsrecht der Klägerin stören. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Reitplatz und die Stallungen vom lebenslangen Recht der Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mitumfasst seien, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Beklagte durch seinen Gebrauch das Bewirtschaftungsrecht störe. Daher seien die Haupt- und Eventualbegehren abzuweisen.

Infolge Berufung der Klägerin änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, dass es

1. zwischen den Parteien feststellte, dass der Klägerin gemäß dem Testament vom und infolge Einantwortungsbeschluss vom die „Dienstbarkeit des Fruchtgenusses am land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen Gut P*****“ hinsichtlich der Liegenschaften EZ 1520 und 1194 je Grundbuch ***** zustehe,

2. den Beklagten schuldig erkannte, in die Einverleibung der in Punkt 1. genannten Dienstbarkeit der Fruchtnießung ob seinem Hälfteanteil an den Liegenschaften EZ 1520 und 1194 je Grundbuch ***** zu Gunsten der Klägerin einzuwilligen,

3. den Beklagten gegenüber der Klägerin schuldig erkannte, binnen 14 Tagen die Stallungen gemäß einer Planbeilage und die Fläche laut einer weiteren Planbeilage („Stadlweide“) zu räumen, insbesondere von den dort eingestellten Pferden und Reitsporteinrichtungen/-utensilien und

4. den Beklagten gegenüber der Klägerin schuldig erkannte, ab sofort jede Störung der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses gemäß Punkt 1. zu unterlassen.

Das Berufungsgericht verneinte eine Nichtigkeit und eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, sah die Tatsachenrüge der Klägerin zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, zum Teil als rechtlich irrelevant und zum Teil als unbegründet an, verneinte die vom Beklagten behauptete Unrichtigkeit von Tatsachenfeststellungen und führte in der rechtlichen Beurteilung (zusammengefasst) aus, dass es sich bei dem der Klägerin eingeräumten Bewirtschaftungsrecht zweifellos um ein uneingeschränktes Fruchtgenussrecht im Sinne des § 509 ABGB handle. Die festgestellten Umstände sprächen dafür, dass sich das Fruchtgenussrecht auf alle der Land- und Forstwirtschaft (einschließlich der Pferdezucht) dienenden Liegenschaften erstrecken. Demnach könne die Klägerin als Dienstbarkeitsberechtigte die Beeinträchtigungen ihres Fruchtgenussrechts mit der actio negatoria abwehren. Den ihm gemäß § 479 ABGB obliegenden Beweis dafür, dass das Recht nur obligatorisch eingeräumt worden sei, habe der Beklagte nicht erbracht. Der Umstand, dass die Erblasserin nicht ausdrücklich die Verdinglichung des Rechts im Testament erwähnt habe, ändere daran nichts; die Gesamtumstände, insbesondere die Einräumung des „alleinigen, lebenlänglichen“ Bewirtschaftungsrechts sprächen für ein dingliches Fruchtgenussrecht. Da ein Fruchtgenussrecht auch an ideellen Liegenschaftsanteilen begründet werden könne, könne die Klägerin die grundbücherliche Eintragung ihres Rechts mit Vermächtnisklage durchsetzen.

Das Berufungsgericht bewertete die einzelnen Teilbegehren angesichts ihrer wirtschaftlichen Bedeutung mit jeweils 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision angesichts der Einzelfallbezogenheit nicht zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Zusammengefasst bringt der Beklagte in seiner Revision Folgendes vor:

1. Das Berufungsgericht habe gegen § 405 ZPO verstoßen, weil es ein nicht vom Begehren umfasstes aliud zugesprochen habe. Während die Klägerin die Feststellung des Bestands der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses hinsichtlich bestimmter Liegenschaften begehrt habe, habe das Berufungsgericht die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses am land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen Gut P***** hinsichtlich der klagsgegenständlichen Liegenschaft festgestellt. Es handle sich dabei nicht um eine klarere Beschreibung des Fruchtgenussrechts, sondern um einen Austausch des Klagsgegenstands, weil ein Unternehmen etwas völlig anderes als eine Liegenschaft und nicht damit gleichzusetzen sei. Durch diesen Austausch sei eine Verbücherung unmöglich gemacht worden. Dieser Fehler begründe zumindest eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, wenn nicht gar eine Nichtigkeit.

2. Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 503 Z 2 ZPO):

Das Berufungsgericht habe die erstgerichtlichen Feststellungen unter Verletzung des § 503 Abs 2 ZPO sowie des § 488 Abs 4 ZPO ohne Durchführung einer Beweiswiederholung dahingehend abgeändert, dass die Erblasserin ein zu verdinglichendes Fruchtgenussrecht einräumen habe wollen. Auch darin liege eine Nichtigkeit oder zumindest eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts könne ein Unternehmen als Ganzes nicht Gegenstand eines beschränkten dinglichen Rechts sein; dies scheitere am sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz. Nach § 2 Abs 2 GBG könnten nur solche dinglichen Rechte einverleibt werden, die sich auf den Grundbuchskörper als solchen beziehen. Somit sei der zweite Teil des Spruchs des Berufungsurteils auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet.

b) Die Auslegung des Testaments durch das Berufungsgericht widerspreche dem Grundsatz des „favor testamenti“.

c) Im Übrigen sei die Verdinglichung des Fruchtgenussrechts auch deshalb nicht möglich, weil ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Sohnes des Beklagten eine solche Eintragung nachhaltig verhindere.

Dazu wurde erwogen:

1. Die Ausführungen zu den Revisionsgründen der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens betreffen Prämissen, die vom Obersten Gerichtshof in rechtlicher Hinsicht nicht geteilt werden, wie im Folgenden dargestellt werden wird. Es ist daher nicht notwendig, auf diese beiden Gründe einzugehen.

2. Wie bereits eingangs erwähnt steht die Auslegung des Punktes II. a.) des Testaments vom im Vordergrund des Rechtsstreits: „ Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vermache ich das alleinige lebenslängliche Bewirtschaftungsrecht meiner Tochter P ... und hat mein Sohn G ... dieses zu dulden. “

3. Die Klägerin qualifiziert das ihr testamentarisch zugestandene „Bewirtschaftungsrecht“ als Einräumung eines (dinglichen) Fruchtgenussrechts nach den §§ 509 513 ABGB. Dazu ist vorweg darauf hinzuweisen, dass selbst ein Fruchtgenussrecht nicht zwingend ein dingliches Recht sein muss, sondern dass das Recht auch mit bloß obligatorischer Wirkung als Nutzungsrecht eingeräumt werden kann (RIS Justiz RS0069545; Spath in Schwimann , ABGB 4 § 472 Rz 1), wobei angesichts der Zweifelsregel des § 479 Satz 2 ABGB im Zweifel davon auszugehen ist, dass eine Servitut und kein obligatorisches Recht eingeräumt wurde (4 Ob 190/97p).

Entscheidend ist daher, ob die testamentarische Einräumung des Rechts nach dem Willen der Erblasserin dingliche oder bloß obligatorische Wirkung haben sollte.

3.1. Im Testament wird mit einer gewissen Eindeutigkeit zwischen dinglich eingeräumten Rechten (siehe etwa „grundbücherlich sicherzustellend“ in den Punkten II. und V.) einerseits und bloß obligatorisch eingeräumten Rechten (siehe etwa: „auch wenn dies nicht im Grundbuch eingetragen werden kann“ in Punkt III. oder „jedoch nicht grundbücherlich sicherzustellendes Wohnrecht“ in Punkt VIII.) andererseits differenziert. Weiters fällt auf, dass beim Bewirtschaftungsrecht in Punkt II. a.) nicht auf Liegenschaften oder Grundstücke, sondern auf den „land- und forstwirtschaftlichen Betrieb“ Bezug genommen wird. Schließlich wird auch nicht der Begriff „Fruchtnießungsrecht“ oder „Fruchtgenussrecht“, sondern eben „Bewirtschaftungsrecht“ verwendet.

3.2. Für die Auslegung des Testaments ist daraus abzuleiten, dass mit der Einräumung des „Bewirtschaftungsrechts“ kein dingliches Fruchtgenussrecht in Bezug auf bestimmte Liegenschaften gemeint war, sondern entsprechend der Formulierung ein unternehmensbezogenes Bewirtschaftungsrecht. Ein solches kann davon geht auch die Klägerin aus nicht verdinglicht werden. Die Zweifelsregel des § 479 Satz 2 ABGB, wonach eine Servitut im Zweifel ihrem gesetzlichen Typus entsprechend eingeräumt wurde, kommt gar nicht zum Tragen.

3.3. Somit lässt sich der auf eine Dienstbarkeit des Fruchtgenusses Bezug habende Anspruch laut den Punkten 7.1., 7.2. und 7.4. des (Haupt-)Klagebegehrens nicht aus dem Testament ableiten.

4. Punkt 7.3. des (Haupt-)Klagebegehrens betrifft die Verpflichtung zur Räumung der Stallungen und der „Stadlweide“ von den dort eingestellten Pferden und Reitsporteinrichtungen.

4.1. Zwar ist die Prämisse der Klägerin, dass das ihr testamentarisch eingeräumte Recht als dingliches Fruchtgenussrecht zu qualifizieren sei, unrichtig. Auch wenn der Klägerin bloß ein obligatorisches Bewirtschaftungsrecht zusteht, hat der Beklagte dieses zu dulden. Die in diesem Zusammenhang zu beantwortende Rechtsfrage geht dahin, ob das vom Beklagten als Hälftemiteigentümer zu duldende „alleinige lebenslängliche Bewirtschaftungsrecht hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes“ auch die Stallungen und die „Stadlweide“ umfasst.

4.2. Das Erstgericht hat eine Negativfeststellung getroffen (Ersturteil Seite 7); demnach kann nicht festgestellt werden, dass der Reitplatz bzw die Reitbahn und die Stallungen vom land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsrecht der Klägerin mitumfasst sind. Die Klägerin hat die Negativfeststellung in ihrer Berufung bekämpft; das Berufungsgericht hat sie allerdings als unbedenklich qualifiziert (Berufungsurteil Seite 7).

Die Beweislast für jede Einschränkung des Miteigentumsrechts des Beklagten durch das der Klägerin vermachte obligatorische Bewirtschaftungsrecht trifft die Klägerin; diese hat daher auch zu beweisen, dass Reitplatz, Reitbahn und Stallungen von ihrem land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsrecht erfasst sind. Angesichts der Negativfeststellung ist dieser Beweis nicht erbracht.

4.3. Somit erweist sich das Räumungsbegehren betreffend Stallungen und Stadlweide laut Punkt 7.3. des Klagebegehrens nicht als berechtigt.

5. Die beiden Eventualbegehren beziehen sich auf die Feststellung des Bewirtschaftungsrechts und die Unterlassung seiner Störung.

In Bezug auf das Feststellungsbegehren fehlt es am Feststellungsinteresse. Der Beklagte hat das (obligatorische) Bewirtschaftungsrecht nicht bestritten; er hat durch Einstellen der Pferde und Renovierung der Reitbahn Handlungen gesetzt, die aus Sicht der Klägerin ihr Bewirtschaftungsrecht verletzen. Dass eine Verletzung nicht stattgefunden hat, wurde unter Punkt 4. dargestellt, weshalb auch kein Unterlassungsanspruch besteht.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung gebührt nur der dreifache Einheitssatz.