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OGH vom 15.11.2017, 1Ob182/17x

OGH vom 15.11.2017, 1Ob182/17x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Dr. Wurdinger, und die Hofrätinnen Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Kodek in der Rechtssache der gefährdeten Partei F***** P*****, vertreten durch die Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die gefährdete Partei K***** P*****, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in Seiersberg-Pirka, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 213/17a-221, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fürstenfeld vom , GZ 23 Fam 27/15p-207, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß den §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Der als „Bekanntgabe“ bezeichnete Schriftsatz der gefährdeten Partei vom wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, dass der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht nur umfangreich, sondern auch unübersichtlich und nicht immer leicht verständlich ist. So wird etwa wiederholt auf Ergebnisse des durchgeführten Bescheinigungsverfahrens eingegangen, die aber vor dem Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, keine Bedeutung haben; vielmehr ist von jenem Sachverhalt auszugehen, den das Erstgericht als bescheinigt angenommen hat. Schon gar nicht kommt im Revisionsrekursverfahren die beantragte Vernehmung einer Auskunftsperson in Betracht. Gelegentlich werden auch Ausführungen des Erstgerichts in einem Zwischenbeschluss, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, erörtert und bekämpft. Mit den Rechtsmittelausführungen kann sich der Senat insgesamt nur insoweit auseinandersetzen, als ausreichend erkennbar ist, welchem in Betracht kommenden Revisionsrekursgrund sie zuzuordnen sind.

2. Wenn die Revisionsrekurswerberin ein Abweichen des Rekursgerichts vom „Bescheinigungsmaß“ der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Provisorialverfahren annimmt, weil ausgeführt wurde, es begründe nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der Erschwerung, Vereitelung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens per se eine Anspruchsgefährdung, vielmehr müssten aus den Eigenschaften oder dem Verhalten des Antragsgegners „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ (gemeint: künftige) Vereitelungshandlungen abgeleitet werden, unterliegt sie einem Missverständnis. Richtig ist, dass sich das Gericht im Provisorialverfahren bei der Beurteilung, welche Tatsachen seiner Entscheidung als ausreichend bescheinigt zugrunde zu legen sind, am niedrigeren Beweismaß des § 274 ZPO (Glaubhaftmachung/Bescheinigung) zu orientieren hat (so für die Anspruchsbescheinigung unmissverständlich § 389 Abs 1 letzter Satz EO). Ob ausgehend von den als bescheinigt angenommenen Tatsachen eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass einem Ehegatten der von ihm behauptete Nachteil (konkret) droht (§ 381 Z 1 EO: „… zu besorgen ist ...“; Z 2: „... derartige Verfügungen … zur Abwendung eines drohenden unwiderbringlichen Schadens nötig erscheinen …“), ist hingegen eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die das Gericht im Einzelfall unter Berücksichtigung typischer oder zumindest häufiger Geschehnisabläufe zu beantworten hat.

3. Wie der Fachsenat bereits im Verfahren über den ersten Provisorialantrag der Antragstellerin ausgesprochen hat (1 Ob 236/14h), sollen durch eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO nicht bestimmte Vermögensobjekte, sondern die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs nach den §§ 81 ff EheG – also des Anspruchs auf einen angemessenen Anteil an der Aufteilungsmasse (1 Ob 213/12y = RISJustiz RS0115099 [T5]) – gesichert werden, sodass es unmaßgeblich ist, ob die gefährdete Partei letztlich bestimmte Sachen oder eine Ausgleichszahlung nach § 94 EheG zugesprochen erhält (RISJustiz RS0037061). Voraussetzung für die Erlassung einer solchen Einstweiligen Verfügung ist daher vor allem, ob die (hohe) Wahrscheinlichkeit besteht, dass ohne eine solche Maßnahme die (wertmäßige) Befriedigung des Aufteilungsanspruchs vereitelt oder erheblich erschwert würde (vgl RISJustiz RS0037061 [T8]). Ob sich aus dem bescheinigten Sachverhalt eine Gefährdung ableiten lässt oder nicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar (1 Ob 160/01p; 6 Ob 237/01y; 7 Ob 122/08d ua). Dass dem Rekursgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, vermag die Revisionsrekurswerberin nicht aufzuzeigen.

4. Wenn sie ins Treffen führt, die konkrete Gefährdung (der späteren Einbringlichmachung) ihres Aufteilungsanspruchs ergebe sich aus der schweren Verschuldung des Antragsgegners, den herandrängenden Gläubigern, der Umschichtung des Vermögens, der Verheimlichung ehelicher Ersparnisse, einer übermäßigen Pfandbelastung, dem Verkauf von Liegenschaften, der Ankündigung des Verkaufs bzw der Belastung weiterer Liegenschaften sowie einem hohen jährlichen „Finanzierungsbedarf“ des Antragsgegners, unterlässt sie eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit den vom Erstgericht gewonnenen – für die Aufteilungsfrage maßgeblichen – konkreten Tatsachenannahmen. Sie tritt auch der Auffassung des Rekursgerichts, selbst bei Vornahme der vom Antragsgegner beabsichtigten Maßnahmen sei nicht zu befürchten, dass kein ausreichendes Vermögen mehr vorhanden sein werde, um die Aufteilungsansprüche der Antragstellerin wertmäßig zu decken, nicht mit ausreichend konkreten – auf den erstgerichtlichen Feststellungen beruhenden – Argumenten entgegen; insbesondere legt sie nicht dar, in welcher (ungefähren) Höhe ihr eheliche Vermögenswerte zukommen müssten und welche (möglicherweise unzureichende) Aufteilungsmasse nach den befürchteten Maßnahmen des Antragsgegners verbleiben würde.

Nach dem von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Sachverhalt beabsichtigt der Antragsgegner einer zur Unternehmensgruppe der Familie gehörenden GmbH, an der er nur mehr einen Geschäftsanteil von 1 % hält, der aber mit weitreichenden Sonderrechten ausgestattet ist, und die einen dringenden Finanzierungsbedarf in Höhe von 3 Mio EUR hat, ein Privatdarlehen in dieser Höhe zu gewähren, dass er wiederum durch Aufnahme eines entsprechenden Bankkredits finanzieren will, von dem bereits 1 Mio EUR an den Antragsgegner und von diesem an die GmbH geflossen sind. Die Auszahlung der weiteren 2 Mio EUR, die letztlich wiederum der GmbH zufließen sollen, macht die Bank von ausreichenden Sicherheiten abhängig. In diesem Zusammenhang wurden auf Liegenschaftsanteilen des Antragsgegners (T*****gasse 6 und 8 in W*****), die einen Verkehrswert von rund 10 Mio EUR darstellen, für die bereits ausgezahlte Kredittranche Simultanpfandrechte im Höchstbetrag von 1,2 Mio EUR eingetragen. Voraussetzung für die Auszahlungen der weiteren Tranche von 2 Mio EUR ist für die Bank eine weitere pfandrechtliche Besicherung der Liegenschaften, wobei auch ein Verkauf zur Bedienung der Darlehensverbindlichkeiten im Gespräch ist. Der Antragsgegner würde die Liegenschaften gegebenenfalls zum Verkehrswert verkaufen, soweit dies erforderlich ist, um die Unternehmensgruppe vor der Insolvenz zu bewahren. Die Antragstellerin war von einem „Gesamtfinanzierungs-volumen“ von 2 Mio EUR ausgegangen und grundsätzlich mit der pfandrechtlichen Sicherstellung auf den Liegenschaften einverstanden, nicht aber mit einem Verkauf. Dass der Antragsgegner weitere Liegenschaften oder Liegenschaftsanteile aktuell zu verkaufen beabsichtigte, kann nicht festgestellt werden.

Strittig ist, ob die erwähnten Liegenschaftsanteile in W***** (T*****gasse 6 und 8) der Aufteilung unterliegen oder als unternehmerisches Vermögen von dieser ausgenommen sind. Jedenfalls als Teile der Aufteilungsmasse vorhanden sind derzeit eine im gemeinsamen Eigentum (je 50 %) stehende Liegenschaft mit der früheren Ehewohnung in P*****, eine im gemeinsamen Eigentum der Streitteile stehende Eigentumswohnung in G*****, ein im gemeinsamen Eigentum stehendes Baugrundstück in P*****, eine Eigentumswohnung des Antragsgegners in G***** (S*****gasse), Gesellschaftsanteile (je 10 %) des Antragsgegners an zwei Kommanditgesellschaften (Verlustbeteiligungen) sowie eine Forderung des Antragsgegners gegen eine GmbH, deren Alleingesellschafter er ist, in Höhe von 341.500 EUR.

Konkret zu besorgen ist nach dem bescheinigten Sachverhalt also lediglich die Übertragung von Vermögen des Antragsgegners an das genannte Familienunternehmen im Umfang von (weiteren) 2 Mio EUR, die aus der Aufnahme eines (mit eigenen Liegenschaftsanteilen besicherten) Kredits durch den Antragsgegner oder aber die Verwendung eines Teils des Veräußerungserlöses von Liegenschaften, deren Zugehörigkeit zur Aufteilungsmasse strittig ist, erfolgen würde. Im Ergebnis droht somit die Entwertung des Liegenschaftsvermögens durch die pfandrechtliche Belastung, der allerdings auf der „Habenseite“ eine Darlehensforderung des Mannes – von möglicherweise zweifelhafter Einbringlichkeit – gegenüber stünde. Dafür, dass er der Aufteilung unterliegendes Vermögen darüber hinaus zu anderen Zwecken verwenden bzw verringern würde, haben sich keine konkreten Anhaltspunkte ergeben. Die von der Revisionsrekurswerberin aufgezeigten Umstände eines gegen den Antragsgegner geführten Honorarprozesses sowie das Vorhandensein (ohnehin bereits pfandrechtlich gesicherter) titulierter Unterhaltsverbindlichkeiten, gegen die er sich in einem Oppositionsverfahren zur Wehr setzt, sind keine taugliche Grundlage für die Annahme massiver Verbindlichkeiten des Antragsgegners, für deren Begleichung er in näherer Zukunft (weitere) der Aufteilung unterliegende Vermögenswerte heranziehen werde.

Insgesamt vermögen die Ausführungen im Revisionsrekursverfahren die Beurteilung des Rekursgerichts, es lägen keine ausreichenden Tatsachen vor, die es im hohen Maße wahrscheinlich erscheinen ließen, dass die Antragstellerin gegenüber dem Status quo bei der künftigen Durchsetzung ihrer Aufteilungsansprüche verkürzt würde, nicht zu erschüttern. Im Zusammenhang mit ihrer Berufung auf § 91 Abs 2 EheG unterlässt sie insbesondere jede Erörterung darüber, in welchem Ausmaß die vom Antragsgegner überwiegend aus Unternehmenserträgnissen (Gewinnausschüttungen) finanzierten Vermögensgegenstände wertmäßig unter Berücksichtigung der in Satz 2 angeführten Kriterien bei der Aufteilung – zumindest größenordnungsmäßig – zu veranschlagen wären.

5. Der erst lange nach dem Revisionsrekurs eingebrachte Schriftsatz der Antragstellerin ist schon wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels unzulässig und damit zurückzuweisen.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a Abs 2 zweiter Satz, § 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00182.17X.1115.000

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