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OGH vom 11.11.2010, 3Ob162/10k

OGH vom 11.11.2010, 3Ob162/10k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg.GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Katrin Hainbuchner und Dr. Katja Kaiser, Rechtsanwältinnen in Kirchberg, gegen die verpflichtete Partei M***** Z*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Heinrich Schmiedt, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 30.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 1 R 19/10s 26, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen das Versteigerungsedikt des Bezirksgerichts Kitzbühel vom , GZ 1 E 706/09s 10, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom bewilligte das Erstgericht der Betreibenden zur Hereinbringung ihrer Forderung von 30.000 EUR sA die Zwangsversteigerung des Liegenschaftsanteils der Verpflichteten (Wohnungseigentum).

Am erließ das Erstgericht das Versteigerungsedikt iSd § 170 EO und beraumte den Versteigerungstermin auf den an. In welcher Art die Zustellung des Versteigerungsedikts an die Verpflichtete erfolgte, steht nach der Aktenlage nicht fest; diese hatte sich aber an der Befundaufnahme zur Schätzung der Eigentumswohnung beteiligt.

Zur Versteigerungstagsatzung vom kam die Verpflichtete nicht. Ob ihr das Versteigerungsedikt wirksam zugestellt worden war, lässt sich der Aktenlage nicht entnehmen.

In der Versteigerungstagsatzung vom wurde der in Exekution gezogene Miteigentumsanteil der Betreibenden unter Vorbehalt der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach § 183 Abs 1 letzter Satz EO zugeschlagen.

Am beantragte die Verpflichtete die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung des Widerspruchs nach §§ 182, 184 EO, erhob diesen Widerspruch und stellte den Antrag, die Versteigerung vom , insbesondere die Erteilung des Zuschlags an die Betreibende, für nichtig zu erklären; letztlich begehrte die Verpflichtete die Aufschiebung des Exekutionsvollzugs.

Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag der Verpflichteten und deren Antrag auf Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens mit der Begründung ab, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Exekutionsverfahren ausgeschlossen sei, die Anträge der Verpflichteten verspätet wären und damit auch kein hinreichender Grund für die Aufschiebung des Versteigerungsverfahrens vorliege.

Das Rekursgericht wies die Rekurse der Verpflichteten gegen das Versteigerungsedikt, die Bewilligung der einstweiligen Verwaltung durch die Ersteherin und die Abweisung des Wiedereinsetzungs und Aufschiebungsantrags zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage des Beginns der Rechtsmittelfrist für die Anfechtung des Versteigerungsedikts Rechtsprechung fehle.

Ob wegen der die Zulässigkeit des Rekurses gegen das Versteigerungsedikt einschränkenden Rechtsprechung im Rekurs gegen das Versteigerungsedikt ausschließlich der Schätzwert einer Überprüfung zugänglich sei, müsse nicht untersucht werden. Der Rekurs der Verpflichteten gegen das Versteigerungsedikt entspreche inhaltlich dem Widerspruchsgrund nach § 184 Abs 1 Z 3 EO. Die Rekursfrist betrage nach § 187 Abs 1 EO 14 Tage, dies gelte auch gegenüber den zur Versteigerungstagsatzung nicht ordnungsgemäß geladenen Parteien, wobei die Rechtsmittelfrist schon vom Tag der Versteigerung an zu laufen beginne. Im Interesse der Rechtssicherheit des Erstehers müsse auch die Rechtsmittelfrist gegen das Versteigerungsedikt jedenfalls mit dem Tag ab der Versteigerungstagsatzung, in der der (bedingte) Zuschlag erteilt worden sei, zu laufen beginnen. Der Rekurs der Verpflichteten gegen das Versteigerungsedikt (ON 10) sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten, mit der sie die Aufhebung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses anstrebt, ist nicht zulässig.

Am wurde der zu versteigernde Liegenschaftsanteil der Betreibenden zugeschlagen. Damit wurde die Frist für eine allfällige Rekurserhebung gegen den Zuschlag in Gang gesetzt, zumal diese bei Verkündung des Zuschlags im Versteigerungstermin ab diesem läuft (§ 187 Abs 1 letzter Satz EO) und nicht ab Kenntnis des Rekurswerbers vom Zuschlag (RIS Justiz RS0003220; Angst in Angst 2 § 187 EO Rz 4 f mwN). Dies gilt auch dann, wenn wie hier der Zuschlag noch der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde unterliegt (3 Ob 256/99i; 3 Ob 112/05z). Die mit der Einschränkung der Rekursmöglichkeiten verbundene Härte für den vom Versteigerungstermin nicht verständigten Beteiligten ist im höher zu bewertenden Interesse des gutgläubigen Erstehers an der Rechtssicherheit seines Liegenschaftserwerbs in Kauf zu nehmen. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen hat der Oberste Gerichtshof nicht nur im Fall rekurrierender Pfandgläubiger (3 Ob 262/08p), sondern auch bei Verpflichteten als Rekurswerber verneint (3 Ob 112/05z mH auf Vorjudikatur).

Mangels rechtzeitiger Rekurserhebung (bis ) ist der Zuschlag in Rechtskraft erwachsen. Nach Rechtskraft des Beschlusses auf Erteilung des Zuschlags können etwaige Mängel des Verfahrens, selbst im Verfahren unterlaufene Nichtigkeiten, nicht mehr zur Beseitigung des Zuschlags führen (3 Ob 18/87 mwN; RIS Justiz RS0003128).

Damit steht aber fest, dass der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten und von der Verpflichteten zum Gegenstand ihres Revisionsrekurses gemachten Frage, wann die Frist zur sonst allenfalls zulässigen Anfechtung des Versteigerungsedikts (RIS Justiz RS0118674) beginnt, nur mehr theoretisch abstrakte Bedeutung zukommt. Das zur Zulässigkeit jedes Rechtsmittels erforderliche Rechtsschutzinteresse ist nicht mehr gegeben, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel wie hier die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers nicht mehr verbessern kann und nur mehr theoretisch abstrakte Bedeutung hätte. Bei Fehlen der Beschwer ist daher das Rechtsmittel zurückzuweisen (RIS Justiz RS0002495, RS0041770).

Die Betreibende hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hinwies.