OGH vom 25.02.2004, 3Ob162/03z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*****, vertreten durch Dr. Michael Rami, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei V***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen (§ 355 EO), infolge von außerordentlichen Revisionsrekursen der betreibenden Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 124/03p bis 140/03s-130, und vom , GZ 47 R 252/03m bis 255/03b-130e, mit denen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom , GZ 18 E 1822/01y-104 bis 118, vom , GZ 18 E 1822/01y-121 und 122, sowie vom , GZ 18 E 1822/01y-119 und 120, abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsrekurse werden, soweit darin Nichtigkeit geltend gemacht wird, verworfen. Im Übrigen wird ihnen nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 2.551,32 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung (darin 425,22 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 39 Cg 124/99z-17, wurde die verpflichtete Partei schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Vertrieb der periodischen Druckschrift NEWS zu unterlassen, unentgeltliche Zugaben, insbesondere Gratis-Handys, zur periodischen Druckschrift NEWS anzukündigen und/oder zu gewähren, wenn für den Erhalt der Zugabe der Erwerb der periodischen Druckschrift NEWS durch die Art der Ankündigung, insbesondere dadurch, dass auf eine alternative Bezugsmöglichkeit nicht mit gleichem Auffälligkeitswert hingewiesen wird, notwendig oder förderlich erscheint.
Mit ihren in der Zeit vom bis eingebrachten Strafanträgen behauptete die betreibende Partei jeweils einen Verstoß der verpflichteten Partei gegen das oben wiedergegebene Unterlassungsgebot, jeweils unter Angabe eines bestimmten Datums, in dem die verpflichtete Partei in der an diesem Tag über Kolportage und Trafiken verbreiteten Ausgabe des periodischen Druckwerks NEWS (mit Angabe einer bestimmten Nummer sowie eines bestimmten Erscheinungsdatums) eine verbotene unentgeltliche Zugabe angekündigt und gewährt habe, nämlich das - in den Anträgen jeweils näher bezeichnete - am Titelblatt angekündigte und gewährte Gewinnspiel. Die betreibende Partei brachte jeweils vor, die in dieser Ausgabe enthaltenen Äußerungen seien die Ankündigung und die Gewährung von unentgeltlichen Zugaben in der Form von Gratis-Gewinnspielen, wobei für den Erhalt dieser Zugaben der Erwerb der periodischen Druckschrift NEWS durch die Art der Ankündigung, insbesondere dadurch, dass auf eine alternative Bezugsmöglichkeit nicht mit gleichem Auffälligkeitswert hingewiesen werde, notwendig und förderlich erscheine.
Ihren Anträgen legte die betreibende Partei teilweise ein Exemplar der bezogenen Ausgabe der Zeitschrift NEWS bei. Aus diesem ist erkennbar, dass die Ankündigung des Gewinnspiels zunächst nicht auffällt, weil sie durch eine etwa 8 cm breite Flappe verdeckt ist, deren Länge die gesamte Titelseite erfasst. Schlägt man die Flappe auf, so kann man auf der Titelseite die Ankündigung des jeweiligen Gewinnspiels lesen, wobei vermerkt ist, dass das benötigte Gewinnlos gratis in allen Trafiken, OMV-Tankstellen und unter der Telefonnummer 01/955100 erhältlich ist. Weiters klebt unter der Flappe ein "1. Gewinnlos". Auf der Innenseite der Flappe steht jeweils, dass vier Wochen lang Gewinnlose zu sammeln und auf einen Sammelpass zu kleben sind, welcher in der Folge zur Verlosung einzusenden ist. Der Sammelpass kann entweder aus der Flappe ausgeschnitten oder in Trafiken, OMV-Tankstellen oder unter der genannten Telefonnummer angefordert werden. In manchen Fällen steht auf der Innenseite der Flappe ein mit dem Gewinnspiel im Zusammenhang stehender Text.
Das Erstgericht gab allen Strafanträgen statt und verhängte über die verpflichtete Partei Geldstrafen, in einem Fall von 100.000 EUR, in allen anderen Fällen von je 11.000 EUR.
Das Rekursgericht wies in zwei Entscheidungen über drei Rekurse der verpflichteten Partei sämtliche Strafanträge ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands bei jedem angefochtenen Beschluss 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die zweite Instanz folgende Auffassung: Die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel sei eine Zuwendung iSd § 9a Abs 1 Z 1 UWG, sie verstoße aber, wie jede andere Zuwendung, nur dann gegen das Zugabenverbot, wenn sie nach Einschätzung der beteiligten Verkehrskreise vom Warenbezug abhängig sei. Werde eine gleichwertige Möglichkeit geboten, sich auf anderem Weg am Gewinnspiel zu beteiligen, so liege keine Zugabe vor. Von einer gleichwertigen Alternative könne nur dann die Rede sein, wenn sie mit dem gleichen Auffälligkeitswert wie die übrigen Teilnahmebedingungen dargestellt werde. Stoße man nicht bereits auf der Titelseite, sondern erst beim Durchlesen einer Zeitschrift auf das Gewinnspiel, so liege eine Zugabe überhaupt nur dann vor, wenn sich der Leser im Hinblick auf die Teilnahmebedingungen veranlasst sehe, weitere Exemplare derselben Zeitung zu kaufen. Nicht nur die Behauptungen der betreibenden Partei, sondern auch die von ihr vorgelegten Heftexemplare seien in die Betrachtung einzubeziehen, wobei sich zeige, dass die Ankündigung des Gewinnspiels in allen Fällen von einer Flappe verdeckt werde. Es könne als allgemein bekannt iSd § 269 ZPO iVm § 78 EO gelten, dass nur ein sehr geringer Teil der Leser solch eine Flappe aufschlage und den darunter befindlichen Text lese, bevor er sich zum Kauf entschließe. Leser, die ihre Kaufentscheidung so sorgfältig abwägen, würden dann aber den unter der Flappe abgedruckten Text auch wohl besonders aufmerksam lesen. Sie würden daher auch den Hinweis nicht übersehen, dass Gewinnlose gratis u.a. in allen Trafiken erhältlich seien. Nach Einschätzung dieser Verkehrskreise sei daher die Möglichkeit, am Gewinnspiel teilzunehmen, in allen verfahrensgegenständlichen Fällen nicht vom Warenbezug abhängig. Ein titelwidriges Verhalten der verpflichteten Partei liege daher nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse der betreibenden Partei sind im Hinblick auf die aufgeworfene Verfahrensfrage zwar zulässig, aber weder mit ihrem Nichtigkeitsvorwurf noch sonst berechtigt.
a) Zunächst vertritt die betreibende Partei den Standpunkt, das Rekursverfahren müsse auch im Exekutionsbewilligungsverfahren im Hinblick auf die sich aus Art 6 MRK ergebenden Verpflichtungen zweiseitig ausgestaltet sein, und behauptet die Nichtigkeit der angefochtenen, ihre Strafanträge abweisenden Beschlüsse des Rekursgerichts.
Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden: Zu beurteilen ist hier der Fall, dass das Erstgericht im Verfahren nach § 355 EO einer Reihe von Strafanträgen der betreibenden Partei stattgab und das Rekursgericht über Rekurs der verpflichteten Partei diese Strafanträge abwies, wogegen sich nun die Rechtsmittel der betreibenden Partei richten. Nach der Gesetzeslage ist der Rekurs im Exekutionsverfahren - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen (§§ 84 Abs 1 und 402 Abs 1 EO) - grundsätzlich einseitig (zuletzt 3 Ob 106/03i; RIS-Justiz RS0116198, RS0002338 [T 2]; Jakusch in Angst, EO, § 65 Rz 30; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, §§ 65-67 Rz 1, 3). Seit der E 3 Ob 18/84 = MietSlg 36.810 wird in stRsp judiziert, der die Rekursbeantwortung behandelnde § 521a ZPO sei keine allgemeine Bestimmung über das Rechtsmittel des Rekurses, sondern beziehe sich nur auf wenige bestimmte Beschlüsse des Streitverfahrens, sodass er im Exekutionsverfahren nicht nach § 78 EO anzuwenden sei.
Ausgehend von der Entscheidung des EGMR vom (BeschwNr. 30.428/96 Beer gegen Österreich, ÖJZ 2001/16 [MRK]) betreffend die Wahrung des rechtlichen Gehörs des Prozessgegners im Fall eines Kostenrekurses wurden Überlegungen zu der aufgrund veränderten Grundrechtsverständnisses festgestellten Gesetzeslücke im Verfahrensrecht, soweit Rechtsmittelverfahren einseitig gestaltet sind, und deren Schließung durch Anordnung der Zweiseitigkeit zur Wahrung der Waffengleichheit zwischen Rechtsmittelwerber und -gegner im Wege der Analogie zu § 521a ZPO idFd ZVN 1983 (RIS-Justiz RS0074920) entwickelt, etwa im Außerstreitverfahren über die Bestellung des Heiratsguts (6 Ob 281/01v = JBl 2003, 57 = ecolex 2002, 883 [S. Pilz]; allgemein nun auch 2 Ob 63/03h, wonach das Rechtsmittelverfahren in Außerstreitsachen grundsätzlich als zweiseitig anzusehen sei), im Konkurseröffnungsverfahren (8 Ob 282/01f = JBl 2002, 737 [weil der Gemeinschuldner durch die Entscheidung die Verfügungsfähigkeit über sein Vermögen verliere]; sonst ist im Konkursverfahren das Rekursverfahren einseitig [8 Ob 199/02a]; RIS-Justiz RS0116129) oder im Verfahren über den Auftrag zum Erlag einer aktorischen Kaution (in einem Verfahren nach dem 3. RückstellungsG; Rkv 1/01). In der E 1 Ob 189/02d = EvBl 2003/103 wurde dies dahin ergänzt, das Rechtsmittelverfahren über einen prozessualen Rechtsschutzanspruch sei nach der Zivilprozessordnung in Analogie zu § 521a ZPO auch dann zweiseitig, wenn das Gesetz deren Zweiseitigkeit nicht anordne. Über die Richtigkeit dieser Auffassung, bezogen auf die Rechtsmittelverfahren nach der ZPO und nach dem AußStrG ist hier nicht zu befinden.
All diese Überlegungen lassen sich jedenfalls nicht ohne weiteres auf das Exekutionsverfahren übertragen und sind daher insoweit nicht verallgemeinerungsfähig. Den aus dem in Art 6 MRK normierten Gebot für ein "fair trial" mit der Verpflichtung zur Einräumung umfassenden Parteiengehörs iS einer Stellungnahmemöglichkeit zu jedem Vorbringen der Gegenpartei, also auch zu einem Rekurs, abgeleiteten Bedenken steht der grundsätzlich einseitige Charakter des Exekutionsverfahrens, insbesondere des Exekutionsbewilligungsverfahrens, entgegen. Das erklärt sich vor allem aus der Funktion des Exekutionsverfahrens, das im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren nicht mehr der Sammlung des Prozessstoffs als Entscheidungsgrundlage, sondern allein der Durchsetzung der im Erkenntnisverfahren getroffenen nun rechtskräftigen Entscheidung dient. Das Exekutionsverfahren, insbesondere das Bewilligungsverfahren ist im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Förderung der Rechtsdurchsetzung zugunsten desjenigen, dessen Anspruch im Erkenntnisverfahren - dort freilich unter Wahrung aller grundrechtlichen Verfahrensgarantien - bereits rechtskräftig als berechtigt erkannt wurde, so gestaltet, dass die Bewilligung entsprechend einem Antrag der betreibenden Partei aufgrund der bloß in einem einseitigen Aktenverfahren geprüften Behauptungen des Betreibenden erfolgt. Freilich hat der betreibende Gläubiger bei einer Exekution nach § 355 EO schon im Exekutionsantrag, aber auch in weiteren Strafanträgen das Zuwiderhandeln gegen das im Titel auferlegte Gebot konkret und schlüssig zu behaupten (3 Ob 65/93 u.a.).
Zu Gunsten des Verpflichteten wird der den allgemeinen Grundsätzen jedes rechtsstaatlichen Verfahrens (beiderseitiges Gehör) Rechnung tragende Ausgleich durch andere, dem Verpflichteten nachträglich zur Verfügung stehende Rechtsbehelfe hergestellt, sodass bei gebotener Gesamtbetrachtung ein Verfahrenssystem besteht, das den Anforderungen des Art 6 MRK genügt (jüngst 3 Ob 106/03i; zu Strafanträgen vgl. RIS-Justiz RS0004692; Jakusch aaO § 3 Rz 13 und 15; vgl. auch Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 1 Rz 2, und G. Kodek, Die Überwindung von Gehördefiziten im Rechtsmittelverfahren in FS Nemeth [2003], 537 ff [552]).
Wenn man dies zur Rechtsstellung des Verpflichteten berücksichtigt, kann die hier maßgebliche betreibende Partei nicht besser gestellt sein. Denn bloß nach ihren - schlüssigen - Angaben ist die Exekution nach § 355 EO zu bewilligen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Exekutionsverfahrens als reines Akten- (Urkunden-)Verfahren und dem Bedürfnis nach möglichst einfacher und rascher Durchsetzung der im vorangegangenen Erkenntnisverfahren überprüfter Rechte ist im Exekutionsverfahren, dessen Schwergewicht auf der Durchsetzung bereits geprüfter Rechte liegt, bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Erkenntnis- und des Exekutionsverfahrens (G. Kodek aaO 552 und FN 62 mwN) dem aus Art 6 Abs 1 MRK abgeleiteten Grundsatz der Waffengleichheit ausreichend Rechnung getragen, wenn das Rekursgericht aufgrund der vom Betreibenden im Exekutions- (Straf-)Antrag aufgestellten Behauptungen einerseits sowie den darauf bezogenen Rekursausführungen des Verpflichteten, die Neuerungen nicht enthalten dürfen, andererseits entscheidet. Auch die betreibende Partei könnte in ihrer Rekursbeantwortung kein Vorbringen nachtragen und Neuerungen ins Treffen führen. Wenn ihr Exekutionsantrag unschlüssig ist oder andere rechtliche Erwägungen einer Exekutionsbewilligung entgegen stehen, können diese Fehler auch durch ein Vorbringen in einer allfälligen Rekursbeantwortung nicht verbessert werden. Schließlich kommt auch bei der Frage, ob anders als dem Verpflichteten dem Betreibenden eine Rechtsmittelgegenschrift in zweiter Instanz zu gewähren sei, das Argument des Erfordernisses eines möglichst schnellen Verfahrens zum Tragen, hat doch auch der Verpflichtete das Recht, möglichst bald zu erfahren, ob gegen ihn ein Exekutionsverfahren durchgeführt wird.
Die Einräumung einer Möglichkeit für den Betreibenden, zu den Rekursausführungen des Verpflichteten Stellung zu nehmen, würde - entgegen der in der Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Ansicht - eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme durch den Verpflichteten nicht erfordern, ist doch dem Verpflichteten rechtliches Gehör im Rekursverfahren als Rechtsmittelwerber nur einmal zu gewähren. Kann jedoch der Betreibende nach Abweisung seines Antrags auf Exekutionsbewilligung in zweiter Instanz - wie hier - den Obersten Gerichtshof anrufen, so hat er ohnehin die Möglichkeit, eine - wenngleich auf die Geltendmachung erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO eingeschränkte - Überprüfung der Rechtsansicht des Rekursgerichts erwirken.
Ob der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch nach § 9a UWG und seine Durchsetzung, die ja den Gegenstand des vorliegenden Exekutionsverfahrens betrifft, zu den civil rights and obligations gehört, wie die betreibende Partei ausführt und die verpflichtete Partei mit dem Hinweis auf den öffentlich-rechtlichen Charakter bestreitet, muss hier nicht abschließend geklärt werden. Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit eines Anspruchs stehen zum Zeitpunkt der Einleitung des Exekutionsverfahrens zum Großteil rechtskräftig fest, dennoch können an sich auch im Zwangsvollstreckungsverfahren Tatsachen festzustellen sein, aus denen Rechtsfolgen abzuleiten sind, die von der Rechtskraft des zugrunde liegenden Exekutionstitels nicht umfasst sind. Bei der Unterlassungsexekution muss aber das Gericht im Exekutionsverfahren selbst nicht feststellen, ob der Verpflichtete dem Titel zuwider gehandelt hat; hiezu kommt es allein auf das schlüssige Vorbringen des Betreibenden an, wogegen der Verpflichtete auf die Impugnationsklage nach § 36 Abs 1 EO - mit den Rechtsschutzgarantien des so genannten fair trial - verwiesen ist. Wiederholend ist daher festzustellen, eine schematische Anwendung der sichtlich auf die Feststellung streitiger Ansprüche im Erkenntnisverfahren zugeschnittenen Verfahrensgarantien des so genannten fair trial für Zivilrechtssachen würde dem Zweck des Exekutionsverfahrens nicht entsprechen (vgl. G. Kodek aaO 551).
Die vom EGMR iSd von Art 6 Abs 1 MRK geforderte Waffengleichheit verlangte Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, wenn es um den Kostenersatzanspruch geht, kann nicht iSd von der betreibenden Partei gezogenen Größenschlusses auf das Rekursverfahren übertragen werden, dessen Gegenstand die Exekutionsbewilligung ist. Auch der Gesetzgeber sah in Kenntnis der genannten Entscheidung des EGMR keinen Anlass, zuletzt bei der EO-Novelle 2003 BGBl I 31/2003, Änderungen der EO in Richtung einer gänzlichen oder partiellen Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens vorzunehmen, und ging somit - jedenfalls für den Regelfall - nicht von einer insofern bestehenden Konventionswidrigkeit der geltenden Rechtslage aus.
Aus allen bisherigen Erwägungen folgt zusammenfassend: Unter Bedachtnahme auf die E des EGMR vom Beer gegen Österreich und die darauf gestützte Rechtsfortbildung durch Analogie im österreichischen Verfahrensrecht bleibt das Exekutionsbewilligungsverfahren - so auch bei der Exekution nach § 355 EO - in erster Instanz jedenfalls einseitig. In zweiter Instanz bleibt es gleichfalls weiterhin einseitig, soweit die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren durch Anhörung des Rekursgegners nicht aus besonderen - nur von der zweiten Instanz im Einzelfall im Rahmen ihres pflichtgemäßen rechtlichen Ermessens beurteilbaren - Gründen geboten erscheint; letzterer Gesichtspunkt kann - in manchen Fällen (vgl 3 Ob 92/03f) - dann zum Tragen kommen, wenn eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls unzulässig ist und das Rekursgericht deshalb als letzte Instanz entscheidet. In dritter Instanz ist das Rechtsmittelverfahren an sich gleichfalls einseitig, sofern nicht der Oberste Gerichtshof im Einzelfall (vgl. 3 Ob 92/03f) eine Rechtsmittelbeantwortung für geboten hält.
Festzuhalten bleibt, dass mit dieser Entscheidung über die Zweiseitigkeit von Rechtsmitteln, soweit es um die Verhängung einer Haft nach § 355 Abs 1, § 361 EO geht, nicht abgesprochen wird.
b) Der Oberste Gerichtshof vermag sich aber auch den Ausführungen der betreibenden Partei zur inhaltlichen Berechtigung des von ihr in Exekution gezogenen Anspruchs nicht anzuschließen.
Das Bewilligungsgericht hat bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag zu prüfen, ob das Begehren (§ 54 EO) durch den Exekutionstitel gedeckt ist (§ 7 EO). Es hat hierbei die Verpflichtung nur auf Grund des Titels festzustellen; es hat nicht zu untersuchen, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat, sondern nur, wozu er im Exekutionstitel verpflichtet wurde (stRsp; 3 Ob 118/72 u.v.a., zuletzt 3 Ob 138/03w; RIS-Justiz RS0000217). Dies gilt auch für die Exekution nach § 355 EO (3 Ob 95/97k = ÖBl 1998, 77 u.a.). Die Tatfrage, dass die Gewinnspiele nicht direkt auf der Titelseite der Zeitschrift NEWS, sondern unterhalb der Flappe angekündigt werden, wird in den Rechtsmitteln nicht in Frage gestellt. Wie der erkennende Senat bereits in seiner E ÖBl 1998, 77 - Raiffeisen-Börsen-Lotto u.a. dargelegt hat, kann insoweit, als eine titelmäßige Unterlassungsverpflichtung der stRsp zu § 9a UWG entspricht, zu deren Auslegung auf diese Rsp zurückgegriffen werden. Im konkreten Fall entspricht die Einschränkung des Unterlassungsgebots auf jene Fälle, in denen "für den Erhalt der Zugabe der Erwerb der periodischen Druckschrift durch die Art der Ankündigung, insbesondere dadurch, dass auf eine alternative Bezugsmöglichkeit nicht mit gleichem Auffälligkeitswert hingewiesen wird, notwendig oder förderlich erscheint", der Rsp zu § 9a UWG. Nach dieser ist der zwischen der Hauptleistung und der unentgeltlichen Zusatzleistung erforderliche "innere Zweckzusammenhang" nicht nur dann gegeben, wenn der Erwerb der Hauptware für das Erlangen der Zugabe unbedingt notwendig ist, sondern auch dann, wenn dieser Erwerb bloß als förderlich erachtet wird oder jedenfalls die bequemste Art ist, zur Zugabe zu kommen (SZ 68/88; ÖBl 1998, 77 u.a.; RIS-Justiz RS0079266).
Ob die Zuwendung vom Abschluss eines Hauptgeschäfts abhängt, richtet sich nicht danach, was der Werber bezweckt; vielmehr kommt es darauf an, ob in den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck der Abhängigkeit dieser Zuwendung vom Warenbezug erweckt wird, also darauf, was der Kunde, an den sich die Ankündigung richtet, bei verständiger Würdigung annehmen muss (ÖBl 1993, 24 - Welt des Wohnens mwN; ÖBl 1997, 287 - Krone Aktion; zuletzt 4 Ob 136/00d; RIS-Justiz RS0079157).
Gewinnspiele werden dann nicht als Zugabe zu einer periodischen Druckschrift gewertet, wenn das Zeitungsunternehmen auf dem Titelblatt nicht darauf hingewiesen hat und die Personen, welche die Zeitung erwerben und dann erst beim Durchlesen auf das Gewinnspiel stoßen, keinen Anlass haben, im Hinblick auf die Teilnahmebedingungen weitere Exemplare derselben Zeitung zu kaufen. Denn die Erwerber von Zeitungen und Zeitschriften lesen vor dem Kauf im besten Fall deren Titelseiten, nicht aber auch die Ankündigungen im Blattinneren (4 Ob 113/89 = SZ 62/10 = ÖBl 1989, 112 - Frau und Freizeit II u.v.a.; RIS-Justiz RS0079394).
Die Grundsätze dieser Rsp hat das Rekursgericht zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt und davon ausgehend die im vorliegenden Fall durch die zwar auf der Titelseite, aber durch eine Flappe verdeckt und im Übrigen erst im Blattinneren erläuterten Gewinnspiele zu Recht nicht als verbotene Zugabe gewertet. Entgegen den diesbezüglichen Revisionsrekursausführungen hält der erkennende Senat sowohl die Annahme des Rekursgerichts, dass nur ein sehr geringer Teil der potenziellen Zeitungsleser vor der Kaufentscheidung eine über Teile des Titelblatts montierte Flappe aufschlägt und den darunter befindlichen Text liest, als auch die weitere Annahme, dass Leser, die ihre Kaufentscheidung so sorgfältig abwägen, dass sie ein Exemplar zur Hand nehmen und die Flappe aufschlagen, den darunter gedruckten Text auch aufmerksam lesen, für zutreffend. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang vor allem auch, dass der Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit von Gratislosen in Trafiken, bei OMV-Tankstellen oder bei Anruf einer bestimmten Telefonnummer keineswegs unauffällig klein gedruckt, sondern vielmehr farblich abgesetzt und in fast gleich großer Schrift wie der schlagwortartige Hinweis auf das Gewinnspiel selbst gestaltet ist.
Die betreibende Partei hat sich in ihren dieser Entscheidung zugrundeliegenden Strafanträgen darauf berufen, die in der jeweiligen Ausgabe des periodischen Druckwerks der verpflichteten Partei enthaltenen Äußerungen seien die Ankündigung und die Gewährung von unentgeltlichen Zugaben, wobei für den Erhalt dieser Zugaben der Erwerb der periodischen Druckschrift durch die Art der Ankündigung, insbesondere dadurch, dass auf eine alternative Bezugsmöglichkeit nicht mit gleichem Auffälligkeitswert hingewiesen werde, notwendig oder förderlich erscheine. Es erfolgte keine Bezugnahme auf frühere oder spätere Gewinnspiele, ein Vorbringen, durch wiederholte Gewinnspielankündigungen werde in den angesprochenen Leserkreisen der sichere Eindruck erweckt, dass auch in künftigen Ausgaben der Zeitung wieder ein (neues) Gewinnspiel oder die neue Fortsetzung einer begonnenen Gewinnspielserie enthalten sein werde, hat die betreibende Partei nicht erstattet. Wenn sie dies nunmehr in dritter Instanz nachzuholen versucht, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot. Es braucht daher im vorliegenden Fall nicht darauf eingegangen zu werden, ob die von der Rsp entwickelten Kriterien für die Erzielung des verpönten Anlockeffekts durch Veranstaltung wiederholter Gewinnspiele (vgl. RIS-Justiz RS0079360) im vorliegenden Fall verwirklicht sind.
Schließlich verweist die verpflichtete Partei in ihrer Revisionsrekursbeantwortung zutreffend darauf, dass die betreibende Partei schon im Exekutionsantrag konkrete Behauptungen über das angebliche Zuwiderhandeln des Verpflichteten aufzustellen hat, während die bloße allgemeine Behauptung eines Zuwiderhandelns nicht genügt (stRsp, zuletzt 3 Ob 153/03a; RIS-Justiz RS0004808, RS0000709, RS0000614). In keinem ihrer Anträge hat die betreibende Partei in diesem Sinn ausreichend konkrete Tathandlungen genannt, weil auf keine konkret nach Ort und Datum beschriebene Verkaufshandlung Bezug genommen wird.
Den insgesamt nicht berechtigten Revisionsrekursen muss demnach ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO.